Lasse Johannsen
, Lars Bolle
· 03.03.2023
Bei Wasserschützern und Eignern herrscht Unsicherheit über die Ausrüstungspflicht für Sportboote – denn die ist nirgendwo konkret definiert. Wie Skipper auf Nummer sicher gehen, wenn die Polizei überprüft
Eine Ausrüstungspflicht für Sportboote gibt es im Wortsinne nicht. Da verunsichert schon das Wort „Pflicht“. Tatsächlich handelt es sich immer um Empfehlungen, was wann an Bord mitgeführt werden sollte. Ob diese sinnvoll sind und ob sich daran gehalten wird, muss jede Schiffsführerin und jeder Schiffsführer für sich selbst entscheiden. Wichtig aus gesetzlicher Sicht ist dabei, dass bestimmte Ausrüstung für den Fall des Eintretens des entsprechenden Ereignisses an Bord einsatzbereit sein muss. Etwa Positionslaternen, wenn nachts gesegelt wird.
Die sogenannte Ausrüstungspflicht folgt aus den unterschiedlichsten nationalen und internationalen Vorschriften. Allein: Eine übersichtliche Zusammenfassung fehlt. Tatsächlich ist sich deshalb kaum ein Eigner wirklich sicher, was an Bord sein muss und was nur sein sollte.
Dabei sind viele der zugrunde liegenden Vorschriften dem Segler wohl vertraut – die internationalen Kollisionsverhütungsregeln (KVR) und ihre deutschen Ergänzungsvorschriften in Seeschifffahrtsstraßenordnung (SeeSchStrO), Binnenschifffahrtsstraßenordnung (BiSchStrO) und regionalen Vorschriften. Hier steht nicht nur, welche Lichterführung obligatorisch ist und in welcher Situation ein Signal gesetzt werden muss, sondern auch, was passiert, wenn die dafür erforderlichen Gegenstände nicht an Bord sind. Eine Ausrüstungspflicht ergibt sich aber auch daraus nicht.
Ein Verstoß gegen diese Vorschriften kann als Ordnungswidrigkeit geahndet werden. Das ergibt sich aus KVR und Seeschifffahrtsstraßenordnung selbst. Wie der Verstoß behandelt wird, liegt zunächst im Ermessen der feststellenden Polizeibeamten. Wird er als geringfügig eingestuft, kann eine reine Belehrung durch die kontrollierenden Wasserschützer die Folge sein, laut Polizei der häufigste Fall.
Die Beamten dürfen aber auch ein Verwarnungsgeld erheben und vor Ort kassieren. Uneinsichtiges Verhalten steht oft am Anfang einer solchen Maßnahme. Ist der Delinquent mit der Zahlung des Verwarnungsgeldes nicht einverstanden oder wird die Qualität des Verstoßes von den Beamten per se höher eingestuft, weil sie etwa die Gefährdung des Verkehrs annehmen, wird ein Bußgeldverfahren aus der Sache. Das zieht die schriftliche Anhörung durch die Bußgeldstelle des Wasser- und Schifffahrtsamtes (WSA) nach sich, mit der späteren Möglichkeit des Einspruchs gegen den Bescheid. So weit sollte man es aber nicht grundlos kommen lassen, denn ein Bußgeldverfahren verursacht zusätzliche Kosten.
Bis hierhin ist die Lage relativ einfach. Denn die wichtigsten Verstöße und ihre Strafen, Verwarnungsgelder zwischen 15 und 25 Euro, Bußgelder zwischen 75 und 100 Euro, sind dem Buß- und Verwarnungsgeldkatalog Binnen- und Seeschifffahrtsstraßen (BVKatBin-See) unproblematisch zu entnehmen. Das Regelwerk ist im Verkehrsblatt veröffentlicht und über den gleichnamigen Verlag zu bekommen, es ist aber auch in der Handausgabe der Seeschifffahrtsstraßenordnung enthalten, von den Bußgeldstellen der Wasser- und Schifffahrtsämter oder von der Kreuzer-Abteilung zu beziehen.
Doch das ist eben nicht alles. Was darüber hinaus an Bord sein sollte, ist nur für gewerblich genutzte Yachten vom Gesetzgeber vorgeschrieben. Und zwar in der See-Sportbootverordnung (SeeSpbV, siehe Liste S. 44). Sie gilt für „große Sportboote“. Das sind nicht etwa besonders seetaugliche, sondern solche mit Kajüte, die für Fahrten seewärts der Basislinie geeignet und bestimmt sind – also fast alles, was in Yachthäfen an der Küste zu finden ist.
Auf Privatyachten hingegen verlangt der Gesetzgeber nur, dass die Ausrüstung der „seemännischen Sorgfaltspflicht“ genügt. Sie folgt unmittelbar aus KVR und den deutschen Ergänzungsvorschriften und ist als unbestimmter Rechtsbegriff ein Schrecken in den Augen jedes Skippers. Will er sich nämlich darüber informieren, wie seine Ausrüstung aussehen muss, um der „Pflicht“ zu genügen, bekommt er viele verschiedene Antworten, denn es existieren gleich mehrere höchst unterschiedliche Auslegungen.
