So hat es schon vor über hundert Jahren auf Segelschiffen gerochen: Holz, Bilge und Petroleum – das ist der olfaktorische Dreiklang auf Klassikern. Dieser typische und einprägsame Geruch lässt sich selbst in Zeiten modernster Holz-Konservierungsmethoden und diverser digitaler Leuchtmittel nicht vom Winde verwehen. Er gehört und bleibt an Bord und prägt die persönliche Note des Bootes – zumindest wenn sich Eigner für die gemütlichste aller Lichtformen entscheiden.
Vor etwa 150 Jahren kamen die ersten Petroleumlampen an Bord von Dampf- und Segelschiffen. Bis dahin wurden noch Kerzen und tierische Fette für die Lichterzeugung genutzt. In der Seefahrt kam meist Waltran zum Einsatz, anfangs mit Dochten aus Pflanzenfasern, später mit solchen aus Stoffresten.
Die mit Erdöl befeuerte Variante brachte deutliche Vorteile: lange und sichere Brenndauer zu einem relativ günstigen Preis. Doch der entscheidende Faktor war die stärkere Helligkeit und die rußarme Verbrennung, die durch eine spezielle Konstruktion der Petroleumlampe im Laufe der Zeit noch deutlich verbessert wurde (s. Foto mit den drei verschiedenen Modellen).
Ein weiterer großer Vorteil von Petroleum als Brennstoff ist seine physikalische Eigenschaft der schweren Entzündbarkeit – ein wichtiger Sicherheitsaspekt – und die der extremen Dünnflüssigkeit. Denn durch diese niedrige Viskosität kann das Öl weit über zehn Zentimeter hoch in den Docht hinaufsteigen, an dessen Ende es für eine Flamme sorgt.
Die Erfindung des Lampenzylinders um 1810 und des Runddochts im Jahr 1854 durch den polnischen Chemiker Ignacy Łukasiewic in Lemberg brachten den entscheidenden Durchbruch: weniger Ruß und Geruch, dafür aber mehr Helligkeit. Ob auf See oder an Land, die Petroleumlampe wurde innerhalb kurzer Zeit das Leuchtmittel erster Güte. Als 1865 die Berliner Lampenschmiede Wild und Wessel den Kosmosbrenner zum Patent anmeldete, sorgte eine weitere Innovation für hellere Nächte. Dieser Brenner führt einen flachen, breiten Docht, der oben kreisförmig zusammenläuft. Die Verbrennungsluft wird von innen und außen angesaugt, und in der Mitte wirkt das Rohr wie ein Schornstein. Die Lichtausbeute dieser Hohldocht- oder Rundbrenner ist dadurch deutlich höher als die der vorher üblichen Flachbrenner, deren Flamme nur wenig Luftzufuhr erhält. Auch ist die Verbrennung sauberer, es rußt nicht und riecht kaum. Der sogenannte Kosmosbrenner war wirtschaftlich im Betrieb, konnte auf nahezu jeden Tank geschraubt werden und gehört heute zu den am häufigsten gebauten.
Tieröl und Pflanzenfette waren die Brennstoffe von Laternen, bis das anfangs Steinöl genannte Petroleum in den Tank kam und die ganze Weltgeschichte änderte. Der New Yorker Rechtsanwalt George Bissell stieß Mitte des 19. Jahrhunderts bei der Suche nach einem Ersatz für Walrat und Walöl darauf. Der war wegen der zunehmenden Nachfrage und eines dezimierten Walbestandes nötig. Petroleum war bis dahin nicht gefördert worden, es gab jedoch einige Orte, wo das schwarze Stoffgemisch aus der Erdoberfläche austrat und durch den Kontakt mit Sauerstoff zu einer bitumenartigen Masse erstarrte. Schon vor rund 12.000 Jahren hatten Menschen die Eigenschaften dieses Materials zu nutzen gewusst und ihre Boote damit kalfatert und eben Lampen entzündet. Die Explorationen des Visionärs Bissell wurden 1859 im US-Bundesstaat Pennsylvania belohnt und ergiebige Ölquellen gefunden. Damit avancierte Petroleum zu einem erfolgreichen Lampenöl – die Nutzung von weiterverarbeitetem Erdöl wurde Motor der Industrialisierung, und es zählt bis heute zu den bedeutendsten vom Menschen verwendeten natürlichen Rohstoffen. Mit den bekannten Risiken: Die intensive Nutzung des „schwarzen Goldes“ ist Grundstein für Wohlstand – und gleichzeitig dessen Bedrohung durch Beschleunigung des Klimawandels.
