TauwerkkundeLeinen verjüngen und ein festes Auge anfertigen

Hauke Schmidt

 · 03.08.2023

Tauwerkkunde: Leinen verjüngen und ein festes Auge anfertigenFoto: YACHT/B. Andersch
Hier wurde in das feste Auge ein Schäkel eingefügt
Mit individuell konfektionierten Leinen lässt sich die Funktion der Trimmeinrichtungen deutlich verbessern. Das erhöht den Segel- und Bedienkomfort. Wir zeigen das Verjüngen von Fallen oder Schoten sowie das Herstellen eines festen Auges

An kaum einem Detail lässt sich der Unterschied zwischen Fahrten- und Regattayachten so deutlich erkennen wie am Tauwerk; und das, obwohl dehnungsarme Hightech-Leinen inzwischen auch auf Tourenbooten weit verbreitet sind. Doch während das Material auf der einen Yacht quasi direkt von der Rolle kommt, sind auf dem anderen Boot ausgeklügelte Takelarbeiten zu bewundern, fein abgestimmte Durchmesser, Verjüngungen, Schutzmäntel, elegante Augspleiße und Laschings. Kurzum: alles, um das Maximum aus Tauwerk und Beschlagsausstattung herauszuholen.

Was viele übersehen: Dabei geht es weniger um eine vermeintliche Gewichtsersparnis von ein paar Gramm oder um etwaige Zehntelknoten Geschwindigkeit – sondern um die auch für Fahrtensegler äußerst relevante Funktion der Trimmeinrichtungen. Dass auf Fahrtenbooten trotzdem selten aufwändigere Takelarbeiten zu sehen sind, dürfte daran liegen, dass sich viele Skipper der möglichen Optimierungen nicht bewusst sind.

Tauwerk-Anpassungen, die sich lohnen

Beispielsweise bei Traveller und Holepunktverstellungen. Deren Taljen sind in der Regel mit relativ kleinen Umlenkblöcken ausgerüstet. Damit steht man vor der Wahl: Entweder der Tauwerksdurchmesser ist klein und gleitet gut durch die Umlenker – oder die Leine liegt gut in der Hand, was in der Regel einen größeren Durchmesser erfordert, aber schlechter durch die Talje läuft. Oder man verjüngt die Leine passend.

Bei Kern-Mantel-Geflechten mit Dyneema-Einlage genügt es, dazu den Mantel partiell zu entfernen. Sorgen um die Haltbarkeit braucht man sich dabei nicht zu machen. Die hochfeste Faser ist sehr UV-beständig und dank der seifig-glatten Oberfläche scheuerresistent.

Ein weiterer Grund für Tauwerk von der Rolle: Professionelle Takler sind rar und teuer. Das Verjüngen eines Falls oder einer Trimmleine sollte man im Prinzip bei jedem Segelmacher in Auftrag geben können. Die Arbeiten sind jedoch so zeitaufwändig, dass sich der Preis eines Falls dadurch locker verdoppelt.

Das Gute daran: Die meisten Handgriffe sind nicht sehr kompliziert. Mit der richtigen Anleitung, Geduld und Übung lassen sich die Spleiße selbst durchführen.

Weniger ist mehr Leinen verjüngen

Der richtige Durchmesser ist meist keine Frage der Bruchlast. Stattdessen spielen leichter Lauf und Griffigkeit eine Rolle.

Leinen verjüngen Schritt für Schritt

Festlegen, wie weit der Mantel entfernt werden soll. Etwa zwei Meter dahinter Kern und Mantel mit einem Knoten fixieren
Foto: YACHT/K. Andrews

Je kleiner der Umlenkradius einer Leine ist, desto größer werden die Reibungsverluste. Das tritt zum Beispiel bei stark untersetzten Trimmtaljen in Travellersystemen zutage. Die Scheibengröße lässt sich kaum verändern. Deutlich günstiger und eleganter ist es, beim Tauwerk anzusetzen und den Mantel im Bereich der Talje zu entfernen. In der Regel nimmt der Durchmesser dadurch um ein bis zwei Millimeter ab, und der glatte Kern läuft leichter durch die Umlenkungen. Je nach System kann als Ausgangsmaterial sogar eine dickere Leine gewählt werden, wodurch der Griffbereich noch besser in der Hand liegt. Die Gefahr dabei: Der Kern darf nicht zu dünn werden, das relativ lose Geflecht kann sich sonst in den Blöcken zwischen Backe und Scheibe verklemmen.

Eine weitere Möglichkeit der Anwendung sind verjüngte Gennaker- und Spischoten. Sie sparen Gewicht, wodurch das Segel bei Leichtwind besser steht, zusätzlich laufen die dünneren Kerne besser durch die Blöcke. In den abgemantelten Tampen der Leine kann zum Schluss ein festes Auge gesteckt werden.

Festes Auge herstellen Schritt für Schritt der Brummel-Lock

Der erste Durchstich fällt leichter, wenn man das Seil zuvor staucht – egal, ob man mit einer Drahtschlaufe oder einem Fid arbeitet
Foto: YACHT/H. Schmidt

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