Nein, es handelt sich weder um einen Schreibfehler noch um ein Missverständnis. Der smarte Daysailer wurde vielbeachtet als Weltpremiere unter dem Namen B27 vorgestellt; jetzt wird dasselbe Boot aber als A27 angeboten. Hinter dem wundersamen Wandel von B nach A steckt eine heikle und recht konfuse Geschichte um einen unschönen Zwist zwischen der Familie von Luca Brenta in Italien und der Firma Yachtworks von Michael Gilhofer am Attersee in Österreich. Dabei geht es um Marken- und Baurechte sowie um Vertriebsansprüche innerhalb der konzeptionell homogenen Linie von Daysailern, gemeinhin bekannt unter dem Namen Brenta – oder eben B-Yachts.
Zum Zeitpunkt des Testes ist das Zerwürfnis aber gerichtlich beigelegt, die Fronten sind bereinigt. Die Werft von Gilhofer in Österreich firmiert jetzt als A-Yachts mit zwei Typen aus eigener Produktion, der A33 (ehemals Brenta 33) und der neuen A27, die wir hier im Test vorstellen. Recht behält zudem, wer behauptet, eine A27 hätte es ja schon einmal gegeben, und zwar von Archambault. Die Werft in Frankreich existiert allerdings nicht mehr, die Typenbezeichnung ist damit wieder verfügbar – selbst wenn damit die Verwirrung noch größer werden sollte.
Ungeachtet all dieser Hintergründe kommt auch die Konstruktion der A27 von Lorenzo Argento. Der Italiener ist ehemaliger Partner von Luca Brenta und hat die Reihe der renommierten Brenta-Daysailer maßgeblich mitgeprägt.
Typisch für seine Handschrift sind die eleganten und gestreckten Linien, das unverbaute Cockpit mit den polsterbezogenen Duchten und aufsteckbaren Rückenlehnen sowie der kurze, haubenartige Kajütaufbau. Die Optik und das Konzept gelten heute noch als stilbildend für eine ganze Generation moderner Daysailer und sind entsprechend oft kopiert worden, zum Beispiel von Alphena Yachts oder von Dinamica Yachts. Allerdings haben es diese nie zu nennenswerter Marktpräsenz geschafft.
Michael Gilhofer lässt die A27 in Slowenien herstellen, bei Oceantec. Dort werden der Rumpf, das Deck sowie die Bodengruppe aufwändig im Vakuum-Infusionsverfahren mit Vinylesterharzen sowie mit einem überwiegenden Anteil von Kohlefaser gebaut. Das Deck besteht sogar komplett aus Carbon. Dabei sei das geringe Gewicht von nur 1,6 Tonnen segelfertig lediglich ein „willkommener Nebeneffekt“, sagt Konstrukteur Lorenzo Argento, der beim YACHT-Test am Attersee mit an Bord ist; für ihn sind vielmehr die steiferen Strukturen von Bedeutung. Weil das Boot mit einer Breite von 2,40 Metern schlank und der Ballastanteil im T-Kiel mit 50 Prozent hoch ist, werden über die Wanten des sportlichen Riggs höhere Kräfte in den Rumpf eingeleitet. Darüber hinaus wird der Mast ohne Achterstag gefahren, was mehr Riggspannung erfordert, damit das Vorstag am Wind nicht zu stark durchhängt.
Im Vergleich zur B30 als „Ur-Brenta“ zeugt die Konstruktion der A27 von der Yachtentwicklung in den Jahren zuvor. Trotz generell schlankem Riss sind die Formen am Bug und im Heckbereich fülliger geworden. Dazu ist der Spant hinten zwar nicht abgeknickt, aber dennoch auffällig abgewinkelt, um ein flacheres Unterwasserschiff und somit mehr Volumen für mehr Auftrieb zu erhalten. Damit will Argento erreichen, dass der kleine Daysailer steifer und aufrechter segelt, was im Test auch tatsächlich eintritt. Auf Böen reagiert das Boot mit Beschleunigung statt mit Krängung. Dabei ist es fast egal, ob die Mitsegler in Lee oder in Luv sitzen.
Bei zwischen 6 und 8 Knoten Wind im Mittel kreuzt die A27 mit guten 5,8 Knoten und wendet dabei über einen engen Winkel von nur 80 Grad. Mit dem 65 Quadratmeter großen Gennaker demonstriert das Boot überdies eine erfreuliche Sportlichkeit. Schnell loggt der smarte Daysailer einen Speed von mehr als 8 Knoten, was in etwa der wahren Windgeschwindigkeit entspricht. Mit diesen vortrefflichen Leistungsdaten qualifiziert sich das Boot durchaus als leistungsstarker Binnenracer mit Erfolgsaussichten auf der Regattabahn.
Die A27 segelt dabei sehr ausgewogen. An der Kreuz legt sie eine leichte Luvgierigkeit an den Tag und vermittelt dem Steuermann auf diese Weise einen spürbaren Ruderdruck, was speziell für ein Boot mit Pinne sehr angenehm ist. Beim Wenden hat die Mannschaft nicht viel zu tun, außer allenfalls von einer Seite auf die andere zu wechseln. Die Selbstwendefock bedarf im Manöver keiner aktiven Intervention, die zentral ins Cockpit geführte Großschot ebenfalls nicht.
