Grand Soleil BlueSportlicher Start in eine neue Werftlinie

Michael Good

 · 14.06.2025

Komfort trifft Performance: Riesiges Cockpit und viel Platz zum Genießen. Auch die Leistung bleibt nicht auf der Strecke.
Foto: Michael Good
Mit der Grand Soleil Blue legen die Yachtbauer von Cantiere del Pardo ein starkes Fundament für den Aufbau einer komplett neuen Werftlinie. Der hübsche Weekender im YACHT-Test.

Man sagt, dass Boote, die gut aussehen, auch genauso gut segeln. Wirklich? Einen Beweis für diese gewagte Behauptung liefern jetzt die Yachtbauer von Cantiere del Pardo mit ihrer neuen Grand Soleil Blue. Der smarte Weekender mit seinen aufregend hübschen Linien ist schon anlässlich seiner Premiere im Januar auf der Messe boot in Düsseldorf aufgefallen und zu einem der großen Gesprächsthemen geworden. Jetzt hat die schöne Italienerin im YACHT-Test gezeigt, dass in ihrem Fall sehr wohl Optik und Performance Hand in Hand gehen.

Bisher haben sich die Yachtbauer in Forlì an der italienischen Adriaküste auf ihre zwei erfolgreichen Linien für schnelle Performance-Cruiser und sportliche Blauwasseryachten unter der Typenbezeichnung LC (Long Cruise) konzentriert. Immerhin umfasst das Programm des größten Serienherstellers in Italien mittlerweile nicht weniger als 14 Modelle zwischen 40 und 80 Fuß Länge. Mit dem neuen Typ Grand Soleil Blue wird das Programm nun erweitert – und gleichzeitig das aktuell kleinste Boot der Marke mit einer Rumpflänge von unter zehn Metern vorgestellt.

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Mehr noch: Ein reiner Daysailer oder Weekender ist für die Werft Cantiere del Pardo und deren Marke Grand Soleil ein absolutes Novum. Das neue Modell wird zwar als „Special Project“ auf der Website der Werft geführt, dennoch soll es gleichzeitig eine starke Basis für den Aufbau eines neuen, dritten Werftprogramms bilden.

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Nachhaltig umweltfreundlich

Der Namenszusatz „Blue“ steht dabei für das Engagement der Werft für ein nachhaltig umweltfreundliches Bauverfahren. Blau symbolisiert für die Italiener das Meer – ein Äquivalent zur Bezeichnung Grün für die Umweltbelange an Land. Die ökologischen Projektziele sollen unter anderem durch den Einsatz vollständig wiederverwertbarer Verbundwerkstoffe erreicht werden.

Der Rumpf, das Deck sowie alle im Faserverbund gebauten Kleinteile werden für die neue Grand Soleil Blue mit dem thermoplastischen Harz Elium des Herstellers Arkema laminiert. Dieses Polymer lässt sich später durch einen chemischen Prozess aus dem Faserverbund herauslösen und vollständig dem Recycling zuführen.

Die Konstruktion der Grand Soleil Blue kommt wieder aus dem Büro von Matteo Polli Yacht Design, der mittlerweile alle Neubauprojekte der Marke Grand Soleil begleitet. Polli ist bekannt für seine nicht nur attraktiven, sondern auch äußerst erfolgreichen Entwürfe, insbesondere für das ORC-Handicap. Als reiner Daysailer oder Weekender mit wenig Anspruch an besondere Regattatauglichkeit wurde das neue Modell von Grand Soleil allerdings nicht speziell in eine besonders vorteilhafte Vermessung hineinkonstruiert.

Vielmehr ging es Polli darum, optisch der typischen Marken-DNA von Grand Soleil zu folgen, gleichzeitig aber auch eine einprägsame Identität für eine neue Werftlinie zu schaffen. Dafür stehen der flache, fast schon keilförmige Kajütaufbau, der auffällig niedrige Freibord und vor allem die markante Prägung des Hecks mit dem flachen, ausladenden V-Spant und der weit eingezogenen Wasserlinie. Diese spezielle Gestaltung ist typisch für den Konstrukteur und mittlerweile sogar unter der Bezeichnung „Polli-Heck“ bekannt geworden. Dazu kommt ein schlankes, aber tiefes Einzelruder, das weit vorne eingebaut ist, sowie ein sportlicher T-Kiel mit einem extrem dünnen, aber auch langen Ballastkörper in Torpedo-Form.

