Switch One DesignNeue Foiling-Ära – bald olympisch?

Max Gasser

 · 19.03.2024

Rasend schnell und trotzdem simpel: Die neue Switch One Design vereinfacht das Konzept der Motte
Foto: CodeZeroDigital/Switch One Design
Erste Eindrücke von Testschlägen der Switch One Design
Die thailändische Werft Element Six hat einen neuen Einhand-Foiler vorgestellt. Die an die Motte angelehnte Switch One Design soll bei guter Performance vergleichsweise günstig und simpel sein und könnte so auch ein Kandidat fürs olympische Programm werden

Neue Foiler-Motten können bis zu 60.000 Euro kosten – sehr viel Geld für ein nur 3,35 Meter langes Boot, das sich zudem in stetigem Wandel befindet und bei dem permanent neues Equipment vonnöten ist, um vorn mit dabei zu sein. Nicht zum ersten Mal versucht sich daher eine Werft daran, das Konzept des Foiling-Vorreiters zu vereinfachen und als günstigeres One Design auf den Markt zu bringen.

Die Switch One Design sei auf Segler zugeschnitten, die foilen und auf Augenhöhe Rennen fahren wollen, so John Higham. “Es gibt viele, die auf eine erschwingliche, leistungsstarke One-Design-Foiling-Klasse gewartet haben”, erklärt der kaufmännische Leiter beim Hersteller Element Six Evolution aus Thailand, in erster Linie bekannt für die Produktion von Ilcas (vormals Laser) und Nacras.

Fast 50 Boote wurden bereits verkauft, bis zu 180 sollen zunächst pro Jahr gebaut werden. Der wohl prominenteste Eigner, der Baunummer eins bei der offiziellen Vorstellung der Klasse in der vergangenen Woche entgegengenommen hat, ist der italienische America’s-Cup-Teilnehmer und dreifache Olympia-Starter Francesco Bruni.

Der Einhand-Foiler knackt die 30-Knoten-Marke

Zwar liegt der segelfertige Grundpreis mit 22.215 Euro immer noch auf einem beachtlichen Niveau, dafür sei die Konstruktion allerdings perfekt auf ihr One-Design-Dasein optimiert, und auch die Bauqualität ist laut Higham sehr gut. Vor allem aber liege die Switch One Design vergleichsweise sehr nah am aktuellen Entwicklungsstand der Motten-Klasse.

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Laut den Entwicklern schafft der neue Einhand-Foiler satte 19 Knoten am Wind, der bisherige Top-Speed liegt bei 30 Knoten. Abheben soll die 29 Kilogramm schwere Plattform bereits ab fünf Knoten Windgeschwindigkeit. Motten heben aktuell wieder etwas später ab, schaffen jedoch in der Spitze über 35 Knoten.

“Die Switch hat offensichtlich ihre DNA in der Moth. Viele der positiven Eigenschaften der Switch stammen aus dem Wissen und der Erfahrung dieser Boote”, so Higham. Das zeigt sich bereits optisch im filigranen Aussehen und in der hohen Leistungsfähigkeit dank Carbon-Rumpf mit PVC-Kern und Prepreg-Carbon-Foils, Bugspriet und verstagtem Rigg mit Decksweeper-Segel und geknicktem Baum, der allerdings in den Manövern etwas mehr Bewegungsfreiheit lässt, als beispielsweise in der herkömmlichen Foiler-Motte vorhanden ist.

Die Besonderheiten der Switch One Design

Ebenfalls angepasst wurden die Trimmeinrichtungen von Segel und Foils. Es gibt nur drei Bedienelemente: Baumniederholer, Cunningham und die Verstellung der Flughöhe (“Ride Height Adjuster”). Unter anderem gibt es auch nur einen standardisierten Satz Tragflächen, und auch bei der Flughöheneinstellung müssen im Vergleich zur Motte Abstriche gemacht werden.

Das Rigg gibt es mit drei verschiedenen Segelgrößen: 6,5, 7,5 und 8,5 Quadratmeter. Die Plattform bleibt dabei stets die gleiche, was insbesondere dem Nachwuchs zugutekommt. Der Mast teilt sich dafür in drei Teile, beim Wechsel auf ein anderes Segel muss nur der unterste Abschnitt gewechselt werden. Das Segel ist ebenfalls ein One Design und kommt von Quantum.

