Pointer 22Trailerbares Crossover-Boot im YACHT-Test

Michael Good

 · 08.10.2023

Geht sportlich oder bequem: großes Cockpit mit viel Platz und Duchten wie Sofas
Foto: YACHT/B. Kolthof
Kleines Schiff für kleines Budget: Die Pointer 22 aus Holland kann auf nur 6,50 Meter Rumpflänge zahlreichen Bedürfnissen nachkommen. Ein attraktives Multitalent auf dem YACHT-Prüfstand

Vielseitigkeit ist Trumpf. Je breiter das Spektrum aller denkbaren Nutzungsmöglichkeiten, desto größer ist die Attraktivität für eine moderne und universell aufgestellte Klientel. Das gilt nicht nur für größere Schiffe, sondern zunehmend auch für die Angebote im Kleinboot-Sektor. Aussichtsreich scheint die Kombinationen der klassischen Gattungen zu sein, der Mix zwischen rassigen Rüsselbooten, bewohnbaren Kajütkreuzern und trailerbaren Daysailern.

Eine spannende Vertreterin des versatilen Crossover-Typus ist die Pointer 22 aus Holland. Das 6,50 Meter lange und nur 2,20 Meter breite Boot aus der Werft von Geert Wijma in Heeg übernimmt die Ideen der 2014 vorgestellten Pointer 25, verkleinert das Konzept aber um mehr als einen Meter Rumpflänge. Im Vergleich zur größeren Schwester, welche mit Festkiel sowie mit untergebautem Ruderblatt daherkommt, zeigt sich die kleinere Pointer 22 betreffend einer individuellen und standortunabhängigen Nutzung flexi­bler. Das Boot ist leicht auf der Straße zu transportieren und kann über jede Rampe oder auch direkt am Strand eingewassert werden.

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Klein, sportlich und trailerbar: Die Konkurrenz

Dafür lässt sich das Ballastschwert vollständig in den Rumpf aufholen, und die beiden Ruderblätter sind angehängt. Die Steuerprofile stecken in Kassetten und können ebenfalls mit nur einem Handgriff hoch­gezogen werden. Überdies lässt sich das einfache und leichte Seldén-Rigg von Hand oder über eine handelsübliche Jütteinrichtung stellen und legen. Der Mast steht dafür in einer Klappvorrichtung auf dem kleinen Kajütaufbau. Einfacher geht Wandersegeln und Trailern kaum noch.

Pointer 22 hat eine ansprechende Optik

Die Werft in Friesland fertigt derzeit mittlerweile einigen wichtige Neuerungen im Vergleich zu dem von uns ge­testeten Prototyp. So ist der Ankerkasten bei den neuen Serienschiffen flacher und stört damit auch weniger im Fußraum der Vorschiffkoje unter Deck. Zudem ist der Ausschnitt für den Niedergang jetzt bei den neuen Booten deutlich weiter nach vorn gezogen. Bei der Baunummer 1 ist der Einstieg in die Kabine nur mit Verrenkungen zu bewerkstelligen. Überdies hat die Jachtwerf Heeg den Kajüt­boden leicht umgebaut, damit unter Deck auf Wunsch nochmals zwei lange Liege­flächen installiert werden können. Damit können jetzt als Option bis zu vier Personen auf der Pointer 22 übernachten, was möglicherweise etwas eng wird.

Der holländische Konstrukteur Peter Bosgraaf hat die Linien- und Baupläne für die Pointer 22 ausgearbeitet. Auffällig sind der recht niedrige Freibord, der ausgeprägte Deckssprung sowie der lotrecht abfallende Bugsteven. Insgesamt präsentiert sich die Pointer 22 auch optisch als stimmiges Paket. Kimmkanten im hinteren Rumpfbereich sollen für zusätzliche Formstabilität sorgen, auch ohne übermäßig breites Heck. Trotzdem baut die Werft ihrem Neuzugang doppelte Ruderblätter an, was angesichts der auch im Vergleich mit der Konkurrenz eher schlanken Linien erstaunt.

Beim Test mit dem Prototyp auf dem Heegermeer in Friesland erweisen sich die beiden Ruderblätter als problembehaftet. Das kleine Boot zeigt am Wind und vor allem auch raumschots unter Code Zero eine erhebliche Luvgierigkeit. Der Steuermann muss schon mit viel Kraft am Pinnenausleger ziehen, um das Boot noch auf Kurs halten zu können. Die Steuerprofile sind offensichtlich zu groß und kaum wirklich vor­balanciert. Zudem sind die Winkel schlecht abgestimmt, was sich leider nicht einstellen lässt.

Empfehlenswerte Investitionen

Abgesehen von den Problemen mit den Rudern segelt die Pointer 22 im Test gut, zeigt ein ordentliches Leistungspotenzial und verhält sich in den Manövern sehr lebhaft. Bei einer mäßigen Brise um zehn Knoten kreuzt die kleine Holländerin mit ihrer kurz überlappenden Genua und dem weit aus­gestellten Großsegel auf einem Winkel von 85 Grad und erreicht dabei rund 5,7 Knoten.

