Schimmel verhindernLüfter für ein gutes Raumklima in der Kajüte

Michael Rinck

 · 17.05.2022

Optimale Lösung: große, gut verschließbare und obendrein geschützte Lüfter für jeden Raum
Foto: YACHT/B. Kolthof

Frischluft unter Deck verringert im Idealfall Feuchtigkeit und verhindert Schimmelbildung. Wir zeigen die gängigsten Lüfter-Varianten und was für ein gutes Raumklima im Schiff beachtet werden sollte.

Wenn das Wetter es zulässt und es nicht gerade in Strömen regnet, gehen an Bord die Luken auf und frische Luft strömt in die Kabine. In jedem Wohnraum ist Belüftung wichtig – zum einen wegen des höheren Sauerstoffgehalts, und zum anderen hat frische Luft nachweislich positive Effekte auf Immunsystem und Wohlbefinden. Gerade an Bord ist auch das Raumklima entscheidend, Feuchtigkeit sollte möglichst raus und trockene Luft rein.

Deswegen wird auch in jedem YACHT-Test geschaut, ob sich auf den Testbooten genügend Luken öffnen lassen und eine Querbelüftung möglich ist. Beim Thema Raumklima geht es um ein ausgewogenes Verhältnis von Luftqualität (in ausgeatmeter Luft ist der CO2-Gehalt deutlich höher), Temperatur und Luftfeuchtigkeit. Besonders letzter Punkt entscheidet über Schimmelbildung, die es zu vermeiden gilt. Die einfachste Möglichkeit, diese Faktoren zu beeinflussen, ist Lüften. Das ist vermeintlich unkompliziert, erfordert aber dennoch Rücksicht auf die Wetterverhältnisse und ist in seiner simpelsten Form (Luk auf!) nur möglich, wenn die Crew an Bord ist.

Passive Lüfter und aktive Lüfter

Die meiste Zeit liegen Boote jedoch allein am Steg. Dann sind spezielle Lüfter für den Luftaustausch nötig. Diese lassen sich in zwei Gruppen einteilen: Die erste bilden passive Lüfter, die nur eine Öffnung im Rumpf oder Aufbau sind, durch die im Idealfall durch Temperaturunterschiede oder Wind selbstständig ein Luft­austausch stattfindet. Bei der zweiten handelt es sich um Lüfter, die elektrisch per Ventilator die Luft aktiv ins oder aus dem Boot befördern und so für einen kontinuierlichen Luftstrom sorgen. Gemein ist den beiden Varianten, dass sie gegen eindringendes Wasser geschützt sind. Sonst wäre ihr Zweck, Feuchtigkeit abzutransportieren, verfehlt.

In der Gruppe der aktiven Lüfter gibt es mit Systemen, die über das einfache Lüften hinausgehen, einige Spezialfälle. Dazu gehören automatisierte Lüftungsanlagen, Geräte, die die Lufttemperatur ändern wie Heizungen oder Klimaanlagen, und zuletzt Luftentfeuchter.

Zur ersten Gruppe zählen Pilzlüfter, Hutzen, Kiemenbleche, Rosetten und auch Lüftungssegel, die den frischen Wind gezielt durchs Luk leiten. Fast auf jedem Boot ist eine solche Lösung anzutreffen, besonders Backskisten werden häufig per Kiemenblech oder Pilzlüfter ventiliert.

Auch die Elektrolüfter und Ventilatoren aus der zweiten Gruppe sind verbreitet und oft im Aufbaudach (Solarlüfter) oder in Ecken der Kajüte angebracht, die nicht querbelüftet werden können (Ventilator). Interessant ist der Elektrolüfter von Vetus, der speziell zur Nachrüstung bestehender passiver Pilz- oder Hutzenlüfter gedacht ist.

Wichtig: Wie wird das Wasser in der Luft transportiert?

Heizen allein kann keine Feuchtigkeit abtransportieren, das geht nur in Kombination mit Lüftung. Klimaanlagen entziehen der Raumluft systembedingt durch Kondensation Wasser. Die Aggregate werden zwar immer kleiner, sind aber zumeist nur auf größeren Yachten anzutreffen. Dometic präsentierte etwa 2021 ein besonders kompaktes Modell mit geringem Stromverbrauch.

