Wallyrocket 51Ein Schnellboot zum Abheben

Jan-Ole Puls

 · 15.06.2025

Die erste Wallyrocket 51 beim Testschlag in voller Gleitfahrt vor Valencia.
Foto: Wally Yachts
Die Maxiwerft Wally bringt ihren ersten reinen Racer. Die Wallyrocket 51 ist zwischen ClubSwan 50 und TP 52 positioniert. Ausfahrt mit einer Neuinterpretation des technisch anspruchsvollen Schnellbootes.

Drei, zwei, eins – Hoist. Der Gennaker geht hoch, steht sofort perfekt. Die Logge schnellt bei nur zwölf Knoten wahrem Wind in den zweistelligen Bereich. An der Pinne: niemand Geringeres als Luca Bassani, Chefdesigner und Gründer von Wally Yachts. Ein Mann, der es gewohnt ist, Maßstäbe zu setzen – und mit der Wallyrocket 51 ein neues Kapitel im Performance-Segelsport aufschlagen möchte.

Angriff mit der Wallyrocket 51

Am 14. Oktober 2024 wurde die Wallyrocket 51 offiziell zu Wasser gelassen. In der sportlichen Regattaszene verbreitete sich die Nachricht wie ein Lauffeuer. Kein Wunder: Der Name Wally ist Seglern ein Begriff, steht aber für stylische Maxis und Megayachten – dass die italienische Edelmarke nun den Konkurrenzkampf mit etablierten Klassen wie der Transpac 52 (TP52) oder der ClubSwan 50 aufnimmt, sorgt für Aufsehen. Braucht es das, eine weitere Klasse in der schon gut besetzten Größe und mit einer ähnlichen Zielgruppe? Vielleicht nicht. Aber wie bei einer 69-Fuß-Hallberg-Rassy oder auch einer TP52 gilt: Es geht nicht ums Müssen – es geht ums Wollen. Und das mit Stil und purer Überzeugung.

Konzipiert wurde die 15,5 Meter lange Rennyacht vom spanischen Designbüro Botin Partners – bekannt durch ihre Erfolge im America’s Cup und mehr noch durch eben die TP52-Serie. Ziel des Projektes war, eine Yacht zu zeichnen, die nicht nur als One-Design-Klasse funktioniert, sondern auch in IRC-und ORC-Feldern vorne mitsegelt. Das Ergebnis: ein eher schlanker, aggressiver Racer mit langem Überhang und radikalem T-Kiel.

Die Rakete ist ein Leichtgewicht

Gebaut wird die Wallyrocket 51 in kompromissloser Leichtbauweise: Der Rumpf besteht aus einem Schaumkern mit Carbon-Laminat, das Deck aus No-mex-Wabenkern – einem ultraleichten Aramidmaterial, das im Hightech-Yacht- und Flugzeugbau zum Einsatz kommt. Laminiert wird ausschließlich mit Prepreg-Kohlefaser. Prepreg – also bereits mit Harz vorimprägniertes Laminat – erlaubt den Bau besonders steifer und leichter Strukturen. Moderner lässt sich eine Yacht kaum fertigen.

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Die Segelwerte sind nicht minder beeindruckend: Am Wind 167 Quadratmeter, downwind 363 Quadratmeter – der Gennaker bringt es allein auf 265. Zum Vergleich: Eine gleich große Hanse 510 nutzt 206 Quadratmeter Gennakerfläche. Die Wallyrocket 51 liegt damit auf Augenhöhe mit einer TP52 – aber bei deutlich geringerem Gewicht.

Kompromisslos regattatauglich

Das Tuch kommt von North Sails und besteht aus dem derzeit populären 3Di-Material – oberstes Regal. Das Deckslayout ist ebenfalls kompromisslos auf Regattabetrieb ausgelegt: Doppelsteuerstände, flache Aufbauten, klare Laufwege, perfekt positionierte Winschen. Alles ist auf schnelles, präzises Handling getrimmt. Gesegelt wird mit einer Crew zwischen acht und elf Personen (935 Kilogramm maximales Crewgewicht). Optional aber auch mit elektrischen Winschen, die einen reduzierten Crew-betrieb bei Offshore-Rennen oder Owner-Driver-Events ermöglichen.

Als ich Wally gründete, wollte ich Segelboote bauen, die sowohl sehr komfortabel und einfach zum Segeln als auch sehr schnell für Regatten sein sollten.” Luca Bassani

Die Wally verfügt über sechs Harken-Winschen aus Carbon und Aluminium – zwei Primärwinsche, zwei fürs Großsegel, zwei für die Backstagen – sowie eine weitere Air-Winsch fürs Pit. Die beiden Primärwinschen und die Backbord-Großschotwinsch werden hydraulisch über das bordeigene Hydrauliksystem betrieben. Fußschalter auf dem Deck übernehmen die Bedienung. Die restlichen Winschen werden manuell mit Kurbeln bedient. Auch sonst stammt die meiste Deckshardware von Harken. Ein besonderes Detail: Die Beschläge am Rigg bestehen fast vollständig aus Titan – leichter und moderner geht’s nicht.

