3D-DruckKarver bietet kostenlose Decksbeschläge zum Selberdrucken an

Hauke Schmidt

 · 09.08.2022

3D-Druck: Karver bietet kostenlose Decksbeschläge zum Selberdrucken anFoto: Screenshot
Der Block zum selbst ausdrucken ist kugelgelagert und soll eine Arbeitslast von bis zu 300 Kilogramm besitzen

Karver ist für leistungsfähige Decksausrüstung bekannt, nun bieten die Franzosen für einige Beschläge kostenlose 3D-Druck-Datensätze an, darunter auch ein kugelgelagerter Block

Kein Fertigungsverfahren macht so rasante Fortschritte wie der 3D-Druck. Da verwundert es kaum, dass die Technik längst nicht mehr allein zur Herstellung von Prototypen eingesetzt wird. Beispielsweise produziert der Beschlagshersteller UBI Major Teile seiner Rollanlagen und Lagerkäfige für Umlenkblöcke im 3D-Druckverfahren. Noch einen Schritt weiter geht der Leichtbau-Spezialist Karver. Die Franzosen nutzen die Technik nicht nur selbst, sie bieten ausgewählte Beschläge nun sogar als Datensatz zum selbst Ausdrucken an. Hier können die Datensätze heruntergeladen werden>>

Derzeit umfasst das Angebot eher einfache Bauteile wie Führungsaugen, verschieden große Klampen oder Unterlegkeile für Curryklemmen. Es gibt aber auch Datensatz für einen kugelgelagerten Block mit immerhin 300 Kilogramm Arbeitslast. "Wir wollen unseren Kunden die Möglichkeit geben einfache Teile bei Bedarf selbst drucken zu können", so Geschäftsführer Tanguy de Larminat . In Absprache mit Händlern und Werften soll das Angebot in Zukunft weiter ausgebaut werden.

Derzeit stehen Daten für sechs Beschläge zur Verfügung, der Service soll aber ausgeweitet werdenFoto: Screenshot
Derzeit stehen Daten für sechs Beschläge zur Verfügung, der Service soll aber ausgeweitet werden

Einen ähnlichen Ansatz hatte Colligo Marine bereits von einigen Jahren verfolgt und entsprechende Prototypen auf der METS in Amsterdam ausgestellt, siehe hier . Die damals verwendeten, hochfesten Materialien ließen sich allerdings nur mit industriellen Druckern verarbeiten, weshalb die Amerikaner das System nicht weiter verfolgt haben.

Auf Grund von Formgebung und Materialvorgaben dürften sich auch die Karver-Blöcken nicht ganz so einfach drucken lassen, zumindest mit den für Privatanwender erschwinglichen FDM-Geräten. Das Kürzel steht für Fused Deposition Modeling und beschreibt das simpelste Verfahren, um Kunststoffteile zu drucken. Je nach Ausführung des Druckers können damit verschiedene thermoplastische Kunststoffe wie PLA, PETG, ABS, Nylon oder gummiartiges TPU verarbeitet werden. Die günstigsten Drucker mit dieser Technik kosten rund 300 Euro. Wer Lust am Experimentieren hat kann damit erstaunlich praktische Teile fürs Boot fertigen. Wie es geht und welche Problem dabei auftauchen haben wir in YACHT 17/2022 ausprobiert.

Aufwendiger wird es, wenn Metalle verarbeitet werden sollen, dabei kommt in der Regel das sogenannte selektive Laserschmelzen zum Einsatz. Bei dem Verfahren brennt ein Laser die Bauteilkontur in eine dünne Schicht Metallpulver, wodurch das Material verschmilzt. So entsteht Lage für Lage ein solides Werkstück.

Eine Anwendung sind Spezialbeschläge für Einzelbauten oder Refits. „Den Toppbeschlag für den neuen Mast des 60-Fuß-Klassikers ‚Varuna‘ haben wir aus Aluminium drucken lassen. Dadurch konnten wir Hinterschneidungen einkon­struieren und haben Gewicht gespart“, so Michael Kraske vom Maschinenbauunternehmen Werner Kluge aus Kiel. Da es inzwischen eine ganze Reihe von Serviceanbietern gibt , lässt sich die Technik im Prinzip sogar von Hobbykonstrukteuren nutzen.

Der Masttop für den Refit des 60-Fuß-Klassikers "Varuna" wurde aus Aluminium gedrucktFoto: Kluge Engineering
Der Masttop für den Refit des 60-Fuß-Klassikers "Varuna" wurde aus Aluminium gedruckt

Deutlich größere Metallteile lassen sich mit dem Wire Arc Additive Manufacturing (WAAM) produzieren. Dabei trägt ein modifizierter Industrieroboter eine Schweiß­naht nach der anderen auf und erzeugt damit ein Werkstück. Die Baugröße ist nur vom Aktionsradius des Roboterarms begrenzt. Zudem kann jedes schweißbare Metall verarbeitet werden.

Eindrucksvolles Beispiel für den Einsatz im Yachtbau ist die vom niederländischen Druckerhersteller MX3D und KM Yachtbuilders gedruckte, rund 4,50 Meter lange Alu-Kielbombe . „Für unsere Kleinserien und Einzelbauten ist die Herstellung von Gussformen für den Bleiballast unwirtschaftlich. Deshalb fertigen wir Hüllen aus Alu, in die wir das Blei gießen“, erläutert Rene Feenstra von KM die Vorgehensweise. „Es wird aber immer schwieriger, Alu-Schweißer zu finden, daher kam uns der Vorschlag mit dem Druck gelegen“, so Feenstra.

Die von KM Yachtbuilders und dem Druckerhersteller MX3D gedruckte Alu-Kielbombe ist hohl und ganze 4,50 Meter lang. Sie wird mit Blei gefülltFoto: MX3D
Die von KM Yachtbuilders und dem Druckerhersteller MX3D gedruckte Alu-Kielbombe ist hohl und ganze 4,50 Meter lang. Sie wird mit Blei gefüllt

Einen ausführlichen Artikel über den aktuelle Stand der 3D-Druck-Technik und ihrer Anwendung im Bootsbau gibt es in YACHT 17/2022