Wauquiez Pilot Saloon 42Gehobener Luxus kompakt im Test

Michael Good

 · 26.09.2024

Wuchtige Formen, starker Auftritt. Der hohe Freibord und der mächtige Kajütaufbau prägen die Optik
Foto: YACHT/N. Martinez
Prima gelöste Details, hohe Qualität und viel Platz zum Wohnen – Wauquiez bedient luxusverwöhnte Eigner. Die Pilot Saloon 42 im YACHT-Exklusivtest

Groß, größer, am größten: Auf der Palma Boat Show liegen die Superyachten der Welt Seite an Seite. Locker mal 30 Meter lang oder sogar noch mehr, sind hier die Spielzeuge der Schwerreichen an der Mole vertäut, eindrücklich, aufregend und auf Hochglanz poliert. Gucken und Staunen ist erlaubt, aber nur von Weitem. Ein unnahbarer Prunk.

Und mittendrin ein Schiff, welches in der üppig-luxuriösen Pracht beinahe untergeht. Ganz außen am Steg bei den vermeintlich „kleineren“ Segelyachten liegt ganz bescheiden und leicht zu übersehen die neue Wauquiez Pilot Saloon 42, die nach der Weltpremiere in Düsseldorf nun ihr Messedebüt im Wasser feiert. Dabei ist die Fahrtenyacht aus Frankreich weder klein noch besonders unscheinbar – ganz im Gegenteil.

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Die Marke Wauquiez ist ein echtes Ur­gestein der Yachtbaubranche. Gegründet vor über 50 Jahren von Henri Wauquiez, produziert das Unternehmen heute noch in Neuville-en-Ferrain bei Lille an der französisch-belgischen Grenze. Den guten Namen hat sich die Werft vor allem mit ihren eleganten Yachten der Centurion-Reihe gemacht – und seit 1997 auch mit den voluminösen Tourern aus dem Pilot-Saloon-Programm.

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Imposante Formate

Die neue 42er kommt jetzt als eine späte Nachfolgerin der Typen Pilot Saloon 40 (gebaut bis 2005) und 41 (bis 2007). Letztere hat speziell mit ihrer wuchtigen Erscheinung auf dem Markt polarisiert. Der hohe Rumpf sowie der fast schon kolossal anmutende Kajütaufbau sorgten für Eigenständigkeit, wenn auch eine optisch fragwürdige. Das Boot wurde nach zwei Jahren wieder vom Markt genommen. Zwischenzeitlich hatte Wauquiez das Längensegment zwischen 12 und 13 Metern nicht mehr bedient.

Bis dato – jetzt ist die Pilot Saloon 42 da. Und sie setzt für das Werftprogramm frisch definierte Richtlinien. Das neue Boot ist hinten deutlich breiter als ihre Vorgängerinnen, auch im Vergleich mit ihren größeren Schwestern Pilot Saloon 48 und 58. Deshalb haben die Konstrukteure aus dem Büro von Berret/Racoupeau dem neuen Schiff jetzt auch doppelte Ruderblätter untergebaut und den Rumpf für mehr Formstabilität mit Chines versehen. Zudem fällt der Kajütaufbau deutlich flacher aus, und das schwarze Fensterband ist jetzt umlaufend, was die Optik streckt und die markanten Flächen unterbricht. Dem Auge erscheint dies hübscher, eleganter und moderner.


Schwer vergleichbar: Die mögliche Konkurrenz

Allures 39.9: Der Rumpf ist aus Aluminium, das Deck aus GFK. Die robuste Deckssalonyacht aus Frankreich kommt mit Integral-Schwenkkiel
Foto: EYOTY/Bertel Kolthof

Mit 1,40 Meter Freibord (bei den Wanten) baut der Rumpf der Pilot Saloon 42 selbst für ein voluminöses Tourenschiff von knapp 12,50 Meter Rumpflänge immer noch überraschend hoch. Ursache dafür ist das für die Bootgröße sehr ungewöhnliche Konzept von Wauquiez, das Achtercockpit mit einer großen Masterkabine darunter zu koppeln. Für die Entwickler ist das eine echte Herausforderung, weil die Kombination nur eine Richtung kennt: in die Höhe. Dafür erlauben es die opulenten Formen von Rumpf und Deck, den Konstrukteuren den zentralen Innenausbau als Pilot Saloon mit einer erhöhten Sitzgruppe zu zeichnen.

