Test Outremer 52Sportlicher Katamaran mit Top-Ausstattung- Multihull des Jahres 2024

Michael Good

 · 22.01.2024

Der Qutremer 52 wurde zum Multihull des Jahres 2024 gewählt
Foto: YACHT/L. Fruchaud
Hohe Leistungen für viel Segelfreude bei gleichzeitig großem Reisekomfort. Auch der neue Outremer 52 trifft den schwierigen Kompromiss punktgenau. Der sportliche Katamaran im YACHT-Test. Bei der Whal zu Europas Yachten des Jahres 2024 wurde er zum besten Multihull gewählt

Outremer bedeutet im Französischen Übersee und wird im Speziellen als Terminus für die Landesteile Frankreichs außerhalb Europas verwendet. Dazu gehören zum Beispiel Guadeloupe und Martinique in der Karibik, Neukaledonien im Südpazifik oder La Réunion im Indischen Ozean, um nur einige zu nennen. Orte und Gebiete, die als Wunschdestinationen auf der Bucket List von vielen Seglern auf langer Fahrt stehen.

Passend dazu baut Outremer Catamarans hochseetaugliche Zweirumpfboote, mit denen man diese Ziele sicher und zuverlässig, aber gleichzeitig auch komfortabel und vor allem schnell erreichen kann. Hohe Leistungspotenziale dank sportlicher Rumpfkonstruktionen, potente Segelpläne sowie eine konsequent umgesetzte Leichtbauweise gehören zur DNA von Outremer, genauso wie eine ausgesuchte Wohnlichkeit für gehobene Ansprüche und entspannte Seereisen. Seit 1984 baut die Werft im südfranzösischen La Grande-Motte die exklusiven Performance-Cruiser auf zwei Rümpfen, mehr als 300 Boote sind bisher vom Stapel gelaufen. Aktuell hat die Marke drei Modelle im Angebot, den Outremer 45, den 55er als Flaggschiff sowie, ganz neu, den Outremer 52.

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Große Nachfrage nach dem Outremer 52

Seit dem Jahr 2007 gehört Outremer Catamarans zur Gruppe Grand Large Yachting, zusammen mit anderen Blauwasser-Marken wie Allures Yachting, Garcia Yachts oder RM Yachts. Auch Gunboat, Hersteller von großen und exklusiven Hochleistungs-Katamaranen aus Kohlefaser, ist dem Werftenverbund angeschlossen und produziert zusammen mit Outremer auf demselben Werftgelände in La Grande-Motte. Dabei können beide Unternehmen natürlich voneinander profitieren, was den Einkauf und den Austausch von Technologien und Knowhow betrifft.

72 Bestellungen liegen derzeit vor. Die Werft muss die Produktionskapazitäten jetzt weiter ausbauen

Allerdings wird jetzt der Platz auf dem Gelände aufgrund der sehr guten Auftragslage beider Marken knapp. Mit aktuell 72 bestellten Schiffen allein vom neuen Typ Outremer 52 sind die Kapazitäten mehr als ausgeschöpft. Grand Large Yachting hat deshalb erst unlängst den Hauptkonkurrenten von Outremer, Marsaudon Composites in Lorient am Atlantik, aufgekauft. Jetzt wird die Fertigung des kleinen Outremer 45 dorthin verlegt, um in La Grande-Motte neue Produktionsvolumen für den 52er zu schaffen und damit die Lieferzeiten auf ein hinreichendes Maß zu reduzieren.

Schlanke Katamaran-Rümpfe für gute Segelleistungen

Die drei aktuellen Outremer-Modelle zeigen konzeptionell, konstruktiv und auch optisch eine große Homogenität. Typisch für die Marke sind die eher kurzen, kuppelartigen Deckshäuser mit flächigen Fensterfronten und einem weit nach achtern gezogenen Bimini-Dach. Dazu sind die Rümpfe der Boote von Outremer im Vergleich mit herkömmlichen Fahrtenkatamaranen ungewöhnlich schlank, mit extrem langen Vorschiff-Sektionen. Und sie werden für gute Segeleigenschaften am Wind mit aufholbaren Schwertern versehen. Die Konstruktionen für die neueren Typen Outremer 55 und 52 stammen jetzt aus dem renommierten Studio von VPLP Design. Zuvor hatten die Katamaranexperten Christophe Barreau und Frédéric Neumann in Kooperation die Entwürfe geliefert, auch der Outremer 45 als kleinstes Boot trägt noch deren Handschrift.

