LecksucheSo lassen sich kleine Leckagen finden und beheben

Hauke Schmidt

 · 30.09.2022

Lecksuche: So lassen sich kleine Leckagen finden und behebenFoto: Yacht / Hauke Schmidt
Wasser im Boot ist erschreckend und kann viele größere oder kleinere Ursachen haben

Kleine Leckagen sind ärgerlich und oft schwer zu finden, vor allem, wenn die Yacht mit einer Innenschale ausgerüstet ist. Wie sich tropfende Leitungen und undichte Beschläge lokalisieren lassen.

Eigentlich ist es reine Routine: bevor das Boot für die Woche am Liegeplatz ruht, noch schnell den Inspektionsdeckel auf und das Seeventil am Toilettenzulauf schließen – doch das Ventil fühlt sich irgendwie feucht an, tatsächlich steht neben dem Borddurchlass ein wenig Wasser. Zudem führt ein Rinnsal in Richtung Drainageloch der Bodenwrange. Sofort ist die Ruhe dahin: Wir haben Wasser im Schiff! Zugegeben, angesichts der Menge dürften bis zum Sinken noch ein paar Monate ins Land gehen. Handlungsbedarf besteht aber trotzdem, denn wer sagt, dass der Wassereinbruch nicht stärker wird? Also hoch mit den Bodenbrettern und auf Lecksuche gehen. So eindeutig wie es auf den ersten Blick scheint, ist die Sache nicht, denn das verdächtigte Seeventil und auch der Borddurchlass scheiden bei genauerer Untersuchung mit der Taschenlampe aus – zum Glück, oder sollte man besser sagen leider? Denn damit beginnt eine mühsame Spurensuche.

Mögliche Ursachen für Wasser im Boot:

Foto: Salona Yachts

Was da unter den Bodenbrettern schwappt, schmeckt nicht wirklich salzig, außerdem scheint die Wasserspur auch eher zum Borddurchlass zu führen als von diesem weg. Weiter als bis zur nächsten Bodenwrange lässt sich die Leckage allerdings nicht verfolgen, denn wie auf den meisten modernen GFK-Yachten sind die Verstärkungen als großflächiges Formteil in den Rumpf geklebt. Damit das Wasser aus den so entstandenen Abteilungen zur tiefsten Stelle laufen kann, hat die Werft die Bodenwrangen durchbohrt, sich das Einsetzen von Verbindungsrohren aber etwa aus Kostengründen gespart. Auf diesem Weg verschwindet das Leckwasser irgendwo in der hohlen Bodengruppe. Zudem bleibt zwangsläufig Restwasser im Rumpf, denn die Bilgenpumpe wurde ein Stockwerk höher, auf dem tiefsten Punkt der Bodengruppe, installiert. Bis sie feucht wird, muss der Pegelstand auf rund zwei Zentimeter steigen. Schätzt man die Grundfläche des gesamten Hohlraums der Bodengruppe ab, ergeben sich etwa 15 bis 20 Liter unlenzbares Restwasser, das sich beim Segeln immer wieder im Schiff verteilt.

Damit ist klar: Das Leck wird sich kaum direkt aufspüren lassen, sondern muss mittels Ausschlusstaktik eingegrenzt werden. Dazu gilt es, die Bilge beziehungsweise die Bodengruppe halbwegs trocken zu legen. Wenn es die baulichen Voraussetzungen zulassen, sollte man versuchen alle Lenzöffnungen provisorisch mit Knete oder Karosseriedichtband zu verschließen, um die Bilge zu unterteilen. Anschließend beobachtet man die Pegeländerungen und setzt sie mit der Nutzung des Bootes und den Wetterbedingungen in Beziehung, siehe Ablaufschema unten. Je systematischer die Vorgehensweise ist, desto größer sind die Erfolgsaussichten.

So grenzen Sie die Ursache für Leckagen systematisch ein:

Als Erstes gilt es herauszufinden, ob das Wasser von draußen kommt oder aus dem Frischwassersystem stammt. In Salzwasserrevieren hilft dabei eventuell eine Geschmacksprobe. Je nachdem wie sauber die Bilge vorher war, erfordert die Verkostung Überwindung. Bei augenscheinlichen Ölverschmutzungen sollte man darauf verzichten, außerdem können Reinigungsmittelrückstände das Ergebnis verfälschen. Lässt sich das Wasser eindeutig als Süßwasser identifizieren, scheiden alle Borddurchlässe und die seewasserführenden Leitungen aus.