Der Kompromiss gestaltet sich bekanntermaßen schwierig und umso anspruchsvoller, je kleiner das Schiff ist. Deshalb stößt die Wauquiez PS 42 auf dem Markt auf nur wenig wirklich vergleichbare Konkurrenz. Der einzige Serienhersteller, welcher im selben Längensegment ebenfalls eine Achter­cockpit­yacht mit Masterkabine und Deckssalon kombiniert, ist Jeanneau mit der Sun Odyssey 41 DS.

Bisher hat Wauquiez erst ein Schiff vom Typ Pilot Saloon 42 fertig gebaut. Vier weitere sind bestellt und kommen jetzt in die Produktion, alle als Zweikabiner mit der großen Masterkabine hinten. Dabei bietet die Werft eine Alternative – das Boot kann man auch mit drei abgetrennten Kabinen bestellen. Mit einem nicht unerheblichen Vorteil: Bei einem geteilten Achterschiff kann die Werft das hohe Brückendeck vor dem Niedergang wegschneiden. Somit wäre der Zugang ins Innere einfacher und ohne Hindernisse zu bewältigen. Beim Standardboot ist das Brückendeck für die durchgehende Stehhöhe in der Eignerkabine unabdingbar, der Niedergang ist entsprechend klein, die Treppe nach unten steil.

Hoch und Trocken

Das Cockpit sieht eine klare Zweiteilung vor. Vorn entspannen die Mitsegler auf den großen und langen Duchten. Dank der schön gefertigten Polster kann man hier auch unterwegs prima sonnenbaden. Eine schützende Sprayhood kann man als Option bekommen, und auch eine größere, feste Windschutzscheibe ist in Vorbereitung. Im YACHT-Test bei mäßig hohem Wellengang hat sich allerdings gezeigt, dass die PS 42 mit ihrem recht flachen Unterwasserschiff zwar hart in die Wellen einsetzt, trotzdem aber trocken segelt; Spritzwasser kommt nur selten bis in die Plicht über. Dieser Umstand ist auch dem hohen Freibord und dem weit oben liegenden Cockpit zu verdanken.

Hinten wird gesteuert und die Segel getrimmt. Weil die Wege kurz sind, klappt dies sowohl im Einhandmodus wie auch als Teamwork gut. Zwei große und starke Winschen von Andersen (Standard) stehen dafür auf jeder Seite zur Verfügung. Dennoch empfehlen sich die für alle Winschen als Extra erhältlichen Elektroantriebe. Trotz der nur kurz überlappenden Genua sind die Lasten auf den Schoten hoch. Und auch das Großsegel kann bei Wind nur mit viel Kraft dichtgeholt werden, weil die Schot über eine Hahnepotführung auf dem Kajütdach läuft und somit erst in der Mitte des Großbaums ansetzt. Einen Traveller gibt es nicht, dafür ist der kräftige Baumniederholer mit Mehrfachübersetzung für das Trimmen des Großsegels umso wichtiger.

