De Cesari 33So einfach, so anders, so schön – der Weekender im Test

Michael Good

 · 08.10.2024

Anmutig. Das hübsche Heck mit dem positiven, geschlossenen Spiegel prägt die Optik des schönen Daysailers
Foto: YACHT/J. R. Taylor
So einfach, so anders: Der Weekender De Cesari 33 überzeugt mit optischen Reizen, prima Segeleigenschaften und einer exklusiven Fertigung. Die attraktive Italienerin exklusiv auf dem YACHT-Prüfstand

Der Eingang zur Werft ist schwer zu finden. Ein Firmenschild gibt es nicht, noch nicht mal einen Briefkasten. Lediglich eine kleine, unscheinbare Hintertür in einer hohen und unansehnlichen Indus­triefassade führt in die heiligen Hallen der italienischen Bootsbaukunst. In Cervia bei Ravenna an der Küste zur Adria baut und restauriert die Werft De Cesari seit mehr als 70 Jahren Boote aus Holz – und zwar ausschließlich aus dem natürlichen Material. Hier wird nicht geklebt, laminiert und gespachtelt, sondern vielmehr gesägt, gehobelt und geschliffen, in guter traditioneller Handarbeit. Darauf legt Werftchef Paolo de Cesari immer noch großen Wert. Sein Vater Adriano hatte das Unternehmen 1947 gegründet und zunächst mit großer Expertise Renn-Motorboote gebaut, später vor allem auch Regattayachten im Einzelauftrag.

Auch attraktiv und besonders:

Der Konstrukteur Giovanni Ceccarelli hat der Werft einen Entwurf aus­gearbeitet: einen zehn Meter langen Week­ender, den man dank einer Breite von nur 2,55 Metern auch auf einem herkömmlichen Trailer auf der Straße transportieren kann.

Die Linien der De Cesari 33 sind klassisch, mit positivem Yachtheck, ausgeprägtem Decksprung, langen Rumpfüberhängen und einem lotrecht abfallenden Bugsteven. Ganz anders die moderne Gestaltung für das flache Unterwasserschiff mit seinen schlanken und tiefen Anhängen und einem torpedoförmigen Ballastkörper an der Kielflosse. Angetrieben wird die stimmige Kombina­tion aus Tradition und Moderne von einem vergleichsweise hohen und leistungsstarken Rigg mit reichlich Segelfläche.

Meistgelesene Artikel

1

2

3

Mit viel Temperament

Die Konstruktionsparameter versprechen Sportlichkeit und Leistungsvermögen. Die Segeltragezahl liegt bei einem recht hohen Wert von 5,1, obwohl das Holzschiff mit einem Gesamtgewicht von 3,3 Tonnen im Vergleich mit den aus GFK gebauten Konkurrenzbooten nicht gerade als leicht zu bezeichnen ist. Für das Mehrgewicht ist allerdings nicht die Bauweise, sondern vielmehr der hohe Ballastanteil von stattlichen 40 Prozent (1350 Kilogramm Kielgewicht) verantwortlich. Der ist nötig, weil die Italienerin mit einem Streckungsverhältnis von fast 4:1 ungewöhnlich schlank ausfällt und deshalb von Haus aus wenig Formstabilität mitbringt.

Beim Testschlag auf der Adria vor Ravenna haben aber weder das vergleichsweise hohe Gewicht noch eine vermeintlich mangelnde Formstabilität nachteilige Auswirkungen auf die Segeleigenschaften – ganz im Gegenteil. Bei perfekten Testbedingungen um 14 Knoten Wind und einer langen Dünung von etwa einem Meter Höhe zeigt die hübsche Italienerin, was in ihr steckt. Und das ist schon eine ganze Menge. Ein Speed von 6,3 Knoten hart am Wind und vor allem ein Wendewinkel von nur gerade 70 Grad sind Ansagen. Und das schlanke Boot hat auch keine Probleme mit den Wellen. Der füllige Bug setzt weich ein und verdrängt gut. Überkommendes Wasser ist achtern im Cockpit kein Thema, auch bei zeitweise höherem Wellengang nicht.

