Maxus 35Neuer Mitbewerber in der Zehn-Meter-Klasse im Test

Michael Good

 · 28.01.2024

Elegant? Na ja! Mit dem hohen Freibord und dem eigentümlich geformten Kajütaufbau polarisiert das Design der Maxus 35 auch optisch. Schön geht anders
Foto: EYOTY/Ludovic Fruchaud
Mit einem neuen Boot in der beliebten Zehn-Meter-Klasse will die polnische Werft Northman den großen arrivierten Herstellern Marktanteile abnehmen. Kann dies gelingen? Der YACHT-Test

Zu sehen auf der Boot Düsseldorf in Halle 15, Stand B 40

Knapp zehn Meter lang und dreieinhalb Meter breit. Das sind im Groben die Abmessungen für Boote, die sich viele Segler wünschen – auch solche, die es gern werden möchten. Denn mit der überschaubaren Größe kommen selbst Einsteiger gut zurecht, ein Liegeplatz ist leichter zu finden, und neben den Anschaffungs- halten sich auch die Betriebskosten in Grenzen. Das Angebotsspektrum in der Größe ist obendrein vielfältig: Es reicht vom familientauglichen Cruiser mit bis zu drei Kabinen für Wochenende und Urlaub über den eleganten Daysailer bis hin zum sportlichen Regattaboot.

Zehn Meter, das ist zudem ein Format, dem die großen Serienhersteller ihre besondere Aufmerksamkeit schenken und schon immer geschenkt haben. Es geht in dieser attraktiven Gattung der Fahrtenboote nicht nur um hohe Stückzahlen, sondern vor allem auch darum, Neukunden und Umsteiger an die Marke heranzuführen und für größere Modelle zu binden. Das heißt für die Produzenten: Boote bauen, die einerseits den hohen Ansprüchen einer akkurat vergleichenden Kundschaft entsprechen und andererseits die typischen Markenwerte repräsentieren. Kein Wunder also, dass die führenden Hersteller wie Bavaria, Beneteau, Dufour, Hanse oder Jeanneau die Nachfrage mit aktuellen und konkurrenz­fähigen Modellen bedienen und das Programm in kurzer Taktung überarbeiten.

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Ähnlich, aber nicht gleich: Das ist die Konkurrenz


Und natürlich spielt die Preisgestaltung eine wichtige Rolle. Die Zehn-Meter-Klasse ist einem knüppelharten Konkurrenzkampf ausgesetzt, dem sich eben nur die großen und mächtigen Serienproduzenten stellen können. Kleinere Hersteller wagen sich derweil kaum an das Format heran – aus guten Gründen. Die Ausnahme macht jetzt die Northman-Werft in Polen, die sich mit einer neuen Maxus 35 auf den umkämpften Markt wagt. Dafür kann sie sich über begehrte Schützenhilfe freuen; das neue Boot ist nämlich zur Wahl als Europas Yacht des Jahres 2024 nominiert.

Die Konstruktion kommt aus dem Büro von D&S Yacht Design (Jacek Daszkiewicz und Krzysztof Smaga), das bisher schon für Northman Shipyard gearbeitet hat, auch im Bereich von deren Motorboot-Programm. Auffällig an der Maxus 35 sind die recht harten Aufkimmungen des Rumpfes im achteren Teil und der hochgezogene Bug. Insgesamt ist der Freibord über die ganze Rumpflänge vorn deutlich höher als hinten, was die Optik prägt. Und auch die Gestaltung des hohen und weit nach vorn gezogenen Kajüt­aufbaus mit dem durchgehenden Fensterband im Stil einer Deckssalonyacht hat Alleinstellungscharakter. Die neue Maxus 35 ist markant, nicht elegant, eine Geschmackssache.

Herstellungsweise und Riggaufbau

L-Kiele mit 1,95 Meter und 1,50 Meter Tiefgang stehen für das Boot zur Auswahl, daneben kann die Werft alternativ zwei Kimmkiele anbieten, mit der Möglichkeit zum Trockenfallen und einfachen Abstellen an Land. Bei Northman werden die Decks und die Rümpfe aus GFK in Handauflage gebaut. Der Rumpf entsteht im Volllaminat, das Deck als Sandwichkon­struktion mit Schaumkern.

