Niro PetersenBeschlagshersteller hat Insolvenz angemeldet

Pascal Schürmann

 · 05.09.2025

Niro Petersen: Beschlagshersteller hat Insolvenz angemeldetFoto: YACHT/Nico Krauss
Niro Petersen, der traditionsreiche Betrieb an der Flensburger Förde, ist in finanzielle Schieflage geraten
Der Flensburger Hersteller von Schiffsbeschlägen Niro Petersen GmbH hat Insolvenz angemeldet. Fast zwei Jahre nach der verheerenden Ostsee-Sturmflut von 2023 kämpft der seit 1965 bestehende Familienbetrieb mit den Folgeschäden sowie weiteren wirtschaftlichen Herausforderungen. Wie Segler die Firma jetzt unterstützen können.

Eingereicht wurde der Insolvenzantrag beim Amtsgericht Flensburg Ende August. Zum vorläufigen Insolvenzverwalter ist Rechtsanwalt Dr. Arno Doebert von der Kanzlei Reimer bestellt worden. Der Geschäftsbetrieb des Unternehmens werde uneingeschränkt fortgeführt. Die Löhne und Gehälter der 15 Beschäftigten seien über eine Insolvenzgeldvorfinanzierung gesichert. Ziel sei es, im Rahmen eines Insolvenzplans oder aber einer Investorenlösung eine nachhaltige Sanierung umzusetzen und die Zukunftsfähigkeit von Niro Petersen zu sichern, heißt es seitens des vorläufigen Insolvenzverwalters.

Sturmflutschaden von 2023 ist nur eine Ursache

Der vor 60 Jahren gegründete Betrieb ist ein führender Hersteller für Edelstahlbeschläge im Yacht- und Bootsbereich und arbeitet zudem als Lohnfertiger mit Industriepartnern aus dem nicht-maritimen Bereich zusammen. Die Sturmflut im Oktober 2023 hatte das im Flensburger Hafengebiet gelegene Firmengelände vollständig überflutet. Maschinenschäden, Aufräumarbeiten, Produktionsausfälle und ein erforderlicher Umzug hatten damals zu erheblichen finanziellen Belastungen geführt.

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Hinzu kamen in den vergangenen Jahren eine gesunkene Nachfrage nach Sportbooten, die Verzögerung eines fest eingeplanten Großauftrags aus dem Megayacht-Bereich sowie ein hoher Wettbewerbsdruck seitens asiatische Ausrüster von Serienyachten.

Geschäftsführer-Duo hatte den Betrieb 2022 übernommen​

Erst im Jahr vor der Sturmflut hatte Birthe Reimer, die Tochter des Firmengründers Gerd Petersen, die Geschäftsführung an zwei langjährige Mitarbeiter abgegeben: Marcel Crusius und Jan-Ole Scholz. Reimer hatte seit 2006 die Geschäfte geführt und das Unternehmen maßgeblich geprägt und modernisiert.

Der nun eingeleitete Sanierungsprozess ziele darauf ab, Strukturen an das Marktumfeld anzupassen und die Produktpalette strategisch weiterzuentwickeln. „Niro Petersen verfügt über eine große handwerkliche Kompetenz und eine breite Produktpalette. Gemeinsam mit der Geschäftsführung werde ich die Sanierungsoptionen prüfen, um den Betrieb zu stabilisieren und zukunftsfähig auszurichten“, erklärt Doebert.

Rechtsanwalt Hans Köster von der Kanzlei DanTax Legal, der die Geschäftsführung rechtlich begleitet, ergänzt: „Unser Ziel ist es, die Verantwortung gegenüber Mitarbeitenden und Geschäftspartnern mit einer tragfähigen Lösung zu verbinden. Das Insolvenzrecht stellt dafür wirkungsvolle Instrumente zur Entlastung von Verbindlichkeiten, zur Stabilisierung des Geschäftsbetriebs und zur Vorbereitung einer nachhaltigen Neuaufstellung bereit.“

Kundengelder sind abgesichert

Als vorläufiger Insolvenzverwalter müssen derzeit alle finanziellen Verfügungen des Unternehmens von Doebert genehmigt werden. Zahlungen von Privatkunden, die Beschläge bestellen und dafür in Vorkasse gehen, seien abgesichert.

In den sozialen Netzwerken hatten Segler bereits dazu aufgerufen, benötigte Beschläge nun direkt bei Niro Petersen zu kaufen und auf diese Weise dem Betrieb unter die Arme zu greifen. Tatsächlich können Privatkunden anhand des Firmenkatalogs, der als PDF downloadbar ist, sowie mithilfe von Online-Preislisten Bestellungen per Mail aufgeben. Der Versand der Ware erfolgt dann nach Zahlungseingang.

Sonderaktion sei “kein Ausverkauf”

Dazu erklärte Doebert gegenüber der YACHT: "Derzeit organisiere ich gemeinsam mit dem Geschäftsführer von Niro Petersen, Marcel Crusius, und meinem Team eine geordnete Betriebsfortführung. Das Unternehmen besitzt ein großes Lager mit hochwertigen Teilen. Jeder Verkauf aus diesen Beständen unterstützt in der momentanen Phase den Erhalt der Firma. Die aktuelle Aktion ist kein Ausverkauf, sondern eine kontrollierte Reduzierung der Bestände. Die Kundengelder fließen auf ein von mir angelegtes spezielles Verfahrenskonto und die Auslieferung der bestellten Ware ist sichergestellt.“

Lange Tradition - und eine kuriose Geschichte

Die 1965 gegründete Niro Petersen GmbH hat sich auf die Fertigung von Präzisionsbeschlägen und Edelstahllösungen für Yachten und Boote spezialisiert. In der Flensburger Manufaktur entstehen mit hoher Präzision gefertigte Komponenten aus A4-Edelstahl – von Klüsen über Klampen bis hin zu Relings und Bordmöbeln. Das Produktportfolio umfasst rund 1.500 Serienprodukte sowie individuelle Lösungen für Werften und Privatkunden weltweit. Auch im Bereich der Reha-Ausstattung ist das Unternehmen tätig. Der gesamte Produktionsprozess – von der Werkzeugherstellung bis zum finalen Finish – erfolgt im modern ausgestatteten Werk am Brauereiweg in Flensburg.

Der Name "Niro Petersen" hat eine besondere Geschichte: 1990 forderten Anwälte des Stahlkonzerns Thyssen-Krupp die Entfernung des Begriffs "Niro" aus dem Firmennamen, da dieser rechtlich geschützt sei. Firmengründer Gerd Petersen reagierte mit einem ungewöhnlichen Schachzug: Er ließ seinen Namen offiziell ändern und ergänzte ihn um "Niro". Aus Gerd Johannes Petersen wurde so Gerd Johannes Niro Petersen – und der Firmenname konnte bestehen bleiben.

Viele Insolvenzen in den vergangenen Jahren

Die Niro Petersen GmbH ist nicht das erste Unternehmen aus der maritimen Branche, das in wirtschaftliche Schieflage geraten ist. In den vergangenen Jahren hatten bereits mehrere andere Firmen Insolvenz anmelden müssen. Darunter teils renommierte Händler und Werften, wie A. W. Niemeyer oder Bavaria Yachtbau. Die meisten konnten schließlich weitermachen, wenn auch auf unterschiedliche Weise. Beispiele:

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