Fjorde DänemarkDer Vejle-Fjord – wo Natur auf spektakuläre Architektur trifft

Nico Krauss

 · 11.08.2023

Goldener Moment. Einsam liegt eine Yacht am Steg in der Andkær Vik am Südufer des Vejle-Fjords. Lediglich ein weiteres Boot hat an einer der Muringbojen festgemacht
Foto: N. Krauss
Zahlreiche Highlights aller Art auf 14 Seemeilen Ufer-Länge: Der Vejle-Fjord im östlichen Jütland hat für Segler viel zu bieten. Eine Reise, die sowohl auf dem Wasser als auch an Land faszinierende Entdeckungen verspricht

Die Fjorde zwischen Fredericia und Aalborg sind keine großräumigen Segelreviere. Dafür überraschen sie mit ungeahnter Vielfalt. Jeder einzelne wartet mit hübschen Häfen, perfekten Ankerbuchten sowie tollen Landattraktionen auf – genug für einen ganzen Urlaub. Wir stellen sie vor:

Viele Segler zieht es von den deutschen Küsten im Urlaub Kurs Nord. Beliebt ist der Sprung nach Samsø oder gar zum weiter entfernten Anholt. Schöne Ziele, keine Frage, und für Meilenmacher ideal. Wer es langsamer angehen lassen will und lieber kurze Etappen segelt, findet in der südlicheren Inselwelt Dänemarks Ruhe und Erholung. Nur leider wird es hier vielerorts in der Hochsaison arg voll.

Es gibt aber Alternativen. Im Westen, am dänischen Ostsee-Festland, reihen sich von Süd nach Nord die mitteljütländischen Fjorde von Vejle, Horsens und Mariager. Jeder hat seinen eigenen Charme, jeder bietet Abwechslung auf dem Wasser wie an Land. Vor allem sind es allesamt geschützte Reviere, in denen auch Crews von Kleinkreuzern, trailerbaren Booten oder Jollen optimale Bedingungen für tolle Törns vorfinden.

14 Seemeilen Ufer mit Steilküsten, Buchenwäldern, Feldern und Stränden

Genug zu erkunden: Über die gesamte Länge des Fjords erstrecken sich abwechslungsreiche UferformationenFoto: YACHTGenug zu erkunden: Über die gesamte Länge des Fjords erstrecken sich abwechslungsreiche Uferformationen

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Der Vejle-Fjord hat seinen Namen – wie auch die beiden anderen Fjorde – von der Stadt tief im Inneren des Meeresarms. Diese Orte waren schon immer bedeutend für Ansiedlung und Handel, als die Schifffahrt noch Transportmittel Nummer eins war: geschützt vor Stürmen und gut erreichbar für den Weitertransport der Waren über Land. Mit dem Segelboot sind es von Süden aus dem Kleinen Belt kommend ab Fredericia rund sechs Seemeilen bis Kasser Odde, einer Landzunge, die auch unter Wasser noch weit ins Kattegat reicht. Die ausgelegte Kardinaltonne östlich zu umfahren ergibt also Sinn.

Nach Westen ist der Weg danach frei in den breiten Trichter des Vejle-Fjords. Bis auf eine Untiefe am Nordufer des Innenfjords namens Træskohage, die mit einem gleichnamigen Feuer bestückt ist, bereitet die Ansteuerung keinerlei Probleme. Mit 14 Metern ist die Fjordmündung ordentlich tief. Erst im westlichen Teil steigt der Grund auf vier Meter an. Die letzte Meile in den Stadthafen von Vejle ist stets tief ausgebaggert, da hier auch Frachtschiffe fahren.

Von der Öffnung bei Kasser Odde bis nach Vejle sind 14 Seemeilen zu loggen. Es geht vorbei an abwechslungsreichen Ufern mit Steilküsten, Buchenwäldern, Feldern und Stränden. Unterwegs gibt es viele Ankergründe, die an den Leeseiten der Wälder und steilen Ufer Schutz bieten. Meist kann man dicht unter Land ankern. Darüber hinaus existieren drei Yachthäfen mit Gastliegeplätzen. Das Schmuckstück befindet sich gleich eingangs des Fjords: der nördlich gelegene Rosenvold Havn. Er schließt an einen Sandstrand an, das Hinterland ist herrlich für Spaziergänge und Radtouren.

Auch an Land hat der Vejle-Fjord einiges zu bieten

Doch wie es mit Preziosen nun mal so ist: Sie sind begehrt. Die wenigen Gastliegeplätze im winzigen Hafen sind schnell belegt. Bei Wind aus Nord bis Nordost wird dann das Grundgeschirr vor Rosenvold Pint in den Sand gesetzt: Strand und eine Landzunge bewachsen mit Heide, Ginster und Kiefern bescheren der Crew einen Premium-Ausblick aus dem Cockpit.

