Es ist etwas irritierend, denn das Boot kommt einem sehr bekannt vor. Doch das glänzende Gelcoat und Details wie die eingeklebten Fenster ohne Rahmen deuten darauf hin: Hier liegt ein neues Schiff. Das erste neue IF-Boot seit 34 Jahren wurde Ende September auf dem Wannsee getauft. Das über 50 Jahre alte Design kennt fast jeder Segler, denn 3500 Exemplare wurden gebaut, und viele davon kreuzen immer noch über Seen und Meere. Peter Grönlund, Gründer und Entwickler des Seacamper-Motorbootes und Betreiber einer Refit-Werft für IF-Boote, möchte an diesen Erfolg anknüpfen und baut den kleinen Klassiker jetzt wieder neu. Als ein Segelfreund als Investor mit einstieg und die etwa 100 000 Euro für den Formenbau beisteuerte, konnte der Traum von der Auferstehung des IF-Bootes bei Yacht Service in Stettin Wirklichkeit werden.
So ist die Baunummer 1 nicht nur ein altes Design im neuen Gewand, in ihrem Kiel steckt auch der Ballast des IF, das zum Formenbau verwendet wurde, eine Art bootsbauerische Organspende. Gemacht hat Grönlund das aus praktischen Gründen – der gusseiserne Kiel war ja schließlich übrig –, aber auch, um mit dem Gewicht besonders bei der ersten Baunummer auf der sicheren Seite zu sein. Denn die Klassenvereinigungen haben einen sehr wachsamen Blick auf sein Projekt. Und so erscheinen zur Taufe auch Vertreter der deutschen, dänischen und schwedischen Klassenvereinigungen. Der Ton ist freundschaftlich, aber schon bald wird das Maßband gezückt und das neue Boot genau begutachtet.
25 Jahre nach dem großen Erfolg mit dem Folkeboot überarbeitete der Konstrukteur Tord Sundén seinen Entwurf und entwickelte so das Internationale Folkeboot – kurz IF.
Größte Veränderung war der Baustoff: statt Holz wurde ausschließlich GFK verarbeitet. Daraus ergab sich die auffälligste Neuerung, der glatte Rumpf; die für das Folkeboot typischen Kanten, die durch die geklinkerte Beplankung entstehen, entfallen aufgrund des modernen Werkstoffs. Auch die Abmessungen veränderte Sundén, aber nur sehr wenig: Das IF-Boot ist mit 7,86 Metern 24 Zentimeter länger und mit 2,23 Metern drei Zentimeter breiter als das Folke. Beide haben 1,20 Meter Tiefgang. Das IF wiegt 2,15 Tonnen und ist damit 220 Kilogramm schwerer als sein berühmter Vorgänger, bringt jedoch mehr Ballast mit. Der ist auch nötig, da es mehr Segelfläche fährt.
Das Großsegel ist mit 16 Quadratmetern zwar sogar einen Quadratmeter kleiner als beim Folkeboot, dafür hat das IF eine große Genua, die mit ihren 15 Quadratmetern verglichen mit der kleinen Fock des Folkebootes mehr als doppelt so viel Fläche hat. Das Rigg besteht beim IF-Boot aus Aluminium. Die entscheidende Veränderung, die sich sowohl auf den Komfort als auch die Sicherheit auswirkt, ist das selbstlenzende Cockpit. Geht beim Folkeboot jeder Regenschauer und jede überkommende See auf direktem Weg in die Bilge, so läuft es beim IF-Boot einfach wieder nach draußen ab. Damit ist die Pumpe nicht mehr das wichtigste Ausrüstungsteil an Bord, und das Boot bleibt auch bei schlechtem Wetter trocken, wenn der Niedergang verschlossen wird.
Das IF-Boot wurde als Einheitsklasse geplant und nach strengen Klassenvorschriften gebaut, sodass die Boote mit möglichst gleichen Voraussetzungen auf der Regattabahn gegeneinander antreten können. Trotzdem gibt es einige Unterschiede, die durch die verschiedenen Antriebskonzepte verursacht werden. Ursprünglich ist als Antrieb ein Außenborder vorgesehen, der in einem Schacht in der Achterpiek gefahren wird. Ein kleiner Quirl kann, wenn er nicht benötigt wird, einfach aus dem Schacht gezogen und quer in den Stauraum gelegt werden. Der Schacht wird dann verschlossen. Größere Außenborder passen aber nicht quer in die Achterpiek, sondern müssen im Wasser bleiben, was enorm bremst, da der Antrieb neben dem Ruderblatt ins Wasser ragt. Deswegen fahren viele IF-Boote den Außenborder am Spiegel.
Außerdem gibt es noch IFs mit Einbaumaschine. Dann befindet sich der Propeller in einem Ausschnitt im Ruderblatt, dem Propellerbrunnen. Dieser erzeugt beim Segeln bremsende Verwirbelungen.
Mittlerweile ist auch das IF-Boot schon 51 Jahre alt, und selbst die neuesten unter den insgesamt 3500 gebauten IF bringen es auf über 30 Jahre. Grönlunds Überlegung: Die Sanierung des Unterwasserschiffs und der Auftrag eines neuen Gelcoats kosten so viele Arbeitsstunden, dass es wirtschaftlich sinnvoller wäre, ein neues Boot zu bauen. Zumal ihm schon viele kleine Veränderungen vorschwebten, die dann umgesetzt werden konnten. Trotz der strikten Klassenregeln, die bis ins Detail auch die Einbauten unter Deck regeln, gab es dann auch tatsächlich viele Verbesserungen.