Nach diesen Innovationen und optimierten Qualitäten des Brennstoffs durch neue Raffinierungs- und Reinigungsverfahren hatte sich die Petroleumlampe zum Ende des 19. Jahrhunderts endgültig durchgesetzt. Statt trüben Tranfunzeln leuchteten jetzt helle Positions- und Arbeitsleuchten und brachten der Schifffahrt mehr Sicherheit und Komfort.
Mit der Weiterentwicklung der Petroleumlampen konnten sich die Seeleute auf eine Lichtquelle verlassen, die auch bei viel Krängung, Seegang und Sturm zuverlässig leuchtet, da der Brennstoff immer selbstständig den Docht tränkt, die Flamme also kontinuierlich brennt. Ideal als Navigationslichter an Rumpf und Rigg, als Arbeitslicht an Deck und in den Kajüten, brachten meist fein gearbeitete Modelle der Crew oder den Passagieren die Erleuchtung. Lampenhalterungen mit kardanischer Aufhängung sorgten außerdem bald für kontinuierliche Beleuchtung und erhöhten die Betriebssicherheit und dadurch den Brandschutz.
Petroleumlampen blieben noch lange im Einsatz, auch als auf den dampf- und dieselbetriebenen Schiffen längst die Elektrizität an Bord gekommen war. Denn unabhängig von Kabeln, Batterien oder Generatoren konnten sie an fast jedem Ort ohne Aufwand eingesetzt werden. Erst ab den 1920er Jahren begann sich die Elektrotechnik an Bord durchzusetzen, die Petroleumlampe zu verdrängen und damit das Ende einer ganzen Ära einzuläuten.
Nur auf einigen wenigen Schiffen leuchtete noch jahrzehntelang echtes Feuer in den Positionslichtern, bis ihm schließlich der Gesetzgeber den Garaus machte: „Navigationslichter müssen grundsätzlich elektrisch betrieben werden“, lautet die Kollisions-Verhütungsregel Nr. 22. Damit hatte die Internationale Seeschifffahrts-Organisation (IMO) der Petroleumlampe den Saft abgedreht.
Doch ganz auf die stilvollen Lampen verzichten wollen einige Traditionssegler nicht, deshalb montieren sie neben den historischen Lampengehäusen die modernen LED-Lampen mit behördlicher Zulassung. So bleibt zumindest der authentische Gesamteindruck gewahrt. Anders ist es bei befeuerten Anker- und Signallichtern. Sie dürfen bei entsprechender Zulassung weiterhin betrieben werden.
Die technologische Entwicklung förderte in jüngerer Zeit die Entwicklung weiterer Alternativen zum Verbrenner-Veteranen Petroleumlampe. Mit LED- und Solarlampen gibt es heute Leuchtquellen mit großen Vorteilen wie konstanter starker Leuchtkraft durch Energie, die an Bord durch Maschinen erzeugt und Batterien gespeichert wird. Das Nachfüllen des Brennstoffes entfällt ebenso wie Wartungsarbeiten an Brenner und Docht. Selbst in der Ökobilanz taucht der Erdölverbraucher auf, wenn auch minimal. Denn durch die Verbrennung entweichen Wasserstoff und Kohlenstoff, von dem ein kleiner Anteil unverbrannt als Ruß zurückbleibt.
