AusrüstungThermounterwäsche – so schneiden 10 Produkte im Test ab

Michael Rinck

 · 22.02.2023

Heiße Getränke im Wärmebild: Infrarottechnik zeigt Temperatur-Unterschiede auf einen Blick
Foto: YACHT

Thermounterwäsche hält warm, nicht weil sie so gut isoliert, sondern weil sie überschüssige Wärme und Feuchtigkeit schnell abgibt. 10 Produkte im Test

Diese 10 Produkte haben wir getestet

  • Ocean Pro+ Funktionsunterwäsche, Marke: AW Niemeyer, www.awn.de
  • Hydrophobe Thermal Top und Hose, Marke: Gill, www.gillmarine.com
  • Herren-Leggins und -Oberteil mit Rundhals, Marke: Gill, www.gillmarine.com
  • Lifa Merino Midweight 2-in-1 Base Layer, Marke: Helly Hansen, www.hellyhansen.com
  • HPX Merino Base Layer, Marke: Musto, www.frisch.de
  • Thermal Base Layer Top und Hose, Marke: Musto, www.frisch.de
  • Core Base Layer Top und Pant, Marke: Zhik, www.frisch.de
  • Superthermal Hydrobase, Marke: Zhik, www.frisch.de
  • Reference Underwear Top und Pant, Marke: Sailracing, www.sailracing.com
  • Racer 500 Funktions-Shirt und -Hose, Marke: Tribord, www.decathlon.de

Jeder kennt es vom Sport: Nach einer intensiven Belastung muss man sich in der folgenden Ruhephase etwas Wärmendes überziehen, auch wenn der Schweiß fließt und einem an sich sehr warm ist. An Bord findet sich diese Situation nach Manövern, etwa dem Anschlagen, Setzen und Trimmen des Spinnakers, wenn man danach ruhig im Cockpit sitzt.

Der menschliche Organismus ist sehr gut darin, die Körpertemperatur konstant zu halten. Bei extremen Wechseln zwischen intensiver Aktivität und Ruhe muss aber mit der richtigen Kleidung nachgeholfen werden. Denn die körpereigene Regelungstechnik kann durch Veränderung der Durchblutung der Hautmuskulatur (Gänsehaut) und Schweißproduktion vor Unterkühlung und Überhitzung schützen. Bei letzterem Punkt spielt der Schweiß eine besonders wichtige Rolle. Die nasse Haut wird durch die Verdunstungskälte gekühlt. Bei hoher Aktivität ist das sehr wichtig, folgt aber abrupt eine Ruhephase, kühlt man schnell zu sehr aus. Diese Gefahr ist in der kalten Jahreszeit, nachts oder bei kräftigem Wind umso größer.

Thermounterwäsche wichtig für Wohlbefinden

Die Regulierung der Körpertemperatur beeinflusst direkt, ob uns warm oder kalt ist, und ist somit entscheidend für das Wohlbefinden. Das wichtigste Kleidungsstück dabei ist die Funktionsunterwäsche, auch Base Layer genannt.

Thermounterwäsche, Funktionswäsche, First Layer oder eben Base Layer meinen alle dasselbe Kleidungsstück. Die letzten beiden Namen beziehen sich auf die Kombination unterschiedlicher Textilien in übereinanderliegenden Schichten, um niedrigen Temperaturen zu trotzen. Die erste Schicht ist dabei die direkt auf der Haut liegende. Ihre Aufgabe ist der Abtransport von Feuchtigkeit und somit ein wichtiger Schutz gegen Frieren. Damit der Schweiß schnell vom Körper entfernt wird, muss die Funktionsunterwäsche eng anliegen und die Feuchtigkeit direkt aufsaugen. Da die Aufnahmefähigkeit des Gewebes begrenzt ist, muss das Material so beschaffen sein, dass die Feuchtigkeit schnell nach außen abgegeben wird. So hält die unterste Kleidungsschicht nicht nur warm, die Verdunstung an ihrer Oberfläche kühlt auch. Dabei geht es um das richtige Timing: Dauert die Abgabe der Feuchtigkeit lange, fühlt sich die Kleidung eher klamm oder sogar nass an, wenn weiterer Schweiß nachkommt. Funktioniert die Abgabe der feuchten Luft schneller, kühlt die Kleidung beim Schwitzen, wärmt aber direkt bei geringer Aktivität, da sich die Feuchtigkeit nicht im Textil anstaut. Je schneller das Material der Kleidung die Feuchtigkeit abgeben kann, desto besser hilft sie also bei der Regulierung der Körpertemperatur.