Aber bei allen Systemen ist entscheidend, wie gelüftet wird. Nur weil ein Luftaustausch stattfindet, heißt das nicht, dass dies auch dem Raumklima zuträglich ist. Um das nachzuvollziehen, ist es hilfreich zu schauen, wie Wasser in der Luft transportiert wird. Das hängt von der Temperatur der Luft ab: Je wärmer sie ist, desto mehr Wasserdampf kann sie aufnehmen. Deswegen spricht man von relativer Luftfeuchtigkeit, weil sie abhängig von der Temperatur ist. Es ist natürlich möglich, einen absoluten Wert, also Gramm Wasser pro Kubikmeter Luft anzugeben. Das ist aber nicht zielführend, denn die gleiche Menge Wasser führt bei niedriger Temperatur zu einem feuchten, bei höheren Temperaturen zu einem trockenen Raumklima.

So viel Kondenswasser ist möglich

Als Beispiel: Bei 30 Grad Celsius Lufttemperatur im Boot (die Sommersonne scheint in diesem Beispiel auf Rumpf und Aufbau) kann ein Kubikmeter Luft fast 30 Gramm Wasserdampf aufnehmen, bis die Sättigung eintritt. Kühlt die Luft dann auf 10 Grad Celsius ab (Sonne geht unter, kühle Nacht), kann ein Kubikmeter Luft nur noch knapp 10 Gramm Wasser binden; etwa 20 Gramm Wasser fallen also als Kondensat aus der Luft aus, bevorzugt an besonders kalten Stellen wie am Rumpf unter der Wasserlinie oder den Fenstern. Auf einem Schiff, dessen Rumpf und Aufbau 30 Kubikmeter Luft umschließen, würden sich in diesem Beispiel 600 Gramm Kondenswasser im Boot sammeln, und dazu betrüge die Luftfeuchtigkeit noch immer 100 Prozent.

Das Szenario ist etwas übertrieben, aber etwa auf einem Regattaboot mit vielen nassen Segeln an Bord an einem heißen Nachmittag mit deutlicher Abkühlung zum Abend denkbar. Die Feuch­tigkeit aus Spi und Co nimmt die sich erwärmende Luft auf, kann sie dann beim Abkühlen aber nicht mehr binden. Bevor das passiert, wäre der richtige Zeitpunkt zum Lüften: Die feuchte, warme Luft durch das Niedergangsluk hinaus- und durch das geöffnete Vorluk etwas kühlere Luft hinein­lassen. Die Temperatur, bei der aus der wasserdampfgesättigten Luft Kondenswasser austritt, wird Taupunkt genannt. Selbst wenn die frische Luft, die beim Lüften ins Boot gelangt, etwas Feuchtigkeit enthält, sinkt die relative Luftfeuchtigkeit, wenn sie sich im Boot erwärmt, und die Luft kann wieder Wasser beispielsweise aus den feuchten Segeln aufnehmen.

Hygrometer zeigt die relative Luftfeuchtigkeit an

Die simpelste Methode, diesen Vorgang nachzuverfolgen, ist die Verwendung eines Hygrometers – es zeigt die relative Luftfeuchtigkeit an. Ist der Wert nach dem Lüften niedriger als davor, war das Lüften erfolgreich. Als gut gelten Werte unter 60 Prozent, alles darüber bietet ideale Bedingungen für Schimmel und sollte somit un­be­dingt vermieden werden. Das Messgerät kann auch helfen, Fehler zu vermeiden, denn nicht immer sind die Bedingungen so günstig wie im genannten Beispiel. Und wenn es drinnen warm und draußen kälter ist, unterscheidet sich das Vorgehen nicht vom Lüften zu Hause.

„An Bord sind die Bedingungen aber meist viel schwieriger, denn es kommt mit der Wassertemperatur eine Größe mehr hinzu, die beachtet werden muss“, so Dennis Borchert von der Firma Lindemann in Hamburg. Das Unternehmen ist Großhändler vieler der gezeigten Lüfter. Besonders im Frühjahr ist das Wasser noch kalt, und an der Bordwand im Boot entstehen zwei Temperaturzonen: Unterhalb der Wasserlinie ist es mit 10 Grad sehr kalt und oberhalb mit 20 Grad schon recht warm. So kann die relative Luftfeuchtigkeit auf Höhe der Kojenpolster deutlich höher sein als darüber an der Salondecke. Kondenswasserbildung und Schimmelprobleme sind hier programmiert.

Einen starken Unterschied kann da auch die Konstruktionsweise des Bootes machen: Klassische Linien mit S-Spant haben mehr Lateralfläche und somit eine größere kalte Bordwand. Eine Isolierung des Rumpfes kann hier hilfreich sein. Bei moderneren U-Spanten mit wenig benetzter Fläche unter Wasser ist das Problem nicht so ausgeprägt. Ideal wäre hier eine Kombination aus Heizen und Stoßlüften. So kann die erwärmte Luft mehr Feuchtigkeit aufnehmen; wird das Luk geöffnet, steigt sie auf und kalte Luft gelangt ins Schiff. Dass Heizenergie verloren geht, wird in Kauf genommen.