Das Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie (BSH) hat gemeinsam mit den Verbänden, darunter der DSV, in der Broschüre „Sicherheit im See- und Küstenbereich“ zusammengestellt, was zu einer Ausrüstungspflicht gehören könnte. Das Werk bezeichnet die Vorschläge selbstbewusst als „Sorgfaltsregeln“ und macht dadurch den Anspruch geltend, als Auslegungsmaßstab herangezogen zu werden. Das darf aber kritisch gesehen werden. Denn eine Unterscheidung innerhalb der großen Sportboote, die ja unterschiedliche Fahrtgebiete haben, machen die Autoren nicht. Dabei liegt auf der Hand, dass etwa das Folkeboot auf der Flensburger Förde durchaus auch ohne Sextant und Chronometer gesegelt werden darf.
Die Kreuzer-Abteilung bietet als Service eine Übersetzung der Regeln der Ocean Race Conference (ORC) des Weltseglerverbandes World Sailing an. Hier wird zwar präzise nach Fahrtgebiet unterschieden, die Regeln sind allerdings auf die Bedürfnisse bei Regatten gerichtet.
Auch das Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung liefert mit dem Leitfaden „Sicherheit auf dem Wasser“ einen Konkretisierungsmaßstab, es übertrifft mit seinen Forderungen nach SAR-Radartransponder, Navtex, Treibanker und dergleichen selbst das strenge BSH.
Erstaunlicherweise kam in der Diskussion bislang niemand darauf, dass vom Gesetzgeber bereits eine Auflistung der seemännisch sorgfältigen Mindestausrüstung erstellt wurde. Denn der Katalog aus der See-Sportbootverordnung wird für gewerblich genutzte Schiffe als ausreichend angesehen. Und diese Anforderungen sind sogar leichter zu erfüllen als die vorgenannten. Warum sollte es nun Pflicht sein, Privatyachten intensiver auszurüsten als kommerziell genutzte Ausbildungs- oder Charterschiffe?
Im Endeffekt liegt es im Ermessen des Schiffsführers, welchen Sorgfaltsmaßstab er anlegt. Wichtig ist nur, dass er sich erkennbar darum bemüht hat, ihn zu erfüllen. Das heißt, er sollte sich für einen der Kataloge entscheiden und den einhalten. So ist im Zweifel belegbar, dass keine Verletzung der seemännischen Sorgfaltspflicht vorliegt. Sicher ist dabei zu berücksichtigen, dass die Ausrüstung auch von Revier, Bootsgröße und -baujahr sowie der Besatzungsstärke abhängt.
Übrigens: Wird das Schiff verliehen, so ist der neue Schiffsführer für die Einhaltung der seemännischen Sorgfalt verantwortlich und nicht etwa der Eigner. Das gilt auch für die angemessene Ausrüstung.
Moniert die Wasserschutzpolizei bei einer Kontrolle diese Ausrüstung auf Grundlage einer Ausrüstungspflicht als unzulänglich, so droht ein Bußgeld nicht allein deshalb. Auch hier gilt, dass etwa eine Gefährdung hinzukommen muss, die ohne die fehlende Ausrüstung nicht eingetreten wäre. Auch hier ist wieder zu sehen, wie vage die Vorschriften insgesamt sind. Letztlich wird der Sachbearbeiter entscheiden, ob der hoffentlich erfolgte Einspruch Chancen hat.
Der Schiffsführer riskiert aber andere Folgen, die unter Umständen weit härter sind. So kann ein Versicherer, wenn das Fehlen eines empfohlenen Ausrüstungsgegenstandes zum Schaden führt, mit fahrlässigem Verhalten argumentieren.
Für Aufsehen sorgte 2002, bei seiner auch für privat genutzte Sportboote verbindlichen Einführung, der von der International Maritime Organisation in der Konvention Safety of Life at Sea (Solas), Kapitel V, Regel 19 aufgestellte Mindeststandard für eine navigatorische Ausrüstung auf großen Sportbooten.
Die Aufzählung umfasst Seekarten, einen GPS-Empfänger und einen Radarreflektor. Aber auch der Magnetkompass inklusive Deviationstabelle und Peilvorrichtung wurde verbindlich vorgeschrieben. Auf Booten, die vor 2002 gebaut wurden, wird die Vorschrift auch dann erfüllt, wenn nur die Gegenstände der bis dahin geltenden Solas-Version an Bord sind – Seekarten, Logbuch, Magnetkompass und Peilvorrichtung.
Allerdings wird bei einem Verstoß gegen die Solas-Vorschriften nicht kassiert. Die Regel 19 ist im deutschen Recht nämlich nicht bußgeldbewehrt – Geldstrafen sind bei Yachten für den rein privaten Gebrauch nicht vorgesehen. Anders sieht es aus, wie oben schon erwähnt, wenn durch den Verstoß, also weil einer der gelisteten Gegenstände fehlt, eine konkrete Gefährdungslage entsteht.
