First 36Europas Performance-Cruiser des Jahres 2023

Jochen Rieker

 · 24.01.2023

Die geräumige Elf-Meter-Yacht  verdrängt nur 4,8 Tonnen und hebt schon bei 15 Knoten Wind den Bug
Foto: Beneteau/A. Šutej

Die First 36 erhielt die Auszeichnung „Europas Performance-Cruiser des Jahres 2023“. Der YACHT-Test bestätigte ihre Eignung als schnelles Fahrtenboot mit einer beeindruckenden Kombination aus Leistung, Komfort und Design. Die Segeleigenschaften wurden als überdurchschnittlich gut bewertet, da sie eine hervorragende Balance zwischen Geschwindigkeit und Kontrolle bietet. Darüber hinaus ist das Interieur des Bootes sehr geräumig und komfortabel gestaltet, was es zu einem idealen Begleiter für lange Reisen macht. Insgesamt hat die First 36 den YACHT-Test überzeugend bestanden und ist damit Europas Performance-Cruiser des Jahres 2023. Hier der komplette YACHT-Test

Die slowenisch-französische Coproduktion First 36 ist im Markt sofort eingeschlagen. Das Kaufinteresse ist so hoch, dass die Herstellung auf drei Yachten pro Monat hochgefahren wurde. Dennoch bekommt man sein Boot, heute geordert, frühestens 2025. Offenbar ist es die besondere Ausrichtung der First 36, die einen Nerv beim Kunden getroffen hat.

Die First 36 hat von beiden Sphären des Performance-Cruiser-Segments reichlich zu bieten: Spaß und Speed auf der einen, Volumen und Komfort auf der anderen Seite. Und das ohne große Kompromisse. Sie wirkt auf Anhieb stimmig, für einen Erstling zudem erstaunlich routiniert gebaut. Da vergisst man fast, dass sie für Seascape einen veritablen Sprung im Modellprogramm darstellt: mehr Systeme, aufwändigerer Laminatplan, deutlich kompliziertere Struktur, höhere Lasten.

Dass sie mit der First 36 Neuland betreten, davon ließen sich die findigen Slowenen jedoch nicht beirren. Seit dem Einstieg von Beneteau haben sie ihre gesamte Produktion verlagert und modernisiert. Auch die Verwaltung, lange Zeit an einem anderen Standort, ist jetzt voll integriert. Wo einst Europas größte Fertigung für hölzerne Kleiderbügel stand, auf einem Werksgelände mit rustikalem Industriecharme, baut das Team um Mitbegründer Kristian Hajnsek nun vielfach ausgezeichnete Sportboote für die größte Werftgruppe der Welt.

Die Arbeitsteilung funktioniert so: Beneteau entwickelt und produziert die großen, luxuriöseren First-Modelle von 44 Fuß an aufwärts selbst. Das Programm bis 40 Fuß entsteht dagegen komplett bei Seascape in Preserje, einem Vorort von Ljubljana.

Die First 36 konstruierten die Besten

Die Liste der an der First 36 beteiligten Ingenieure liest sich wie ein Who’s who der Yachtsportwelt. Die Konstruktion stammt von Seascapes Stamm-Designer Sam Manuard, der sich erst bei den Mini 6.50, dann in der Class 40 einen Namen gemacht hat und jetzt auch die Imoca-Klasse mit prägt. Die Strukturberechnungen steuerte Giovanni Belgrano bei; sein Team von Pure-Design arbeitet an den neuesten America’s-Cuppern ebenso wie für X-Yachts und viele andere renommierte Werften. Star-Architekt Lorenzo Argento zeichnet für das Styling verantwortlich, GigoDesign für die Funktionalität. Und dann ist da ja auch noch das geballte Knowhow der Teams von Beneteau und Seascape selbst. Alles zusammen macht die First 36 zum Serienboot mit der aktuell höchsten Entwicklungstiefe.