Ohne Besatzung weniger Feuchtigkeit

Ist aber niemand an Bord, der Heizen und Lüften koordinieren kann, muss die Belüftung allein funktionieren. Wenn niemand an Bord atmet, kocht und duscht, entsteht natürlich auch nicht so viel Feuchtigkeit. Dennoch sollte gegen Kondenswasser vorgegangen werden. Das geht etwa mit zwei Solarlüftern, wobei einer die Luft abtransportiert und der andere Luft ins Schiff pustet. So kann ein Luftstrom vom Vorschiff zum Salon erzeugt werden. Durch die Umwälzung der Luft soll die kalte Luft aus dem Fußraum mit der warmen unter dem Aufbaudach gemischt werden, so die Hoffnung.

Lüftungsbleche hingegen lassen sich überhaupt nicht regulieren. Das könnte also bedeuten, dass durch sie eventuell wärmere feuchte Luft in eine kalte Backskiste strömt und für reichlich Kondenswasserbildung sorgt – der Worst Case, dann wäre der Lüfter sogar kontraproduktiv. Normalerweise würde die kalte Luft aus der Backskiste nicht nach oben entweichen und die wärmere Luft nicht nach unten in die Backskiste strömen. Das kann aber geschehen, wenn ein aktiver Lüfter auf dem Aufbau die Luft absaugt und es Verbindungen bis zur Backskiste gibt, durch die dann die Luft nachströmt. Deswegen sollte der Luftstrom, den der aktive Lüfter erzeugt, genau überlegt sein, denn irgendwo muss die Luft auch nachkommen. Die Prämisse beim Lüftungsblech an der Backskiste ist meist, dass darin feuchte Festmacher und Fender lagern und es dort im Zweifel sowieso stets feuchter ist als in der Umgebungsluft. Lüften sollte nach dieser Logik also immer zielführend sein.

Lüftungen mit Sensorik stellen sich auf die Bedingungen ein

Besser geht es mit Lüftungsanlagen, die per spezieller Sensorik in Erfahrung bringen, wie der Wassergehalt der Luft außen und innen ist, und dann gezielt so lüften, dass es innen trockener wird. Für Häuser sind solche Anlagen keine Neuheit, auf Yachten jedoch bisher nicht verbreitet. Einzige Ausnahme bildet die Nordship 570 DS. Die Werft baute das System von Pluggit aber auch nur auf Wunsch des Eigners ein, der aus dem Immobiliensektor kommt. Bei Häusern ist das automatisierte Lüften aufgrund immer energiesparender Bauweisen stark auf dem Vormarsch. Um keine Heiz­energie zu verschwenden, muss das Haus dicht sein, dann gibt es aber Luftaustausch ausschließlich beim Lüften. Dabei wiederum kann viel schiefgehen, und durch falsches Lüften wird die Wohnung nicht nur feuchter, sondern es geht auch viel Energie verloren. Es wird in diesem Fall wortwörtlich Geld zum Fenster hinausgeworfen. Lüftungsanlagen vermeiden das durch einen Wärmetauscher. So wird die Wärme­energie der Abluft an die frische Zuluft abgegeben, was Heizkosten spart. Zudem sind alle Räume, insbesondere Bad und Küche, immer optimal belüftet, und die Luftfeuchtigkeit liegt im idealen Bereich. Das Problem zu trockener Luft wird man an Bord jedoch nicht haben. Alle anderen Punkte sind vom Haus aufs Boot übertragbar.

Noch einfachere Systeme sind für die Trocknung von Garagen und Kellern konzipiert und werden Taupunkt-Lüftungssysteme genannt. Das Herzstück bilden zwei Sensoren, eine Steuereinheit und ein Lüfter. Die Sensoren ermitteln die Luftfeuchtigkeit innen und außen, und nur wenn das Verhältnis günstig ist, werden Lüfter aktiviert, die die Luft austauschen. Der Vorteil gegenüber Lufttrocknern ist der geringe Energieverbrauch: Das Lüftungssystem benötigt je nach Lüfter unter 50 Watt, der Luft­­entfeuchter 650 Watt und mehr.