So ist nach sechs Prototypen ein Motten-ähnliches Fluggerät entstanden, das streng einheitlich produziert wird und den Seglern nur sehr wenig Spielraum gibt, um an ihren Booten etwas zu verändern. Allerdings konnte das Boot so deutlich einfacher gehalten werden: “Es ist einfacher zu bedienen, zu warten und aufzuriggen. Außerdem entfällt die Notwendigkeit, das Boot ständig zu verbessern und auf dem neuesten Stand zu halten”, betont der kaufmännische Leiter John Higham die Stärken des neuen Fluggeräts. Das spiegelt sich auch im markanten Werbeslogan wider: “Weniger Zeit an Land. Mehr Zeit auf dem Wasser”.

One-Design-Foiler entspricht nicht den Motten-Klassenregeln

Die neue Switch One Design entspricht allerdings nicht den Motten-Klassenregeln. “Wenn wir uns an die Regeln der Motte gehalten hätten, wäre das Boot teurer geworden, um das zu erreichen, was wir mit diesem Boot erreicht haben”, erklärt John Higham die Entscheidung.

So ist das Segel in der Standard-Ausführung 0,3 Quadratmeter zu groß. Ein weiterer Grund ist die Ruderaufhängung (“Gantry”). Während diese bei Motten nur an drei Punkten mit dem Rumpf verbunden sein und keinerlei zusätzlichen Auftrieb geben darf, nutzen die Entwickler der Switch One Design das bewusst aus. Rumpf und Gantry sind aus einem Guss und erleichtern so das frühe Abheben durch mehr Auftrieb im Heck.

Auf dieses Konto zahlt auch die Länge ein: Mit 3,9 Metern ist die Switch One Design über einen halben Meter länger als eine herkömmliche Motte. Das bringt neben erhöhtem Auftrieb in erster Linie mehr Abstand zwischen die Foils und den Flughöhe-kontrollierenden Fühler (“Wand”) am Bugspriet. Daraus resultiert mehr Stabilität und Ruhe im Boot. Higham ergänzt: “Außerdem hat der Rumpf so eine bessere Form sowie einen geringeren Widerstand im Verdrängungsmodus und erleichtert es bei niedrigeren Windgeschwindigkeiten abzuheben.”

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So habe bei immer noch starker Performance etwas mehr Wert auf die Robustheit des Bootes gelegt werden können. Higham erklärt: “Es ist uns gelungen, in alle Teile des Bootes etwas mehr Festigkeit und Langlebigkeit einzubauen, da wir nicht in jedem Bereich auf den Leistungsvorteil drängen.”

Mit 2,25 Metern an den auf zerteilbare Prepreg-Carbon-Rahmen aufgespannten Trampolinen ist die Switch gleich breit wie die Moth. Der Einhand-Foiler lässt sich laut Hersteller einfach zerlegen und passt dann in eine praktische Transport-Box. Noch viel einfacher soll es allerdings mit einem geplanten Charter-System gehen, bei dem die Segler die Plattform gestellt bekommen und lediglich Foils und Rigg mitbringen.

Wird die Switch der erste Einhand-Foiler bei Olympia?

Wie erfolgreich das Boot schlussendlich wird, hänge von der tatsächlichen Produktionsqualität, der Einhaltung der One-Design-Standards und der Preisentwicklung ab, erklärt Ilca-Segler Philipp Buhl. “Wenn diese Faktoren alle gut erfüllt werden, dann prognostiziere ich der Klasse eine großartige Zukunft – auch ohne olympischen Status!”

Dieser wird in Foiling-Kreisen längst diskutiert. Auch der Laser-Weltmeister von 2020 hält die Switch für geeignet. “Ich werde sicher in diesem Jahr noch in die Klasse einsteigen”, so der 34-Jährige, der neben seiner olympischen Karriere bisher in der Motte sehr aktiv und erfolgreich war.

Offiziell ist bisher jedoch noch nichts über eine Bewerbung der Klasse für die Olympischen Spiele bekannt. Ein Sprecher von World Sailing erklärte auf konkrete Anfrage der YACHT nach der Switch One Design lediglich das allgemeine Verfahren: “Jede World Sailing Klasse oder jede nationale Mitgliedsorganisation kann eine Aufnahme in das olympische Segelprogramm vorschlagen, und zwar über das normale World-Sailing-Bewerbungsverfahren. Dieser Antrag muss dann vom World Sailing Council und der World-Sailing-Generalversammlung geprüft werden. Wird die Klasse von diesen beiden Gremien befürwortet, muss sie anschließend vom Internationalen Olympischen Komitee genehmigt werden.” Ein erfolgreicher Antrag würde dann bei Olympia 2032 in Brisbane in Kraft treten. Die Klassen für Los Angeles 2028 stehen bereits fest.

