Tatjana Pokorny
· 06.01.2023
Robert Stanjek geht als Co-Skipper des französisch-deutschen Teams Guyot ins Rennen. Er hat lange darauf hingearbeitet. Jetzt erfüllt sich ein Traum
Er kam nur 21 Tage vor Boris Herrmann – am 7. Mai – auf die Welt. Beide sind Jahrgang 1981, doch grundverschieden. Anders als der frühe Langstreckensegler Herrmann war Stanjek mehr als eineinhalb Jahrzehnte in olympischen Klassen aktiv, glänzte als Olympia-Sechster 2012 und als Starboot-Weltmeister 2014.
Das Rüstzeug dafür hat sich der Berliner als Kind im Seglerverein Ransdorf und als Nationalsegler erworben. Nach dem Olympia-Aus fürs Starboot sattelte er auf Big Boats um, trieb seine Profikarriere voran und fing Feuer fürs Seesegeln. Mit dem Berliner Musikproduzenten Jens Kuphal gründete er im Jahr 2016 das Offshore Team Germany (OTG). Der lange gemeinsame Weg wurde 2021 mit dem Sieg im Ocean Race Europe belohnt.
Jetzt haben Stanjek und Kuphal mit Imoca-Skipper Benjamin Dutreux gemeinsam das Guyot Environnement – Team Europe formiert. Stanjek übernimmt als Co von Skipper Dutreux bei seiner Ocean-RacePremiere Mitverantwortung. Wir sprachen mit ihm während der Rücküberführung von der Route du Rhum im Dezember.
Stanjek: Die Vorbereitung war ein bisschen ein Kompromiss aus dem Teamwettkampf The Ocean Race und der Solokampagne von Ben, der gerade die Route du Rhum mit dem Boot gesegelt ist und 2024 die Vendée Globe im Visier hat. Wir mussten uns als Mannschaft zurücknehmen. Wir haben trotzdem einige Trainingsblöcke absolviert und eine Regatta bestritten.
Wir haben das Boot komplett überholt. Es ist älter als die anderen, aber gut erprobt, hat schon eine Weltumsegelung und einige Transat-Rennen auch im Team absolviert. Es wurde also bereits härter gepusht als bei Solorennen. Diese Grundsolidität steht auf der Habenseite.
Es ist ein bisschen schwerer als die Neubauten. Das beschreibt gleichzeitig unser Manko bei Leichtwind an der Kreuz. Sonst sind wir gut dabei. Wir haben einen Satz neuester Foils; Paul Meilhat („Biotherm“) hat die gleichen. Die sind definitiv up to date. Vor dem Wind sollten die neuen Boote etwas schneller sein als wir. Auf Halbwind-Kursen halte ich unser Schiff für absolut stark. Unterm Strich haben wir vielleicht einen kleinen Performance-Nachteil, aber man muss ja noch segeln. Da glaube ich an unsere Qualitäten. Ich bin extrem glücklich, dass wir es als Kernteam mit Jens Kuphal nach acht Jahren beharrlicher Arbeit an die Startlinie geschafft haben. Es gab auch Rückschläge, aber wir haben immer daran geglaubt.
Unsere Offshore-Asse Ben und Sebastien Simon sind stark ausgebildete ImocaKenner, beide Ingenieure. Unsere Frauen sind Hardcore-Performance-Seglerinnen mit olympischem Hintergrund und Erfahrung aus Weltumsegelungen. Phillip Kasüske ist das Powerhouse an Bord. Auf dem Papier sind wir vielseitig und stark, aber das müssen wir erst wieder beweisen. Nach ein paar ruhigen Weihnachtstagen mit der Familie heißt es dann: Angriff!
Ich war noch jung und hungrig, als das Olympia-Aus fürs Starboot kam. Tim Kröger (zweimaliger Ocean-Race-Teilnehmer, d. Red.) ist nicht ganz unschuldig an meinem Weg. Der hat mich damals unter seine Flügel genommen und mir den Reiz des Offshore-Segelns gezeigt. Da hat sich das Ziel Ocean Race geformt, weil es ein hochkarätiger Wettkampf ist. Eine harte Herausforderung, für die ich mich noch einmal krass verändern und neues Wissen auf die Festplatte laden musste. Dazu kommt das Abenteuer: der Mythos dieses Rennens, durch die forderndsten Gewässer des Planeten zu fahren. Ich habe gehörigen Respekt davor, was auf uns wartet, aber es ist ein starkes Motiv. Ich kann es kaum erwarten.