Und sicher kam einigen Seeleuten und Seglern die Elektrifizierung an Bord und vor allem unter Deck gerade recht, denn der „würzige“ Verbrennungsgeruch von Petroleum kann die Symptome der Seekrankheit erheblich verstärken. Allerdings sind die Dochtbrenner in Innenräumen nicht per se gesundheitsgefährdend – solange der verwendete Brennstoff hochrein und entaromatisiert ist, die Flamme richtig eingestellt wird und die Frischluftzufuhr ausreicht. Die wenigen Mengen an Kohlenstoffmonoxid und Stickoxiden übersteigen bei sachgemäßem Gebrauch nicht die empfohlenen Grenzwerte. Zum Vergleich: Der Gebrauch von Kerzen kann im Verhältnis zur Lichtausbeute der Gesundheit wesentlich gefährlicher werden, die Verbrennung ist unsauber, und meist sind die Inhaltsstoffe unbekannt.
Im Laufe der Zeit haben sich diverse Lampentypen entwickelt. Hauptbestandteile sind heute Brenner, Körbchen, Tank und Glaszylinder. Das Brandrohr im Körbchen führt den Docht durch eine Mechanik, durch die sich, meist mit drehbaren Zahnstangen, die Höhe stufenlos regulieren lässt. Das Körbchen (Galerie) hält die Brennereinheit auf dem Tank und ist gleichzeitig die Halterung für den Glaszylinder.
Der Brennstoff steigt durch Kapillarwirkung im Docht aus dem Tank hinauf in den Brenner, wo das Petroleum vergast. Damit die Flamme weiß und hell brennt, muss die Luftzufuhr reguliert werden. Zu wenig Luft führt zu einer rußenden Flamme, eine blaue Flamme hingegen ist Indikator für zu starke Luftzufuhr.
Der Glaszylinder auf dem Brenner sorgt durch seine Kaminwirkung für den richtigen Zug der Verbrennungsluft und schützt die Flamme obendrein vor Wind. Je nach Brennertyp sind die Zylinder schmal, bauchig oder haben eine kugelförmige Wölbung. Der Docht ist aus Baumwolle oder Glasfaser. Bei richtiger Einstellung der Flamme wird nur das Brennstoff-Luft-Gemisch darüber abgefackelt. Daher verbrennen Dochte nicht im Betrieb der Lampe, sondern nur beim Entzünden und Löschen.
Die Dochtbreite wird in „Linie“ oder besser „Ligne“ angegeben, abgeleitet vom französischen Wort für das Längenmaß Fuß. Dabei entspricht eine Linie etwa 2,25 mm. Bei Rundbrennern bezeichnet das Maß die halbe Breite des nötigen Dochtes, bei Flachbrennern die ganze Breite. Ein System mit Sinn: So besteht bei Kosmosbrennern und Brandscheibenbrennern ein Zusammenhang zwischen Dochtbreite, Zylinderdurchmesser, Durchmesser des Brennergewindes und des Lampenschirms.
Die gängigsten Rundbrenner sind 10- und 14-linige Kosmosbrenner, das entspricht einer Lichtstärke von etwa 10 bis 15 Watt. Ein 20-liniger Brenner kann ein Äquivalent von rund 30 Watt erzeugen.
Die Brennleistung wird durch regelmäßige Wartungsarbeiten gefördert. Dazu wird der Docht etwa mit speziellen Scheren getrimmt und von Verbrennungsrückständen befreit, breite Schneideblätter verhindern das Herunterfallen der Dochtreste. Zum Brenner-Check das Körbchen vom Tank schrauben, Docht herunterdrehen und am oberen Rand des Brandrohres Teerrückstände mit feinem Sandpapier entfernen. Aber Vorsicht, kleine Kratzer können die Docht-Transportmechanik erschweren und damit die Brenner zerstören. Kostbare Lampen sollten daher auch besser in einem Fachbetrieb zerlegt und gereinigt werden. Die drei üblichsten Bauformen bei Brennern sind Flachbrenner, Kosmos- und Flammscheibenbrenner. Der Flachbrenner ist der am einfachsten konstruierte. Der flache Docht wird mit einen Zahnradantrieb gehalten und reguliert. Ein Deckel über dem Docht regelt die Luftführung.
