ReißtestSo stark verringern Knoten im Tauwerk die Bruchlast

Hauke Schmidt

 · 04.05.2025

Typische Anwendung: Die Schot wird per Palstek befestigt. Damit ist die Bruchlast jedoch ungefähr halbiert
Foto: K. Andrews
Verbindungen schwächen Leinen stark. Meistens reißt nicht die Leine, sondern der Knoten gibt auf. Im Test: Welche Knoten am schädlichsten sind. Dazu: Tauwerkschäkel.

Wer eine neue Schot, ein Fall oder ei­nen Festmacher anschaffen will, steht bei der Auswahl vor zwei wichtigen Fragen: Ist das Material für die Anwendung geeignet, und reicht die Belastbarkeit der Leine?

Die Materialfrage lässt sich anhand der Anforderungen wie Dehnungsverhalten und Scheuerbeständigkeit leicht klären; die richtige Dimensionierung des Seils ist kompli­zier­ter. Herstellerseitig wird die Bruchlast des Tauwerks angeben. Eigentlich relevant ist aber die Arbeitslast, also jene Kraft, die im All­tagsbetrieb nicht überschritten werden sollte. Sie beträgt nur ein Viertel der Bruchlast. Bei Tauwerk wird also in der Regel eine hohe Sicherheit einkalkuliert, um etwa auch Lastspitzen aushalten zu können oder auch noch zu halten, wenn es leicht beschädigt ist. Wer sich bei der Dimensionierung an die Arbeitslast hält, sollte auf der sicheren Seite sein.

So weit eine simple Rechnung, aber jede Leine muss ja auch irgendwie mit Schäkeln, Schot­horn oder Pfahl verbunden werden. Das bedeutet: Sie wird geknotet oder gespleißt.

Dass Knoten die Festigkeit der Leine herabsetzen, ist bekannt – aber wie stark lässt die Bruchlast und damit auch die Arbeitslast nach? Beide Größen richten sich immer nach der schwächsten Stelle im System. Das heißt: Setzt ein Knoten die Bruchlast einer Leine etwa um 80 Prozent herab, beträgt diese also nur noch 20 Prozent des ursprünglichen Wertes, beträgt auch die Arbeitslast nur noch ein Viertel dieser 20 Prozent, also nur noch 5 Prozent statt 25 Prozent ohne Knoten.

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Gibt es aber Knoten, die besonders problematisch sind und besonders geeignete? Um diese Fragen zu klären, haben wir die gängigsten Knoten zum Verbinden zweier Leinen auf einer Reißprüfmaschine untersucht. Und zwar jeweils mit zehn Millimeter starkem Tauwerk. Um praxisgerechte Aussagen treffen zu können, wurden mit der Leine Plastimo XM 32 (Bruchlast 2096 Dekanewton) ein preiswertes Polyesterprodukt und mit dem Gleistein Megatwin Fall (Bruchlast 4132 Dekanewton) ein Dyneemaseil verwendet. Dabei ergeben sich konstruktionsbedingt große Un­terschiede.

Knoten in Polyester belastbarer als in Dyneema

In Knoten bekneift sich hauptsächlich der Mantel. Bei Polyestertauwerk, ist das kein großes Problem, denn dort tragen Mantel und Kern die Lasten fast zu gleichen Teilen. Anders sieht es bei Dyneemaleinen aus. Sie be­ziehen ihre enorme Festigkeit fast ausschließ­lich aus dem sehr glatten Kern. Rutscht dieser im Knoten, verlagert sich zu viel Last auf den Mantel – und er bricht. Ohne intakte Umhüllung flutscht der Kern fast ohne Kraftaufwand vollständig aus dem Knoten, und die Verbindung ist gebrochen. Der Begriff der Knoten-Bruchlast ist in diesem Falle etwas irreführend. Während beim Polyestertauwerk tatsächlich die Leine meist im Knoten an der Stelle der stärksten Umlenkung reißt, rutscht beim Dyneematauwerk der Knoten auseinander, die Leine selbst reißt nur im Mantel. Beides bezeichnen wir im Folgenden als brechen, da die Verbindung unterbrochen ist.

Gut zu wissen: Mit Ausnahme der mit dem doppelten Achtknoten gebildeten Augverbindung versagten sämtliche ins Dynee­ma­fall geknüpfte Knoten wegen dieser Kern-Mantel-Rutschung, und zwar bereits bei erschreckend geringen Belastungen. Auf­grund dieser Erkenntnisse liegt die Vermutung nahe, dass Seilkonstruktionen mit zusätzlichem Zwischenmantel haltbarer sein dürften, da die Kraft hier besser auf den Kern übertragen wird.

Tauwerkschäkel mit guten Werten

Damit stellt sich automatisch die Frage, wie gut die seifige Faser beim Splei­ßen hält. Schließlich wird das Schlauch­geflecht dabei ja nur ineinandergesteckt. Auch das haben wir auf dem Prüfstand untersucht und dabei gleich noch die beiden Arten getestet, einen Schäkel anzuschlagen.

Genauso interessant ist die Belastbarkeit von Tauwerkschäkeln aus Dyneema. Greift man zur vorkonfektionierten Ware, gibt es auch hier eine Herstellerangabe. Diese variiert jedoch von Produzent zu Produzent zwischen 50 und 80 Prozent der Werte des gleich dicken Ursprungsseils. Grund genug, unsere selbstgespleißten Schäkel zu untersuchen. Hier gibt es gute Nachrichten: Sie brauchen sich nicht hinter den profes­sionellen Produkten zu verstecken und verkraften sogar deutlich mehr als das einfache Tauwerk.