Ein weiteres Markenzeichen von Outremer sind die beiden achtern auf den Rümpfen aufgesetzten und damit weitgehend freistehenden Steuerstände mit Sitzen. Als Besonderheit kann die Werft ihre Multihulls wahlweise mit Rad- oder Pinnensteuerung anbieten. Auch sind Kombinationen möglich, wie zum Beispiel auf dem Testschiff, bei dem auf der Steuerbordseite ein Rad und gegenüber auf der Backbordseite eine Pinne montiert ist. Das sorgt für mehr Abwechslung beim Rudergänger, der je nach Lust und Laune lenken kann. Für eine entspannte Steuerposition sind beidseitig Bänke für zwei Personen auf Deck geschraubt. Hier sitzt man bei schönem, warmem Wetter gern im Wind und überdies auch sehr komfortabel.

Die Steuersäule ist klappbar, auch nach innen ins Cockpit. So sind verschiedene Steuerpositionen möglich. Der Plotter schwenkt mitFoto: YACHT/L. FruchaudDie Steuersäule ist klappbar, auch nach innen ins Cockpit. So sind verschiedene Steuerpositionen möglich. Der Plotter schwenkt mit

Bei den Modellen Outremer 55 und 52 ist die Steuersäule auf der Steuerbordseite klappbar, auch nach innen. So kann der Rudergänger bei rauen Bedingungen und schlechtem Wetter auch aus dem geschützten Cockpit steuern und behält dabei trotzdem eine gute Sicht nach vorn durch die großen Fensterfronten im Kajütaufbau. Eine sehr gut funktionierende Anlage und eine möglicherweise wegweisende Idee von Outremer.

Gute Ausstattung, viele Optionen

Der Test des neuen Outremer 52 findet vor dem Werftsitz in La Grande-Motte statt, bei etwa 4 Beaufort Seebrise und nur wenig Welle. Der Katamaran erreicht hart am Wind auf einem Winkel von rund 50 Grad zur wahren Windrichtung 7,7 Knoten. Mit gesetztem Gennaker und 100 bis 120 Grad wahrem Windeinfallswinkel klettert die Logge auch schnell mal in den zweistelligen Bereich. Die Leistungswerte sind für einen Kat dieser Größe zweifellos gut, liegen allerdings auch im Rahmen des Erwartbaren, insbesondere angesichts der guten Ausstattung des Testschiffes mit einem deutlichen Upgrade der Segelgarderobe.

In der Basisausstattung wird der Outremer 52 mit einer Selbstwendefock ausgerüstet. Die überlappende Genua ist eine Option, lohnt sich aber vor allem für den Einsatz in den Leichtwindrevieren am Mittelmeer. Allerdings montiert die Werft dafür nur feste Holepunkte auf das Kajütdach, keine verstellbaren. Aktive, sportliche Segler würden sich dies wünschen. Das leichte Carbonrigg anstelle des Standard-Alumastes hat den Vorteil, dass das Boot in der Welle deutlich weniger stampft und schlingert, was bei Katamaranen ganz generell ein Thema ist. Auch kann die Werft das Schiff auf speziellen Wunsch mit einem drehbaren Profilflügelmast aus Kohlefaser riggen, der zwar zweifellos für eine erhebliche Leistungssteigerung sorgen wird, aber auch anspruchsvoll im Handling ist und zudem rund 150.000 Euro Mehrkosten verursacht.

Für die Ausstattung an Deck spart die Werft nicht und greift auf die hochwertigsten und ausgesuchtesten Komponenten zu. Kurz: Das Beste ist hier gerade gut genug. Beschläge von Harken und Antal, die für ihre Anwendung eher über- als unterdimensioniert erscheinen, gehören bei Outremer zur Grundausstattung ab Werft. Dazu kommen große 60er-Winschen für die Schoten und Fallen mit der Option, diese elektrisch auf Knopfdruck zu bedienen. Die hohe Qualität der Anbauteile, deren Größe und die fehlerlose Positionierung an Deck sorgen für einen reibungslosen Ablauf in den Manövern, auch ohne viel Kraftaufwand.

Weil aber die Großschot und der wichtige Traveller auf dem hinteren Beam aus dem Cockpit bedient werden und auch die Schot- und Fallenwinschen auf dem Kajütaufbau nicht in der direkten Erreichbarkeit des Steuermanns liegen, muss dieser seine Position am Rad oder an der Pinne oft verlassen, wenn er mit kleiner Mannschaft oder allein unterwegs ist.