Die Segelleistungen der Grand Soleil Blue

Die Konstruktionsparameter versprechen also schon mal viel Sportlichkeit und Leistungsvermögen. Die Segeltragezahl liegt bei einem überdurchschnittlich hohen Wert von 5,3, obwohl das Boot mit einem Gesamtgewicht von 3,5 Tonnen bei einem üppigen Ballastanteil von etwa einem Drittel im Vergleich insgesamt nicht besonders leicht ausfällt.

Bild 1
Foto: YACHT

Der Test findet auf dem Gardasee vor Malcesine statt. Die am Nachmittag einsetzende Thermik ist am Testtag aber leider nicht so stark wie sonst bei schönem Wetter üblich. Der Wind bleibt mit maximal 10 Knoten eher schwach, das Wasser wellenlos. Trotzdem kann die hübsche Ita lienerin zeigen, was in ihr steckt. Und das ist schon eine ganze Menge: 6,6 Knoten hart am Wind bei einem engen Wendewinkel von nur gerade 75 Grad. Raumschots, bei halbem Wind und mit Gennaker, schafft es der Daysailer auf 7,5 Knoten Speed. Diese Leistungsdaten sind eine Ansage – auch an die Konkurrenz.

Richtig ausgetrimmt segelt die Grand Soleil Blue dynamisch und steif. Das Steuern bleibt trotzdem anspruchsvoll, weil schon die kleinsten Bewegungen an den doppelten Rädern sofort Reaktionen zeigen. Hinzu kommt, dass das Boot sehr ausgewogen segelt und deshalb kaum Steuergefühl vorhanden ist. Das Steuern macht zwar viel Spaß, erfordert aber auch eine Menge Aufmerksamkeit vom Rudergänger, um das Boot optimal an der Windkante zu halten.

Gut zu zweit segelbar

Zu zweit kommt man mit der Grand Soleil Blue bestens klar. Mehr Mannschaft braucht es nicht. Dank der Standard-Selbstwendefock lässt sich das Boot aber auch im Alleingang gut beherrschen, ohne Einschränkungen. Die Führungen der Schoten und Trimmleinen seitlich auf die Winschen auf dem hinteren Süllrand sind tadellos organisiert und alle Funktionen auch aus der Position des Steuermanns perfekt zu erreichen. Für reibungslose Abläufe beim Trimmen und in den Manövern sorgt überdies eine hochwertige Auswahl an ordentlich dimensionierten Decksbeschlägen namhafter Hersteller.

Wegen des im Topp ausgestellten Großsegels (Square Head) muss die Grand Soleil Blue ohne ein Achterstag auskommen. Wer sportlich segeln will und auf maximale Performance Wert legt, kommt deshalb nicht umhin, den Großschot Traveller auf dem Achterdeck anbauen zu lassen, den die Werft allerdings nur als Option anbietet. Zudem könnte anstelle der hohen und schlanken Selbstwendefock auch eine überlappende Genua mit 3D-Holepunkten auf dem Kajütdach gefahren werden. Die Ausstattungen für mehr Leistung gibt es einzeln oder in Paketen wahlweise auch mit einem Rigg aus Kohlefaser. Weiterhin sind auf beiden Seiten zusätzlich jeweils zwei große Schotwinschen für Genua und Gennaker erhältlich, welche auch elektrisch betrieben werden können. Optional lässt sich das Handling somit auf ultimatives Knopfdruck-Segeln einrichten.

Mit einer Breite von nicht weniger als 3,70 Metern ist die Grand Soleil Blue im Vergleich mit möglichen Konkurrenzbooten deutlich voluminöser. Der Streckungsfaktor der Polli-Konstruktion liegt bei einem Wert von nur 2,7, was für die sonst generell eher schlanken Daysailer oder Weekender ungewöhnlich ist. Durch den niedrigen Freibord und den flachen Kajütaufbau fällt die außerordentliche Breite optisch aber gar nicht wirklich auf. Probleme gibt es höchstens in den Häfen, wo breite Boote oft keinen Platz mehr finden. Zudem ist der Transport auf der Straße nur mit Sonderbewilligung möglich, während viele andere Daysailer und Weekender im gleichen Längensegment auch problemlos auf dem Trailer transportiert werden können.

Tatsächlich fühlt sich die Grand Soleil Blue für die Mitsegler deutlich größer und wuchtiger an, als sie tatsächlich ist. Im Cockpit ist Platz genug, damit bis zu sechs Personen bequem miteinander segeln und genießen können. Die Duchten sind 1,57 Meter lang und zusammen mit dem abgeschrägten Kajütschott auch als bequeme Sonnenliegen zu nutzen. Weil achtern kein Innenausbau vorgesehen ist, bleibt die Plicht vergleichsweise tief und das Cockpit deshalb auch gut geschützt.