Zudem sind zwei Grinder aus Kohlefaser sowie ein zugehöriges Wellenantriebssystem mit Getrieben verbaut. Dieses System bedient wahlweise unter anderem die Primärwinschen, die Backbord- Großschotwinsch, die Spinnaker-Bergeleine sowie die manuellen Hydraulikpumpen. Verbaut ist einer ganz im Heck und einer ungefähr auf Höhe der beiden Primärwinschen.

Druck für die Wallyrocket 51

Hydraulik ist dabei das Stichwort. Auf der Wallyrocket wird nicht alles per Strecker bedient – einige Funktionen laufen auf Knopfdruck. So wird beispielsweise das Cunningham der Fock per Tastendruck dichtgeholt. Integrierte Lastsensoren zeigen den Zug am Vorliek an. Ebenso sind die Inhauler der Fock, die Höhenverstellung des Vorsegels (als Ersatz für eine Holepunktschiene) sowie die Backstag-Deflektoren mit dem System verbunden – inklusive Lastmessung. Die Steuerung erfolgt über Taster an Deck.

Zur Einordnung: Ein Deflektor reguliert die Mastbiegung und wirkt dem Zug des Vorstags der gewählten Fock entgegen. Ähnlich wie es auch die Backstagen machen, nur eben weiter unten. Gebraucht wird das System, um die Mastkurve weiter zu beeinflussen. Der Mast stammt von Southern Spars und ist für leistungsorientiertes Inshore-Regattasegeln mit Profi-Crew ausgelegt. Es handelt sich um ein fraktioniertes Rigg aus hochmoduliger Prepreg-Carbonfaser, welches im Autoklaven bei 120 Grad Celsius gebacken wurde. Auf diese Weise erhält es seine endgültige hohe Festigkeit.

Das Rigg besitzt drei nach achtern geneigte aerodynamische Salingpaare und doppelte Achterstagen. Vorstag und V1-Wanten sind mit Synapse-Lastsensoren ausgestattet. Der Mastfuß erlaubt eine Mastdrehung von etwa zwei Prozent pro Richtung und verfügt über eine manuelle Antriebsschraube zur Längsverstellung bei entlastetem Mast. Zusätzlich ist ein hydraulischer Hub integriert, mit dem sich die gesamte Riggspannung feinjustieren lässt.

Innen ist die Wallyrocket 51 hohl

Wer den Rumpf der Wallyrocket 51 betritt, sucht vergeblich nach dem, was man von Yachten üblicherweise kennt: ein Interieur. Es gibt keine Verkleidungen, keine Pantry, keine Polster, keine Komfortzonen. Stattdessen empfängt den Besucher eine karge, hochfunktionale Welt aus Sichtcarbon, offenliegenden Spanten und strukturellen Elementen – schön! Ein klassischer Ausbau? Fehlanzeige. Alles ist auf Leichtbau und Performance getrimmt. Selbst die üblichen Bodenbretter fehlen, dafür gibt es einen Antirutschanstrich.

Im Vorschiff: Stauraum für den großen Gennaker und verschiedene Vorsegel. Maximal sind zehn Segel an Bord. Davon sind allerdings nur drei Gennaker. Ein A1, ein A2 und ein A4. Der Rest sind unterschiedliche Jibs, Staysails, J-Zero oder ein Code Zero.

Die Rakete braucht Wasser

Ein Novum ist das integrierte Wasserballastsystem. Die Yacht besitzt zwei fest einlaminierte Tanks – je einer auf jeder Seite. Jeder Tank fasst rund 640 Liter und ist in zwei Zonen unterteilt. Zwei einziehbare Ventile lassen während der Fahrt Seewasser einströmen, das über eine elektrische Pumpe in etwa 60 Sekunden (je nach Bootsgeschwindigkeit) aufgefüllt wird. Der Transfer zur neuen Leeseite erfolgt durch Schwerkraft – in nur etwa sieben Sekunden. Eine elektrische Pumpe hilft beim Umlagern und Entleeren. Das gesamte System stammt vom Hersteller Diverse aus England und wird pneumatisch über ein digitales Deck-Schaltsystem gesteuert. Besonders auf Amwindkursen bringt das deutliche Vorteile.

