3D-Druck im BootsbauWas der automatisierte Schichtbetrieb leistet

Sören Gehlhaus

 · 10.03.2025

Formenbau ohne Urmodell: Für die Negativform einer Motte des Polimi Sailing Teams schichtete ein 3D-Drucksystem von Wasp vier Sektionen auf.
Foto: Wasp / Polimi Sailing Team
Die polymerbasierte additive Fertigung schreitet auch im Bootsbau voran. Mit Industrierobotern schichten Extruder monolithische Rümpfe auf, und großformatige 3D-Drucker erledigen den Formenbau wie kürzlich für ein innovatives Mottenprojekt.

Eine Schicht nach der anderen. Gleich dem Entstehungsprozess eines Werkstücks mittels additiver Fertigung schreitet auch die Implementierung des 3D-Drucks im Bootsbau voran. Waren es zunächst Muster als Teil des Entwicklungsprozesses (Rapid Prototyping) oder Ausrüstungsgegenstände wie Blöcke, bringen mittlerweile durchgängig additive Verfahren monolithische Rumpfstrukturen hervor. Bereits 2019 gelang es einem Universitätsprojekt an der US-Ostküste ein 7,80 Meter langes Motorboot mit einem 3D-Polymer-Drucker und teils biobasierten Rohstoffen wie Zellulose-Filamenten herzustellen. Fahrbereit brachte die berillte Mittelkonsole, die noch aus dem mit ausgedruckten Gestell gefräst werden musste, allerdings 2.260 Kilogramm auf die Waage.

Industrieroboter + Extruder = 3D-Druck XXL

2021 brüstete sich Caracol mit dem weltweit ersten Segelboot aus dem 3D-Drucker. Der italienische Hersteller von 3D-Druckern mit Übermaß baute einen 2,80 Meter langen Jollenrumpf ohne Form und im Stück. Elementar war ein sechsachsiger Industrieroboter von Kuka, der mit Extruder am Gelenkarm vierzig Stunden lang vorprogrammierte Bahnen abfuhr. Den eigentlichen Schichtauftrag besorgte eine beheizte Düse, aus der geschmolzenes thermoplastisches Granulat austrat (recyceltes Polypropylen mit 30 Prozent Glasfasern). „Beluga“, die Jolle aus dem 3D-Drucker, wurde ihrer charakteristischen Rillenoberfläche nachträglich beraubt, dürfte aber kaum leichter als eine Komposit-Konstruktion sein. Caracol machte keine Gewichtsangaben. Doch zum Vergleich: Der Kasko eines sechs Meter langen Motor-Kats, der mit einer Maschine der Italiener Anfang 2025 in ähnlicher Bauweise entstand, brachte nach dem Druck 1.200 Kilogramm auf die Waage.

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Mit dem Fortschreiten der Technologie rücken auch geschlossene Geräte in den Fokus, wie man sie von nicht kommerziellen Lösungen kennt. Jedoch wesentlich größer. Mit dem Power Wasp 45 HDP passte der italienische Hersteller Wasp einen 3D-Drucker auf die Bedürfnisse des nautischen Sektors an. Außenmaße: 4,7 x 2,5 x 2,6 Meter. Das Besondere: Die Extruder-Düsen-Einheit schafft Druckvorgänge im 45-Grad-Winkel, was komplexe Geometrien ermöglicht und wodurch im großen Maßstab keine Stützen mehr benötigt werden. Zudem soll das steile Schichten den Verzug, Materialverbrauch und die Überstände minimieren.

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Formenbau mit 3D-Drucksystem

Zu den ersten Nutzern des Power Wasp 45 HDP zählte das Polimi Sailing Team, das der eine Tonne schweren 3D-Druckmaschine die Negativform für den Rumpf einer Motte entlockte. Das Verfahren materialisierte vier präzise Teile ähnlicher Größe und teils mit hohlen Wänden. Dank additiver Fertigung sparte sich das Segelteam des Mailänder Polytechnikums die Herstellung eines Urmodells. Zudem reduzierten die Studenten Kosten, Produktionszeiten und Materialverbrauch. In der Nachbearbeitung als nachhaltiger erachtete man den Einsatz von Spachtelmasse gegenüber Frästechniken.

Mit der fertigen Motte namens „Febe“ – aus Basaltfasern, thermoplastischem Harz Elium und Kernmaterial aus recyceltem PET – gewann das Polimi Sailing Team die Foiling SuMoth Challenge 2024. Bei diesem Wettbewerb ging es zum sechsten Mal um maximal nachhaltige Motten zum Foilen. Der Gesamtsieger wird über drei Wertungen ermittelt: Entwicklung, Bau und Praxisbeweis. Auf dem Gardasee müssen sich die fliegenden Prototypen bei Speedruns und Wettfahrten beweisen.

Maritimes Kompetenzzentrum für 3D-Druck

Selbst Formenbau im großen Maßstab können robotergestützte additive Fertigungssysteme übernehmen. Schließlich geht es um hohe Genauigkeit und – sofern nicht mit großen Stückzahlen zu rechnen ist – um möglichst niedrige Kosten und hohe Flexibilität. In Ungarn entstand ein Urmodell für die Rumpfform eines 55-Fuß-Motorboots von Como Yachts. Zum Einsatz kam ein Extruder von CEAD aus den Niederlanden, der aus 5.000 Kilogramm recyceltem PETG insgesamt 44 Sektionen druckte. Die wurden aneinander laminiert und per CNC-Maschine glattgefräst. Die Vorteile: Am Urmodell arbeiteten für zwölf Wochen nur drei Personen, die es bei der Produktion der eigentlichen GFK-Form aufgrund des geringeren Gewichts gegenüber MDF-Blöcken leichter hatten.

CEAD gibt an, dass Urmodelle möglich seien, die sich aus größeren Sektionen zusammensetzen und damit weniger Klebeaufwand voraussetzen. Derzeit werde das Deck eines 35-Fuß-Bootes hergestellt, dem 50 Prozent 3D-gedruckte Formen zugrunde liegen. Das niederländische Unternehmen formierte sich 2014 als Spin-off der Technischen Universität Delft, wo die Gründer im Jahr 2010 während ihres Studiums einen 3D-Drucker für Endverbraucher entwickelten. Ebendort eröffnete CEAD kürzlich ein Kompetenzzentrum für die additive Fertigung im großen Maßstab – mit Fokus auf dem maritimen Sektor. Das Maritime Application Center (MAC) könne monolithische Rümpfe bis zu einer Größe von 12 x 4 x 2 Meter drucken. Zudem soll eine Recyclinganlage mit großem Schredder errichtet werden, um die Forschung zur Wiederverwertung von gedruckten Teilen und ganzen Booten zu unterstützen.

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