Die Grand Soleil Blue unter Deckt

Auch der Innenausbau profitiert von den üppigen Konstruktionslinien. Reduziert auf den Bereich vor dem Kajütschott präsentiert sich das Interieur trotzdem sehr geräumig und fahrtentauglich. Passend zur Ausrichtung als Weekender liegt der Fokus aber nicht auf einem möglichst reichhaltigen Angebot von Kojenplätzen, sondern vielmehr auf maximalem Wohnkomfort für ein Paar oder allenfalls eine kleine Familie mit Kindern. Bis auf die geschlossene Nasszelle bleibt das Schiff unter Deck deshalb ohne räumliche Abtrennungen komplett offen. Diese Gestaltung sorgt nicht nur für eine flexible Nutzung, sondern auch für ein weitläufiges Raumgefühl.

Die deutlich über zwei Meter lange Liegefläche im Vorschiff nutzt die gesamte Schiffsbreite aus. Im Bereich der Schultern steht hier deshalb eine üppige Breite von 2,08 Metern zur Verfügung. Solche Kojenmaße sind selbst im gehobenen Luxussegment eine Ausnahme. Die Sofas weiter achtern bleiben dafür kurz und können für Erwachsene nicht als zusätzliche Kojen genutzt werden. Auch das passt insgesamt aber gut ins Bild von einem echten Weekender. Stehhöhe ist unter Deck ebenfalls nicht gegeben, dafür können vier Personen sehr bequem und aufrecht auf den Sitzbänken um den stabilen Salontisch sitzen. Weil im flachen Freibord keine Rumpffenster vorgesehen sind und die Aufbaufenster dazu auch nur schmal ausfallen, bleibt es unter Deck auch bei Sonne relativ dunkel.

Wer mit dem Boot auch mal länger unterwegs sein möchte, freut sich über die erstaunlich große und gut ausge- stattete Pantry mit reichlich Arbeitsflächen und gut nutzbaren Stauräumen. Durch das weit ausgeschnittene Schiebeluk ist es möglich, im Bereich von Niedergang und Pantry zu stehen.

Die Grand Soleil Blue fährt elektrisch

Passend zum ökologischen Ansatz der Bauweise mit recycelbaren Verbundwerkstoffen wird die Grand Soleil Blue ausschließlich mit einem Elektro-Antrieb ausgestattet. Die Werft empfiehlt den Einbau eines Pod-Motors von Hersteller ePropulsion mit einer Leistung von 6 kW. Der Strom dafür kommt von einer unter dem Niedergang verbauten Batterie, welche über die standardmäßig vorinstallierten Solarpaneele auf dem Kajütdach sowie über Hydrogeneration durch den mitlaufenden Propeller permanent aufgeladen wird.

Der Preis der Grand Soleil Blue

  • Grundpreis ab Werft 272.500
  • Preis segelfertig 298.930
  • Garantie/gegen Osmose 2/2 Jahre

Stand 2025, wie die ausgewiesenen Preise definiert sind, lesen Sie hier!

Gut 270.000 Euro kostet die Grand Soleil Blue in der Standardausstattung ab Werft. Das Preisgefüge erscheint im Vergleich mit dem Konkurrenzumfeld gehoben. Dazu ist auch die Liste der möglichen Optionen recht lang und kostenintensiv. So sind etwa die Segel im Standard-Lieferumfang nicht enthalten und müssen dazugekauft werden. Für einen einfachen Satz Segel mit Groß, Selbstwendefock und Gennaker muss man mit wenigstens 15.000 Euro zusätzlich kalkulieren.

Die Grand Soleil Blue lässt sich nicht leicht in eine Schublade zwängen. Die Eigenständigkeit ihres Konzepts und die aufregende Optik machen sie zu etwas Besonderem, was vor allem Individualisten locken wird.


Yacht-Bewertung

Attraktiver und leistungsstarker Weekender mit einem gemütlichen und tourentauglichen Innenausbau. Die Ausstattung ist gut und hochwertig, der Preis gehoben.

