boot Düsseldorf Premieren VWIe X-Yachts mit der XR 41 die ORC-Szene aufmischen will

Jochen Rieker

 · 25.01.2025

Fast wei Meter ragt der Carbon-Bugspriet übers  Deck. Er lässt sich mit wenigen Handgriffen gegen ein kürzeres Exemplar mit Ankerhalterung fürs Fahrtensegeln austauschen.
Foto: YACHT/B. Scheurer
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Aus Dänemark kommt ein weiterer Knaller der noch bis Sonntag laufenden Bootsmesse in Düsseldorf. Wie ambitioniert das Projekt XR 41 ist, mit dem X-Yachts zurück zu seinen Wurzeln will, zeigen schon die spektakulären Rumpflinien. Wir verraten aber auch die Finessen, die unter Deck warten.

Ein Regattaboot erklärt sich eigentlich von außen nach innen. Wobei es innen meist ziemlich leer bleibt. Wir machen es bei der Vorstellung der XR 41 jetzt einfach mal andersrum und starten unter Deck. Denn dort verbergen sich einige Besonderheiten, die den Charakter der Yacht prägen. Besser gesagt, ihre zwei Seelen zeigen.

Ein Racer als Zwitter, mit dem man auch prima Fahrtensegeln kann

Tatsächlich ist dies ein Racer-Cruiser, wobei X-Yachts von Beginn an Wert darauf gelegt hat, dass der eine Einsatzzweck nicht zu Lasten des anderen gehen darf. Denn wer bereedert schon zwei Boote, nur um beim Regattasegeln keine Kompromisse eingehen zu müssen?

Die XR 41 ist also tatsächlich ein Zwitter. Und das zeigt sich unter Deck am deutlichsten. So, wie sie in Düsseldorf steht, würde man beim Fahrtensegeln nichts vermissen, außer vielleicht eine zweite Nasszelle. Ansonsten aber bietet die Neue alles: drei Kabinen, große U-Pantry, kommode Eignerkammer im Vorschiff, genug Stauraum und dank des Walnuß-Ausbaus eine fast klassisch anmutende Gemütlichkeit.

Hier aber geht’s schon los mit den Spezialitäten. Was wie Echtholz-Furnier aussieht, ist tatsächlich Laminat. Warum? Weil es resistenter gegen Kratzer und unempfindlich gegen Feuchtigkeit ist, die sich beim Stauen nasser Segel nie vermeiden lässt. Was die Oberflächen kaschieren, ist auch nicht Bootsbausperrholz. Vielmehr bestehen die Ausbau-Module zum weit überwiegenden Teil aus Sandwich-Material mit leichtem Schaumkern.

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Eigens dafür hat X-Yachts ein neues Verfahren für die Versiegelung der Kanten entwickelt. Sie werden nicht mit Faserspachtel oder GFK-Matten verfüllt, sondern statt dessen mit einem speziellen Sikaflex-Füller, der zu einer Art Hartgummi aushärtet, extrem robust ist und sich obendrein für ein feines Finish überfräsen lässt. Genial! Die sichtbaren Kanten korrespondieren andernorts - etwa in den Schotten - mit ebenfalls schwarzen Fugen, was dem Ganzen ein sehr stimmiges, durchaus hochwertiges Ambiente verleiht.

Mit wenigen Handgriffen 300 Kilogramm vom Schiff schaffen

Damit ließen es die Dänen aber keinesfalls bewenden. Alle Schränke in den Kammern sind nicht fest verklebt, sondern mit Knebelschrauben an den Schotten und GFK-Fundamenten fixiert; sie können also werkzeuglos demontiert werden. Das gilt auch für die Kojenauflagen in der Eignerkammer, die sich komplett leerräumen lässt, und für die inneren Kojen der beiden Achterkammern, die dann als Segellast umgenutzt werden können. Die Tische im Salon, ebenfalls aus Schaumsandwich gebaut, sind lediglich aufgesteckt und lassen sich mit einem Griff abziehen.

Insgesamt kann man so gut 300 Kilogramm an Ausbau loswerden. Das “Moding”, alao die Anpassung an unterschiedliche Einsatzzwecke, lässt sich aber auch in der anderen Richtung weiter treiben als auf den meisten anderen Racer-Cruisern. So kann die XR 41 statt des Regatta-Riggs mit doppelten Backstagen und Squarehead-Groß auch ein klassisch geschnittenes Segel mit zentralem Achterstag fahren, was die Manöver stark vereinfacht. Es geht dabei nur etwas der ohnehin großzügig bemessenen Großsegelfläche und Effizienz verloren. Auch der Kohlefaser-Bugspriet kann gegen ein zivileres Exemplar getauscht werden, das dann zusätzlich eine Ankerhalterung besitzt.

