Uske Berndt
· 16.11.2024
Mark Tucker: Wir sehen uns in vielen Bereichen um, und da ist es leicht, die trendigen Sachen zu finden. Wir gehen einfach zu den Messen und nehmen den kreativen Input mit. Und wir haben Leute wie Sophie und Victoria, die nach Handwerkern auf der ganzen Welt suchen und dann alles zusammenbringen. So erschaffen wir ein wirklich cooles, außergewöhnliches Interieur. Wir entwerfen es und lassen es anfertigen, so einfach ist das. Dazu haben wir tolle Menschen kennengelernt, die echte Handwerker sind. Und die Eigner genießen es, dass sie etwas bekommen, das völlig individuell ist, das sie nirgendwo anders sehen. Es gibt ja eine Geschichte hinter jedem Möbelstück, zum Beispiel haben wir in Portugal in einer kleinen Werkstatt Totempfähle für „Pink Shadow“ herstellen lassen. Das ist toll, einen Kunden zu haben, der so etwas möchte.
Als wir den Eigner von „King Benji“ (47-Meter-Motoryacht) zum ersten Mal trafen, kam er zu uns, weil ihm eine unserer Yachten gefiel und er einfach mal etwas anderes wollte. Wir haben sofort verstanden, worauf er hinauswill. Wenn ein Eigner zu uns kommt und sich nicht sicher ist, haben wir einen guten Prozess, wie wir aus ihm herausbekommen, was er will. Dann können wir an Bord einer Yacht gehen, uns umschauen und kleine Dinge aufschnappen, die ihm gefallen, viel mit ihm reden. So lernen wir seinen Geschmack kennen und können das Design entsprechend anpassen und feinjustieren. Das ist Teil unserer Arbeit.
Julie Tucker: Es ist gut, einen Eigner zu haben, der involviert ist, aber wir müssen nicht zu jedem Detail alles wissen …
Mark Tucker: In der Regel kommen sie zu uns, weil sie unser Portfolio gesehen haben und etwas finden, das sie mögen, oder weil sie ein Boot gesehen haben, das wir gebaut haben. Die meisten unserer Aufträge kommen auf Empfehlung. Viele Kunden kommen auch zu uns zurück. Wir haben einen, für den wir sechs Yachten gebaut haben. Es ist die beste Belohnung, wenn er sagt: Lass uns ein weiteres Projekt machen!
Wir wissen ungefähr, wo er hinwill, wir wissen, wie er tickt. Wenn wir unsere Meetings haben, sind wir ziemlich gut vorbereitet. Es geht immer sehr schnell, ungefähr so: ja, nein, nein, ja, ja. Wir können Kästchen ankreuzen, während wir weitermachen. Ich denke, dass wir auch mit dem Eigner von „King Benji“ wussten: Wenn wir anfangen, gehen wir in alle möglichen Richtungen, aber mit der Zeit bekommen wir es hin. Wir müssen den perfekten Weg für den Kunden finden, und das ist genau die Fähigkeit unseres Studios.
Das Refit von „Shemara“, 65 Meter lang. Doch sie hatte nicht das Volumen von „Pink Shadow“. Das Coole an ihr ist, dass sie zwar nur 58 Meter lang, aber dafür sehr voluminös ist – 1152 Gross Tons. Ich denke, dass es bei einer Motoryacht einfacher ist, diese Art von Styling zu übertragen. Bei einer Segelyacht ist es schwieriger, weil alles deutlich enger ist, wir haben weniger Spielraum. Aber etwas mehr Volumen, Höhe, Glas – das hilft einem Design, lebendig zu werden.
Ich glaube, dass viele Kunden sich nicht wirklich trauen, mutig zu sein, wenn es um Design geht. Der Eigner von „Pink Gin VI“ wollte etwas Neues wagen. Als wir anfingen, war es zunächst eine Weiterentwicklung von „Pink Gin V“, also fast das Gleiche. Zu Beginn fertigten wir aber ein Skizzenbuch an, in dem wir auch eine andere Idee festhielten. Ein Jahr später: Ich erinnere mich, wie wir in Berlin in seiner Wohnung saßen und alle Entwürfe vor uns liegen hatten, die ganze Werft war da, auch der Kapitän. Und wir überlegten, was wir jetzt machen. Wo war dieses ledergebundene Buch mit den Konzepten? Dann öffnete es der Eigner und zeigte auf unsere neue Idee: „Das bin ich. Ich bin erwachsen geworden, ich will das jetzt machen.“ Also fingen wir von vorne an, Halleluja! Wir sind zurück ins Studio gefahren und haben uns an die Arbeit gemacht.