Am vielleicht überraschendsten ist angesichts dessen, wie zurückhaltend sich die Neue präsentiert. Sie trägt keinen Dodger überm Niedergang wie alle aktuellen Class 40, Imoca 60 oder auch die Bente 39. Ihr Kajütaufbau wirkt im Gegensatz zu den jüngsten Modellen von Pogo und JPK mit ihren mehrfach abgewinkelten Seitenscheiben geradezu klassisch. Und selbst das Cockpit erscheint konventionell: Statt der für Seascape bisher prägenden Pinne gibt es die heute üblichen zwei Steuerstände.

Die Besonderheiten der First 36

Wo also sind die Innovationen? Was hebt die First vom Rest des Marktes ab? Um das zu verstehen, empfiehlt sich ein Besuch in der Werft. Dort lassen sich die Besonderheiten der Konstruktion am ehesten erfassen: Wie ausgeklügelt, zugleich aber auch aberwitzig aufwändig das XXL-Puzzle aus millimetergenau zugeschnittenen Corecell-Schaumkernen ist, das dem Sandwichlaminat gleichermaßen Leichtigkeit wie Festigkeit gibt. Wie extrem dünn die Achterkanten der selbst gebauten Ruder auslaufen. Wie abgefahren wenig die Badeplattform mit Wabenkern wiegt (gerade mal 8 Kilogramm!). Und wie praktisch jedes einzelne Möbelmodul auch der Aussteifung des Rumpfes dient.

Am Ende resultiert das in einer Verdrängung von nur 4,8 Tonnen – ein Viertel mehr zwar als die noch extremer konzipierte Pogo 36, aber mehr als ein Drittel leichter als die vergleichbar große Dehler 38. Es ist die Basis für die Leistungsfähigkeit des Bootes: weniger Gewicht, mehr Meilen.

Die First 36 ist ein High-Performance-Cruiser

Die Segeltragezahl von 5,1 verortet die First 36 oberhalb von Dehler 38, Elan E4 oder J/112 E. Seascape-Chef Andraz Mihelin hat deshalb eine neue Kategorie für sie ausgerufen und belegt das auch mit Leistungsparametern: „Wir liegen zwischen Racer/Cruiser und Performance-Cruiser“, sagt er. Die First 36 sieht er deshalb zusammen mit JPK 39 und Pogo 36 im Segment der „High-Performance-Cruiser“.

Ob sich der Begriff etabliert, sei mal dahingestellt. Faktisch lässt sich der Anspruch der Sonderklasse durchaus nachvollziehen, wenn man Gleitfähigkeit als Maßstab dafür nimmt. Die First 36 braucht gerade mal 12 Knoten Wind, um raumschots unter Gennaker den Modus eines Verdrängers ebenso achteraus zu lassen wie das eigene Wellensystem. Dann bereits überwindet sie ihre Rumpfgeschwindigkeit; am Heck reißt das Wasser zwischen 8,5 und 9 Knoten Fahrt glatt ab. Ein Zustand, für den es auf konventionelleren Yachten dieser Klasse mehr Wind, mehr Welle und meist auch deutlich mehr Mut braucht.

Gleiten ist bei der First 36 Normalzustand

Die First 36 macht den Glitsch zum Normalzustand, läuft einerseits kurstreu, lässt sich mit den Doppelrudern zugleich schnell und chirurgisch präzise die Wellen hinab dirigieren.

Fast noch berückender war beim Test entlang der slowenischen Küste der Eindruck bei Nahezu-Flaute. Als der Windmesser im Masttopp 4 bis 5 Knoten Luftbewegung erkennt, bleibt die Wasseroberfläche unbewegt wie ein Spiegel. Nur eine Höhenströmung also. Und doch reicht sie aus, um das Boot mit Code Zero auf einem spitzen Halbwindgang annähernd auf Windgeschwindigkeit zu treiben.

Das spricht nicht nur für den Leichtbau, sondern gleichermaßen für die effizienten Rumpflinien. Die First 36 profitiert hier vom immensen Erfahrungsschatz von Sam Manuard. Sie ist eine leicht geschrumpfte, zum Fahrtenboot konvertierte Class 40 – moderat im Vergleich zu einem Hochsee-Renner, aber doch von gleicher DNA.

