WassereinbruchSuchen, Stopfen, Lenzen – Wie Sie Lecks schnell abdichten

Felix Keßler

 · 31.05.2019

Wassereinbruch: Suchen, Stopfen, Lenzen – Wie Sie Lecks schnell abdichtenFoto: Seahelp
Die eigene Pumpleistung reichte nicht mehr aus; nur mit fremder Hilfe kann diese Yacht vor dem Untergang gerettet werden

Wenn die Bodenbretter durch Wassereinbruch bereits schwimmen, zählt jede Sekunde. Mit dieser Anleitung finden Sie Lecks effektiv und wenden größere Schäden ab

Leckagen im Bordwassersystem sind ärgerlich, genauso eine undichte Stopfbuchse, die ab und an Wasser zieht. Das alles ist jedoch kein Grund zur Sorge; mit ein paar Hüben der Handlenzpumpe ist das Wasser meist im Nu wieder außenbords. Noch komfortabler beseitigt eine automatische Elektropumpe die Nässe. Doch was, wenn es ein echtes Leck gibt, die Pumpleistung nicht mehr ausreicht und beim Segeln plötzlich Wasser über die Bodenbretter schwappt?

  So viel Wasser dringt je nach Größe des Lecks und dessen Tiefe ein. Gegen große Löcher, die tief sitzen, kommen Bordpumpen nicht anFoto: YACHT
So viel Wasser dringt je nach Größe des Lecks und dessen Tiefe ein. Gegen große Löcher, die tief sitzen, kommen Bordpumpen nicht an

Ein ernsthafter Wassereinbruch gefährdet die Schwimmfähigkeit des Schiffs und gehört, wie die regelmäßigen Berichte über gesunkene Yachten verdeutlichen, zu Recht zu den gefürchtetsten Problemen auf See. Um eine Katastrophe abzuwenden, muss die Crew nicht nur schnell, sondern vor allem auch überlegt handeln.
Der erste Reflex gilt der Lenzpumpe – zumindest, wenn sie elektrisch oder motor­betrieben ist. Von ihr darf man sich allerdings nicht zu viel erhoffen. Ist die Yacht den CE-Regularien entsprechend ausgerüstet, genügt eine Förderleistung von 15 Litern pro Minute; das entspricht nicht einmal der Was­sermenge, die durch einen abgerissenen 3/4-Zoll-Borddurchlass einströmen würde. Trotzdem sollten die Pumpen sofort aktiviert werden. Je eher gegen den Wassereinbruch angegangen wird, desto mehr Zeit bleibt, um das Leck zu finden und zu bekämpfen.

Das Leck lokalisieren

Schwappt erst einmal Wasser durchs Schiff, ist kaum noch zu erkennen, in welcher Richtung sich das Leck befindet. Selbst bei einem tief liegenden Riss oder Loch im Rumpf ist der Wasserdruck vergleichsweise klein, sodass es an der Schadstelle mehr quillt als sprudelt. Häufig wird zur Geschmacksprobe geraten, um zu prüfen, ob es sich um Seewasser handelt oder ob sich schlicht die Trinkwasserreserven ins Boot entleeren. Segelt man nicht gerade im Mittelmeer oder auf dem Atlantik, ist der Befund aber nicht unbedingt eindeutig. Verschmutzungen und alte Salzablagerungen verfälschen den Geschmack. Ein Blick auf die Anzeige des Wassertanks bringt im Zweifel mehr Klarheit.

Bei Überlastung kaum noch zu retten: Bricht die Ruderwelle, wird oft der Koker aus dem Rumpf gerissen. Das Loch ist groß, die einströmende Wassermenge häufig auch
Foto: YACHT/K. Andrews

Lässt sich ein Wassereinbruch nicht direkt mit einer Kollision begründen, zuerst Borddurchlässe und Seeventile checken. Damit in der Hektik nichts vergessen wird, hilft ein am besten wasserfest einlaminierter Plan, auf dem alle Öffnungen verzeichnet sind.
Sind die Durchlässe dicht und sämtliche Schläuche intakt, weitere neuralgische Punkte prüfen. Dazu gehören Ruderkoker und Kielbolzen. Ist auch dort keine Leckage aufzuspüren, muss auf indirekte Suchmaß­nah­men zurückgegriffen werden: Wie waren die Wetterbedingungen? Gab es eine Kollision? Dann sind meist eher das Vorschiff sowie die Anhänge betroffen. Wurde vor Kurzem gewendet, und nimmt der Wassereinbruch nach einer erneuten Wende ab?

So dichten Sie das Leck ab

Ist das Leck gefunden, muss der Einstrom so schnell wie möglich gestoppt oder zumindest verringert werden. Dabei kann vom Kojenpolster über Handtücher, Leckpfropfen aus Holz und Schaumstoff bis zum Dichtfett alles an Bord Befindliche dienen. Zur dauerhaften Abdichtung sind nasshaftende Epoxidharze und Spachtelmassen gut geeignet. Auf jeden Fall ist Improvisationsvermögen gefordert – ein Standard-Leck existiert nicht. Um einschätzen zu können, ob alle Lecks entdeckt wurden, hilft nur längerfristiges Beobachten und Protokollieren.

Epoxidstick: Zweikomponentige in Knete gebundene Materialien, die sich per Hand mischen lassen und auch unter Wasser abbinden. Z. B. von Starbrite

Hilft Dichtungswachs wirklich? Der Testbericht auf der nächsten Seite

Das aus Amerika stammende Stay-Afloat war unter den pastösen Dichtungsmassen auf Paraffin-Basis der Vorrreiter, seit einigen Jahren vertreibt auch Vosschemie in der Reihe Yachtcare ein ganz ähnliches Produkt. Die unter dem Namen Leak Hero angebotene Dichtmasse besitzt eine etwas weichere Konsistenz, wodurch sie sich noch besser verarbeiten lässt.

Ob sich Lecks damit tatsächlich wie vom Hersteller versprochen in Sekunden stopfen lassen, haben wir an unterschiedlichen Schäden ausprobiert. Als Versuchsträger diente ein präparierter GFK-Opti. An dessen Spiegel haben wir einen Kollisionsschaden simuliert. Der etwa 50 Zentimeter lange, L-förmige Riss lag zur Hälfte unter Wasser und tauchte etwa zehn Zentimeter tief ein, wodurch eine beachtliche Menge Wasser ins Boot strömte. Zum Abdichten haben wir Leak Hero mit der Hand darübergeschmiert. Die wachsartige Masse haftet selbst auf dem nassen GFK sehr gut, und der Wasser­einbruch war schnell gestoppt. Da das Material nicht aushärtet, riss das Leck auch dann nicht wieder auf, als Druck auf den Rumpf ausgeübt wurde. Kleine Undichtigkeiten
ließen sich durch den Auftrag von zusätz­lichem Material beheben. Die Hände bekommt man nach der Anwendung mit Spüli-Wasser oder feuchten Reinigungstüchern leicht wieder sauber.

Ein neues Dichtfett namens "Leak Hero" im Praxistest

Unser Fazit: Das Material ist ungiftig und nicht umweltschädlich, aber auch nicht zur dauerhaften Leckreparatur geeignet, sondern nur zur kurzfristigen Not-Abdichtung. Diese funktio­niert sehr gut. Das 625-Milliliter-Gebinde kostet knapp 30 Euro und sollte auf keinem Boot fehlen.

Ein langer Riss im GFK, hier in einem Opti, lässt große Mengen Wasser einströmen. Und das, obwohl sich das Leck sich nur zur Hälfte unter Wasser befindet
Foto: Yacht / Hauke Schmidt

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