Das Rigg liefern die Franzosen von Sparcraft an. Der Mast mit zwei Salingen und den außen direkt mit dem Rumpf verbundenen Wanten steht im Vergleich recht weit vorn. Damit bleibt das J-Maß, also der Abstand vom Vorstagpütting bis zum Mast, relativ kurz. Eine Selbstwendefock wird zwar von der Werft als Ausstattungs-Option angeboten, ergibt aber in dem Fall wenig Sinn, weil die Segelfläche doch sehr klein ausfallen würde. Standard ist deshalb die etwa 106 Prozent überlappende Genua mit Holepunktschienen auf Deck, seitlich vom Kajütaufbau. Aber selbst in dem Fall bleibt die Größe des Vorsegels mit einem Anteil von nur 41 Prozent der gesamten Segelfläche am Wind eher bescheiden. Die Segeltragezahl liegt bei 4,1 und weist die Maxus 35 damit als reines Fahrtenboot ohne großes Leistungspotenzial aus.

Bei wenig Wind zeigt sich das Boot spürbar untertakelt

Beim YACHT-Test vor La Rochelle in Westfrankreich zeigt das Boot bei anfangs bloß schwachem Wind dementsprechend auch Mühe, zügig in Fahrt zu kommen. Das Schiff wirkt am Wind zunächst träge und fühlbar untertakelt. Für den Einsatz auf den windschwachen Binnensee-Revieren wäre ein rollbarer Code Zero die gute Wahl. Dafür ist die Maxus 35 schon ab Werft mit einer recht langen Bugnase mit Wasserstag ausgestattet, an der auch ein Gennaker angeschlagen werden kann.

Bei zunehmend Wind im YACHT-Test kommt die Maxus 35 aber doch noch gut in Bewegung. Bei zehn Knoten ist die Polin dann schon ganz ordentlich unterwegs und loggt 5,5 Knoten bei einem Winkel zur wahren Windrichtung von 45 Grad. Für ein reines Tourenschiff ohne sportlichen Anspruch liegen die Leistungswerte durchaus im angemessenen Bereich. Dazu muss allerdings erwähnt werden, dass das Testboot als Up­grade mit besseren, formstabilen Segeln aus laminierter Ware ausgestattet ist, was für einen Leistungsschub gesorgt haben dürfte. Im Standard wird die Maxus 35 mit einer einfachen Amwind-Garderobe aus Dacron ausgeliefert.

Bei mehr Krängung liefern die Unterwasser-Anhänge zudem einen leichten, angenehmen Ruderdruck, was es einfach macht, die Yacht optimal an der Windkante zu lenken. Die hochwertige Steueranlage von Jefa bedient den Quadranten des Einzelruders von beiden Steuersäulen mit einem durchgehenden Kabelzug. Damit ist zwar keine Redundanz gegeben, dafür ist aber die gesamte Mechanik der Steuerung durch eine Klappe im Cockpitboden bestens erreichbar und ein Defekt im Notfall deshalb auch leichter zu be­heben. Eine sehr gute und durchdachte Einrichtung.

Aktives Trimmen möglich

Die Großschot wird über ein Schotdreieck vor dem Niedergang gefahren, eine denkbar einfache und gleichermaßen gute Lösung, weil der Großbaum ohne viel Schotzug bis in die Schiffsmitte getrimmt werden kann. Wie beim Testboot kann die Großschot geteilt und beidseits über den Mastfuß zurück ins Cockpit umgelenkt werden (German Cupper System). In dem Fall baut die Werft ein zweites Paar sekundäre Winschen auf das achtere Cockpitsüll, damit der Steuermann die Großschot auf beiden Seiten direkt erreichen kann. Dieses Arrangement gibt es nur als Option und empfiehlt sich für Segler, die gern aktiv trimmen oder öfter einhand unterwegs sind. Im Standard wird die Großschot über die Fallenwinschen auf dem Dach seitlich vom Niedergang bedient.

Die Ausstattung ist übrigens schon ab Werft erfreulich hochwertig und sehr großzügig dimensioniert. Northman baut seiner 35er der Maxus-Linie ausschließlich Beschläge vom Premium-Hersteller Harken an. Die selbstholenden 40er-Winschen sind ausreichend groß, um die Lasten der Schoten auch ohne Elektroantriebe problemlos bewältigen zu können, die aber als Option erhältlich sind.

Die Ausbauvarianz mit zwei oder drei Kabinen haben alle Boote innerhalb der Konkurrenz in der Zehn-Meter-Klasse gemeinsam. Dazu kommt ein Toilettenraum sowie die Pantry. Die Maxus 35 macht bezüglich der generellen Layouts keine Ausnahme zum Wettbewerb. Was sie aber abgrenzt, ist der breite Technikkanal zwischen den Achterkabinen beziehungsweise der Backskiste.