Abhängig von der Bauart gibt es aber auch kleine Unterschiede: Die Version mit frei­­lie­gen­­den Parten scheint ein wenig fester zu sein, da sich die Kräfte besser auf einzelne Stränge verteilen. Erstaunlich gut schneidet der nach einer Leseridee ge­knüpfte Schäkel ab. Er lässt sich ohne Splei­ßen anfertigen.

Wofür sich Tauwerkschäkel eignen und wie sie leicht selbst anzufertigen sind, erklären wir in diesem Artikel.


Bruchlastverlust einzelner Knoten

Kreuzknoten: - 88 %

KreuzknotenFoto: YACHT

Der Kreuzknoten ist mit Abstand die schlechteste Lösung, um zwei Leinen zu verbinden. Die Halte­kräfte sind unabhängig vom Material ge­ring. Gerade einmal 12 Prozent der Bruchlast des Dyneemaseils sind nutz­bar, bei Polyester immerhin 23 Prozent.

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Schotstek: - 88 %

SchotstekFoto: YACHT

Der Schotstek ist der klassische Knoten, um zwei gleich oder unterschiedlich starke Leinen zu koppeln – er schwächt aber die Verbindung stark. Bei Polyester bricht das Seil, das Dyneematau rutscht einfach durch. Auch hier viel Verlust.

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Doppelter Schotstek: - 80 %

Doppelter SchotstekFoto: YACHT

Der doppelte Schotstek besitzt eine zwei Umschlingungen, bringt diese auch mehr Sicherheit? Was die Haltbarkeit bei Polyester deutlich verbessert, hilft beim Dyneematauwerk kaum. Der Knoten rutscht bei 800 Dekanewton Zugkraft oder 20 Prozent der Bruchlast durch.

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Fischerstek: - 70 %

FischerstekFoto: YACHT

Der Fischerstek ist eine einfache Verbindung aus zwei Überhandknoten für Polyestertauwerk ist er eine brauchbare Lösung. Beim Dyneemaseil dagegen rutscht der glatte, lasttragende Kern im Mantel, weshalb dieser schon bei 30 Prozent der Bruchlast versagt.

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Palstek: - 53 %

PalstekFoto: YACHT

Ob als Auge zum Festmachen oder zur Verbindung zweier Tampen: Der Palstek ist beliebt und bewährt. Tatsächlich hält er sogar beim Dyneematauwerk mehr als 50 Prozent der Bruchlast, bevor der Mantel versagt und der Kern durchrutscht.

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Doppelte Acht: - 47 %

Doppelte AchtFoto: YACHT

Die doppelte Acht wird häufig von Feuerwehrleuten und Kletterern zur Sicherung benutzt. Der Augknoten schwächt die Verbindung vergleichsweise wenig – und ist damit eine gute Alternative zum Palstek. Für die maximale Bruchlast dürfen sich die parallelen Parten nicht überkreuzen.

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Bruchlastverlust durch Spleißen

Wo der Spleiß aufgibt

yacht/img-5638-frei_415c013afdd15f6baab2877fa201b94aFoto: Ben Scheurer

Damit die Dyneemafasern genügend Reibung entwickeln, muss der Spleiß etwa die 48-fache bis 60-fache Länge des Seildurchmessers aufweisen. Er bricht selten am Auge, sondern meist am Ende der Verdickung, daher sollte man das innere Ende verjüngen.


Auge oder Überwurf: - 10 %

yacht/img-5650-frei_3d92a9aa557ae9b8fa097b30bbb23df5Foto: Ben Scheurer

Soll die Leine mit einem Schäkel versehen werden, gibt es zwei Möglichkeiten: Entweder man formt ein einfaches Auge, oder der Schäkel wird durch eine überschlagene Schlaufe angekuppelt. Im Zugversuch haben sich beide Va­rianten als gleich stark her­ausgestellt. Wird der Spleiß lang genug ausgeführt, gehen lediglich 10 Prozent der Bruchlast verloren.


Das halten Tauwerkschäkel aus

Einfacher Schäkel: + 40 %

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Foto: Ben Scheurer

Der klassische Tauwerksschäkel mit ineinander laufenden Parten besitzt etwa die 140-prozentige Bruchlast des verwendeten Dyneemaseils. Meist gibt die außenlaufende Part am Beginn des Stopperknotens auf. Hier tritt die innere Part wieder aus, wodurch das Geflecht ungleichmäßig belastet wird.


Schäkel mit zwei Parten: + 50 %

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Foto: Ben Scheurer

Die parallel laufenden Stränge dieser Schäkelkonstruktion nehmen die Kraft gleichmäßiger auf, daher ist die Bruchlast mit 150 Prozent des Materialwertes noch ein wenig höher. Auch dieser Tauwerksschäkel bricht meistens am unteren Ende des Stopperknotens.


Geknoteter Schäkel: + 40 %

Bild 1
Foto: Ben Scheurer

Ganz ohne Spleißwerkzeug lässt sich dieser Schäkel fertigen. Anstelle des Spleißens wird das Auge einfach durch einen halben Schlag gebildet. Die Bruchlast wird dadurch kaum verringert. Er versagt unterhalb des Stopperknotens.


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