Richtig ausgetrimmt, segelt die De Cesari 33 steif und sehr ausgewogen. Steuern bleibt trotzdem anspruchsvoll, weil schon die kleinsten Bewegungen an der Pinne sofort Reaktionen hervorrufen. Das macht zwar Spaß, erfordert aber auch eine Menge Aufmerksamkeit vom Steuermann. Seine ausgesprochene Dynamik stellt das Boot im Speziellen auch beim Manövrieren unter Maschine im Hafen unter Beweis. Es lässt sich schon mit wenig Geschwindigkeit und geringem Schub vom Propeller beinahe auf dem Teller drehen. Die Reaktionen beim Vorwärts- und Rückwärtsbeschleunigen sind außergewöhnlich direkt.

Die Drehfreudigkeit ist unter anderem eine Folge der langen Rumpfüberhänge am Heck und am Bug sowie der damit vergleichsweise sehr kurzen Wasserlinie in neutraler Schwimmlage. Diese beträgt nur 7,90 Meter bei einer Rumpflänge von genau zehn Metern. Die kurze Eintauchlänge hat auch Vorteile für die Vermessung. Die Ratings liegen bereits vor. Nach ORC bekommt die De Cesari 33 (das Testboot) ein Handicap von 627,3 GPH, nach IRC liegt der Ausgleich bei 1,030 TCC.

Sportlich oder gezähmt

Der Eigner der Baunummer 1 ist ambitionierter Regattasegler, er möchte mit seinem Boot im Mittelmeer in der Klassiker-Wertung „Spirit of Tradition“ starten. Dafür muss er sein Boot zwingend mit einer weißen Garderobe aus Dacron ausstatten. Das Groß­segel ist durchgelattet und im Topp stark ausgestellt.

Dies macht doppelte Achterstagen notwendig, mit denen sich das Rigg und damit auch der Durchhang im Vorstag sehr wirkungsvoll trimmen lassen. Allerdings müssen die Stagen bei jeder Wende und jeder Halse bedient werden. Die Schotklemmen für die Grob- und Feinverstellung am achteren Cockpitschott sind aber nur sehr umständlich und lediglich mit Krampf zu erreichen; hier gibt es noch Verbesserungs­potenzial. Auch die Umlenkung für die Großschot auf dem Cockpitboden ist kaum bedienbar und die Klemme dort wirkungslos. Zudem verlangt die nur dreifach übersetzte Großschot nach viel Kraft zum Dichtnehmen. Eine Feineinstellung über eine zusätzliche Talje wäre zweifellos machbar und schon im Standard wünschenswert.

Segler, die weniger Wert auf Sportlich­keit und Regattapotenzial legen und lieber auch mal gemütlich allein oder zweit unterwegs sind, können sich die De Cesari 33 mit einem herkömmlichen Großsegel und einem zen­tral geführten Achter­stag ausstatten lassen. Darüber hinaus ist als Alternative zur kurz überlappenden Genua eine Selbstwendefock machbar. Für die Leistungssteigerung hingegen ist ein Rigg aus Kohlefaser von Axxon auf der Liste der Op­tionen verfügbar; die Werft berechnet dafür einen Aufpreis.

Diesel oder Elektro

Das Cockpit mit seinen langen Duchten ist groß genug, damit bis zu vier oder fünf Personen bequem und mit ausreichend Platz segeln und genießen können. Die Plicht ist vergleichsweise tief und dieser Bereich dank der durchgehenden Süllränder auch recht gut geschützt. Wer mit dem Boot längere Schläge plant, bekommt auf Wunsch überdies eine durchgehende Reling mit Bug- und Heckkörben angebaut, was die CE-Entwurfskategorie von C (küstennah) auf B (küstenfern) hochstuft.