Der Kosmosbrenner führt einen flachen Docht, der oben kreisförmig zusammenläuft und daher die Verbrennungsluft von außen und innen nutzt. Ein schmaler (Kosmos-) Zylinder sorgt für guten Kamineffekt. Sein Erfolgsrezept sind hohe Lichtausbeute, saubere Verbrennung und wenig Geruch. Der Flammscheibenbrenner ermöglicht durch eine gewollte Verbreiterung der Flamme eine Zunahme an Helligkeit, benötigt dafür aber einen speziellen Glaszylinder, den Matador-Zylinder. Das helle Licht wird erkauft mit starker Wärmeentwicklung und einem hohen Verbrauch an Petroleum.
Welche brennende Lichtquelle es auch ist, an Bord sollte während des Betriebs immer ein Kohlenmonoxid-Detektor über die Besatzung wachen. Auch wenn deren größeres Risiko das Petroleum selbst darstellt: Das Lampenöl zu verschlucken und es in Kontakt mit Luftröhre oder Lunge zu bringen kann schlimmstenfalls tödlich sein.
Neben dem Betrieb mit Petroleum oder Strom gibt es auch biologische und ökologisch erzeugte Alternativen. Jedoch sind diese E-Fuels keine Lösung für den Lampenklassiker. Auch mit den Umrüstungsangeboten einiger Hersteller verbrennen etwa Raps- oder Sojaöl nur unzuverlässig und mit Rückständen, es stinkt, qualmt, ist ungesund, und die Lichtausbeute ist gering.
Hat die Elektro- und LED-Beleuchtung ihre Stärken, so kommt sie trotz diverser „Wärmegrade“ und Dimmern atmosphärisch kaum an den Schein einer klassischen Petroleumlampe heran. Da hilft auch die Elektrifizierung der herkömmlichen Brenner wenig: Moderne Glühlampenfassungen mit Leuchtmitteln werden via Kabel möglichst unauffällig an das Bordnetz angeschlossen; so bleibt der schöne Schein im Salon gewahrt und vermittelt zumindest optisch eine traditionelle maritime Lebenswelt. Doch was fehlt, ist das Flackern, die warme Flamme und natürlich der Geruch – das „Parfum de Petroleum“.
Die Hauptlichtquelle von einst hat nun meist nur noch eine Nebenrolle als Museumsstück im Mast, Backup-System in der Backskiste oder als Stilmittel im Salon. Doch die ursprünglichste aller Lichtquellen bleibt unsterblich und ist in unserem Wortschatz sinnbildlich gegenwärtig: Denn beim Einschalten einer Glüh-, Halogen- oder LED-Lampe wird diese unweigerlich „brennen“. Noch hat also der letzte Seemann das Licht nicht ausgemacht.
Direkt am Hafen arbeitet seit 1908 die Belegschaft der traditionellen Eisenkrämerei Weimeister. Zu Zeiten ihrer Gründung wurde noch überwiegend die Fischerei beliefert. Heute kommen die Kunden aus der Handelsschifffahrt, aber auch Freizeitsegler, Liebhaber und Sammler beziehen hier hochwertige Eisenwaren, Petroleumlampen und Kocher. Als einer der letzten Betriebe in Europa fertigt Weimeister unweit der Landungsbrücken noch in Manufaktur und Kleinserie Petroleumlampen, jede mit einer eigenen eingestanzten Fertigungsnummer. Für die Eigenmarke „Hafenlichter“ wird poliertes und unlackiertes reines Kupfer als Tankmaterial und ein Brenner aus poliertem Messing verwendet. Die unterschiedlichen Einheiten werden von innen verlötet, was die Dichtheit und Langlebigkeit dieser Lampen garantiert. Die Fachleute restaurieren, reparieren und retten auch defekte und historische Brenner und machen selbst aus qualmenden Funzeln wieder ein leuchtendes Kulturgut.