Outremer setzt trotz vielen Verstärkungen auf Leichtbau

Die Schwerter im Rumpf ersetzen die sonst bei Katamaranen üblichen Stummelkiele und beschränken die Abdrift am Wind. Wer das gesamte Leistungspotenzial des Kats abrufen und aktiv segeln möchte, kann jeweils am Wind das Schwert in Luv ganz oder teilweise aufholen und damit den Widerstand mindern. In der Praxis bleiben die Profile jedoch meist unten und werden allenfalls zur Reduzierung des Tiefgangs hochgeholt. Übrigens sind die Schwerter sehr leicht gebaut und symmetrisch profiliert. Im Fall einer Beschädigung durch eine Kollision können sie leicht aus- und im anderen Rumpf wieder eingebaut werden.

Weil die langen, schlanken Rümpfe weit überstehen und die strukturell tragende Plattform dazwischen im Vergleich kurz ist, ist die Konstruktion bei Wind und Wellen hohen Torsionsbelastungen ausgesetzt, die nur durch sehr widerstandsfähige und starre Strukturen aufgefangen werden können. Outremer verstärkt die im Vakuum-Infusionsverfahren gebauten Rümpfe deshalb mit soliden, durchgehenden Längsstringern und laminiert starke verwindungssteife Schotten mit Carbonverstärkungen ein. Gleichzeitig legen die Franzosen viel Wert auf eine gewichtssparende Bauweise. Auch das komplette Deck sowie der Kajütaufbau mit Bimini-Dach sind im Vakuum-Infusionsverfahren hergestellt. Beim Interieur wird ebenfalls fokussiert auf das Gewicht geachtet und für den Möbelbau leichte Komposit-Materialien verwendet.

Die großen Fenster sorgen für Licht und Transparenz im gut ventilierten Salon. Am Navitisch und Innensteuerstand ist die Rundumsicht phänomenalFoto: YACHT/L. FruchaudDie großen Fenster sorgen für Licht und Transparenz im gut ventilierten Salon. Am Navitisch und Innensteuerstand ist die Rundumsicht phänomenal

Die sportliche Linie kostet Raum

Der Outremer 52 lässt sich wahlweise mit drei oder vier Doppelkabinen ausbauen. Varianten sind für das Vorschiff im Backbordrumpf vorgesehen. Dort ist es möglich, alternativ zur Doppelkabine auch eine Werkstatt, ein Büro, einen begehbaren Kleiderschrank oder für die Kinder eine Kabine mit Stockbetten einzurichten. Im Backbordrumpf sind der Toiletten- und Waschraum sowie die Dusche als zwei komplett isolierte Nasszellen eingebaut. Das ist vor allem bei Belegung beider Doppelkabinen angenehm.

Dennoch: Was das Wohnangebot betrifft, kann der Outremer mit seinen schlanken Rümpfen dem Vergleich mit den sehr voluminösen Tourenkatamaranen gleicher Größe nicht standhalten. Die Schiffe von Lagoon oder Fountaine Pajot zum Beispiel bieten ab einer Rumpflänge von 50 Fuß bereits Ausbauversionen mit drei bis zu sechs Kabinen mit jeweils eigener Nasszelle.

Top Ausstattung und Verarbeitung

Lob bekommt der Outremer 52 für die gute, solide Ausbauqualität. Die handwerkliche Verarbeitung ist selbst bis ins kleine Detail tadellos. Freude bereiten auch die technischen Installationen für die Wasserversorgung und die Elektrizität. Die Komponenten sind sehr sauber und übersichtlich eingebaut, dazu gut erreichbar. Auch lässt sich der Outremer hervorragend lüften, dafür stehen in allen Wohnbereichen zahlreiche Fenster und Luken zur Verfügung. Nur im Bad und vor allem im Duschraum auf der Backbordseite sind die Möglichkeiten zur Ventilation limitiert.

In Summe seiner Eigenschaften steht der Outremer auf dem Markt konkurrenzlos da

Rund 1,6 Millionen Euro müssen Kaufwillige für einen Outremer 52 in der Basis-Konfiguration aufbringen können. Das ist freilich sehr viel Geld, aber auch für sehr viel Schiff, das zudem bereits ab Werft äußerst hochwertig, umfassend und schon fast segelklar ausgestattet ist. Auch gibt es wenig Vergleichbares. Marken wie Catana, Dazcat oder HH ließen sich als mögliche Wettbewerber nennen, sie bauen aber ihre Schiffe wiederum auf ganz anderen Grundlagen und Standards auf. So gesehen bedient Outremer einen Nischenmarkt, allerdings für eine offenbar immer stärker werdende Nachfrage.