Für die nötige Luststeigerung auf den Kursen raumschots sei potenziellen Eignern der optional erhältliche Gennaker mit 28 Quadratmeter Segelfläche oder wie beim Testschiff der rollbare Code Zero (19 Qua­dratmeter) empfohlen. Für diese Zusatz­segel wird am Bug ein fester Spriet aus Kohlefaser angebaut. Möglich ist es auch, die Pointer 22 mit einer Selbstwendefock anstelle der überlappenden Genua zu bekommen – was für die Einhandtauglichkeit aber gar nicht unbedingt nötig ist.

Die Führung der Schoten, Fallen und Trimmleinen ist perfekt, und die Funktionen sind vom Steuermann selbst im Alleingang jederzeit problemlos zu greifen. Damit kann die Pointer 22 auch von Solisten uneingeschränkt betrieben werden, was vor allem für die Nutzung als sportlicher Daysailer von Belang ist. Und genau dafür zeigt sich auch ein Vorteil der großflächigen Rumpfanhänge: Das Schiff kann aus dem Stand schnell und fast ganz ohne Abdrift beschleunigen. Das macht das Manövrieren im Hafen selbst ohne Motor einfach. Optionen für Zusatz­antriebe gibt es trotzdem, in Form von Außenbordmotoren (Benzin oder Elektro) oder als fest eingebauter Pod-Antrieb.

Der Pointer 22 fehlen Stauräume

Das Cockpit auf der Pointer 22 ist durchdacht strukturiert. Der Steuermann sitzt mit gutem Halt seitlich auf dem Laufdeck. Die Mitsegler nehmen weiter vorn auf den kurzen Duchten Platz und können von ihrer Position ebenfalls alle Leinen bedienen. Die gepolsterten Rückenlehnen sind aber abnehmbar. So könnten sportliche Mitsegler bei der Regatta ebenfalls auf der hohen Kante sitzen. Fahrtensegler werden Stauräume im Cockpit vermissen; Backskisten unter den Duchten sind nicht vorgesehen. Und der Ankerkasten sowie der recht kleine Stauraum im Heck bieten nur eingeschränkte Kapazitäten. Fender, Festmacher oder zusätzliche Segel müssen demnach unter Deck untergebracht werden.

Die Pointer 22 wird von A bis Z in der Heeger Werft gebaut, Rumpf und Deck als Sandwich mit Schaumkern, laminiert in Handauflage. Das Boot kann man auch mit einem Festkiel bestellen, welcher aber ebenfalls im Schwertkasten fest eingepasst und dort verbolzt ist. Die Idee ist, dass sich das Schiff mühelos vom Festkieler auf den Schwenkkieler umrüsten lässt.

Mit einem Grundpreis von 49.000 € ist die Pointer 22 aus Holland vergleichsweise günstig und zudem schon ab Werft fast segelfertig ausgestattet. Die Probleme mit den Rudern werden die Holländer zweifellos in den Griff bekommen. Dann passt letztlich auch alles zusammen.

Die Messwerte zum Test der Pointer 22

Windgeschwindigkeit: 10 kn (3 Bft); Wellenhöhe: glattes Wasser; * Mit Gennaker

Die Pointer 22 im Detail

Der Mast ist relativ kurz, der Großbaum aber recht lang. Typisch für Pointer ist 
der gedrungene Segelplan | Zeichnung: YACHT/N. CampeDer Mast ist relativ kurz, der Großbaum aber recht lang. Typisch für Pointer ist der gedrungene Segelplan | Zeichnung: YACHT/N. Campe

Technische Daten der Pointer 22

  • Konstrukteur: P. Bosgraaf Yacht Design
  • CE-Entwurfskategorie: C
  • Rumpflänge: 6,50 m
  • Breite: 2,20 m
  • Tiefgang (Schwenkkiel): 0,30–1,10 m
  • Gewicht: 0,75 t
  • Ballast/-anteil: 0,18 t/24 %
  • Großsegel: 14,0 m²
  • Rollgenua (105 %): 9,0 m²
  • Maschine: Außenborder/Elektro

Rumpf- und Decks­bauweise

GFK-Sandwichkonstruktion mit Schaumkern, gebaut in Handauflage. Rumpf: Vinylester. Deck: Polyester

Preis und Werft

  • Grundpreis ab Werft: 49.000 € inkl. 19 % MwSt.
  • Garantie/gegen Osmose: 2/5 Jahre

Stand 9/2023, wie die ausgewiesenen Preise definiert sind, finden Sie hier!

Werft und Vertrieb

Jachtwerf Heeg BV, 8621DV Heeg (Holland); www.jachtwerf-heeg.nl

YACHT-Bewertung der Pointer 22

Hübsches Crossover-Boot aus Holland. Mit vollständig auf­holbarem Schwenkkiel ist die Pointer 22 leicht zu slippen und zu transportieren. Auch preislich und im Vergleich attraktiv

Konstruktion und Konzept

  • + Flexible Nutzung möglich
  • + Robuste Bauweise
  • + Einfachste Trailerbarkeit

Segelleistung und Trimm

  • + Segelt steif und läuft gute Höhe
  • + Uneingeschränkt einhandtauglich
  • - Extrem luvgierig am Wind

Wohnen und Ausbauqualität

  • + Kojen für bis zu vier Personen
  • - Innen sehr leer und karg

Ausrüstung und Technik

  • + Schwenkkiel vollständig aufholbar
  • + Motorisierung nach Wahl
  • - Wenig Stauraum an Deck

Dieser Artikel erschien erstmals in YACHT 12/2018 und wurde für diese Online-Version aktualisiert.


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