Maxus 35 mit Vor- und Nachteilen unter Deck

Der zentrale Bereich in Verlängerung des Maschinenraums bietet sich an für zusätzliche technische Einbauten. Auch der Dieseltank und die Mechanik der Steuerung sind dort installiert. Der Nachteil: In der Achterkabine ist die Breite der Koje stark reduziert. Auf Höhe der Schultern ist die Liegefläche nur gerade 1,17 Meter breit, was für zwei Erwachsene deutlich zu schmal ist. In der Achterkabine schläft also nur eine Person ausreichend komfortabel. Dafür bietet die Vorschiffskoje reichlich Platz für eine Doppelbelegung, selbst wenn die Liegefläche sehr weit in den Bug hineingebaut und bei den Füßen gerade mal 36 Zentimeter breit ist. Durch die Länge der Liegefläche von 2,10 Metern relativiert sich dieser Umstand allerdings. Auch auf der Backbordseite im Salon kann ein Erwachsener bequem übernachten. Auf der Gegenseite ist das Sofa zwar etwas kürzer, für ein Kind aber immer noch als Koje brauchbar.

Beim Standard-Zweikabiner ist die ohnehin schon sehr großzügig eingeplante Nasszelle achtern um ein abgetrenntes Dusch­abteil erweitert. Überdies kann man im Bad durch eine wasserdicht verschließbare Luke die große Backskiste erreichen. Ist das Boot mit insgesamt drei Kabinen ausgebaut, fallen natürlich sowohl der große Stauraum achtern wie auch das separierte Duschabteil weg.

Der Ausbau-Standard ist besser als der Durchschnitt

Die Interieur-Komponenten wirken nicht nur sehr robust, sondern sind zudem gut und stimmig eingebaut. Dazu gehört, dass die Schnittkanten sämtlicher Holzteile schön verschliffen und zusätzlich versiegelt sind. Die technischen Elemente an Bord für die Strom- und Wasserkreisläufe sind ebenfalls tadellos und nachvollziehbar installiert und obendrein sehr gut zugänglich. In der Summe überrascht die Maxus 35 mit einer beispielhaft soliden und hochwertigen Ausbauqualität und kann diesbezüglich im Vergleich mit den Booten der Konkurrenz aus den großen Produktserien sogar noch vorlegen.

Dennoch gibt es auch Kritik. So ist der Niedergang sehr schmal und steil und deshalb schwierig zu begehen. Dies vor allem, weil sich das Schiebeluk nur begrenzt öffnen lässt. Wer hier ein und aus geht, muss sich verbiegen können und den Kopf einziehen. Die Lüftungsmöglichkeiten im Schiff könnten ebenfalls besser sein. Vor allem im Salon stehen einzig die Luke im Deck und der Niedergang zur Verfügung.

Maxus 35 bewegt sich preislich im Mittelfeld

Mit einem Grundpreis von rund 160.000 Euro positioniert sich die Maxus 35 etwa in der Mitte des Preisgefüges innerhalb des Konkurrenzumfelds. Ein fairer Preis unter Beachtung der guten, hochwertigen und zudem ziemlich umfangreichen Grundausstattung ab Werft. Übrigens: Das Flaggschiff der Northman-Werft ist unter der Bezeichnung Maxus 34 in einer stark abgespeckten Variante und für einen Grundpreis von nur knapp 115.000 Euro zu bekommen. In dieser Ausführung als Daysailer für Binnengewässer kommt das Boot ohne Motor, mit einem deutlich einfacheren Innenausbau sowie einer reduzierten Grundausstattung. Daneben ist die 34er auch als Kielschwerter oder als Hubkieler mit flexiblen Tiefgängen zu haben.

Northman bringt mit der neuen Maxus 35 ein Schiff in Position, das sich als starker Wettbewerber für die etablierten Marken präsentiert und den Vergleich nicht zu scheuen braucht. Das Boot wird als Neuheit im Januar 2024 auf der Messe boot in Düsseldorf zu sehen sein. Wer sich also für die Zehn-Meter-Klasse interessiert, muss sich dort auf jeden Fall auch die Maxus angucken.

Die Messwerte zum Test der Maxus 35

Bild 1

Die Maxus 35 im Detail

 | Zeichnung: YACHT/N. Campe | Zeichnung: YACHT/N. Campe

Technische Daten der Maxus 35

  • Konstrukteur: D&S Yacht Design
  • CE-Entwurfskategorie: A
  • Rumpflänge: 9,96 m
  • Gesamtlänge: 10,68 m
  • Wasserlinienlänge: 9,60 m
  • Breite: 3,40 m
  • Tiefgänge Festkiel: 1,95/1,50 m
  • Masthöhe: 14,0 m
  • Theor. Rumpfgeschwindigk.: 7,5 kn
  • Gewicht: 6,3 t
  • Ballast/-anteil: 1,80 t/28 %
  • Großsegel: 34,30 m2
  • Rollgenua (106 %): 24,20 m²
  • Gennaker: 60,0 m²
  • Maschine (Yanmar): 21 kW/29 PS
  • Kraftstofftank (PVC): 54 l
  • Frischwassertanks (PVC): 170 l
  • Fäkalientank (PVC): 50