Messwerte Outremer 52

Segelleistungen

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(ohne Abdrift/Strom); Windgeschwindigkeit: 12 bis 15 kn (4 Bft), Wellenhöhe: ca. 0,5 m *  mit Gennaker

Potenzial STZ = 5,0

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Auf Leistung getrimmt. Das Boot ist konsequent leicht gebaut und trägt üppig viel Segelfläche

STZ: Dimensionslose Zahl. Berechnung: 2√S/3√V. Je höher der Wert, desto mehr Segelfläche (S) hat das Schiff in Relation zur Verdrängung (V)

Schalldruck

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In dB(A), gemessen in Marschfahrt (80 % der Höchstdrehzahl): 8,8 kn, 2.000 min -1

Cockpitmaße

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YACHT-Bewertung Outremer 52

Eine Reisemaschine für aktive Segler, die gern auch komfortabel unterwegs sein wollen. Mit dem Outremer 52 sind große Etmale möglich, selbst bei weniger Wind. Der Katamaran ist teuer, aber nicht ohne Grund

Konstruktion und Konzept

  • + Solide, robuste Bauweise
  • + Konsequente Ausrichtung
  • + Flexible Steuerpositionen
  • - Nur bedingt einhandtauglich

Segelleistung und Trimm

  • + Hohes Leistungspotenzial
  • + Funktionierendes Layout
  • + Hochwertige Decksausstattung
  • - Holepunkte nicht verstellbar

Wohnen und Ausbauqualität

  • + Viel Platz in den Kabinen
  • + Schön gebautes Interieur
  • + Durchdachte Ausbauvarianz
  • - Ventilation in den Nassräumen

Ausrüstung und Technik

  • + Schwerter leicht aufholbar
  • + Tadellose Bordinstallation
  • + Verschiedene Riggvarianten
  • + Redundante Steuerung

Technische Daten Outremer 52

  • Konstrukteur: VPLP
  • Interieur-Design: Darnet
yacht/image_f9fe637b8572004a599a52fefb7879a6Foto: YACHT
  • CE-Entwurfskategorie: A
  • Rumpflänge: 15,72 m
  • Gesamtlänge (mit Bugspriet): 16,00 m
  • Wasserlinienlänge: 15,70 m
  • Breite: 7,89 m
  • Tiefgang (Schwerter): 1,07–2,30 m
  • Masthöhe über Wasserlinie: 23,05 m
  • Theoretische Rumpfgeschwindigkeit: 9,6 kn
  • Gewicht: 12,8 t
  • Großsegel: 94,5 m²
  • Selbstwendefock (Standard): 44,6 m²
  • Genua (Option): 58,0 m²
  • Maschine (Volvo): 2x 37 kW/50 PS
  • Kraftstofftanks: 2x 270 l
  • Frischwassertanks: 2x 215 l
  • Fäkalientanks: 2x 75 l
  • Batterien: 2x 90 Ah + 3x 220 Ah

Ausstattung

Rumpf- u. Decks­bauweise

Rümpfe, Deck und Aufbau gebaut im GFK-Sandwich mit Schaumkern und Vinylesterharz. Volllaminat unterhalb der Wasserlinie

Stauräume

Viele und große Stauräume sorgen an Deck für Ordnung. Die Segel lagern am besten in den Vorpieks

Kabinen/Layout

Im Vorschiff des Backbord-Rumpfs sind zudem Ausbauvarianten möglich. Hier kann man anstelle der Doppelkabine ein Büro, eine Werkstatt oder einen gut begehbaren Kleiderschrank einbauen lassen. Die Werft zeigt sich da sehr flexibel

Schwerter statt Kiele

Die symmetrischen Profile lassen sich vollständig in den Rumpf aufholen. Das geht auch bei Fahrt gut

Rigg

Standard ist der Mast aus Alumi­nium. Als Option wird ein Rigg aus Kohlefaser angeboten, auf Wunsch auch drehbar

Segel

Ein einfacher Satz Dacron-Segel (Groß und Selbstwendefock) ist in der Grundausstattung ab Werft enthalten

Preis

  • Grundpreis ab Werft: 1.642.200 €

Standardausrüstung inklusive:

Motor, Segel, Schoten, Reling, Positionslaternen, Batterie, Kompass, Polster, Pantry/Kocher, Lenzpumpe, WC, Feuerlöscher, E-Kühlfach, Fäkalientank mit Absaugung, Zuwasserlassen und segelklare Übergabe

Gegen Aufpreis:

Anker mit Kette 2.560 €, Fender/Festmacher 3.510 €, Antifouling 6.390 €

  • Preis segelfertig: 1.654.660 €
  • Komfortpreis: 1.710.495 €
  • Garantie/gegen Osmose: 2/2 Jahre

Stand 11/23. Wie die ausgewiesenen Preise definiert sind, finden Sie hier!

Werft und Vertrieb

Outremer Catamarans, 726 Avenue Robert Fages, 34280 La Grande-Motte (Frankreich) www.catamarans-outremer.com


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