Stauräume an Deck gibt es reichlich. Unterhalb der langen Sitzbank zum Beispiel auf der Backbordseite im Cockpit können Schoten, Festmacher oder zusätzliche Segel lagern. Allerdings sind die Backskisten nur sehr schlecht belüftet; Wasser und Feuchtigkeit bleiben hier schnell stehen, was es speziell auf einem Holzboot unbedingt zu vermeiden gilt. Sperrige Sachen wie Fender, Persenninge oder die Badeleiter werden hinten in der riesigen Achterpiek gelagert und sind dort gut und schnell greifbar.

Im Standard ab Werft wird die De Cesari 33 mit einer Zweizylinder-Einbaumaschine von Yanmar mit Saildrive bestückt. Das kleine, handliche Aggregat ist unter einer Klappe im Cockpitboden erreichbar und könnte im Bedarfsfall bei einem Defekt mit vergleichsweise wenig Aufwand komplett ausgebaut werden. Für Wartung und Inspektion ist die Maschine zudem durch eine Klappe hinter der abnehmbaren Treppe am Niedergang erreichbar. Unter Volllast schiebt der Antrieb das Boot bis auf 6,6 Knoten Geschwindigkeit bei glattem Wasser. Alternativ zum Verbrennungsmotor kann sich der Kunde das Schiff auch mit einem Elektro- Antrieb von Mastervolt mit Pod und Lithium-Akkus bestellen. Der Aufpreis dafür beträgt rund 11000 Euro.

Nach alter Schule

Außer den Riggkomponenten, dem Kiel, den Polstern und etwas Bordtechnik findet man an der De Cesari 33 kaum Teile, die nicht aus Holz gefertigt wären. Der Rumpf wird über einem Spantgerüst formverleimt, mit zwei Lagen Okumé diagonal und einer Lage Ma­hagoni in Längsrichtung. Dieser Schicht­aufbau ist durchgehend 14 Milli­meter stark und wird abschließend mit einer dünnen Lage GFK und Epoxidharz über­zogen. Die tragenden Ringspanten und die Längsleisten aus Mahagoni bleiben im Rumpf bestehen, nur die formgebenden Mallen werden wieder entfernt.

Das Deck ist aus herkömmlichen Marine-Sperrholz aufgebaut und mit einem dünnen Mahagonifurnier auf der Innenseite versehen, um unter Deck die einheitliche Optik zu gewährleisten.

Und die ist wahrhaft atemberaubend. Blankes Edelholz, wohin das Auge blickt, tadellos matt lackiert, keine Farben, keine Innenschalen, keine Kunststoff-Teile. Und nirgends im Boot sind Verklebungen oder Reste von Fugenmasse zu sehen. Lückenarm passen die Möbel und Strukturteile zusammen. Speziell der Innenausbau präsentiert sich als Lehrstück großer Hand­werkskunst. Nicht mehr viele Werften fertigen Schiffe mit so viel Können und Leidenschaft und nach alter Schule.

Das Wohnangebot unter Deck bleibt überschaubar. Die Doppelkoje im Vorschiff ist mit einer Länge von 2,15 Metern und einer Breite von 1,60 Metern auf Schulterhöhe auch für zwei noch groß genug zum kom­fortablen Übernachten. Eine weitere Person kann steuerbords auf dem langen Sofa schlafen. Im Lieferumfang inbegriffen ist zudem eine Chemie-Toilette, die unauffällig unter den Kojenbrettern der Vorschiffskoje eingebaut und mit einer dort zu öffnenden Klappe benutzbar wird. Nur an Lüftungsmöglichkeiten fehlt es auch unter Deck. Fenster im Aufbau sind nicht vorgesehen, womit es innen nicht nur an Frischluft, sondern auch an Licht mangelt. Schade.

