Blättert man durch die Prospekte der Katamaranwerften, dann sind an Deck der Schiffe meist junge Paare abgebildet, die am Ruder stehen, in den Sonnenuntergang segeln oder auf der Dachlounge des Aufbaus einen Cocktail genießen. Doch obwohl die Werften neue Boote gern mit Seglern zwischen 30 und 40 Jahren bebildern, sieht die Realität meist anders aus: Denn wird nicht zeitgleich ein Haus verkauft und der Mittelpunkt des Lebens und Wirkens an Bord verlegt, dann sind solche Katamarane für jüngere Segler fast immer unerschwinglich. Meist sind es ältere Semester, die solche Schiffe kaufen.
Die Beneteau-Tochter Excess geht mit ihren Katamaranen zwischen elf und 15 Meter Länge deshalb neue Wege, um speziell jüngere und junggebliebene Segler zu erreichen, denen gute Segeleigenschaften und ein bezahlbarer Preis wichtiger sind als Prunk und Luxus. Dafür erwartet den Käufer ein Innenausbau im Stil von Ikea – gar nicht mal im negativen Sinne von billig, sondern eher im positiven von kostenbewusst und pragmatisch. Ein Boot, das fürs Segeln gebaut ist, viel Platz bietet und alle Vorteile eines Katamarans mit einem attraktiveren Preis vereint. Bei einer Rumpflänge von knapp über 13 Metern ist der Excess 14 in etwa so groß wie der Nautitech 44 – kostet aber rund 100.000 Euro weniger.
In der Anfangszeit setzte Excess zunächst auf die Rümpfe von Lagoon, welche die Bootsbauer mit einem neuen Deckslayout versahen. Nach dem Excess 11 ist das neue Modell 14 nun der zweite vollständig neu entwickelte Katamaran der Linie. Neben den klassischen Drei-und Vier-Kabinen-Layouts ist der Excess 14 auch in einer dritten, von uns getesteten Variante erhältlich: mit drei Kabinen und einem Multifunktionsund Lagerraum im Bug des Steuerbordrumpfs, in dem bei Bedarf zwei weitere Kojen ausgeklappt werden können. Ein Konzept, das vor allem Eignern gefallen dürfte, die mit dem Boot länger unterwegs sind.
Wie wird sich der neue Excess 14 schlagen? Kann er seiner sportlichen Optik entsprechen, oder entpuppt er sich als Schaf im Wolfspelz? Denn die im Bugbereich sehr breiten Rümpfe lassen bereits beim ersten Eindruck am Steg darauf schließen, dass während der Entwicklung doch der Wohnraum eine etwas tragendere Rolle gespielt hat als die Performance.
An Bord begrüßt Hervé Piveteau, der früher ein respektierter Mini-Transat-Skipper war und das Rennen im Jahr 2007 sogar gewann. Noch heute ist er ein gewissenhafter Gewichts-und Vortriebs-Optimierer und hat zusammen mit den Konstrukteuren von VPLP im Laufe der Entwicklung des Excess 14 fast zwei Tonnen Gewicht über Bord geworfen. Wie ihm das genau gelungen ist, möchte er natürlich nicht verraten. Doch eine Besonderheit liegt darin, dass viele strukturell kaum belastete Holzplatten von hinten ausgefräst wurden, wie zum Beispiel der Deckel des Kartentischs (s. Galerie oben).
Als weitere Besonderheit sind im Gegensatz zu den anderen Booten der Linie die Rümpfe asymmetrisch gestaltet. „Wir wollten ein wenig außerhalb der Box denken und haben uns gefragt: ‚Warum zeichnet man die Rümpfe eigentlich symmetrisch?‘“, sagt Piveteau. Die Asymmetrie versetzt den Auftriebsschwerpunkt näher an die Außenseite der Rümpfe und nach oben, erzeugt damit ein höheres, aufrichtendes Moment. Durch die innen optimierten Rümpfe überlagern sich die Bugwellen der Rümpfe nicht so stark und verursachen einen kleineren Widerstand.
Genau wie Nautitech setzt Excess auf zwei Steuerstände, die achtern außen angeordnet sind. Durch den Steuerstand unten agiert der Skipper – anders als auf einer Flybridge – viel näher am Wasser, hat einen guten Blick auf die Segel und kann sogar die Achterleinen einhand loswerfen.
