The Ocean RaceFuß-Verbrühung – Boris Herrmann muss pausieren

Tatjana Pokorny

 · 23.01.2023

Team Malizia jubelt nach dem Zieldurchgang von Etappe eins in Mindelo über Platz drei zum Auftakt im Ocean Race
Foto: Sailing Energy/The Ocean Race

Team Malizia muss die zweite Etappe im 14. The Ocean Race ohne Skipper Boris Herrmann bestreiten. Der 41-Jährige hat sich auf Etappe eins den Fuß durch kochendes Wasser stark verbrannt. Das gab sein Team überraschend in der Nacht zum 23. Januar bekannt

Nach zuletzt positiver Einschätzung der Leistungen seiner Mannschaft und seines Imoca auf Etappe eins, gab Boris Herrmanns Team Malizia in der Nacht zum 23. Januar überraschend eine Verletzung des Skippers bekannt. In einer Pressemitteilung hieß es, der Hamburger “Malizia – Seaexplorer”-Skipper habe sich beim Auftaktabschnitt zum 14. The Ocean Race eine starke Fußverletzung durch kochendes Wasser zugezogen. Nach Behandlung im Krankenhaus habe Team Malizias offizieller Arzt und medizinischer Berater Dr. Spike Briggs von seiner Teilnahme an Etappe zwei abgeraten.

Schwere Fuß-Verbrühung durch kochendes Wasser

Als Grund für das ärztliche “Nein” nannte Team Malizia das “erhebliche Infektionsrisiko auf See”. Boris Herrmann befindet sich laut Team-Statement weiter in ärztlicher Behandlung und soll sich gut erholen. Der 41-jährige viermalige Weltumsegler selbst ließ wissen: “Ich bin sehr traurig, dass ich diese Etappe nicht mit meinem Team segeln kann, vor allem nach dem Erfolg von Etappe eins. Ich bin motivierter denn je, aber ich möchte meine Teilnahme an Etappe drei nicht gefährden und nicht riskieren, dass unsere Leistung in Etappe zwei beeinträchtigt wird. Zum Glück springt der weltberühmte und langjährige Trainer Yann Eliès ein, um mich in diesem Teil des Rennens zu vertreten.”

Es war die Britin Annie Lush vom inzwischen als fünfte Crew im Etappenhafen Mindelo eingetroffenen Guyot Environnement – Team Europe, die vor Beginn des Ocean Race eindringlich vor solchen Verbrennungen gewarnt hatte. Die erfahrene zweimalige Ocean-Race-Teilnehmerin aus Großbritannien hatte in einem Interview mit YACHT online darauf hingewiesen, dass sie die Gefahr von Hautverbrühungen durch kochendes Wasser an Bord der oft heftig bockenden Imocas für sehr groß hält. Sie habe davor “enormen Respekt”.

Boris Herrmann wird sein Team in Kapstadt erwarten

Zu seinen weiteren Plänen sagte Boris Herrmann: “Ich werde nun direkt nach Südafrika reisen, um bei meiner Frau und meiner Tochter zu sein und mich zu erholen, damit ich für die Herausforderung der dritten Etappe im Südpolarmeer bereit bin. Ich werde die Zeit an Land nutzen, um eng mit unserer Leistungsgruppe zusammenzuarbeiten, die Bootsdaten zu analysieren und die Nachbesprechung für die Ankunft der Segler in Kapstadt vorzubereiten. Ich freue mich darauf, das Team in einer starken Position in Südafrika zu begrüßen.”

Durch den Ausfall Herrmanns wird der 29-jährige bisherige Co-Skipper Will Harris die Rolle des Skippers früher übernehmen als gedacht. “Es war immer der Plan für die vierte Etappe, die Boris nicht machen wollte”, erklärte der Brite. Weiter sagte Will Harris: “Ich wünschte, es wäre unter anderen Umständen geschehen, aber unser Teamgeist ist groß, und wir werden Boris und unser Team stolz machen. Ich freue mich darauf, wieder mit Yann zu segeln. Es war großartig, die Überführung von Guadeloupe nach Alicante mit ihm an Bord zu machen, er bringt eine Menge Erfahrung in das Team ein.”

“Die neuen Foils sind gekommen, um zu bleiben”

Kämpferisch äußerte sich auch Herrmanns prominenter Ersatzmann Yann Eliès: “Ich bin supermotiviert, die zweite Etappe des Ocean Race mitzusegeln. Wir haben vor Kurzem gemeinsam den Atlantik überquert und sind bereit, alles zu geben, das Boot voranzutreiben und um eine gute Position im Rennen zu kämpfen.”

In einem Interview mit YACHT online hatte sich Boris Herrmann noch wenige Stunden vor seiner Entscheidung, die kommende Etappe auszulassen, positiv über die Leistungen seines Teams und seiner Mannschaft auf Etappe eins geäußert. Herrmann sagte: “Die neuen Foils sind gekommen, um zu bleiben. Sie haben sich bewährt. Sie sind etwas weicher als die alten. Das liegt an der Bauweise. Aber diese Bauweise ist gleichzeitig stärker in der Reverse-Load-Belastung. Insofern haben wir da weniger Sorgen. Die Foils sind sehr tolerant, das Schiff fährt einfacher, baut einfacher Speed auf. Es ist nicht so kritisch, den Trimm des Schiffes, die Nach-vorne-und-hinten-Neigung zu regulieren. Und das Foil-Rake ist auch nicht so ein Drama wie bei den alten Foils. Insofern haben die neuen Foils sehr viele Vorteile.”

Erst laut und brutal, dann euphorische Aufholjagd

Spaß habe ihm und dem Team auf Etappe eins nach dem lauten und brutalen Auftakt “das Wieder-Ranfahren am Ende der Etappe” gemacht. Es habe “eine Rieseneuphorie an Bord ausgelöst”. Herrmann erzählte: “Wir haben über eineinhalb Tage 70 Seemeilen auf 11th Hour Racing aufgeholt. Das Geschwindigkeitspotenzial ist da. Die harte Arbeit von zwei Jahren seit der Vendée Globe kulminiert in den Erfolg einer Kampagne im Ocean Race mit tollem Speedpotenzial. Da herrschte Hochstimmung an Bord. Diese Stimmung haben wir ins Ziel der ersten Etappe getragen. Ich bin jetzt und hier in Mindelo wirklich gut drauf.”

Wenige Stunden später musste Boris Herrmann seinen Verzicht auf die Teilnahme an Etappe zwei bekanntgeben. Seinen Glauben an die Stärken aller Boote in der Flotte sieht Herrmann durch die Ergebnisse der ersten Etappe trotz erheblich unterschiedlicher Zielzeiten bestätigt: “Ich glaube immer noch, dass alle Boote in dieser Ocean-Race-Flotte das Rennen theoretisch gewinnen können. Das habe ich auch Robert Stanjek vom Guyot-Team gesagt. Auch wir können theoretisch gewinnen. Es ist hier noch alles offen.”

Herrmann sieht “Holcim – PRB” und “11th Hour Racing” stark

Eine kleine Einschränkung nahm Herrmann aber vor: “Man kann schon sehen, dass Holcim – PRB und 11th Hour Racing momentan ein Stück stärker sind. Das heißt aber nicht, dass wir da nicht auch rankommen können. Wäre die erste Etappe länger gewesen, hätten wir 11th Hour Racing möglicherweise einholen können.”