Verlockung für Individualisten

Die De-Cesari-Werft bietet ihren neuen 33-Fußer für einen Preis von 177.000 Euro (Stand 2021) an. Das entspricht dem Bruttopreis inklusive 19 Prozent Mehrwertsteuer für das weitgehend segelklar ausgestattete Serienboot mit Antifouling-Anstrich und einschließlich der segelklaren Übergabe. Allerdings fehlen dabei noch die Segel, welche im Werftstandard nicht spezifiziert sind. Für eine einfache Amwind-Garderobe müssen noch einmal rund 9.000 Euro dazugerechnet werden. Überdies gehören zumindest ein Gennaker oder ein Code Zero fast zwingend zum Konzept.

Das Preisgefüge erscheint mit einem gegenüberstellenden Blick auf das Konkurrenz­umfeld zwar gehoben, bleibt trotzdem schwer einzuordnen, weil es mit Bezug auf die sehr exklusive und hochwertige Holz­bauweise kaum wirklich Vergleichbares auf dem Markt gibt. Klar ist: Wer sich für einen individuellen Daysailer oder Weekender um zehn Meter Rumpflänge interessiert und dabei das ganz Besondere sucht, wird sich jetzt auch die De Cesari 33 ansehen müssen. Und das lohnt sich auf jeden Fall.

Die Messwerte zum Test der De Cesari 33

Windgeschwindigkeit: 14 kn (4 Bft.); Wellenhöhe: Schwell ca. 1,0 Meter; * Mit Code Zero / ** mit Gennaker

Die De Cesari 33 im Detail

Zwei Welten. Klassische Linien oberhalb und eine moderne Konstruktion unterhalb der Wasserlinie – stimmigFoto: YACHT/N. CampeZwei Welten. Klassische Linien oberhalb und eine moderne Konstruktion unterhalb der Wasserlinie – stimmig

Technische Daten der De Cesari 33 im Detail

  • Konstrukteur: G. Ceccarelli
  • CE-Entwurfskategorie: C/B
  • Rumpflänge: 9,99 m
  • Breite: 2,55 m
  • Tiefgang: 2,00 m
  • Gewicht: 3,3 t
  • Ballast/-anteil: 1,35 t/40 %
  • Großsegel: 34,1 m2
  • Rollgenua (106 %): 23,7 m2
  • Maschine (Yanmar ): 13 kW/18 PS

Rumpf- und Decks­bauweise

Rumpf formverleimt mit Epoxid (2 Lagen Okumé, 1 Lage Mahagoni), mit GFK überzogen. Deck aus Sperrholz

Preis und Werft

  • Grundpreis ab Werft: 177.300 €
  • Generelle Garantie: 5 Jahre

Stand 2021, wie die ausgewiesenen Preise definiert sind, finden Sie hier!

Werft und Vertrieb

Cantiere Navale de Cesari S.N.C., I-48015 Cervia Milano Marittima; www.cantierenavaledecesari.it

YACHT-Bewertung der De Cesari 33

Der schöne und stimmige Week- ender stammt aus einer traditionellen Yachtbau-Manufaktur in Italien und ist komplett aus Holz gebaut. Die Konstruktion von Giovanni Ceccarelli zeigt auch unter Segeln Vorzüge

Konstruktion und Konzept

  • + Attraktive Erscheinung
  • + Exklusive Bauweise aus Holz
  • - Gehobener Preis

Segelleistung und Trimm

  • + Läuft hoch und steif am Wind
  • + Hohe Dynamik, viel Agilität
  • + Effiziente Trimmeinrichtungen

Wohnen und Ausbauqualität

  • + Wunderschöner Innenausbau
  • - Wenig Licht und Luft unter Deck

Ausrüstung und Technik

  • + Gute, komplette Decksausstattung
  • + Elektromotor als Option
  • - Teils schlecht erreichbare Beschläge

Der Test erschien erstmalig in YACHT-Ausgabe 05/2021 und wurde für die Onlineversion überarbeitet.

Meistgelesen in der Rubrik Yachten