Max Gasser
· 27.11.2023
Noch nie hat es ein Boot oder überhaupt ein Wassersportgerät beim Deutschen Nachhaltigkeitspreis ins Finale geschafft, geschweige denn diesen gewonnen. Seit vergangenem Freitag ist das anders, denn dem deutschen Start-up Khulula ist genau das mit seinem Eco-Optimisten gelungen. “Das ist bahnbrechend für den Segelsport, das ist bahnbrechend für die Branche”, kommentierte der Mitgründer und erfolgreiche Schauspieler Simon Licht den Triumph.
Der grüne Opti aus Flachsfaser hatte es bis in die Endrunde des größten anerkannten Wettbewerbs dieser Art in Europa geschafft und sich dort im Bereich Sportartikel, Sportgeräte und -kleidung auch gegen den Nachhaltigkeits-Branchenriesen Vaude durchgesetzt. “Das Who’s who der internationalen Sportindustrie war am Start”, so Licht. Darüber hinaus hatte es auch “Vytal” mit ihrer Initiative zur Reduzierung von Einwegverpackungen und Abfall bei Sportveranstaltungen sowie das Projekt „Sportverein der Zukunft“ ins Finale dieser Kategorie geschafft.
Dass die Wahl allerdings auf ihr Projekt gefallen ist, sei nicht selbstverständlich gewesen, denn überhaupt das Finale erreicht zu haben, sei ein großer Erfolg gewesen, betont Licht: “Die Anforderungen, ins Finale zu kommen, sind groß, dass wir das geschafft haben, war schon unglaublich. Dann packt einen natürlich der sportliche Ehrgeiz, und man will gewinnen!” Warum sich die Jury dann tatsächlich für den Eco-Optimisten entschied, erklärt er so: “Wir hatten das transparenteste und umfangreichste Paket. Neben dem nachhaltigen Sportgerät haben wir mit der Teamrace-Rennserie auch einen sozialen Beitrag geleistet, die Nachhaltigkeit wirklich gelebt und an den Nachwuchs weitergegeben.”
Die Jolle, die in Optik, Maßen und Gewicht dem klassischen Optimisten entspricht, wird aus Flachs, Bioharzen und recycelten Composites gefertigt. Der CO₂-Fußabdruck sei 70 Prozent kleiner als der, den die in China produzierten Serien-Optis hinterlassen, so die Hersteller. Durch die Produktion in Deutschland bei Tobias Schadewaldts Jade Yachting und Zubehör aus Europa werden Überseewege gespart. Dazu kommt: Der umweltfreundliche Opti ist zu 90 Prozent aus nachwachsenden Rohstoffen und recycelten Materialien gefertigt.
Mit 15 dieser Boote war im vergangenen Jahr das Eco Team Race Germany gestartet. Für die neue Regattaserie hatte Khulula den Kindern die gebauten Optimisten aus der Nachhaltigkeitsproduktion zur Verfügung gestellt. Ausgerüstet mit vollständig recyceltem eXRP Ekko Tuch von Elvstrøm, Tauwerk aus recycelten PET-Flaschen von Robline und Auftriebskörpern aus alten Schwimmwesten von Secumar, habe die Serie über die Saison immer mehr Aufmerksamkeit erlangt, erklärt Licht. “Das Projekt ist in aller Munde, die Nachfrage ist riesig”, so der 57-Jährige.
Und das gleich auf mehreren Ebenen. Denn nicht nur soll die Teamrace-Serie für den Nachwuchs ausgeweitet werden, die Liste der interessierten Clubs sei lang, sondern auch die Expertise der Gründer und des Teams sei gefragt. Im Bootsbau und auch in anderen Branchen, wie zum Beispiel der Camping-Industrie, sollen ähnliche Baustoffe vermehrt zum Einsatz kommen. Simon Licht, der das Vorhaben gemeinsam mit Schulfreund und Wegbegleiter Holger Ambroselli vor knapp zwei Jahren gestartet hatte, ist dem gegenüber offen und freut sich auf die Zusammenarbeit. Denn der Opti sei nur der “Leuchtturm als Einstieg” gewesen. Jener geht 2024 in Serie und selbstverständlich, so Simon Licht, solle der Prozess der Einführung nachhaltiger Materialien auch in andere Klassen oder Branchen übertragen werden.
