The Ocean Race“Wir sind zweitschnellstes Einrumpfboot der Welt”

Tatjana Pokorny

 · 26.05.2023

Team Holcim – PRB auf Rekordfahrt im Nordatlantik
Foto: Yann Riou/polaRYSE/Team Holcim-PRB/The Ocean Race

Die Ocean-Race-Teams lassen es auf Etappe fünf krachen, streben dem dänischen Etappenhafen Aarhus mit Fabelrekord entgegen. Team Holcim – PRB hat mit 640,91 Seemeilen über 24 Stunden alle bisherigen Einrumpfbestleistungen der Segelwelt in den Schatten gestellt. Auch Boris Herrmanns Team Malizia drückt das Gastpedal erfolgreich und mit viel Spaß durch

Mitten im Nordatlantik wird auf Etappe fünf im Ocean Race gerade die Einrumpf-Rekordwelt neu definiert. Acht Jahre lang hielt die Bestmarke des Hundertfüßers “Comanche” mit 618,01 Seemeilen allen Angriffen stand. Seit dem 26. Mai um 8.30 Uhr deutscher Zeit ist sie Geschichte. Es ist ein deutlich kleineref Imoca, der den neuen Maßstab setzt: Kevin Escoffiers “Holcim PRB” kam in der Nacht auf Donnerstag zur Halbzeit von Etappe fünf auf sagenhafte 640,91 Seemeilen über 24 Stunden.

Es herrschen gerade einmalig gute Bedingungen. Das macht Spaß!” (Boris Herrmann)

Auch Boris Herrmanns Team Malizia hat das Gaspedal zuletzt massiv durchgedrückt und die “Comanche”-Leistung ebenfalls überboten. Mit 620,94 Seemeilen über 24 Stunden konnten die Malizianer ihren Rückstand auf das nach seiner Kollision gehandicapte US-Team 11th Hour Racing inzwischen von fast 80 auf 61 Seemeilen reduzieren. Team Holcim – PRBs Atem können die um ihren hart erarbeiteten Vorsprung bangenden Amerikaner schon fast in ihrem Nacken spüren: Die führende “Mālama” und “Holcim – PRB” trennten am Vormittag des 26. Mai um 11 Uhr nur noch vier Seemeilen.

Nach tagelangem Kampf in ruppiger See beschreibt Boris Herrmann die Bedingungen bei den aktuellen Rekordfahrten drei Tage vor der erwarteten Zielankunft am 29. Mai in Aarhus als weit weniger dramatisch als noch zuletzt. “Es herrschen gerade einmalig gute Bedingungen. Die sind wie gemacht für uns. Wir müssen kaum was machen am Boot, und man kann sogar gut schlafen. Oft ist es bei 18 Knoten stressiger.”

Ich würde am Ende gerne auf das Ocean Race zurückblicken und sagen, dass es ein gutes Rennen war.” (Kevin Escoffier)

Reduziert war in den rekordgünstigen Winden um 25 bis 27 Knoten bei weniger starkem Seegang vor allem das “Gebuckel” der Imocas. “So macht es Spaß! Und wir sind jetzt das zweitschnellste Einrumpfboot der Welt”, vermeldete Boris Herrmann von See. Auch Kevin Escoffier und seine Crew fühlen sich im Rekordtempo ganz in ihrem Element. Als Kevin Escoffier vor dem ersten Startschuss im Ocean Race nach einer Einschätzung seines Sport gefragt wurde, hatte er seine Vorliebe schon auf den Punkt gebracht: “Extrem! Wir leben in Extremen.”

Der 43-Jährige aus Saint-Malo hat das Ocean Race bereits zweimal bestritten und ist an der Seite von Dongfeng-Skipper Charles Caudrelier Titelverteidiger. Er weiß: “Wenn du das Ocean Race absolviert hast, bist du müde. Aber du nimmst auch unvergessliche Erlebnisse mit.” Vor dem Rennstart hatte sich Kevin Escoffier drei Dinge gewünscht: “Zuerst bin ich natürlich ein Wettbewerber und wünsche mir ein gutes Ergebnis. Dann ist es auch ein Weg, das neue Boot zu entdecken, zu optimieren und viel zu lernen. Und drittens ist das Rennen ein Teil meines Lebens. Ich würde am Ende gerne darauf zurückblicken und denken, dass es ein gutes Rennen war.”

Welches Team macht das Rennen nach Aarhus?

Bislang sorgen der Franzose und seine Crew dafür, dass diese Ziele in Erfüllung gehen könnten. Noch nicht entschieden ist das Rennen um den Gesamtsieg. Team Holcim – PRB führt in der Gesamtwertung mit nur einem Punkt vor 11th Hour Racing und Team Malizia (beide 18 Punkte). Die doppelt gewertete fünfte Etappe hat deshalb große Bedeutung für den Ausgang der 14. Ocean-Race-Auflage.

Der Rekordmann: Einblicke in die Gedankenwelt von Skipper Kevin Escoffier gibt dieser Clip, den The Ocean Race vor dem Start der Weltumsegelung veröffentlich hat: