Viele Hersteller streben es an: das ultimative One-Design-Sportboot als Magnet für ambitionierte Regattasegler, deren Wunsch es ist, in großen Feldern und auf hohem, konkurrenzfähigem Niveau gegen die Besten und Bekannten der internationalen Regattaszene zu segeln. Wem es gelingt, diesem Anspruch mit einem durchdachten und erfolgversprechenden Konzept gerecht zu werden, der hat vielleicht von Anfang an einen echten Selbstläufer am Start.
Natürlich ist das nicht einfach. Viele Werften und Marken haben sich schon die Zähne an dem Versuch ausgebissen, den perfekten Einheitsrenner zu schaffen. Und allzu oft ist der Plan kläglich gescheitert. Nicht zuletzt an der Konkurrenz. Nur wenige Typen haben auch international den Durchbruch geschafft. Gute Beispiele sind die Melges 24 oder die J/70, die sich auch nach vielen Jahren am Markt als starke, erfolgreiche Einheitsklassen mit weltweit großen Teilnehmerfeldern präsentieren.
Nun will auch ein großer, legendärer Name im Yachtbau ein Stück vom Kuchen abhaben. Nautor Swan in Finnland hat jetzt mit der brandneuen ClubSwan 28 das kleinste Boot vorgestellt, das die Werft je gebaut hat. Und der kleine Schwan soll nun den schnellen Aufbau einer Einheitsklasse mit internationaler Verbreitung ermöglichen. Federico Michetti ist bei Nautor für den ehrgeizigen Aufbau des sportlichen Club-Swan-Programms verantwortlich. Der Regattaprofi aus Italien hat bereits für die Amerikaner von Melges Boatworks den Klassenaufbau der Typen Melges 24, 20 und 32 in Europa koordiniert und mit zahlreichen Weltmeistertiteln gekrönt.
Dass dies gelingen kann, hat Nautor mit der größeren ClubSwan 36 eindrucksvoll bewiesen. Auch diese hat die YACHT getestet. Mit einem stark besetzten Regattazirkus hat sich diese Klasse bereits international durchgesetzt. Allerdings: Die 36 ist ein sehr kompliziertes und äußerst anspruchsvolles Boot, das mit Foils gesegelt wird und nicht nur deshalb professionelles Können erfordert. Die neue, kleinere ClubSwan 28 soll im Vergleich dazu sportlich nicht weniger attraktiv, aber einfacher zu handhaben und auch für Amateurteams gut zu beherrschen sein.
Der argentinische Yachtarchitekt Juan Kouyoumdjian (Juan Yacht Design) hat für Nautor die Konstruktionspläne für alle aktuellen ClubSwan Yachten geliefert, natürlich auch für die 28er. Seine Handschrift beim kleinsten Boot der Serie ist unverkennbar. Dafür stehen der stark ausgeprägte Deckssprung, der kanuähnliche Bug mit negativem Steven, die hart abgesetzten und durchgehenden Kimmkanten sowie die konkaven Rumpfflanken am Heck.
Dennoch: Im Vergleich zur größeren ClubSwan 36 ist die Konstruktion des kleineren Bootes nun deutlich weniger radikal, insbesondere unterhalb der Wasserlinie. Hier zeigt die 28er eher einen konventionellen Lateralplan mit einem schlanken L-Kiel, einem überschaubaren, binnentauglichen Tiefgang und einem tiefen, ebenfalls eher mager profilierten Einzelruder.
Damit kommt der Konstrukteur der Vorgabe nach, dass die ClubSwan 28 – wie bei Sportbooten dieser Größe üblich – leicht und unkompliziert auf einem Straßentrailer transportiert werden kann, um zum Beispiel künftig dem internationalen Regattazirkus zu folgen. Bei einem segelfertigen Gesamtgewicht von nur 1,2 Tonnen und einer Breite von 2,50 Metern ist dies sogar ohne Sondergenehmigung möglich. Zudem kann der Tiefgang durch einen Hubkiel von 1,8 Meter auf unter 1,0 Meter reduziert werden. Außerdem steckt das Ruderblatt in einer walzengelagerten Kassette und kann mit wenigen Handgriffen abgenommen werden. Damit liegt das Boot für den Straßentransport maximal tief und könnte auch über eine Sliprampe ein- und ausgewassert werden. Für den Transport über längere Strecken oder nach Übersee passt die ClubSwan 28 mit dem gesamten Rigg problemlos in einen 40-Fuß-Container.
Die Baunummer eins steht der YACHT für einen Test am Gardasee zur Verfügung. Leider entsprechen die Windverhältnisse am Testtag nicht dem, wofür die norditalienische Windmaschine bekannt ist. Am Nachmittag weht nur ein leichter Südwind mit maximal zehn Knoten. Das Leichtgewicht lässt sich feinfühlig steuern und bewegt sich temperamentvoll am Wind. Die Leistungswerte am Wind bei 3 Beaufort: 6,4 Knoten bei einem Winkel von 40 Grad.
Für den Vorwindkurs wird ein knapp 90 Quadratmeter großer Gennaker bis in den Masttop gezogen. Die große Blase sorgt für kräftigen Umsatz und schnell stehen über neun Knoten Speed auf der Logge. Der Rüssel fährt mittig aus dem Bug heraus und ragt maximal 2,20 Meter über die Bugspitze hinaus. So lässt sich der Gennaker problemlos innen durch halsen, also um das Vorstag herum. Und die 106 Prozent überlappende Genua kann auf dem Raumwindkurs stehen bleiben, ohne die Anströmung des Gennakers zu beeinflussen.
Gebaut wird die ClubSwan 28 von der Firma SRG (Sinergia Racing Group) in Spanien. Dort werden Rumpf und Deck im gewichtssparenden Vakuum-Infusionsverfahren als Sandwichkonstruktion aus E-Glas, Vinylesterharz und Schaumkern hergestellt. Die solide Bodengruppe wird ebenfalls im Infusionsverfahren gebaut und nachträglich mit dem Rumpf verklebt. Das Kohlefaser-Rigg (High Modulus) stammt von Axxon-Composites und ist serienmäßig mit den leichten und extrem steifen PBO-Wanten ausgestattet. Statt Wantenspanner sorgt eine Hydraulik am Mastfuß für ausreichende Riggspannung. Der Mast steht übrigens an Deck und lässt sich leicht von Hand auf- und abbauen.
Die sehr stringenten Klassenvorschriften erlauben für Regatten eine limitierte Garderobe mit einem Großsegel, zwei Vorsegeln und zwei Gennakern (Reacher und VMG). Tuchgewichte und Segelflächen sind festgelegt, nicht aber der Hersteller. Das lässt Spielraum für die Entwicklung neuer Profile und Technologien, was die Klasse attraktiv macht. Die Klassenregeln sehen auch keine Einschränkungen bei der Mannschaft (Gewichte, Profis) vor. Die ClubSwan 28 wird in der Regel mit einer fünfköpfigen Crew gesegelt. Reglementiert ist allerdings der Körpereinsatz. So dürfen nicht mehr als zwei Personen mit den Beinen außenbords segeln. Damit soll das extensive Hiking, also das Ausreiten über die Reling eingeschränkt werden.
Vorgeschrieben ist auch die Motorisierung mit einem 6-PS-Außenbordmotor. Das macht Sinn, denn durch die sehr schlanken Rumpfanhänge ist das Boot im Hafen zumindest unter Segeln kaum wirklich manövrierfähig. Während der Regatta ist der Motor sicher in einem wasserdicht verschließbaren Staufach unter dem Cockpitboden verstaut. Einen Kajütaufbau gibt es nicht. So bleibt das Deck komplett frei für ein optimales Arrangement aller Funktionen zum Trimmen der Segel. Das Cockpit ist riesig und prima in die einzelnen Arbeitsbereiche eingeteilt. Die hochwertige Ausstattung mit den besten Beschlägen von Harken und Dyneema-Tauwerk sorgt für reibungslose Abläufe in den Manövern. Der Gennaker wird durch einen sogenannten Launcher gesetzt und geborgen.
Die Ernüchterung kommt beim Preis. Gut 260.000 Euro brutto verlangt Nautor für die ClubSwan 28 inklusive Kohlefasermast, Textil-Rigging und Top-Ausstattung. Bis zum Einsatz an der Startlinie kommen abermals rund 40.000 Euro für einen kompletten Satz Segel sowie mindestens 5.000 Euro für die Elektronik hinzu. Ein Straßentrailer kostet 14.000 Euro. Wer also eine ClubSwan 28 regattafertig an den Start bringen will, muss mit Gesamtkosten von rund 330.000 Euro rechnen. Das exklusive Paket gönnen sich ambitionierte Regattasegler und sichern sich damit die Teilnahme am hochklassigen Regattasport mit ultimativer Einheitlichkeit ohne käufliche Vorteile.
Schon kurz nach Markteinführung fanden für die ersten gebauten Boote vom Typ ClubSwan 28 international ausgeschriebene Klassenregatten statt. So waren beim renommierten Rolex Swan Cup im September in Porto Cervo bereits fünf Teams auf ihren nagelneuen Booten am Start. Bei der Swan Villasimius Challenge waren schon sieben Teams aus Japan, USA, Italien, Frankreich, Monaco und der Schweiz dabei. Und so soll es im nächsten Jahr auch weitergehen. Die ClubSwan 28 wird als neue Klasse in die Nations League von Swan Racing aufgenommen. Organisator FedericoMichetti rechnet mit bis zu 20 teilnehmenden Booten bis zum Ende der Saison 2025. Geplant sind insgesamt sieben hochkarätige Regatta- Events für die Einheits-Klassen ClubSwan 28, 36, 42, 43 und 50 in ganz Europa.
Rumpf und Deck gebaut als E-Glass-Sandwichlaminat mit Schaumkern und Epoxidharz. Der Kielschaft besteht aus Aluminium, die Ballastbombe aus Blei.
Der Kohlerfasermast (High Modulus) kommt von Hersteller Axxon Composites. Das stehende Gut (alle Wanten und Stagen) ist aus PBO hergestellt. Das gehört zur Standard-Ausstattung. Für ausreichend Riggspannung sorgt eine Hydraulik unter Deck.
Bei den Segeln bestimmt der Eigner den Hersteller. Ein kompetitiver Satz Segel für den Regattaeinsatz (ein Großsegel, zwei Focks, zwei Gennaker) kostet rund 40.000 Euro brutto.
Stand 01/2025, wie die ausgewiesenen Preise definiert sind, lesen Sie hier!
OY Nautor AG, Nautor Swan; 68600 Pietarsaari (Finnland); www.nautorswan.com
Nautor Swan Germany; Hamburg; www.nautorswan.com
Mit der kleinsten jemals gebauten Swan sucht die legendäre Nautor-Werft den Anschluss an die Welt der handlichen und trailerbaren Sportboote. Das aufregende One-Design ist sehr attraktiv, der hohe Preis aber schmerzhaft.
Modernes Design
Ultimative Einheitsklasse
Leicht zu transportieren
Teilnahme an Swan-Regatten
Teuer im Vergleich
Hohes Leistungspotenzial
Beste Trimmeinrichtungen
Langer, ausziehbarer Bugspriet
Manövrierbarkeit im Hafen
Hochwertige Basisausstattung
Carbonrigg und Textilwanten
Hydraulik für Riggspannung
Flexible Rumpfanhänge