Eine Erfolgsgeschichte war die Aktie mit dem Börsenkürzel H9Y nicht, jedenfalls nicht im Rückblick. Nach einem kurzen, kleinen Höhenflug unmittelbar nach der mehrfach überzeichneten Emission, der gut 60 Millionen Euro an frischer Liquidität brachte, sackte der Wert von 30 Euro im Sommer 2007 infolge der Finanz- und Wirtschaftskrise rasch um rund 90 Prozent ab auf nur noch um die drei Euro. Bis auf ein Zwischenhoch 2018 verharrte Hanseyachts auf niedrigem Niveau.
Vor zehn Tagen endete nun die für Anleger wie für die Werft und ihre Investoren wenig ertragreiche Episode. Am 14. Mai hatte die Frankfurter Wertpapierbörse dem Widerruf der Börsenzulassung stattgegeben. Letzter Handelstag für die Hanseyachts-Aktie war der 17. Mai. Zwar werden kleine Mengen der Papiere noch über Regionalbörsen gehandelt. Doch auch dort soll das Papier bald aus dem Freiverkehr verschwinden.
Für kleinere Mittelständler ist ein solches Delisting kein unüblicher Vorgang, und die Voraussetzungen dafür sind klar geregelt: Unternehmen, die sich von der Börse zurückziehen wollen, müssen den Anteilseignern ein von der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (Bafin) bewilligtes Angebot machen, das sich am durchschnittlichen Handelswert der Aktie über die zurückliegenden sechs Monate orientiert. Bei Hanseyachts lag dieser Wert bei 2,67 Euro.
Im Rahmen des Angebots, das vom 10. April bis 8. Mai galt, wurden 5,26 Prozent der Aktien verkauft. Das klingt nach wenig, doch muss man wissen, dass Hanseyachts von Beginn an nur eine geringe Zahl an Privatinvestoren gewinnen konnte, darunter auch Eigner und Segler. Der Streubesitz bei der Emission 2007 lag bei 6,8 Prozent. Vor dem Delisting soll er rund zehn Prozent betragen haben. Die weit überwiegende Mehrheit der Anteile hält die Aurelius Gruppe, der jetzt knapp 85 Prozent des Unternehmens gehören.
Hanseyachts-CEO Hanjo Runde führte den finanziellen und personellen Aufwand für die Berichtspflichten als Hauptgrund dafür an, sich vom Börsenparkett zu verabschieden. Die Zulassung zum Handel am regulierten Markt sei für Hanseyachts „mit erheblichen Belastungen“ verbunden, die keinen Beitrag zur Wirtschaftlichkeit leisten. „Die durch diesen Schritt frei werdenden Ressourcen können wir nun zusätzlich in die Entwicklung neuer Yachtmodelle investieren“, so der Vorstandschef weiter.
Durch den Widerruf der Börsenzulassung sparen wir jährlich über eine halbe Million Euro Verwaltungskosten ein”
Es ist ein häufig genannter Grund für ein Delisting, aber sicher nicht der einzige. Denn dann hätte Aurelius diesen Schritt schon viel früher vollziehen können. Marktbeobachter halten es für wahrscheinlicher, dass der Hauptgesellschafter enttäuscht war über die allgemeine Investitionsbereitschaft; bei der letzten Privatplatzierung nach einer Kapitalerhöhung fanden sich so gut wie keine Interessenten, was die Möglichkeiten einschränkte, sich über den Aktienmarkt neuen finanziellen Spielraum zu verschaffen. Einige Analysten glauben auch, dass sich Aurelius mehr Freiraum verschaffen wollte für einen seit Langem angekündigten Verkauf der Werft.
Hanseyachts muss künftig keine Ad-hoc-Mitteilungen etwa zu Gewinnwarnungen mehr machen und unterjährig keine Rechenschaft über die Umsatz- und Ertragsentwicklung ablegen. Für Bootskäufer, die sich bisher durch die regelmäßig fälligen Finanzberichte relativ aktuell über den Geschäftsverlauf informieren konnten, verliert die Werft – seit dem Börsengang 2007 einziger deutscher Bootsbauer am Aktienmarkt – damit ihren Sonderstatus.
Wer gerade bei hochpreisigen Yachten mit mehrmonatiger Bauzeit auf Nummer sicher gehen will, sollte von jetzt an also – wie das bisher schon für Bootskäufe generell empfohlen wird, auch bei anderen Werften – eine Bankbürgschaft für die Anzahlungen vereinbaren oder eine andere Form der Kaufpreisabsicherung vertraglich festlegen.
Insgesamt ist Hanseyachts nach einer Restrukturierungsphase in den vorhergehenden zwei Jahren derzeit gut aufgestellt. Während etwa die Beneteau-Gruppe in einzelnen Werken bereits Kurzarbeit fährt, läuft die Produktion in Polen und Greifswald noch unter Volllast. Und auch bei den Neuentwicklungen spart das Unternehmen – anders als der Weltmarktführer - nicht.
In diesem Spätsommer kommen mit der Hanse 360 und 590 zwei wichtige Modelle auf den Markt, die für anhaltende Nachfrage sorgen dürften. Zur boot Düsseldorf wurde bereits die Moody 48 DS vorgestellt. Und auch bei Dehler wird es wohl bald Neues geben. Schade eigentlich, dass man künftig erst mit einigem zeitlichen Abstand erfahren wird, wie gut sie sich in der Käufergunst machen. Hanjo Runde indes ist sich schon jetzt sicher, dass sie erfolgreich sein werden:
Ich sehe positiv in die Zukunft, weil unsere Innovationsstrategie mit vielen neuen Modellen aufgegangen ist und wir auch für 2025 eine gute Auslastung erwarten”