Konstruktion und Konzept

Nachhaltige Bauweise

Tiefes, gut geschütztes Cockpit

Extreme Breite im Vergleich

Segelleistung und Trimm

Viel Leistungspotenzial

Einhandtauglich

Wenig Ruderdruck

Wohnen und Ausbauqualität

Weiträumige Gestaltung

Funktionale Pantry

Wenig Licht unter Deck

Ausrüstung und Technik

Hochwertige Basisausstattung

Elektromotor im Standard

Innovative Heckplattform

Technische Daten Grand Soleil Blue

Der sportliche Riggplan sieht ein Groß mit Square-Top vor. Der Innenausbau ist stark komprimiert. Trotzdem gibt es einen abgetrennten Toilettenraum sowie eine Pantry.Foto: YACHTDer sportliche Riggplan sieht ein Groß mit Square-Top vor. Der Innenausbau ist stark komprimiert. Trotzdem gibt es einen abgetrennten Toilettenraum sowie eine Pantry.
  • CE-Entwurfskategorie C
  • Rumpflänge 9,99 m
  • Gesamtlänge 11,30 m
  • Wasserlinienlänge 9,05 m
  • Breite 3,70 m
  • Tiefgang/alternativ 2,20/1,80 m
  • Masthöhe über WL 15,70 m
  • Rumpfgeschwindigkeit 7,3 kn
  • Gewicht 3,5 t
  • Ballast/-anteil 1,2 t/34 %
  • Großsegel 38,0 m²
  • Selbstwendefock 26,0 m²
  • Genua (106 %) 32,0 m²
  • Motorisierung Elektro-Pod 6 kW
  • Frischwassertank (PVC) 70 l
  • Fäkalientank (PVC) 25 l

Rumpf- u. Decks­bauweise

Recycelbares GFK-Sandwichlaminat mit Schaumkern und thermoplastischem Elium-Harz. Voll­laminat im Bereich von Kiel und Ruderwelle. Kohlefaserverstärkungen an hoch belasteten Stellen.

Motorisierung

Die Grand Soleil Blue kommt im Standard ab Werft mit einem Elektro-Podantrieb von Hersteller ePropulsion mit einer Leistung von 6 kW. Dazu können eine oder zwei Batterien (E163) mit einer Speicherkapazität von jeweils 8,3 kWh installiert werden.

Rigg und Segel

Aluminium-Rigg von Hersteller Seldén mit zwei Salingen und 1:19- Drahtwanten. Ein Kohlefasermast mit Rod-Wanten ist optional erhältlich. Der Aufpreis: 37.500 Euro.

Werft

Cantiere del Pardo, 47122 Forlì (Italien); www.grandsoleil.net

Vertrieb

Diamond Yachts, D-24235 Laboe; www.diamond-yachts.de


Die Konkurrenz der Grand Soleil Blue

Black Pepper Code 0.1

Black Pepper Code 0.1Foto: YACHT/Yohan Brandt

Nicht nur der umwerfend hübschen Optik wegen ist die Französin ein Aufreger. Die Code 0.1 wird bei Black Pepper in Nantes komplett aus Kohlefaser gebaut. Varianten mit Fest- oder mit Schwenkkiel sind möglich. Lüa 10,05 m; Breite 3,00 m; Gewicht 2,4 t; ab 353.430 Euro. Zum Test...


Domani S 32

Domani S 32Foto: YACHT/Bertel Kolthof

Attraktiver Daysailer/Weekender aus Belgien mit einem modernen Riss und doppelten Steuerrädern, trotz der vergleichsweise schlanken Konstruktion. Der Innenausbau ist einfach, aber nicht ungemütlich. Lüa 9,60 m; Breite 2,50 m; Gewicht 2,0 t; ab 220.960 Euro. Zum Test...


Esse 330

Esse 330Foto: YACHT/T. Stoerkle

Schlanke Linien, ein hohes und leistungsstarkes Rigg, dazu ein gemütlicher und tourentauglicher Innenausbau für das lange Wochenende. Das Boot aus der Schweiz ist schon im Standard sehr hochwertig ausgestattet. Lüa 9,90 m; Breite 2,55 m; Gewicht 2,45 t; ab 218.960 Euro. Zum Test...


Saffier SE 33 Life

Saffier SE 33 LifeFoto: YACHT/Nils Günter

Aktiv segeln, Regatten bestreiten oder ein Wochenende mit der Familie auf dem Wasser verbringen. Der sportliche Weekender aus Holland erfüllt vielerlei Ansprüche. Starke Segeleigenschaften im YACHT-Test. Lüa 9,85 m; Breite 2,85 m; Gewicht 3,0 t; ab 219.555 Euro. Zum Test...


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[Image]Foto: yachting24[Image]Foto: yachting24

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