Ob viele Eigner unter der Saison solche Wechsel vornehmen, oder allenfalls einmal für den Urlaubstörn, bleibt abzuwarten. Fraglos ist die XR 41 in erster Linie ein Regattaboot, das auch im Fahrtenmodus problemlos funktioniert. Was auf jeden Fall positiv hervorzuheben ist an ihrer Dualität: Sie wird dadurch beim Wiederverkauf attraktiver, weil sie auch den Markt der Fast Cruiser abdeckt, in dem sie auf Boote trifft wie etwa die JPK 39.

Radikales Rumpfdesign

Sicher, so breitbandig waren auch frühere Modelle aus Haderslev: Die XP-Reihe etwa oder die X-35 und X-41. Allerdings ist die neue XR 41 von einem ganz anderen Kaliber - viel konsequenter, viel leistungsorientierter. Das zeigt sich im Cockpit- ebenso wie im Rumpfdesign, an dem unter der Leitung von Thomas Mielec viele internationale Experten mitgearbeitet haben, darunter auch der Kieler Max Gurgel, der mit seiner Firma VMax Yachting ORC-Optimierungen anbietet.

Manche der Besonderheiten sind unübersehbar, etwa das seitlich achtern stark eingezogene Unterwasserschiff, das V-förmig auslaufende Heck, der negative Deckssprung, die extrem hoch liegenden Chines und die zum Deck angefasten Rumpfseiten im Vorschiff. Noch nie hat X-Yachts derart konsequent auf Leistung gesetzt.

Aber es setzt sich auch im weniger offensichtlichen Bereich fort. So findet sich am Übergang vom Deck zum Bugspriet ein gut 20 Zentimeter tiefer Rezess, der es ermöglicht, über einen hydraulischen oder per Talje bedienten Cunningham die Vorliekspannung der Genua vom Cockpit aus zu regulieren. Die Holepunkte der Genua lassen sich über Traveller auf dem Kajütdach einstellen - von 6,5 Grad Schotwinkel bis zu sagenhaften 2,5 Grad, was in etwa das Niveau der TP52-Klasse erreicht. Auch das auf Wunsch per Hydraulik, was das enorme Leistungsvermögen der XR 41 sogar für Zweihand-Crews abrufbar macht. Die Drucktaster dafür sind auf Höhe der Steuersäulen an der Cockpitwand montiert und damit auch vom Rudergänger erreichbar.

ORC-Optimierung von der Werft-Crew

Das aus Sicht eines Eigners vielleicht stärkste Argument für dieses Boot dürfte sein, dass X-Yachts es nicht dem Markt überlässt, das volle Potenzial zu entwickeln. Die Werft schickt ein eigenes Team unter Leitung von Jesper Radich ins Rennen um die ORC-Weltmeisterschaft und will die im Training gewonnenen Erkenntnisse mit anderen offen teilen. Wohl auch deshalb sind viele engagierte Regattasegler wie “Intermezzo”-Eigner Jens Kuphal bereits jetzt umgestiegen, noch bevor überhaupt die ersten Resultate vorliegen. Vor der Messe waren schon 14 Boote verkauft worden, inzwischen steht der Zähler bei 15, und die Messe läuft ja noch bis Sonntag.

Die XR 41 ist in Halle 16 zu besichtigen. Sie kostet in der Basisversion mit Kohlefaser-Mast, aber ohne Segel 521.220 Euro inklusive Mehrwertsteuer.

Technische Daten XR 41

  • Konstrukteur: X-Yachts Design Team, Design-Koordinator Thomas Mielec
  • Rumpflänge: 12,75 m
  • Gesamtlänge mit Bugspriet: 14,58 m
  • Länge Wasserlinie: 11,71 m
  • Breite: 4,18 m
  • Tiefgang (ORC-Kiel / T-Shape): 2,40 m
  • Gewicht: 7.15 to
  • Ballast/anteil: 2,65 to / 37%
  • Großsegel: 59,1 m2
  • Genua (106%): 49,3 m2
  • Gennaker: 180,0 m2
  • Maschine: Einbaudiesel Yanmar 30 PS
  • Kapazität Treibstoff: 115 lt
  • Kapazität Frischwasser: 205 lt

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