Diverse Unterlagen gehören ebenfalls zur Pflichtausrüstung. Neben dem amtlichen Führerschein, so für das jeweilige Boot und Fahrtgebiet vorgeschrieben, ist vor allem ein Eigentumsnachweis mitzuführen. In welcher Form, ist Eignern privat genutzter Yachten selbst überlassen. Am einfachsten ist die Vorlage einer Kopie des Kaufvertrages in Verbindung mit dem Personalausweis oder dem Reisepass. Daraus geht zudem die Nationalität des Eigners hervor, nach der sich bei Privatyachten in aller Regel die Flaggenführung richtet.
Ausländische Behörden begnügen sich häufig mit dem Standerschein des Clubs oder dem internationalen Bootsschein für Wassersportfahrzeuge, ausgestellt von DSV, Motoryachtverband oder ADAC. Der Bootsschein ist alle zwei Jahre kostenpflichtig zu erneuern.
Die Berechtigung zum Führen der Bundesflagge weist das Flaggenzertifikat des BSH aus, nicht jedoch das Eigentum am Schiff. In Frankreich wird es ausdrücklich verlangt. Soll das Ausland angelaufen werden, sind zudem der Nachweis einer Bootshaftpflichtversicherung, Personalpapiere und zur Sicherheit Grenzerlaubnisse für das Verlassen der Bundesrepublik außerhalb der offiziellen Grenzübergangsstellen mitzuführen. Weitere Erfordernisse können bestehen.
Wird eine Seefunkstelle betrieben, muss die Frequenzzuteilungsurkunde an Bord sein. Seit ins Schiffssicherheitsgesetz (SchSG) die Pflicht zur Führung eines Logbuchs aufgenommen wurde, ist auch dieser Ausrüstungsgegenstand Pflicht – und zwar inklusive Benutzung, für die es allerdings außer Formvorschriften keine weitere Regelung gibt.
Auf manchen Gewässern, wie zum Beispiel der Ostsee, sind Yachten mit einem Fäkalientank auszurüsten, wenn sie über ein WC verfügen. Verstöße sind mit Bußgeld belegt. Ausgenommen sind Boote, die vor 1980 gebaut wurden oder wenn sie zwischen 1980 und 2003 gebaut, aber kürzer als 10,50 Meter und schmaler als 3,80 Meter sind.
Nachdem das Internationale Übereinkommen zur Verhütung der Meeresverschmutzung (Marpol) zum Abkommen von Helsinki (Helcom) über verstärkten Schutz der Ostsee geführt hat, ist diese Fäkalientankpflicht auf dem Verordnungsweg in Deutschland eingeführt worden. Yachten, die größer sind als 12 Meter, haben außerdem ein zweisprachiges Hinweisschild aufzuhängen. Darauf ist das Entsorgen von Abfall außenbords zu untersagen.
Werden Yachten verchartert oder zum entgeltlichen Ausbildungsbetrieb eingesetzt, treten zu diesen Pflichten noch weitere hinzu, denn dann unterliegen sie der Schiffssicherheitsverordnung (SchSV) und der SeeSpbV. Diese Vorschriften setzen die Solas in deutsches Recht um. Das Einhalten des Ausrüstungskatalogs aus der See-Sportbootverordnung ist dadurch bei gewerblicher Nutzung zwingend vorgeschrieben.
Die Einhaltung wird vom WSA bei der Erteilung des Bootszeugnisses streng überprüft – im zweijährigen Abstand. Das gebührenpflichtige Zeugnis ist obligat und hat nichts mit den freiwilligen Eigentumsnachweisen der Verbände zu tun. Beim Betrieb der Yacht ohne das Papier macht sich der Unternehmer sogar strafbar.
Fehlt auf der kommerziell genutzten Yacht etwas von der Liste aus der SeeSpbV, so ist das eine Ordnungswidrigkeit, auch ohne dass dadurch eine Gefährdungslage entsteht. Der Unternehmer, nicht der Skipper, steht im Ordnungswidrigkeitenverfahren für solche Verstöße gerade. Ab 12 Meter Länge ist die Charteryacht etwa mit einer DSC-fähigen Seefunkstelle auszurüsten. Fehlt die, wird zur Kasse gebeten.
Und schließlich steht unabhängig von der Größe die Kontrolle des Trinkwassers an Bord durch das Gesundheitsamt an.
Bei gewerblicher Nutzung vorgeschriebenes Zubehör – für Privatyachten ein hilfreicher Maßstab:
Was nach dem unbestimmten Rechtsbegriff der seemännischen Sorgfalt an Bord gehört und was nicht, ist für privat genutzte Segelyachten Auslegungssache und variiert je nach Fahrtgebiet, Schiff und Crew. Eine Orientierung bietet die für gewerblich genutzte Yachten sogar verbindliche Aufzählung in der See-Sportbootverordnung (s. o.). Weitere Vorschläge gibt es in verschiedenen Veröffentlichungen.