Sonderfall Motorraumbelüftung

Einen Sonderfall stellen Motorraumbelüftungen dar. Sie haben nicht die Aufgabe, Feuchtigkeit abzuführen, sondern Luft zuzuführen, die für den Verbrennungsvorgang im Zylinder beim Betrieb der Maschine gebraucht wird. Die Luft sollte nicht aus dem Wohnraum unter Deck bezogen werden. Ist der Maschinenraum sehr beengt, kann auch eine Abluft sinnvoll sein, um Überhitzung zu vermeiden.

Ein schlechtes Raumklima ist leicht am Geruch zu erkennen. Wird nach ein paar Tagen Abwesenheit das Schiebeluk geöffnet, der Salon betreten und es riecht muffig, dann ist es höchstwahrscheinlich zu feucht. Hygrometer gibt es schon für wenig mehr als zehn Euro, damit ließe sich beim Betreten des Bootes messen, wie feucht die Raumluft ist. Noch besser eignet sich ein Datenlogger – er gibt einen Überblick über die gesamte Zeit der Abwesenheit. Um Feuchtigkeit vorzubeugen, sollten keine nassen Segel an Bord liegen und die Bilge möglichst trocken sein. Dann ist eine aktive Belüftung, die einen Luftstrom durchs Boot erzeugt, sinnvoll. Dazu reichen schon Solar­lüfter. So startet der Törn nicht mit dicker, sondern gesunder und angenehmer Luft unter Deck.

Automatische Lüftungssysteme

Foto: Hersteller

Besonders in energieeffizienten Häusern kann ohne Belüftung kein Luftaustausch stattfinden. Da regelmäßiges Fensteröffnen leicht vergessen wird und dabei auch sehr viel Heizenergie verloren geht, sind automatisierte Lüftungssysteme eine gute Möglichkeit, für gutes Raumklima, Schimmelprävention und niedrige Heizkosten zu sorgen. Dabei wird in feuchten Räumen wie Bad, Küche und Schlafzimmer die Luft abgesaugt und im Wohnbereich frische Luft zugeführt. Durch einen sogenannten Kreuz-Gegenstrom-Wärmetauscher wird die Wärmeenergie der Abluft an die kältere Zuluft abgegeben. Auf Yachten sind elektronisch geregelte Lüftungsanlagen bisher nicht vertreten. Mit der Nordship 570 gibt es eine Ausnahme, dabei handelt es sich aber auch um ein sehr großes Boot. Eingebaut wurde ein Lüftungssystem von Pluggit. Das Wohnraumlüftungsgerät ASPV1.0 misst 60 mal 100 mal 48 Zentimeter und wiegt 34 Kilogramm. Die Anlage kann zwischen 80 und 160 Kubikmeter Luft in der Stunde umwälzen. Das ist schon sehr viel für ein Boot. Dabei verbraucht sie nur 0,25 Wattstunden pro umgewälzten Kubikmeter Luft – auf niedrigster Stufe also 20 Watt pro Stunde. Das ist sehr wenig und entspricht etwa dem Verbrauch einer klassischen Glühbirne im Positionslicht.

So messen Sie die Luftfeuchtigkeit im Schiff

Messen ist Wissen, und etwas Theorie kann auch nicht schaden, um der Feuchtigkeit im Boot Herr zu werden

Foto: YACHT

Je wärmer die Luft, desto mehr Wasser kann sie aufnehmen. Das hat zur Folge, dass sich die relative Luftfeuchtigkeit mit der Temperatur ändert. Der Wert wird in Prozent angegeben; bei 100 Prozent ist die Luft vollständig gesättigt. Wird die Luft erwärmt, nimmt die relative Luftfeuchtigkeit ab. Sinkt hingegen bei vollständiger Sättigung die Temperatur, kondensiert Wasser, das nicht mehr in der Luft gebunden werden kann.

Dieser Effekt sorgt beispielsweise für Nässe innen an der Bordwand. Er kann aber genutzt werden, um der Luft Feuchtigkeit zu entziehen, wie im Kondenstrockner oder mit der Klimaanlage. Besonders bei kalten Außentemperaturen besteht die Gefahr, dass es im Boot nass wird.

Um gezielt gegen Feuchtigkeit vorzugehen, ist es entscheidend zu wissen, wie viel Wasser in der Luft an Bord enthalten ist. Gemessen wird dies mit einem Hygrometer. Da der Wert nur in Verbindung mit der Temperatur Aufschluss liefert, ist in das Messgerät ein Thermometer integriert. Zur Vermeidung von Schimmelbildung sind Werte unter 60 Prozent relativer Luftfeuchtigkeit anzustreben.


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