Nein. Wir hatten im Laufe der Jahre sehr anspruchsvolle Kunden. Einige mischen sich wirklich bis ins kleinste Detail ein, zum Beispiel, wo man die Kaffeelöffel aufbewahrt oder seine Tasse abstellt. Es sind unglaublich intensiv lebende Menschen, und es ist mitunter eine Herausforderung, für sie zu arbeiten. Aber wir schrecken nicht davor zurück, denn wir lernen so viel – wir lernen, worum es ihnen geht. Es geht darum, wo man Dinge aufbewahrt, wie man etwas aufhängt, wie man auf einer Yacht lebt. Wir haben ja das Glück, selbst Bootseigner zu sein, haben all die Jahre mit Segeln verbracht und fahren jetzt Motorboot. Ich denke, dass diese Erfahrung, da draußen zu sein und ein Boot zu nutzen, in das Studio zurückfließt.
Ich glaube nicht, dass unser Studio einen bestimmten Stil hat. Wir haben einige bahnbrechende Yachten gemacht, aber ich denke nicht, dass es einen Mark-Tucker- oder Unlimited-Stil gibt. Die andere Seite unserer Arbeit ist ja die Innenausstattung für Sunseeker, auch für die neue 156 – ein echter Klassiker. Bei so einer Aufgabe müssen wir ein sehr breites Publikum ansprechen und viel überlegter an den Designprozess herangehen. Wir haben eine breite Palette an Fähigkeiten im Studio und arbeiten eng mit den Kunden zusammen, egal, ob es sich um einen Serien- bau oder eine Custom-Yacht handelt, egal ob Superyacht, Segel- oder Motoryacht. Viele unserer Kunden behalten ihre Schiffe für eine lange Zeit.
Beides. Aber am schwierigsten ist es, eine Yacht umzubauen, die wir selbst entworfen haben. Das haben wir mit „Pink Gin VI“ erlebt. Wir haben dieses sehr eklektische Boot in „Ravenger” umgewandelt. Die zugrunde liegende Konstruktion ist zwar noch dieselbe, aber allein durch die Erneuerung einiger Details wie der Verkleidungen oder Böden haben wir sie verändert. Ich mag Refits, gerade haben wir „Seawolf“ bei Pendennis beendet, davor gab es „Alicia“. Und „Mirage“ – ein wunderschönes, beliebtes Charterboot. Wenn wir eine Yacht auseinandernehmen und das alte Interieur unter den Schotten entdecken, ist das wirklich bizarr. Man findet sogar kleine Notizen, die Leute an die Wände geschrieben haben, und auch Gegenstände. Einer Yacht ein neues Leben einzuhauchen, das ist wirklich gut.
Nein, wir haben schon ein paar gemacht, sind aber nicht aktiv auf der Suche nach Hausprojekten …
Julie Tucker: Wir hatten vor vielen Jahren dieses Chateau.
Mark Tucker: Das war sehr interessant, wir bauten mitten im Nirgendwo dieses Schloss um, eine echte Herausforderung. In letzter Zeit werden wir öfter angefragt, Immobilien zu übernehmen. Das kommt immer über eine Yacht, weil die Eigner mögen, was wir machen, und in der Vergangenheit mit unseren Designern zusammengearbeitet haben. Und dann sagen sie: Ihr könnt auch mein Haus machen. Das finde ich großartig.
Nun der Eigner von „Pink Shadow“ hat einen Jack Russell namens Otto. Als wir dort das Fotoshooting hatten, entstand ein Bild, das bei uns im Studio an der Wand hängt. Man sieht den Salon mit Klavier und Kronleuchter. Und da ist Otto drauf zu sehen, der gerade um die Ecke schaut. Ich bin mir übrigens nicht sicher, ob die Crew das immer wirklich so toll findet mit den Hunden an Bord.