Wir segeln das Boot in der Pulse-Version, die für einen Aufpreis von rund 25.000 Euro mit einem längeren Mast und einem Squaretopp-Großsegel daherkommt, dazu etwa zwölf Quadratmeter mehr Segelfläche an den Wind bringt. Die Elvstrøm-Segel bestehen außerdem nicht aus weißem Dacron, sondern aus grauem eXRP-Ekko-Laminat. Bei den leichten Winden zwischen zehn und zwölf Knoten springt der Kat sofort an und läuft bei einer Höhe von (für einen Katamaran) wirklich beachtlichen 40 Grad 6,1 Knoten. Damit segelt der Excess 14 im Test sogar noch fünf Grad höher am Wind als der Nautitech 44, der über deutlich schmalere Rümpfe verfügt. Die Kreuzeigenschaften sind für einen Katamaran herausragend gut, die Arbeit von Hervé Piveteau scheint sich gelohnt zu haben.
Naturgemäß noch besser läuft der Excess bei 60 Grad (6,8 Knoten) oder 90 Grad (7,0 Knoten) Windeinfallswinkel. Bei etwas achterlicheren Winden können wir den Code Zero ausrollen und bei 120 Grad sogar 8,1 Knoten erreichen. Das Boot setzt jetzt Böen sofort in Speed um und rennt förmlich los. Auch beim Wenden überrascht der Kat durch seine Agilität, dreht wie ein sportliches Kielboot ohne Verzögerung sofort durch den Wind. Dieses Verhalten mag an den ungewöhnlich tiefen Kielen (1,48 Meter) liegen. „Eigentlich wollten wir das Boot mit Steckschwertern konstruieren“, erklärt Piveteau, „doch dann entschieden wir uns, stattdessen Performance-Festkiele zu entwickeln. Den Tiefgang fanden wir bei der Bootsgröße noch gerade eben vertretbar.“
Anders als bei Lagoon und Fountaine Pajot ist die Steuerübertragung nicht hydraulisch ausgeführt, sondern mit Leinen aus Dyneema. Sie wirken etwas stark gespannt, denn das Rad ist sehr fest, keine Rückmeldung zu spüren, und es bedarf auch ein wenig Kraft, um daran zu drehen. Die Sitzposition auf der hochklappbaren Ruderbank ist sehr bequem. Die beiden Biminis kosten gut 17.800 Euro Aufpreis, aber schützen nur effektiv, wenn sich die Sonne im Zenit befindet. Steht sie etwas tiefer, dann ist lediglich der Kopf beschattet. Die Bedienung der Segel geschieht über drei Winschen (zweimal elektrisch) direkt in Reichweite des Steuerstands an Steuerbord. Mit etwas Übung lässt sich das Boot also einhand segeln. Selbst der Traveller für die Großschot ist elektrisch bedienbar.
Innen bieten Salon und Kabinen ein hervorragendes Platzangebot. Die Werft hat einen guten Mittelweg gefunden, das größtmögliche Volumen aus den Rümpfen zu holen, ohne die Performance zu beeinträchtigen. Der Innenausbau ist eher pragmatisch ausgeführt, die Spaltmaße ähneln frühen Tesla-Autos und variieren zuweilen. Klappt man ein Schapp auf, schaut man auf kaum versiegelte Schnittkanten, Scharniere und Korpus-Verbinder aus dem Möbelbau sowie Schraubköpfe. Der Vergleich mit Ikea drängt sich auf. An den Holzarbeiten lässt sich wenig bootsbauerische Kunst erkennen. Die Kabinen wirken hell und ansprechend, fast schwedisch. Statt Schnappern und Türbeschlägen wurden Tauwerkösen genutzt. Individuelle Lösungen sind Teil der Identität der Marke Excess. Schaut man sich den Innenausbau genauer an, finden sich immer wieder zwar sichtbare, aber halbwegs unscheinbare Ausschnitte zur Gewichtsersparnis.