Polyester und Wolle mit Vor- und Nachteilen

Es gibt verschiedene Kunst-, aber auch Naturfasern, die sich besonders gut für Base Layer eignen. Polyester hat den Vorteil, dass die Faser selbst keine Feuchtigkeit absorbiert. Die Schweißtröpfchen werden vom Gewebe aufgenommen und können durch die große Oberfläche aus Tausenden Fasern schnell verdunsten. Dazu fühlen sich Textilien aus Polyester angenehm auf der Haut an, sind leicht und widerstandsfähig. Einziger Nachteil: Bakterien, die sich vom menschlichen Schweiß ernähren, siedeln sich an der Kunstfaser besonders gut an, und deren Ausscheidungen sorgen für unangenehme Gerüche. Spezielle Beschichtungen oder Beimischungen von Polypropylen- oder Polyamidfasern können der Geruchsbildung entgegenwirken.

Hohe Funktionalität besitzt die Naturfaser Wolle. Das Fell von Schafen hat ideale Eigenschaften für Thermounterwäsche. So stößt dessen Oberfläche Wasser ab, das Faserinnere kann aber Feuchtigkeit aufnehmen. Dadurch fühlt sich Wollgewebe, auch wenn es feucht ist, noch trocken an und reguliert so das Klima im Kleidungsstück – eine natürliche Atmungsaktivität.

Zudem ist Wolle natürlicherweise antibakteriell, und es entstehen nicht so schnell schlechte Gerüche. Und wenn doch, lassen sie sich einfach durch Lüften entfernen. Zwei weitere Pluspunkte, die die Kaufentscheidung beeinflussen können: Wolle ist ein nachwachsender Rohstoff, und im Gegensatz zur Kunstfaser gelangt beim Waschen kein Mikroplastik in die Umwelt.

Allerdings gibt es auch Nachteile. Nicht jeder mag das Gefühl von Wolle auf der Haut, sie kann etwas kratzig sein. Außerdem sind beim Waschen (wenn auch selten) besondere Hinweise zu beachten, damit die Fasern nicht verfilzen oder gar schrumpfen. Und Wolle kann pillen, also kleine knotenartige Fusseln bilden. Besonders geeignet, aber auch teuer ist Merinowolle, sie kratzt kaum und kann besonders viel Feuchtigkeit transportieren.

10 Kombinationen für Thermounterwäsche im Test

Das Testfeld besteht aus zehn Kleidungskombis (Top + Hose) von Herstellern und Händlern, die im Wassersport etabliert sind. Es gäbe noch deutlich mehr Auswahl Herstellern für Thermounterwäsche, würden auch Produkte für andere Sportarten berücksichtigt. So erfüllt beispielsweise Skiunterwäsche denselben Zweck. Der Test wäre dann aber sehr unübersichtlich geworden.

Acht Base-Layer-Sets sind aus Kunstfaser gefertigt. Sie kommen von AWN, Gill, Musto, Sailracing, Tribord (die Eigenmarke von Decathlon) und Zhik. Das HPX Merino von Musto und das Lifa Merino von Helly Hansen* sind entweder vollständig (Musto) oder teilweise (Helly Hansen) aus der Naturfaser hergestellt.

Zwei Kombinationen von Thermounterwäsche stechen etwas heraus: Das Gill Hydrophobe kann sowohl als leichte Schutzschicht (Rashguard) bei warmen Temperaturen als auch, wenn es kälter ist, unter dem Neo beim Jollensegeln oder Surfen getragen werden. Es besitzt auch einen UV-Schutz. Die zweite Ausnahme bildet das Superthermal Hydrobase von Zhik. Es ist aus viel dickerem Gewebe als alle anderen Testkandidaten gefertigt und soll auch für besonders niedrige Temperaturen geeignet sein. Bis auf einige Details wie Verstärkungen an Knien, Ellenbogen und Gesäß, unterschiedliche Kragenformen oder einen Eingriff, sind sich die Base Layer im Test recht ähnlich.