Ja, wir haben auch einen kleinen Jack Russell Terrier, einen Parson Russell, um genau zu sein. Oscar – der kommt überall mit hin, und wir genießen es, ihn dabeizuhaben. Die Hunde bringen ja ihre eigene Persönlichkeit auf das Boot, sie bellen Möwen an, sie verursachen ein bisschen Chaos. Aber ich würde nicht sagen, dass wir irgendetwas Besonderes für sie tun oder entwerfen.
Julie Tucker: Aber es gibt doch Yachten mit speziellen Hundebereichen ...
Mark Tucker: Stimmt. Einer unserer Freunde ist Kapitän auf einer 70-Meter-Yacht, und da gibt es einen Hund, um den sich alles dreht. Er hat einen echten Rasen auf einem der Balkone, und die Crew muss sich darum kümmern, wenn er sein Geschäft verrichtet hat. Es kommt immer darauf an, wie sehr der Besitzer wirklich auf seine Haustiere steht. Ich meine, wir sind schrecklich mit unserem, nicht wahr? Oscar genießt das Leben eines „Lord Oscar”.
Wir haben derzeit 15 Leute und machen alles intern, wir geben nichts nach außen. Für uns arbeitet eine starke gemischte Mannschaft – die Frauen sind für die Ausstattung und das Styling verantwortlich, während die Männer an den Computern die komplexen 3-D-Renderings erstellen. Ich selbst bin ja von der Designhochschule zur Werft Camper & Nicholsons gekommen und habe dort mein Handwerk gelernt.
Ja, für Julie und mich ist es fantastisch, dass wir unser Studio an unser Team und die Familie weitergeben können. Wir haben zu Beginn dieses Jahres darüber gesprochen und gesagt: „Okay, wir geben uns fünf Jahre Zeit und fangen langsam damit an, die Kontrolle an die nächste Generation zu übertragen.
Julie Tucker: Wir werden jetzt langsam alt ...
Mark Tucker: Wir haben über die letzten Jahrzehnte so viel Erfahrung gesammelt, die wir jetzt Stück für Stück weitergeben. Das ist der richtige Weg. Wir könnten zwar arbeiten, bis wir 80 sind – was wir nicht wollen –, aber das bringt unser Unternehmen und unser Team nicht weiter. So ist es in jeder Firma oder Werft, mit der wir arbeiten. Die älteren Leute müssen ihre Fähigkeiten weiterreichen, sie müssen in der Lage sein, Verantwortung abzugeben, und sollten nicht versuchen, bis zum Ende alles mitsteuern zu wollen.
Ich würde auf jeden Fall diesen Weg einschlagen, mich für „King Benji“ oder „Pink Shadow“ entscheiden, irgendwo dazwischen. Es muss gemütlich sein, heimelig und einladend. Wenn wir an Bord kommen, im Urlaub, wollen wir einfach auf das Sofa fallen. Ich glaube, wenn wir länger als ein paar Tage auf einem Schiff leben, müssen wir uns bewegen können, mal woanders hingehen, woanders sitzen, entweder allein oder in Gesellschaft. Orte zu haben, an denen wir uns bewegen können, sind schön, und wenn wir es eklektischer gestalten, geht das. Ein Boot, das nur ein Thema hat, wird schnell langweilig.
Julie Tucker: Es muss bequem und praktisch sein. Man will ja nicht an Bord kommen und das Gefühl haben, dass man sich nicht hinsetzen kann. Niemand will sich darüber Gedanken machen, ob man die Kissen-Ordnung verwühlt. Man muss sich an Bord komplett entspannen können.
Mark Tucker: Ich mag Farben, aber ich mag auch den Strand ...
Julie Tucker: Unser Boot ist nicht sehr geblümt, hat aber Farbe.
Mark Tucker: Wir haben es so dekoriert, dass es farbenfroh, entspannt und leger ist. Es eine Serienmotoryacht, aber wir haben sie so persönlich wie möglich gestaltet. Für mich dreht sich alles um das Wasser, ich liebe es, auf dem Wasser zu sein. Ich habe das große Glück, dass Julie das auch mag. Wir segeln jetzt zusammen, seit wir uns vor 37 Jahren kennenlernten ...
Julie Tucker: Wir haben vor 34 Jahren geheiratet!
Mark Tucker: Oh ja, das ist echt lange her. Bis letztes Jahr sind wir noch zusammen Jolle gesegelt. Wir haben das Studio vor knapp 25 Jahren zusammen gegründet und sind immer noch verheiratet. Das ist ein Wunder.