Als Alternative zur Genua kann Wauquiez das Schiff auch mit einer Selbstwendefock ausstatten. Das Fundament dafür ist bereits in der Decksform vorgesehen, was es einfach macht, die Schiene später nachzurüsten. Für Leichtwind, Raumschots- und Vormwindkurse ist auf Wunsch ein Gennaker oder ein rollbarer Code Zero erhältlich. Dafür wird dem Schiff ein kurzer Bugspriet aus Edelstahl fest angebaut. Der Rüssel reicht etwa 50 Zentimeter vor das Vorstag und kann auch als Ankerhalterung dienen. Zum Wegstauen der zusätzlichen Segel steht im Vorschiff eine recht große und tiefe Segellast zur Ver­fügung, welche es auch zwingend braucht, denn im Cockpit ist das Angebot an nennenswerten Stauräumen bescheiden. Damit sich die Eigner in der Masterkabine mit Stehhöhe be­wegen können, fallen Backskisten unter den Duchten weg. Stauräume für Fender und Festmacher gibt es lediglich noch in der Achterpiek.

Beachtliches Potenzial

Im YACHT-Test vor Palma de Mallorca stellt die Wauquiez Pilot Saloon 42 solide Segelleistungen unter Beweis. Bei bis zu 15 Knoten Wind marschiert die mit einem Gewicht von über 12 Tonnen vergleichsweise schwere Yacht mit 6,6 Knoten hart am Wind und läuft dabei eine überraschend gute Höhe. Die Wendewinkel liegen bei rund 80 Grad. Die leichtgängige und sehr gut abgestimmte Steuerung erleichtert es dem Rudergänger, das Schiff sauber und gefühlvoll am Wind zu lenken, trotz der doppelten Ruder. Bei wenig Krängung kann der Steuermann auf den Sitzen am Heck Platz nehmen. Bei mehr Lage arbeitet er entspannter seitlich auf dem Süllrand. Dort hat er eine gute Sicht nach vorn und in die Segel, allerdings macht sich das Achterstag im Rücken unangenehm bemerkbar. Für die Serie will die Werft die Steuersäulen etwas nach vorn rücken.

Bezüglich der Qualität des Innenausbaus braucht Wauquiez den Vergleich mit den skandinavischen Standards nicht zu scheuen. Die Verarbeitung ist bis ins kleine Detail makellos und stimmig. Speziell gut gefallen die sehr robust ausgeführten Tischlerarbeiten, die bei Wauquiez mit hohen Vollholzanteilen in Handarbeit entstehen. Die meisten Umleimer und Randleisten sind zudem formverleimt. Viele hübsch gemachte Lederabdeckungen prägen die Optik unter Deck zusätzlich.

Im Vorschiff ist die Koje als Inselbett weit in den Bug hinein gebaut. Hier schläft man mit dem Kopf nach vorn. Mit einer Breite auf Schulterhöhe von gerade einmal 1,40 Meter bleibt die Liegefläche aber für zwei Personen knapp bemessen. Eine herkömmliche Dreieckskoje, auf der man mit den Füßen nach vorn schläft, würde deutlich großzügigere Abmessungen zulassen; eine entsprechende Ausbaualternative ist allerdings nicht vor­gesehen. Dafür sind bei Wauquiez sämtliche Kojen mit Lattenrosten unterlegt und schon im Standard Leesegel angeschlagen.

Übrigens lässt sich der große Tisch im erhöhten Salon auch absenken und die Fläche als zusätzliches Doppelbett nutzen.

Schöner Wohnen

Stauräume gibt es in Hülle und Fülle, sei es unter den Kojen im Vor- oder im Achterschiff, in den geräumigen Kleiderkästen oder in den vielen Ablagen und Schubladen, die über die Yacht verstreut sind. Die Herausforderung ist es nicht, adäquate Unterbringungsmöglichkeiten für dies und das zu entdecken, sondern vielmehr die Sachen später auch tatsächlich wiederzufinden.

Luft und Licht sind ebenfalls wichtige Themen an Bord der Wauquiez. In allen Schiffsbereichen stehen mindestens zwei Möglichkeiten – oder auch mehr – zur Ventilation (Fenster oder Luken) zur Verfügung, womit man überall und jederzeit bestens querlüften kann – vorbildlich. Aus der Sitzgruppe auf erhöhter Position hat man zudem freie Sicht auf das Wasser oder in den Hafen. Um die Sonneneinstrahlung zu mindern oder die Privatsphäre zu wahren, lassen sich die großen Aufbaufenster schon ab Werft auf Knopfdruck elektrisch abdunkeln.