Buhl, der derzeit seine dritte Olympiateilnahme im Ilca anpeilt, würde nicht ausschließen, 2032 mit einer Switch-Kampagne an den Start zu gehen, sollte diese bis dahin Teil der Sommerspiele sein. Der Deutsche Segler-Verband (DSV) sieht auf YACHT-Anfrage im aktuellen Programm derweil allerdings keinen Handlungsbedarf: “Aus unserer Sicht bilden die aktuellen olympischen Disziplinen die Vielfalt des Segelsports gut ab und wir bewerten es als ausgesprochen positiv, dass wir aktuell in allen zehn Disziplinen perspektivreiche Seglerinnen und Segler haben.”

Insbesondere die Ablösung der Ilcas als Einhand-Jolle scheint unwahrscheinlich, auch wenn sie noch vor wenigen Jahren zur Diskussion stand. John Highman von Element Six ist sich sicher: “Die Ilcas werden bleiben, weil sie eine so ungeheuer große Flotte haben. Es ist das letzte Boot, das aus dem olympischen Programm fliegen würde.”

Ist der neue Foiler eine Gefahr für die Motten-Klasse?

Viel mehr als die der olympischen Klassen könnte die neue Switch One Design jedoch die Existenz der Motten-Klasse gefährden. Kai Adolph, Präsident des Deutschen Moth Verbands (DMV), sieht das neue Spin-off allerdings auch als Chance für die Klasse: “Wie auch in der Waszp werden junge Segler sicherlich eher dort einsteigen, da die Motte einfach zu teuer ist. Aber aus der Waszp sind auch einige Segler bereits in die Motte umgestiegen.”

Das Konzept des Bootes sehe gut aus, sagt der Bayer, schränkt jedoch ein: “Als alter Mottensegler gefallen mir ein paar Details nicht. Aber das liegt vielleicht am Anspruch.” Langfristig hänge die Existenz der Moth-Klasse sowieso eher von der generellen Preisentwicklung und der Entwicklung im America’s Cup ab, erklärt Adolph. Solange dieser im klassischen Konzept ausgetragen wird, habe die Motte als Konstruktionsklasse, die dem AC75 sehr ähnlich sei, ihre Berechtigung. “In einer Einheitsklasse beschäftigt man sich einfach nicht in der Form mit dem Material. Aber gerade das ist im America’s Cup von den Spitzenseglern gefordert”, so der DMV-Präsident. Außerdem gebe es immer Segler, die es lieben, mit einem Boot das zu machen, was ihnen gerade einfällt, und daher werde die Motte sich auch weiterentwickeln.

Ursprünglich waren auch die Designer der Switch One Design, die Zwillingsbrüder Stefano und Gian Ferrighi aus Italien, Teil dieser Tüftler. Sie arbeiten bereits seit Langem an foilenden Booten und begannen vor etwa vier Jahren mit der Konzeption eines One Designs in diesem Bereich. Seit rund 18 Monaten arbeiten sie mit der thailändischen Werft Element Six zusammen, die sich ebenfalls mit einer derartigen Idee beschäftigte.

Die Unterschiede von Switch One Design, Waszp und Moth

Zusammen haben sie nun die Switch One Design auf den Markt gebracht und wollen den Markt erobern. John Higham von Element Six geht davon aus, dass 50 Prozent der 13- bis 20-jährigen Segler gern foilen würden. Aber auch in der Altersgruppe der bis zu 60-Jährigen gebe es eine hohe Nachfrage. Der hohe Kosten- und Zeitaufwand einer Konstruktionsklasse, wie insbesondere der Motte, schrecke allerdings viele ab.

Um die ersten Käufer bestmöglich abzuholen, startet bereits am 18. Mai der erste Event einer vierteiligen Rennserie in Italien. Jeweils einmal im Monat findet bis September dann der Switch One Design Cup zweimal am Gardasee und zweimal am Comer See statt. Neben klassischen Wettfahrten soll es zukünftig auch Spaß-Events geben.

Dem bisherigen Marktführer im Bereich der One-Design-Foiler, der 2016 vorgestellten Waszp, ist es gelungen, auch ohne olympisches Dasein eine Klasse aufzubauen, die ambitioniertes Regattasegeln in einem solchen Rennzirkus mit spaßorientiertem Foilen für jedermann vereint.

Allerdings ist das Design zunehmend veraltet. Das liegt an der enormen Entwicklung seither, allerdings auch am bereits damals noch limitierteren Budget für die Waszp: Im Gegensatz zum Carbon-Rumpf samt Carbon-Profilen von Motte und der neuen Switch wird die Waszp aus GFK gebaut und mit Alu-Foils mit Plastikkappen ausgeliefert. Beim deutschen Händler Ziegelmayer, der auch den neuesten One-Design-Foiler vertreiben soll, kostet das Boot aktuell 15.500 Euro.


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