Ocean Pro+ Funktionsunterwäsche, Marke: AW Niemeyer
Foto: YACHT

Passform, Atmungsaktivität und Trocknungsverhalten der Thermounterwäsche

Im Versuchsaufbau sind drei Werte besonders wichtig: die Passform, welche die Voraussetzung für die Funktion des Base Layers ist. Sie wurde durch Anprobieren ermittelt. Die Atmungsaktivität, also der Transport der Feuchtigkeit, die wir per Wärmebild analysiert haben. Außerdem haben wir das Trocknungsverhalten untersucht. Dazu wurde die Kleidung im trockenen Zustand, nass und während der Trocknung nach fünf und zehn Stunden gewogen. Dadurch lässt sich die Wassermenge im Gewebe ermitteln. Die gute Nachricht: Nach zehn Stunden sind alle Kleidungsstücke im Test wieder trocken gewesen. Sie können also, wenn sie sehr nass oder gewaschen worden sind, über Nacht trocknen und sind am nächsten Tag wieder einsatzbereit. Zusätzlich wurden der Preis und gute Details in der Bewertung berücksichtigt.

Die Passform war bei vier Base Layern sehr gut: Das Hydrophobe von Gill, das HPX Merino von Musto, das Racer 500 von Tribord* und der Core Base Layer von Zhik* passten sich dem Körper am besten an. Allerdings waren die meisten anderen Testteilnehmer dabei auch gut, nur das Ocean Pro+ von AWN hatte überhaupt keinen körpernahen Schnitt. Das zeigt sich auch in den Wärmebildern (s. u.): Da Top und Hose kaum anliegen, wird nur wenig Körperwärme abgegeben. Das Luftpolster isoliert zwar gut, es wird aber nicht der Schweiß von der Haut aufgenommen. So wird es in dieser Bekleidung je nach Aktivität entweder zu warm oder zu kalt.

Das führt direkt zum nächsten Punkt im Test: den Infrarotbildern. Es ist nicht die primäre Aufgabe der Funktionswäsche zu isolieren. Deswegen sind rote (also warme) Bereiche auf den Bildern nicht schlecht. Wichtig ist der Unterschied zwischen den beiden Aufnahmen. Das in der Tabelle obere Wärmebild wurde eine Minute nach dem Anziehen des Base Layers gemacht. Die zweite Aufnahme darunter entstand nach einer festgelegten Zeit, in der ein kleines, immer gleiches Sportprogramm absolviert wurde. Durch die Aktivität stieg die Körpertemperatur auf der Haut, und es kam zur Schweißbildung. Das zweite Bild zeigt also, wie gut das Gewebe die überschüssige Wärmeenergie aufnehmen und abgeben kann. Je größer die Differenz zwischen erster und zweiter Aufnahme, desto besser.

Interessant sind auch die Unterschiede zwischen den Kleidungsstücken der Thermounterwäsche. So zeigt sich bei dem Superthermal Hydrobase von Zhik, dass es einfach viel dicker ist als alle anderen Base Layer im Test: Das Wärmebild ist fast nur blau und grün, also eher kalt. Ebenfalls stärker isoliert sind alle Kleidungsstücke in der Hüftgegend. Hier überlappen Hose und Oberteil. Es ist empfehlenswert, das Oberteil in die Hose zu stecken, da es dann erstens bei Aktivität nicht verrutscht und zweitens besser anliegt und somit der Feuchtigkeitstransport besser funktioniert. Beim Trocknungsverhalten ist aus den Messwerten in der Tabelle ersichtlich: Die Reference Underwear von Sailracing hat beste Werte. Das Gewebe hat fast die Hälfte des eigenen Gewichts an Feuchtigkeit aufgenommen und nach fünf Stunden 75 Prozent davon wieder abgegeben. Ähnlich gut sind das Superthermal Hydrobase von Zhik, die Leggins und das Top von Gill, der Thermal Base Layer von Musto und Tribords Racer 500.

Ein Sonderfall ist das Hydrophobe von Gill. Es hat nur etwa zehn Prozent des Eigengewichts an Feuchtigkeit gespeichert, diese aber schon nach fünf Stunden fast vollständig abgegeben. Erstaunlicherweise fühlte es sich dann auf der Außenseite noch klamm an. Im Gegensatz dazu verblieb im HPX Merino von Musto nach den fünf Stunden noch mehr Feuchtigkeit, es fühlte sich aber schon trocken an. Hier zeigen sich die unterschiedlichen Material-Eigenschaften der Thermounterwäsche.