Die nächste Frage betrifft die Wetterbedingungen. Es könnte sich um Regenwasser handeln, das sich hinter der auch am Deck vorhandenen Innenschale seinen Weg in die Bilge bahnt. Dann wäre jeder Deckbeschlag, jede Kabeldurchführung und bei auf dem Kiel stehenden Riggs auch noch das Mastprofil verdächtig. Führt man sich die Anzahl der Schrauben vor Augen, mit denen allein eine Genuaschiene durchs Deck gebolzt ist, wird schnell klar: Es gibt jede Menge Löcher. Wenn die Beschläge von unten zugänglich sind, genügt in der Regel eine Sichtkontrolle bei längerem Regen oder auch nach einer gründlichen Deckwäsche. Deutlich aufwändiger gestaltet sich die Suche hinter Verkleidungen. Dann helfen nur viel Geduld und ein Abarbeiten jedes einzelnen Beschlags.

Dazu formt man, beispielsweise aus Knete, einen Damm um den Beschlag. Anschließend füllt man Wasser ein, sodass sich ein See bildet. Gleichzeitig wird unter Deck nach möglichen Wasserspuren Ausschau gehalten. Es dauert eine Weile, bis das Wasser aus der Innenschale austritt. Daher besteht die Schwierigkeit darin, einzuschätzen, ab wann ein Beschlag als dicht gelten kann und man zum nächsten Kandidaten wechselt. Um das System zu beschleunigen und mehrere Beschläge gleichzeitig zu prüfen, kann mit verschiedenfarbig eingefärbtem Wasser gearbeitet werden. Sind Inspektionsdeckel oder Öffnungen in der Innenschale vorhanden, können Löschpapier oder Küchenkrepp helfen, Wasserspuren zu finden.

Leckagen-Suche im Boot - Schritt für Schritt

Schier, aber nicht schön: Komplette Bodengruppen aus GFK sind im  Yachtbau Stand der Technik. Bei der  Lecksuche sind sie sehr hinderlich. Hier  sind immerhin die Leitungen zugänglich
Foto: J.-M. Liot

Abgelegenere Stellen lassen sich eventuell mit einer Endoskop-Kamera untersuchen. Modelle, die sich mit einem Tablet und Smartphone koppeln lassen, gibt es im Onlinehandel ab 30 Euro, wobei die Auflösung relativ gering ist. Gute Erfahrungen haben wir mit dem etwas teureren fünf-Megapixel-Modell von Depstech gemacht. Der Vorteil der Kamera ist, dass sich die Leckage möglicherweise auch anhand von Ablagerungen bereits abgetrockneter Wasserspuren orten lässt. Das ist vor allem interessant, wenn die Undichtigkeit nur bei Belastung der Beschläge auftritt. Typische Fälle sind Püttinge oder sogar die Rumpf-Deck-Verbindung. Im Hafen halten sie mitunter selbst Dauerregen stand, während Segeldruck oder starker Seegang schon in Verbindung mit Niesel oder Gischt zu Wassereinbrüchen führen.

Auch die Wasserleitungen wurden in der Bodengruppe verlegt und sind unzugänglich. In unserem Fall hat es bereits mehrere Wochen nicht geregnet, und das Deck wurde auch nicht gewaschen, womit Süßwasser von außen ausscheidet und das Frischwassersystem in den Fokus gerät. Doch das macht die Sache nicht einfacher, denn die Werft hat die Leitungen offensichtlich in der Bodengruppe verlegt, bevor diese in den Rumpf geklebt wurde, sprich: Kurz unterhalb der Zapfstellen und hinter der Druckwasserpumpe verschwinden sie in den Längs- und Querversteifungen, um direkt vor dem Boiler wieder hervorzutreten. Da es in der Pantry, dem WC und der Cockpitdusche warmes und kaltes Wasser gibt, müssen zwangsläufig einige Verzweigungen installiert sein; auch diese liegen leider im Verborgenen. Immerhin gehört zur Dokumentation aktueller Boote eine Zeichnung des Leitungsverlaufs. Dass diese tatsächlich alle Kupplungen zeigt, ist allerdings nicht gesagt. Schließlich geht jede Rohrleitungsspule mal zu Ende und muss angestückelt werden. Bei älteren Yachten sind solche Installationsskizzen in der Regel nicht verfügbar oder durch nachträgliche Umbauten obsolet.