Die Idee hinter der Wallyrocket 51 ist es, eine sehr strenge One-Design-Klasse zu schaffen, die reinen Rennsport bietet, hochtechnologisch ist, aber auch nach den IRC- und ORC-Regeln wettbewerbsfähig ist.” Adolfo Carrau

Die Wallyrocket 51 zeigt klar, was sie ist: kein Cruiser, kein Kompromiss – sondern ein Rennboot im puristischsten Sinne. Für Langstreckenrennen ist laut Werft eine kleine Kohlefaser-Toilette, Rohrkojen und eine Carbon-Pantry vorgesehen. Doch genug der Technikschau – jetzt- geht’s aufs Wasser. Am Morgen weht nur eine leichte Brise. Drei, maximal fünf Knoten. Doch selbst bei diesem Hauch kommt die Rocket langsam in Fahrt. Die Crew – unter anderem mit Nicholas Brezzi (America’s Cup, Luna Rossa) – ist eingespielt, arbeitet routiniert und effizient, auch mit den Gästen an Bord. Es braucht kaum Worte, alles funktioniert. Ebenfalls mit an Bord: Vasco Vascotto, 25-facher Weltmeister als Taktiker. Kein Wunder, dass alles wie am Schnürchen läuft.

Die Wallyrocket 51 fliegt

Nachdem die ersten Meilen gesegelt sind, frischt der Wind auf. Sieben bis zwölf Knoten, in Böen bis 15. Am Wind lässt sich die Rocket präzise und direkt segeln – fast wie ein Ilca. Jeder Hauch wird in Vortrieb verwandelt. Die 50 Fuß Länge spürt man kaum. Und Downwind? Da macht die Rocket ihrem Namen alle Ehre. Ab 11 Knoten wahrem Wind läuft sie schneller als der Wind selbst – in Böen bis zu 12 Knoten. Das typische Knarren und Summen eines Carbonrumpfes begleitet das spektakuläre Erlebnis.

Nach ein paar problemlosen Halsen steht das Bergen des Gennakers an. Ähnlich wie bei einer TP52 – oder in Klein beim 49er – bleibt das Tuch lange stehen und wird erst kurz vor der Tonne weggenommen. Motto: Wer länger schnell ist, ist schneller. Der Gennaker wird im String-Drop-Verfahren geborgen. Wichtig: Das Fall muss blitzschnell Lose haben, sonst zerreißt das dünne Tuch. Eine Bergeleine greift mittig ins Segel, führt durch das Vorluk unter Deck. An der Leetonne wird das Fall komplett losgeworfen, das Tuch sackt in sich zusammen und wird in Windeseile eingezogen – bevor es überhaupt das Wasser berührt.

Unter Deck helfen Reeler, auch Sheet Sucker genannt, beim Aufräumen. Diese Trommeln rollen überflüssige Leinen automatisch auf. Das verbessert Manöver und reduziert die Gefahr, sich zu verfangen, praktisch auf null. Im Test bergen wir den Gennaker etwas langsamer. Bei einem Probeschlag ist das leichte Tuch etwas in Mitleidenschaft gezogen worden. Das wollen sie wohl heute nicht wiederholen.

Auf Kreuz- und Vorwindkursen sollten wir schneller sein als jedes andere Boot, obwohl wir kleiner und leichter sind.” Guillermo Parada

Trotz all der Technik bleibt die Wallyrocket 51 zugänglich – zumindest für ambitionierte Segler. Sie ist explizit als Owner-Driver-Racer konzipiert. Eine Crew von acht bis elf Personen ist ideal – dank optionaler E-Winschen geht auch weniger. Damit steht der Teilnahme an verschiedensten Formaten nichts im Weg: One-Design-Race, Offshore-Regatta – alles ist möglich. Segelgrößen wie Vascotto und Guillermo Parada waren von Anfang an in die Entwicklung eingebunden. Ihr Ziel: eine Yacht, die auf jedem Kurs schnell ist, wettbewerbsfähig bleibt – und auch nach Jahren ihren Wert behält. „Wir wollten ein Boot, das nicht nur gewinnt, sondern auch bleibt“, sagt Parada. Ein Racer für Enthusiasten – mit Blick fürs Besondere.

Und dass die Yacht funktioniert, hat die Wallyrocket 51 schon bewiesen: Bei ihrem Debüt bei der ORC Central and Southern Tyrrhenian Championship segelte sie starke Platzierungen ein und lieferte sich spannende Kämpfe mit der türkischen TP52 des Arkas Sailing Teams. Eine eindrucksvolle Feuertaufe. Und ein klares Signal: Wally will nicht nur mitspielen – sondern gewinnen.


Technische Daten der Wallyrocket 51

yacht/100139210_b82d56a665bae92684a860b818768c44Foto: : Wallyyachts
  • CE-Entwurfskategorie A
  • Rumpflänge 15,50 m
  • Wasserlinienlänge 14,68 m
  • Breite 4,32 m
  • Tiefgang 3,50 m
  • Gewicht 6,25 t
  • Großsegel u. Genua 167,0 m²
  • Gennaker 265,0 m²
  • Segeltragezahl 7,0

Die Konkurrenz der Wallyrocket 51

ClubSwan 50

ClubSwan 50Foto: YACHT

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TP 52

TP 52 Foto: YACHT

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