Mehr Platz und Komfort gibt es am Südufer im Brejning Havn im mittleren Teil des Fjords. Weiter Kurs Vejle folgt am Südufer hinter einer Landzunge die Andkær Vik, der wohl schönste Ankerplatz des Reviers. Gut geschützt vor Wind aus Südwest bis Südost, bietet sie einem Dutzend Yachten Platz.

Direkt am Buchtufer hat die Eiszeit eine Moräne hinterlassen, deren steile Wand erklettert werden kann. Oben gibt es Schlafhütten und einen Feuerplatz. Von hier ist der Blick über die Bucht bis Vejle besonders bei Sonnenuntergang ein Genuss.

Im westlichen Fjord gibt es dann moderne Architektur zu bestaunen. Wer noch das alte Vejle kennt, wird sich wundern: Statt Silos, Lagerhäusern und großen Tanks prägen heute beinahe futuristisch anmutende Wohn- und Bürokomplexe die Wasserfront der Stadt. Dazu Restaurants, Cafés und Museen. Während das Boot im großen Yachthafen bleibt, kann die Crew diese moderne maritime Urbanität erkunden – es lohnt!

Natur im Ungleichgewicht Vejle-Fjord kollabiert

Erst kürzlich haben Schlagzeilen die Runde gemacht, dass der Vejle-Fjord kollabiert sei. Den Angaben der Forscher zufolge ist der Fischbestand massiv zurückgegangen, auch Seegras gibt es kaum noch. Grund dafür seien die sogenannten Todeszonen, in denen das Wasser keinen Sauerstoff mehr enthält. Das liegt daran, dass durch Temperaturanstiege wärmeres Oberflächenwasser weniger Sauerstoff aufnimmt als kälteres Wasser. Zudem schwächt eine höhere Temperatur die Umwälzbewegungen, weshalb dann noch weniger Sauerstoff in große Tiefen gelangt. Derartige Todeszonen gibt es auch in der deutschen Ostsee, allerdings eben bisher nur sehr weit unten. Der Vejle-Fjord ist allerdings nur maximal 15 Meter tief, und das auch nur am Übergang zur offenen Ostsee – eine laut den Forschern beängstigende Entwicklung. Denn die Todeszonen stellen ein massives Problem für das Ökosystem dar.

Vejle-Fjord: Tipps für den Landgang

  • Ende August findet alljährlich das Fjordfestival statt, ein großes Volksfest und Spektakel mit Theater, Kinderprogramm und Musik. (fjordfestival.vejle.dk)
  • Für Kunstkenner: das Fjordenhus des Künstlers Olafur Eliasson. (fjordenhus.dk)
  • Für Geschichtsfans: die Runensteine von Jelling. (natmus.dk)
  • Familiencrews können einen Ausflug ins Legoland unternehmen, mit dem Bus in einer Stunde erreichbar. (legoland.com)

Weitere Infos zum Revier

Der Vejle-Fjord ist unproblematisch zu besegeln. Die Wasserstände schwanken je nach Wind jedoch mitunter stärker. Das Hafengeld für Neun-Meter-Yachten beläuft sich in der Regel auf 130 bis 180 Dänische Kronen (umgerechnet 18 bis 24 Euro). Bezahlt wird meist an einem Automaten oder aber online. Für einen Crewwechsel bietet sich die Stadt Vejle am Ende des Fjordes an. Sie ist per Bahn via Hamburg–Flensburg–Kolding oder aber über die Autobahn E45 gut erreichbar.

Empfehlenswerte Lektüre für einen Törn in die Fjorde

Fjord oder Förde? Die Entstehung macht den Unterschied

Der Begriff Fjord steht im skandinavischen Sprachraum für einen Meeresarm, der tief ins Landesinnere reicht. Geologisch gesehen gibt es aber Unterschiede, wie sie entstanden sind, und der Entstehungsprozess erklärt auch die unterschiedlichen Ausprägungen im Landschaftsbild. Nach geologischer Lesart entstanden Fjorde durch den Prozess der Gletschererosion während der Eiszeiten. Die Eismassen hobelten tiefe Furchen in Felsmassive, beim Schmelzen hinterließen sie Abflüsse Richtung Meer. Die norwegischen Fjorde sind hierfür exemplarisch. Bei einer Förde führte ein anderer geologischer Prozess Regie: Infolge der von den anrückenden Eismassen veränderten Küstenformation und des Anstiegs des Meeresspiegels nach der letzten Eiszeit konnte das Meer in die Flachgebiete eindringen. Sturm und Gezeiten gaben der Landschaft den letzten Schliff. Dies war auf dem jütischen Festland der Fall. Landschaft und Wassertiefe der Fjorde wurden zudem von Faktoren wie Gesteinsart, Vegetation und Erosion geprägt. So lassen sich auch die unterschiedlichen Charaktere der Fjorde von Vejle, Horsens und Mariager erklären.


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