Erfreuliches Ergebnis des Tests

Am Schluss des Tests steht ein erfreuliches Ergebnis: Viele der erprobten Base Layer sind sehr gut bis gut, die Auswahl ist also groß. Die Topprodukte sind der Core Base Layer von Zhik (Testsieger), Sailracings Reference Underwear, Mustos Thermal Base Layer sowie Leggins und Oberteil von Gill. Ebenfalls mit sehr guten Werten und dazu auch preislich extrem attraktiv ist das Racer 500 von Tribord und damit auch der Preis-Leistungs-Tipp. In der Spitzengruppe nicht genannt wurde das HPX Merino von Musto, weil es eine Sonderrolle einnimmt: Es ist mit insgesamt fast 280 Euro das teuerste Kleidungsset im Test. Die Merinowolle kann bei den Trocknungswerten der Polyesterfasern nicht ganz mithalten, gleicht das aber durch ihre besonderen Eigenschaften wieder aus. Das HPX Merino ist mit Abstand die leichteste Funktionswäsche im Test und sitzt superbequem.

Auch das Hydrophobe von Gill hat einen Sonderstatus. Durch die andere Materialzusammensetzung fühlt es sich schneller klamm an, trocknet aber sehr schnell. Sein Vorteil ist der breite Einsatzbereich: Es kann auch als äußere Schicht auf dem SUP in der Ankerbucht oder unterm Neo bei niedrigeren Temperaturen getragen werden und erfüllt damit gleich drei Funktionen. Als Kaufempfehlung kann sowohl das günstige Teil von Tribord als auch das recht teure HPX Merino genannt werden. Wer eher im Sommer bei schönem Wetter unterwegs ist und Funktionswäsche nur zweimal im Jahr anzieht, kann mit dem Preis-Leistungs-Tipp nichts verkehrt machen. Für alle, die frühestmöglich bei frostigen Temperaturen in die Saison starten, selbst bei durchwachsenem Wetter keine Nachtfahrt scheuen und die halbe Saison in ihrem Base Layer verbringen, kann auch das edle Merino-Teil eine Empfehlung sein. Eine sehr gute Alternative bildet hier die Leggins von Gill. Sie liegt preislich zwischen den Extremen, ist aber qualitativ top.

Und in der Freiwache oder nach dem Segeltag wird der Base Layer, wenn Mid Layer und Ölzeug schon im Schrank hängen, zur Jogginghose des Seglers. In kalten Nächten eignet sich die Basisschicht auch als Pyjama, den man überhaupt nicht mehr ausziehen möchte.

Die Testergebnisse im Überblick: Ansicht mit der WärmebildkameraFoto: YACHT
Die Testergebnisse im Überblick: Ansicht mit der Wärmebildkamera
Die Testergebnisse im Überblick: Ansicht mit der WärmebildkameraFoto: YACHT
Die Testergebnisse im Überblick: Ansicht mit der Wärmebildkamera

Drunter und drüber

Drei Kleidungsschichten bilden bei niedrigen Temperaturen die Basis für ein ausgewogenes Körperklima. Der Base Layer hat dabei die Aufgabe, die Haut trocken zu halten und die Feuchtigkeit weiterzuleiten. Dafür muss er eng anliegen. Der Mid Layer, auch Body Warmer genannt, sollte nicht zu eng sein, ist stärker isoliert und speichert in den Luftpolstern die Körperwärme. Trotzdem muss er durchlässig genug sein, um die Feuchtigkeit weiter nach außen passieren zu lassen. Ganz außen folgt schließlich das Ölzeug. Es schützt vor eindringender Nässe wie Regen oder Spray, lässt aber dank der atmungsaktiven Membran trotzdem die Feuchtigkeit von innen raus. Wird es besonders kalt, können natürlich weitere wärmende Schichten ergänzt oder dickere eingesetzt werden. Es empfehlen sich aber keine Produkte mit Membran. Zwei Membranen würden den Abtransport der Feuchtigkeit verzögern.

Foto: YACHT

So haben wir getestet

Die Passform haben wir durch Anprobieren überprüft, das Trocknungsverhalten durch Wiegen der Kleidungsstücke im trockenen und nassen Zustand. Durchnässt wurden die Base Layer in der Waschmaschine, und durch leichtes Schleudern blieb so viel Feuchtigkeit im Gewebe, dass es nicht mehr getropft hat und vergleichbar blieb. Die Infrarotbilder wurden in einer Scheune bei konstanten zwölf Grad Celsius aufgenommen. Dabei wurde besonderes Augenmerk auf immer gleiche Ausgangsbedingungen gelegt : Vor jedem Durchgang stand für den Tester eine Pause bei Zimmertemperatur an, um Unterkühlung zu vermeiden. Dann wurde der Base Layer angezogen und das erste Wärmebild aufgenommen. Danach folgten drei Minuten mit einer Sporteinheit, und das zweite Foto wurde produziert. Zudem haben wir Preis und Verarbeitung berücksichtigt.


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