Tatjana Pokorny
· 27.04.2023
Kurz nach dem Mastbruch des Schweizer Teams Holcim – PRB auf Etappe vier im Ocean Race ist eine Welle der Hilfsbereitschaft angerollt. Boris Herrmann und Team Malizia haben Skipper Kevin Escoffier ihre Unterstützung zugesichert
Schon kurz nach dem Mastbruch bei Team Holcim – PRB ist im Ocean Race eine Welle der Hilsbereitschaft angerollt. Boris Herrmann hat am Morgen Kontakt mit Skipper Kevin Escoffier aufgenommen. “Ich habe ihm gesagt, dass wir unsere volle Unterstützung anbieten und er den Kopf hochhalten soll.” Weiter sagte Boris Herrmann, der bei der laufenden vierten Etappe von Iatají ins nordamerikanische Newport pausiert und in Hamburg ist: “Es ist ein großer Schock für uns alle, dass Kevin den Mast verloren hat.”
Er wolle zwar ohne Fakten zum Unfallhergang noch nicht viel spekulieren, könne aber einige Umstände der teameigenen Datenbank entnehmen: “Wir gehen davon aus, dass das es hoch am Wind war. Mit J2 und vollem Großsegel. Bei ungefähr 17 Knoten, was ich auf unserer Website sehen kann. Da kann man ja auch im Live-Bereich die Winddaten direkt sehen. Ziemlich schlechter Seegang, haben sie von Bord berichtet. Das heißt, das Boot schlägt am Wind, kommt vielleicht ansatzweise ins Foilen. Oder auch nicht. Malizia fährt auf dem Tracker nur elf bis zwölf Knoten. Das bedeutet knüppeln hoch am Wind. Da kommen sie jetzt im Moment nicht ins Foilen. Also raue Bedingungen am Wind. Aber auch nichts extrem Starkes.”
Von außen betrachtet, seien das, so Herrmann, normalerweise keine Bedingungen, in denen ein Mast durch menschliche Fehler runterkäme: “Eher durch überraschendes Materialversagen. Bei einem der Vorstagen zum Beispiel, könnte man sich vorstellen. Da würde meine Vermutung hingehen. Ich hoffe, es hat keine Kollision stattgefunden. Das würde natürlich auch zum Mastbruch führen.”
Das ist eine niederschmetternde Situation für eines der besten Teams im Rennen.” (Boris Herrmann)
Die Konsequenzen seien hart: “Das ist auf jeden Fall eine niederschmetternde Situation für eines der besten Teams im Rennen.” Nur wenige Stunden nach dem Mastbruch hat Team Holcim – PRB noch nicht bekannt gegeben, wie und wohin der Transport eines Ersatzmastes und das Comeback im Ocean Race funktionieren könnte. Es gibt diverse Optionen. Boris Herrmann sagt: “Es gibt mehrere Möglichkeiten. Man kann die Yacht per Frachtschiff weitertransportierten. Vielleicht auch direkt nach Europa. Oder einen Mast per Eilfracht nach Brasilien bringen. Ich denke mal, das Team wird da im Laufe des Tages schon die ersten Pläne schmieden.”
Team Malizia und Boris Herrmann haben bereits Querverbindungen zu den eigenen Ocean-Race-Partnern hergestellt. Boris Herrmann berichtet: “Wir haben mit Kühne + Nagel einen Partner, der auch im Bereich Yachttransport oder im Bereich Special Project Cargo unterwegs ist. Die könnten also auch Luftfracht-Cargo für so einen Mast machen. Das kann Kühne + Nagel.” Es bleibt laut Herrmann abzuwarten, was für das Team möglich sei, um schnell wieder ins Rennen zurückzukehren.
Wir wünschen Kevin und seinem Team total viel Glück.” (Boris Herrmann)
Zum Unglück selbst erklärte Boris Herrmann: “Wir sind ein mechanischer Sport. Und das ist einfach leider Teil davon. Es ist ein One-Design-Mast. Wir haben alle den gleichen. Kevins Team zählt zu denen mit dem höchsten technischen Standard.” Dazu wies Boris Herrmann auf den Ersatzmast der Imoca-Klasse hin, der in Lorient für Notfälle bereitliege. Seine Einschätzung: “Man würde wahrscheinlich auch die anderen Teile zusammenbekommen: Baum, Outrigger, Kabel, Mastkabel, die Stagen und Wanten. Die Segel.” Die könne man vielleicht auch von anderen Teams zusammenkaufen oder leihen.
Herrmanns Generaleinschätzung der Lage: “Das macht auch mich sehr traurig. Es ist für ein Team eine unheimlich schwere Situation. Wir wünschen Kevin und seinem Team total viel Glück. Und wir wollen natürlich guten Sport. Wir wollen nicht unseren Rennfavoriten auf diese Art und Weise aus dem Rennen ausscheiden sehen. Und wir hoffen einfach, ihn jetzt so schnell wie möglich und mit aller Kraft im Rennen zurück zu sehen. Deswegen helfen jetzt alle Teams mit voller Solidarität mit. Insbesondere wir versuchen, mit unseren Schifffahrtskontakten Gas zu geben, dass wir die Mannschaft ins Rennen zurückbekommen.”
In der laufenden Etappe vier hat nach dem Unglück das US-Team 11th Hour Racing die Führung mit sechs Seemeilen Vorsprung vor Team Malizia übernommen. Es folgen an Tag fünf auf See die Teams Biotherm mit knapp 20 Seemeilen Rückstand auf die amerikanischen Spitzenreiter und das Guyot Environnement – Team Europe, das gut 40 Seemeilen aufzuholen hat.