Hauke Schmidt
· 11.09.2023
In diesem Artikel:
Lange Zeit haben sich die Engländer in Sachen Regattafunktionalität zurückgehalten. Klar konnten die Instrumentensysteme von Raymarine scheinbaren und wahren Wind anzeigen, und auch die VMG, also die nach Luv gutgemachte Geschwindigkeit, war abrufbar. Mit den Multifunktionsdisplays der Axiom-Reihe ließ sich zudem eine Startlinie programmieren, die neueste Variante konnte Anliegerkurse einblenden und Winddreher sichtbar machen. Wer ein fein abstimmbares Regattasystem gesucht hat, war bei den Wettbewerbern aber oft besser aufgehoben. Damit sich das ändert, bringt Raymarine eine ganze Reihe neuer Produkte auf den Markt. Die augenscheinlichste Neuheit sind die Alpha-Performance-Displays. Dabei handelt es sich um Maxianzeigen mit sieben und neun Zoll Größe.
Die Geräte sind mit dem aus der Axiom-2-Pro-Serie bekannten, extrem hellen und matten Touchscreen ausgerüstet und sehr schlank. Sie lassen sich wahlweise im Hoch- oder Querformat betreiben und regeln die Helligkeit über einen integrierten Lichtsensor automatisch nach. Da sie nicht per NMEA 2000, sondern über eine Raynet-Verbindung mit Daten versorgt werden, ist der Betrieb nur zusammen mit einem Axiom-Plotter möglich. Dafür genügt aber ein Kabel für Strom und Daten, und es können bis zu vier Anzeigen in Serie geschaltet werden. Ein typisches Mast-Setup kommt also mit einer einzigen Verbindung aus.
Viel Hirnschmalz haben die Engländer in die Software der Alpha-Displays gesteckt. Ziel dabei: Die Infos sollen sich möglichst intuitiv erfassen lassen. Dazu gibt es zwei patentierte Funktionen. Die dynamic wind page genannte Anzeige zoomt automatisch auf den gerade relevanten Sektor der Windrose und stellt diesen stark vergrößert da.
Die zweite Neuheit nennt sich sailpoint. Dabei handelt es sich um eine Art künstlichen Horizont, um das Boot mit maximaler VMG nach Luv oder Lee zu segeln. Die Anzeige ist so simpel wie genial. Sie besteht aus einem Fadenkreuz und vier farbigen Punkten, die entsprechend den Polardaten des Bootes entlang einer Horizontlinie platziert sind. Die Aufgabe des Rudergängers reduziert sich darauf, den jeweiligen Punkt in Deckung zu bringen, die Farbe des Punktes gibt an, ob man Backbord- oder Steuerbordbug läuft, und es gibt jeweils einen Punkt für den optimalen Amwind-Kurs und einen für raumschots. Anhand einer horizontalen Linie lässt sich ablesen, ob die Bootsgeschwindigkeit passt. Sie wandert vom unteren Rand zum Horizont. Ist sie dort angekommen, segelt die Yacht mit der in den Polardaten hinterlegten Zielgeschwindigkeit.
Neben den patentierten Spezialfunktionen bieten die Alpha-Displays eine Fülle von Anzeigen, denn die Darstellung der Daten ist vollständig individualisierbar, sprich: Alle Werte können wahlweise als Zeigerinstrument, Ziffer, Balken oder Graf dargestellt werden. Außerdem kann die Größe und Position der Elemente auf der Anzeige per drag and drop gewählt werden. Die Preise beginnen bei 1.423 Euro für die Sieben-Zoll-Variante, das 9-Zoll-Modell soll 2.375 Euro kosten. Um die Montage am Mast zu erleichtern, gibt es modulare Aluminiumhalterungen, außerdem lassen sich die Alpha-Displays auch bündig in Schotten einsetzen oder wie klassische Instrumente aufgesetzt montieren.
RSW nennen die Engländer ihren neuen Windgeber. Die Abkürzung steht für Raymarine Smart Wind. Schaufeln und Windfahne wurden im Windkanal entwickelt und sollen präzise Messwerte liefern. Der eigentliche Clou sind aber die integrierten Beschleunigungs- und Richtungs-Sensoren. Damit kennt der Geber die Mastbewegungen und kann seegangsbedingte Schwankungen von Windstärke und Windrichtung aus den Daten herausrechnen. Messfehler durch Mastverwindung oder einen drehbaren Mast werden automatisch miterfasst. Selbst Messfehler durch sogenannten Upwash, also die Ablenkung der Windströmung durch die Segel, soll der Geber erkennen und korrigieren. Da die Verarbeitung im Geber erfolgt, ist keine externe Blackbox oder Spezialsoftware nötig. Der RSW liefert die korrigierten Daten direkt ins NMEA-2000-Netzwerk. Der Geber soll demnächst erhältlich sein. Die Standardversion mit 30 Meter Kabel soll 947 Euro kosten.
Die wohl am meisten nachgefragte Neuerung bei Lighthouse 4.5 dürfte der Polarmanager sein. Mit dieser Funktion lassen sich die eigenen Polardaten endlich direkt auf den Plotter laden, und zwar direkt per Micro-SD-Karte als CVS-Datei. Der mühsame Umweg über Raymarine entfällt. Zudem können die Werte nachträglich am Gerät verändert und beispielsweise unterschiedliche Polardaten für verschieden Szenarien hinterlegt werden, etwa für Regatten mit und ohne Spi oder für unterschiedliche Crewstärke.
Neben den Polardaten lässt sich nun auch eine Refftabelle hinterlegen. Das ist vor allem für Segler von Fahrtenkatamaranen interessant. Auf Wunsch warnt der Plotter dann nicht nur vor dem Überschreiten der Reffgrenze, sondern gibt auch Empfehlungen, welches Setup von Vor- und Großsegel für die aktuellen Windbedingungen am besten ist. Hinzugekommen ist zudem eine neue Kalibrierungsroutine für Systeme mit dem aktuellen Airmar-DST810-Loggengeber. Zusammen mit dessen integrierten Neigungssensoren genügt eine kurze Kreuz, um Krängungsfehler aus der Bootsgeschwindigkeit herauszurechnen. Die Anzeige von Winddrehern wurde erweitert. Sie lassen sich sowohl als Ziffer als auch als Balken am unteren Rand der Karte anzeigen. Lighthouse 4.5 ist für alle Plotter der Axiom-Serie geeignet und kann über die Support-Seite von Raymarine heruntergeladen werden.