Aktuell hakt es an diesem Punkt jedoch ausgerechnet in der als Vorreiter ausgelobten Optimisten-Klasse noch etwas. Denn weiterhin sind die Materialien bei offiziellen Regatten nicht zugelassen. Die Zulassung bei derartigen Veranstaltungen sei zunächst auch nicht das primäre Ziel gewesen, heißt es von den Machern. Viel eher habe man den Nachwuchs an der Basis von Grund auf mit dem Nachhaltigkeits-Aspekt ans Segeln heranführen wollen und das Projekt zudem als vorbildliches Machbarkeits-Beispiel vorantreiben wollen. Dieses Ziel wurde unbestritten erreicht, weshalb auch die Zulassung für den offiziellen Rennzirkus nun stärker forciert werden soll.
Licht bestätigte dies: “Natürlich werden wir auch den Antrag bezüglich der Materialien bei den entsprechenden Stellen offiziell einreichen.” Denn rein von den Maßen ist auch der Eco-Optimist ein Opti wie jeder andere, die Klassenregeln verwehren allerdings den Einsatz von Flachs. Ob die Internationale Optimist Dinghy Vereinigung (IODA) genauso kooperativ wie die zahlreichen Partner des Projektes handeln wird, ist unklar. Vielleicht sieht man die grünen Optis dann schon bald zahlreich auf den Regattabahnen, und herkömmliche Materialien werden stattdessen limitiert. Dem grünen Umschwung der Segelszene würde das guttun. Immerhin ist der Opti das Einsteigerboot schlechthin und nicht nur wegen der hohen Stückzahl, sondern vor allem aufgrund der frühen Prägung des Nachwuchses eine wichtige Komponente auf dem Weg zu mehr Nachhaltigkeit im Segelsport.
Im Rahmen des Deutschen Nachhaltigkeitspreises werden jährlich auch Sonder- und Ehrenpreise an Prominente vergeben, die sich für Nachhaltigkeit einsetzen. In diesem Jahr wurde auch der vierfache Formel-1-Weltmeister und Co-Rennstallbesitzer des deutschen SailGP-Teams Sebastian Vettel ausgezeichnet. Der 36-jährige Heppenheimer kritisierte seinen eigenen Sport noch während seiner aktiven Karriere und setzt sich seit mehreren Jahren stark für die Umwelt ein. Auch beim Einstieg in die SailGP-Rennserie hatte Vettel den “sehr nachhaltigen Ansatz” als einen Beweggrund für sein Engagement genannt. Seitdem steht er mit dem Team um Steuermann Erik Heil in engem Kontakt und agiert nicht nur auf dem Papier als Leader, sondern bringt auch sein Wissen aus dem hochprofessionellen Motor-Rennsport mit ein.
Der Deutsche Nachhaltigkeitspreis prämiert jährlich richtungsweisende Projekte, Aktionen und Beiträge zur Transformation in eine nachhaltige Zukunft. Ausgetragen in fünf Unterkategorien und mit 2.000 Gästen zu den Finalveranstaltungen ist er der umfassendste Preis seiner Art in Europa. Die 16. Verleihung des Deutschen Nachhaltigkeitspreises fand am 24. November in Düsseldorf statt. Anwesend waren auch zahlreiche Prominente aus der Welt des Sports, der Musik sowie der Politik. Unter anderem eröffneten DFB-Vizepräsidentin Celia Šašić und Bundesinnenministerin Nancy Faeser die Veranstaltung. Skirennläufer Christian Neureuther, Boxlegende Regina Halmich, die zweifache Olympiasiegerin im Schwimmen Britta Steffen, Big-Wave-Surfer Sebastian Steudtner und der ehemalige Säbelfechter Max Hartung waren ebenfalls mit von der Partie.