Die YACHT hatte dann noch einmal im Rahmen eines Vergleichstests von sechs Performance-Cruisern Gelegenheit, die First 36 bei mehr Wind zu segeln.

Auf der Flensburger Förde herrschten dabei optimale Bedingungen mit Wind um 10 bis 15 Knoten, zwischendurch auch mal mehr mit Böen um 20 Knoten. Nach mehreren Vergleichsfahrten zeichnete sich ein ziemlich klares Bild ab. Downwind bestach die moderne First 36 mit überragender Performance. Die Französin war sichtlich schneller unterwegs als ihre Wettbewerberinnen, glitt mit ihrem riesigen Gennaker bereits ab 4 bis 5 Beaufort an und zauberte in den Böen schon mal 15 Knoten Speed auf die Logge. Es war eine wahre Lust-Explosion – speziell für den Steuermann. Die First 36 ließ sich mit ihren zwei Ruderblättern reaktionsschnell nach Druck lenken, um die giftigen Böen und vielen Dreher auf der Flensburger Förde problemlos zu parieren. Wer aktiv steuert, kann dem Gennaker-Trimmer auf der Downwind- Strecke die meiste Arbeit abnehmen. Das macht nicht nur sehr viel Spaß, sondern ist vor allem für den Einsatz mit kleiner Crew ein gewichtiges Argument.

Messwerte der First 36

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Foto: YACHT

Wesentlich zickiger im direkten Vergleich verhielt sich die First 36 hart am Wind. Die Steueranlage mit den doppelten, dafür kleineren Ruderblättern ist sehr neutral eingestellt, Ruderdruck ist kaum vorhanden, was für Boote dieser Art und Ausrichtung üblich ist. Das machte es aber schwieriger, das Schiff am Wind optimal zu steuern, und verlangte nach der ungeteilten Aufmerksamkeit des Rudergängers für das Schiff. Am Rad war mehr Arbeit und Kurskorrektur gefragt als mit den Booten der Konkurrenz.

Die First 36 zeigte kaum Mängel

Auch sonst bietet die First 36 viel Freude. Das Cockpit zählt zum Besten der Klasse. Rudergänger und Crew haben hier viel Bewegungsfreiheit und alles in Reichweite. Der Alumast lässt sich übers Achterstag sauber trimmen, die Genua mittels 3D-Holepunkten ebenfalls.

Selbst unter Deck ist die First 36 allem Leichtbau zum Trotz auffällig hübsch und ganzheitlich komfortabel geraten. Natürlich muss man kleine Zugeständnisse machen: Es mangelt am Stauraum im Salon; allerdings auch nur dort. Die Nasszelle ist etwas knapp dimensioniert. Der Yanmar-Diesel lief wie die Druckwasserpumpe beim Testboot recht vernehmlich. Für ein Boot dieses Leistungsgewichts ist das freilich ein kleiner Preis, der allemal von den famosen Segeleigenschaften aufgewogen wird.


First 36: Tanks: A  Frischwasser, B  Diesel, C  Schwarzwasser. Kiel: Flachkiel in Vorbereitung
Vorerst gibt es das Boot nur mit dem 2,25 Meter tief gehenden T-Kiel. Eine Variante um 1,80 Meter folgt 2023. Freie Segelwahl: Ab Werft gibt es Segelsätze von North als Extra. Importeur Oleu bietet für 
die First 36 eXRP-Lami­nate von Elvstrøm an, bei denen Fasern, Film und Taffeta aus recyceltem Polyester bestehenFoto: YACHT
First 36: Tanks: A  Frischwasser, B  Diesel, C  Schwarzwasser. Kiel: Flachkiel in Vorbereitung Vorerst gibt es das Boot nur mit dem 2,25 Meter tief gehenden T-Kiel. Eine Variante um 1,80 Meter folgt 2023. Freie Segelwahl: Ab Werft gibt es Segelsätze von North als Extra. Importeur Oleu bietet für die First 36 eXRP-Lami­nate von Elvstrøm an, bei denen Fasern, Film und Taffeta aus recyceltem Polyester bestehen