Auf Topcoat wurde in den Bilgen und auch in der Segellast im Bug vollständig verzichtet, man kann bis auf den Balsaholzkern schauen. Die Aufteilung ist ähnlich der einer klassischen Eigner-Version: zwei Kabinen samt Bädern an Backbord, wobei die Vorschiffs-Doppelkoje mit einer Länge von zwei Metern und einer Schulterbreite von ebenfalls zwei Metern (bei einer Fußbreite von 1,70 Metern) ungewöhnlicherweise die größere der beiden ist. Im Heck ist die Doppelkoje 2,02 Meter lang und lediglich 1,60 Meter breit, was relativ schmal erscheint dafür, dass die Achterkoje der deutlich kleineren Schwester Excess 11 ein Maß von zwei mal zwei Metern besitzt. An Steuerbord ist die Heckkoje identisch, daran angeschlossen befindet sich (wie üblich) ein Schreibtisch, doch das Badezimmer mit Dusche ist nicht im Bug angeordnet, sondern achterlich, aber im vorderen Drittel seitlich an Steuerbord. Dies hat den Nachteil, dass das Badezimmer für eine Eigner-Version überraschend klein ausfällt, mit knappen Durchgangsmaßen von nur 60 Zentimetern zwischen Klo und Waschbecken. Auch die Dusche ist mit einem Maß von 61 mal 67 Zentimetern eher eng bemessen für eine Eignerversion. Doch das kleinere und versetzte Badezimmer machte es den Entwicklern möglich, im Vorschiff einen Multifunktionsraum unterzubringen, der entweder als begehbarer Kleiderschrank und Lagerraum genutzt werden kann oder aber durch Herunterklappen zweier Matratzen als vierte Kabine.
Die Installationen auf dem Testboot wirken zum Teil ein bisschen roh. Etwa sind im Maschinenraum nicht gekürzte, viel zu lange Kabel mit Kabelbindern zusammengeschnürt. Ein paar Dinge auf dem Boot sind zudem so gewollt anders gelöst, dass wenig Raum für konventionelle Lösungen oder eigene Ideen bleibt. Eine Besonderheit der Excess-Serie ist beispielsweise, nur einen Plotter an einem Steuerstand anzubieten und im Salon ein Tablet in einer festen Halterung zu fahren, auf das die Daten des Plotters gespiegelt werden. Doch wenn ein Eigner einen zweiten, vollwertigen Plotter im Salon montieren möchte, dann geht das nur umständlich und sozusagen auf Putz, weil es keine dafür vorgesehene Blende gibt. Auch nicht für andere Instrumente, weder draußen noch drinnen. Man muss das Konzept „Excess“ also selbst leben oder sich zu eigen machen, um mit allen Detaillösungen „d’accord“ zu gehen. Doch der vergleichsweise günstige Basispreis von 618.800 Euro für ein sehr großes und ausgezeichnet segelndes Schiff erleichtert es im Zweifel dem neuen Eigner, einige Zugeständnisse zu machen.
GFK-Sandwichkonstruktion mit Polyesterharz, Rumpf in Vakuum-Infusion, Deck im Injektionsverfahren
Das Squaretopp-Groß und der längere Mast bringen zwölf Quadratmeter mehr Segelfläche
Zwei Yanmar-Diesel mit je 45 PS. Für einen Aufpreis (2.629 Euro) gibt es ein Upgrade auf 57 PS
Stand 11/23. Wie die ausgewiesenen Preise definiert sind, finden Sie hier!
Das obligatorische Paket (31.900 Euro) macht den Excess segelklar. Es enthält einen Landstrom-Anschluss, die Navigations-Elektronik von Garmin, eine Elektrowinsch, den Steuersitz und weitere Extras
Für 25.347 Euro mehr wird aus dem Excess 14 ein Leichtwind-Renner. Kohlefaser-Räder und bessere Segel inklusive
Zwei Biminis (17.838 Euro), elektronische Gashebel (12.423 Euro) und Solarpaneele (16.124 Euro), ein zusätzlicher Wassertank (1.451 Euro) und ein Code Zero (19.560 Euro) vervollständigen das Paket
Ein gelungenes Schiff für Performance-orientierte Segler. Für Eigner, die sich zu Hause auf Ikea-Möbeln zurechtfinden, bietet der Excess 14 ein gutes Preis-Leistungs-Verhältnis.