Rumpf- und Decks­bauweise

Rumpf: GFK-Volllaminat in Handauflage. Deck: GFK-Sandwichlaminat in Handauflage mit Airex-Schaumkern. Laminiert wird mit Polyesterharz

Ausstattung und Preise

  • Grundpreis ab Werft: 160.530 €
  • Standardausrüstung inklusive: Segel, Motor, Schoten, Reling, Positions­laternen, Batterie, Kom­pass, Segel, Polster, Pantry/Kocher, Lenzpumpe, WC, Segelkleid (LazyBags), Feuerlöscher, E-Kühlfach
  • Gegen Aufpreis: Anker mit Kette 1.655 €, Fender/Festmacher 490 €, Fäkalientank mit Absaugung 1.300 €, Antifouling 2.380 €, segelklare Übergabe 1.500 €
  • Preis segelfertig: 2167.855 €
  • Garantie/gegen Osmose: 2/2 Jahre

Aufpreis für Komfort-Ausstattung

  • Leinenverstellb. Holepunkte: inkl.
  • Traveller mit Leinenführung: n. erh.
  • Elektrische Ankerwinsch: 1.330 €
  • Rohrkicker: 650 €
  • Achterstagspanner: inkl.
  • Springklampen: inkl.
  • Sprayhood: 6.190 €
  • Teak im Cockpit: 6.000 €
  • UKW-Funkgerät: 1.010 €
  • Logge und Echolot: E-Paket
  • Windmessanlage: E-Paket
  • Elektropaket: 2.400 €
  • Autopilot: 4.225 €
  • Ladegerät: 1.190 €
  • Landanschl. mit FI-Schalter: inkl.
  • 230-Volt-Steckdose (eine): 130 €
  • 12-Volt-Steckdose in der Navi: inkl.
  • Heizung: 5.760 €
  • Druckwassersystem: inkl.
  • Warmwasser-Boiler: inkl.
  • Dusche WC-Raum: inkl.
  • Cockpitdusche: 870 €
  • Komfortpreis 2: 197.610 €

Im Preis enthalten:

Cockpittisch beidseitig klappbar, Badeleiter Edelstahl, laminierte Bugplattform, Traveller für Selbstwendefock, Panoramafenster aus Echtglas

Rigg

Ab Werft wird die Maxus 35 mit einem Aluminium-Rigg mit zwei Salingen von Sparcraft ausgestattet. Eine Mastlegevorrichtung bietet die Werft als Option an

Segel

Eine einfache Dacron-Garderobe (Genua und Groß) wird im Standard mitgeliefert. Bessere Segel wie auf dem Testschiff sowie einen Gennaker oder Code Zero gibt es ab Werft

Motorisierung

Einbaudiesel von Yanmar (3YM30) mit Saildrive, wahlweise mit Wellenantrieb. Ein Elektroantrieb ist als Variante herstellerseitig möglich

Batterien

AGM-Batterien in der Standard-Ausstattung. 1x 75 Ah (Starterbatterie), 1x 180 Ah (Service)

Werft

Northman Shipyard, Wegorzewo (Polen); www.northman.pl

Vertrieb

Sportboothandel M. Johannsen; 04509 Delitzsch; www.brodauer-bootshaus.de

YACHT-Bewertung

Die Maxus 35 ergänzt und bereichert die gut besetzte Klasse um zehn Meter Rumpflänge mit einem starken, funktionierenden Gesamtpaket. Die Verarbeitungs- und Ausbauqualität begeistert, und der Preis ist akzeptabel.

Konstruktion und Konzept

  • + Stimmiges Gesamtkonzept
  • + Sehr robuste Bauausführung
  • - Kurzes J-Maß, zu kleine Fock
  • - Gewöhnungsbedürftige Optik

Segelleistung und Trimm

  • + Segelt ausgewogen bei Wind
  • + Einhandtauglich als Option
  • + Funktionierendes Layout
  • - Untertakelt bei Leichtwind

Wohnen und Ausbauqualität

  • + Schön gebautes Interieur
  • + Nasszelle mit Dusche möglich
  • - Koje achtern sehr schmal
  • - Niedergang eingeschränkt

Ausrüstung und Technik

  • + Steuerung perfekt zugänglich
  • + Gute Ausstattung ab Werft
  • + Tadellos installierte Technik
  • - Wenig Lüftungsmöglichkeiten

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