Am Anfang steht die Nutzungs-Analyse

Um den Startpunkt der Lecksuche festzulegen, ist wieder die Analyse der Nutzung hilfreich. Ist die Wassermenge in der Bilge mit dem Füllstand des Tanks gekoppelt? Läuft die Druckwasserpumpe selbstständig an, obwohl der Boiler kalt ist, oder nimmt der Wasserstand zu, wenn der Boiler per Landstrom geheizt wurde? Da sich das Wasser beim Erwärmen ausdehnt, kann sich das Sicherheitsventil öffnen und den Überdruck nebst einem Schluck Wasser ablassen. Wenn der Boiler ebenfalls vom Kühlkreislauf des Motors geheizt wird, kann auch längeres Motoren zu Wasserverlust führen. Frischwasserpumpe, Tank und Boiler sind die wichtigsten Punkte, die es zu kontrollieren gilt. Um die verdeckten Leitungen und Schlauchverbindungen zu checken, bleibt im Grunde nur besagte Endoskop-Kamera.

Eine oft unterschätzte Ursache vermeintlicher Undichtigkeiten sind niedrige Wassertemperaturen. Unterhalb der Wasserlinie sind die meisten Yachten aus massivem GFK-Laminat gebaut; das isoliert deutlich schlechter als Sandwich und bildet eine Kältebrücke. Dies wird vor allem im Frühjahr zum Problem, wenn an Bord gewohnt und geschlafen wird. Allein beim Schlafen verliert ein Mensch bis zu zwei Liter Wasser. Die von der Heizung aufgewärmte Luft nimmt die Feuchtigkeit auf und transportiert sie zur vielleicht gerade einmal fünf Grad kalten Bordwand, wo sich ein Teil davon niederschlägt. Da der Vorgang im Verborgenen abläuft und mehrere Quadratmeter Kondensationsfläche vorhanden sind, kommen mit der Zeit beachtliche Mengen zusammen.

Hilfe, ein Salzwasser-Leck!

Bei salzigem Geschmack heißt es: Ruhe bewahren! Reflexmäßig geraten die Borddurchlässe und Kielbolzen ins Visier. Ohne Vorschädigung durch eine massive Grundberührung ist ein Wassereinbruch über die Kielbolzen aber unwahrscheinlich. Durch Auszinken beschädigte Borddurchlässe oder Seeventile sowie die daran anschließenden Schläuche kommen eher in Frage. Der erste Blick sollte aber dem Motorraum und dort speziell dem Kühlwassersystem gelten.

Neben der Seewasserpumpe und den Schläuchen ist der Belüfter ein heißer Kandidat. Er soll eigentlich verhindern, dass sich beim Abkühlen des Motors Unterdruck bilden kann und Kühlwasser in den Brennraum gerät. Doch wenn das Ventil durch Kalkablagerungen blockiert ist, schließt es nicht mehr, und die Maschine drückt das Kühlwasser heraus. Von anfänglichen Tropfmengen bis zu einem satten Strahl ist dann alles möglich. Auf Yachten mit Wellenanlage ist die Stevenrohrdichtung ein weiterer Hauptverdächtiger. Hinterhältig sind Leckagen im Abgassystem, beispielsweise am Wassersammler. Dieser ist häufig gut versteckt verbaut. Tritt dort nur wenig Wasser aus, erreicht es bei kurzen Motorlaufzeiten in der Regel nicht einmal den sichtbaren Bilgenbereich, sondern trocknet vorher ab. Erst wenn die Maschine mehrere Stunden in Betrieb ist, erreicht das Wasser die Bilge. Auf diese Weise hat das Aufspüren einer porösen Schweißnaht schon so manche Crew einen Sommer lang beschäftigt. Dieses Potenzial haben andere Leckagen leider auch.

Wie viel Wasser beispielsweise durch ein abgerissenes Seeventil einströmt, lässt sich mit dem Diagramm abschätzen. Es zeigt die Wassermenge in Abhängigkeit vom Durchmesser und der Lage des Lecks unterhalb der WasserlinieFoto: YACHT
Wie viel Wasser beispielsweise durch ein abgerissenes Seeventil einströmt, lässt sich mit dem Diagramm abschätzen. Es zeigt die Wassermenge in Abhängigkeit vom Durchmesser und der Lage des Lecks unterhalb der Wasserlinie

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