Technische Daten

  • CE-Entwurfskategorie A
  • Rumpflänge 11,00 m
  • Gesamtlänge 11,98 m
  • Wasserlinienlänge 10,66 m
  • Breite 3,80 m
  • Tiefgang/alternativ 2,25/1,90 m
  • Masthöhe über WL 17,80 m
  • Theor. Rumpfgeschwindigk. 7,9 kn
  • Gewicht 4,8 t
  • Ballast/-anteil 1,5 t/32 %
  • Großsegel 39,0 m²
  • Rollgenua (110 %) 36,0 m²
  • Maschine (Yanmar) 21 kW/29 PS
  • Kraftstofftank (PVC) 70 l
  • Frischwassertanks (PVC) 2x 100 l
  • Fäkalientank (PVC) 50 l

Ausstattung und Preise (Stand 6/2022)

  • Grundpreis ab Werft 259.180 €
  • Standardausrüstung inklusive: Motor, Schoten, Reling, Positions­laternen, Batterie, Kom­pass, Polster, Pantry/Kocher, Lenzpumpe, WC, Feuerlöscher, E-Kühlfach, Fä­kalientank mit Absaugung
  • Gegen Aufpreis: Segel (Groß und Genua) 12.800 €, Segelkleid 1.280 €, Anker mit Kette 4.430 €, Fender/Festmacher 320 €,
  • Anti­­­fouling 7.000 €, segelklare Übergabe 3.200 €
  • Preis segelfertig 288.210 €

Aufpreis für Komfort-Ausstattung

  • Leinenverstellb. Holepunkte inkl.
  • Traveller mit Leinenführung inkl.
  • Elektrische Ankerwinsch inkl. (mit Anker) Rohrkicker 660 €
  • Achterstagspanner inkl.
  • Springklampen inkl.
  • Sprayhood 2.900 €
  • Teak im Cockpit in Vorbereitung
  • UKW-Funkgerät Paket
  • Logge, Lot, Windanzeige Paket
  • Autopilot Paket
  • Paket 18.200 €
  • Ladegerät inkl.
  • Landanschl. mit FI-Schalter inkl.
  • 230-Volt-Steckdose (eine) inkl.
  • 12-Volt-Steckdose in der Navi inkl.
  • Heizung 5.640 €
  • Druckwassersystem inkl.
  • Warmwasser-Boiler 1.430 €
  • Dusche WC-Raum inkl.
  • Cockpitdusche 190 €
  • Komfortpreis 317.230 €
  • Garantie/gegen Osmose 7/7 Jahre

Werft

Vertrieb

YACHT-Bewertung

Die First 36 segelt fantastisch, ohne irgendwo extrem zu sein. Und sie wirkt unter Deck weitaus wohnlicher, als man es von ihren kleineren Schwestern gewohnt ist. Alles in allem ergibt das einen ziemlich besten Performance-Cruiser. Wenn man einen kriegt.

Konstruktion und Konzept

  • + Hochwertige GFK-Arbeiten
  • + Für Volumen niedriges Gewicht
  • + Zeitloses Rumpf-/Deck-Design
  • - Hohes Preisniveau

Segelleistung und Trimm

  • + Leicht abrufbares Potenzial
  • + Sehr gute Leistungswerte
  • + Extrem effiziente Ruderanlage
  • + Top Cockpit-Ergonomie

Wohnen und Ausbauqualität

  • + Lichtes, modernes Ambiente
  • + Komfortable Kojenmaße
  • - Kleine Nasszelle
  • - Im Salon zu wenig Stauraum

Ausrüstung und Technik

  • + Gut dimensionierte Beschläge
  • + Viel Stauraum an Deck
  • + Sinnvolle Optionspakete
  • - Lange Lieferzeit