Sofort ins Auge springen die Aufbaufenster, die jetzt aus einer durchgehenden Scheibe Acrylglas in einen Rezess eingeklebt sind; Schrauben und Alu-Rahmen entfallen. Auch das Vorluk ist nicht länger ein GFK-Formteil, sondern ein richtiges Fenster. Am Bug gibt es nun einen Ankerkasten, ein enormer Komfortgewinn für Fahrtensegler. Alle anderen Veränderungen sind weniger auffällig: Die Klappen der Achterpiek sind etwas kleiner und kollidieren nicht mehr mit dem Achterstag, das Süll ist egonomischer geformt, die Backskisten können besser genutzt werden, die Seeventile für die Cockpitlenzer sind einfach erreichbar, und die Deck-Rumpf-Verbindung ist durchgehend anlaminiert. Außerdem sorgt ein kleiner Wassergraben in der Plicht für trockene Füße.
Für den Testschlag auf dem Wannsee haben wir ein altes IF-Boot eines Vereinskameraden von Peter Grönlund als Referenz dabei. Das neue IF hat keine Maschine, lediglich einen Beschlag am Heck, in den ein Wriggriemen eingehakt werden kann.
Sobald die Segel Wind bekommen, legt sich das IF-Boot etwas nach Lee. Die ersten 10 Grad wirkt das Schiff fast rank, doch dann macht sich der hohe Ballastanteil bemerkbar. In den Böen kommen dann nur wenige Grad Lage hinzu. Bei knappen 3 Beaufort segeln wir mit etwa fünf Knoten. Vom Ruder erfolgt gute Rückmeldung, und das IF zeigt sich trotz langem Kiel und viel Ballast sehr agil. Wenn man am Wind die Pinne loslässt, luvt es langsam an und verliert Fahrt, segelt aber lange genug geradeaus, sodass man sich um den Trimm kümmern kann. In Lee sitzt es sich sehr angenehm mit dem hohen Süll im Rücken und freiem Blick in die Genua. So lässt sich sehr intuitiv an der Windkante steuern.
Bei der Wende geht das IF zügig durch den Wind, es verliert bei guter Abstimmung mit dem Vorschoter kaum Fahrt. Bei 90 Grad Wendewinkel segelt das Boot schnell, ein paar Grad mehr Höhe sind möglich, das ist aber mit deutlichen Geschwindigkeitseinbußen verbunden. Der Wert ist für die ganz außen geschotete Genua dennoch sehr gut.
Der Holepunkt der kleineren Fock wird innen am Aufbau gefahren, die Schienen sind aber bei dem neuen IF noch nicht montiert; damit wären noch ein paar Grad mehr Höhe möglich. Im Vergleich läuft das neue IF mehr Höhe und ist etwa einen halben Knoten schneller als das ältere Vergleichsschiff.
Neben den neueren Segeln könnte sich auch der Innenborder auf dem anderen Boot negativ auf die Performance auswirken. Ansonsten sind die Boote identisch. Durch die modernere Bauweise mit Innenschale ist es aber gut möglich, dass das neue IF steifer ist und sich weniger verzieht, sobald Druck im Rigg ist. Vor dem Wind mit Spinnaker pendelt sich die Geschwindigkeit über Grund bei knapp über 5 Knoten ein. Mit raumem Wind stellen wir in einer kleinen Bö mit 5,8 Knoten den Geschwindigkeitsrekord des Tages auf. Auch auf den Spinnakerkursen ist das neue Boot dem alten deutlich überlegen.
Der Innenausbau ist schön und robust aus Sperrholz mit seidenmatt lackiertem Mahagoni-Furnier getischlert; Decke und Seiten bestehen aus einer dünnen Innenschale. Die Beleuchtung ist indirekt mit LED-Lampen ausgeführt. Außer einem Kocher gibt es aber kaum Komfort. Stauraum ist reichlich vorhanden.
Die Basisversion des hübschen Klassikers kostet 63.430 Euro. Werden zusätzlich Elektrik mit Ladegerät, Batterie, Beleuchtung und Positionslampen, Kompass und ein Außenborder für einen Aufpreis gekauft, erhält man ein neues segelfertiges IF-Boot – für die Güte der Verarbeitung, Markenbeschläge und die sehr ordentlichen Segeleigenschaften ein fairer Preis.
Stand 07/2024, wie die ausgewiesenen Preise definiert sind, finden Sie hier!
Seacamper, Sakrower Kirchweg 18, 14089 Berlin
www.if-boat.com und www.if-boat.nl (Händler Niederlande)
Vor über 50 Jahren wurde das IF-Boot als Family-Cruiser und Regattaboot vermarktet. Jetzt gilt diese Bootsgröße eher als Daysailer, an Bord findet sich aber alles für längere Schläge. Seetüchtig ist das IF allemal
Der Artikel erschien erstmals in YACHT 25/2018 und wurde für die Online-Version aktualisiert.