Ambitionierte Segler würden sich für das Trimmen des im Topp stark ausgestellten Großsegels vielleicht einen Traveller wünschen, welchen die Werft aber auch als Option nicht anbieten will. Dafür kommt das Schiff schon im Standard mit einem kräftigen Baumniederholer, welcher diese Funktion ein Stück weit kompensieren kann.
Auch sonst verfolgt die A27 bezüglich der Trimmmöglichkeiten ein wahres Minimalismus-Prinzip. Die Fallen sowie die Trimm- und Reffleinen laufen innerhalb vom Aufbau zurück auf die zwei Winschen seitlich am Niedergang, welche man auch mit Elektroantrieben bestellen kann. Die Schotklemmen und Fallenstopper sind elegant unter die nur aufgesteckte Haube gebaut; „nice and clean“ lautet die Devise. Und dennoch: Alles, was es zum Segeln braucht, ist vorhanden, gut platziert sowie ausstattungstechnisch von exquisiter Qualität. Bestens damit klar kommen insbesondere Solo-Skipper, die dank der Pinnensteuerung alle Schoten und Leinen bequem selbst greifen und bedienen können.
Der vergleichsweise hohe Aluminium- Mast von Lico Spars aus Italien ist durchgesteckt und steht auf der Bodengruppe. Dehnungsarme Rod-Wanten gehören zum Standard-Lieferumfang. Ein identisch hohes Kohlefaserrigg (mit Großbaum) von Southern Spars bekommen die Kunden als Option für einen Aufpreis. Alternativ zur Selbstwendefock kann die Werft auch eine überlappende Genua mit Holepunktschienen auf dem Laufdeck realisieren, verzichtet aber darauf, dies als Extra speziell auszuweisen – „das passt einfach nicht zum Konzept“, sagt Michael Gilhofer.
Standard ist überdies der 80 Zentimeter lange Bugspriet aus Kohlefaser. Dieser ist in einem Rezess am Bug geführt und dort nur angebolzt. So ist der Rüssel einfach abzunehmen, etwa für den Straßentransport.
Den Kiel gibt es in zwei Varianten, als Standard-T-Kiel mit 1,75 Meter Tiefgang und alternativ in einer etwas gekürzten Version mit 1,50 Meter. In diesem Fall würde auch das Rigg etwas weniger hoch ausfallen. Eine Option auf flexible Rumpfanhänge, zum Beispiel mit Hubkiel und Kassetten-Ruder, hat die Werft allerdings derzeit noch nicht spezifiziert. Die technischen Möglichkeiten werden jedoch geprüft, und auf Anfragen könnte A-Yachts wohl positiv reagieren. Mit einer Breite von nur 2,40 Metern und einem Gewicht von leichten 1,6 Tonnen bleibt die A27 trotzdem ein taugliches Trailerboot, auch ohne Hubkiel.
Unter Deck der A27 greift das Konzept als reiner Daysailer: Innen bleibt das Schiff erstmal gähnend leer. Stofftaschen sind seitlich angeschlagen und sorgen als flexible Stauräume für Ordnung. Ansonsten dominiert das nackte, nüchterne Weiß der makellosen Oberflächen. Zwei lange Sitzbänke erstrecken sich ins Achterschiff, sie können mit einer Länge von zwei Metern als Kojen genutzt werden. Polster sind dafür als Option zu bekommen. Außerdem ist es möglich, im komplett leeren Vorschiff ein zusätzliches Kojenlager aus Sperrholz einzuziehen. Dafür hat die Werft offenbar schon einen fertigen Plan in der Tasche. So lässt sich der Daysailer mit wenig Aufwand zum Weekender für die kleine Familie umfunktionieren.
Im Standard wird der A27 ein Elektromotor mit Wellenantrieb vom österreichischen Hersteller Aquamot eingebaut. Die Werft hat sich für eine feste Welle entschieden, damit die schweren mechanischen Teile sowie das Batteriepaket von Torqeedo möglichst zentral und vorn im Boot eingebaut werden können. Unter Maschine erreicht das Schiff mit Marschfahrt bei ruhigem Wasser und wenig Wind einen Speed von 5,5 Knoten.
Die technischen Installationen sind übrigens generell sehr sauber und übersichtlich ausgeführt, und die Zugänglichkeit ist durchweg vorbildlich.
Mit einem Grundpreis von rund 136.255 Euro ist der gerade mal acht Meter lange Daysailer A27 optimistisch eingepreist. Zudem muss man für eine ordentliche Segelgarderobe mit Groß, Fock und Gennaker nochmals einen Aufpreis zahlen. Eine Menge Geld für ein ziemlich kleines Boot – in dem aber richtig viel steckt.
Sandwichaufbau mit Vinylesterharz im Vakuum-Infusionsverfahren. Deck und Teile vom Rumpf aus Kohlefaser
Preise Stand 11/2023, wie die ausgewiesenen Preise definiert sind, finden Sie hier!
A-Yachts/Yachtworks GmbH; 4864 Attersee (Österreich); www.a-yachts.info
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Gekonnte Überführung der vielfach bewährten Daysailer-Idee von Brenta ins kleinere Format. Die neue Namensgebung (A statt B) kann verwirren, tut dem gelungenen und durchdachten Konzept aber keinen Abbruch. Vergleichsweise teuer
Dieser Artikel erschien erstmals in YACHT 18/2019 und wurde für diese Online-Version aktualisiert.