Gerade diese vielen kleinen schönen Details bereiten Freude am Boot und machen es leichter, die selbstbewusste Preispolitik von Wauquiez nachzuvollziehen. 452.200 Euro verlangt die Werft für eine Pilot Saloon 42, ohne Segel. Das ist auch im Vergleich mit der Konkurrenz nicht wenig.

In der Summe ist die Wauquiez Pilot Saloon 42 ein Schiff mit zahlreichen Alleinstellungsmerkmalen, optisch wie konzeptionell. Die charmante Französin zeigt dem Mainstream und dem Wettbewerb mutig die kalte Schulter und bekennt sich bedingungslos zu ihrer Außenseiterrolle.

Die Messwerte zum Test der Wauquiez Pilot Saloon 42

Windgeschwindigkeit: 14 kn (4 Bft.); Wellenhöhe: ca. 1,0 Meter; * Mit Code Zero

Die Wauquiez Pilot Saloon 42 im Detail

Voluminöser Rumpf, viel Platz. Varianten mit zwei oder drei Kabinen sind möglichFoto: YACHT/N. CampeVoluminöser Rumpf, viel Platz. Varianten mit zwei oder drei Kabinen sind möglich

Technische Daten der Wauquiez Pilot Saloon 42

  • Konstrukteur: Berret/Racoupeau
  • CE-Entwurfskategorie: A
  • Rumpflänge: 12,42 m
  • Gesamtlänge: 12,99 m
  • Wasserlinienlänge: 11,79 m
  • Breite: 4,34 m
  • Tiefgang/alternativ: 1,65/2,15 m
  • Masthöhe über Wasserlinie: 19,44 m
  • Theor. Rumpfgeschwindigkeit: 8,3 kn
  • Gewicht: 12,1 t
  • Ballast/-anteil: 3,4 t/28 %
  • Großsegel: 47,8 m2
  • Rollgenua (105 %): 42,5 m2
  • Maschine (Yanmar): 42 kW/57 PS
  • Kraftstofftank (Kunststoff): 415 l
  • Frischwassertank (Kunststoff): 415 l
  • Fäkalientank (Kunststoff): 2 x 50 l

Rumpf- und Decks­bauweise

  • GFK-Sandwichkonstruktion mit Balsaholzkern. Gebaut im Vakuum-Infusionsverfahren. Aramid-Verstärkungen im Bugbereich als Kollisionsschutz

Ausstattung und Preise

  • Grundpreis ab Werft: 929.590 Euro brutto inkl. 19% MwSt.
  • Standardausrüstung inklusive: Motor, Schoten, Reling, Positionslichter, Batterie, Kom­pass, Polster, Pantry/Kocher, Lenzpumpe, WC, Segelkleid, Anker/Kette, Fender, Festmacher, Feuerlöscher, E-Kühlfach, Fäkalientank mit Absaugung
  • Garantie/gegen Osmose: 1/1 Jahr

Stand September 2024, wie die ausgewiesenen Preise definiert sind, finden Sie hier!

Werft

Werft

Wauquiez Boats, 59960 Neuville-en-Ferrain, Cedex (FRA); www.wauquiez.com

YACHT-Bewertung der Wauquiez Pilot Saloon 42

Der neue Tourer von Wauquiez ist eigenständig und fast konkurrenzlos. Der Fokus liegt auf maximalem Volumen für größtmöglichen Komfort an Bord. Bau- und Verarbeitungsqualität sind weit überdurchschnittlich

Konstruktion und Konzept

  • + Individuelles, herausragendes Boot
  • + Robuste Bauweise, gehobene Qualität
  • - Im Vergleich relativ teuer

Segelleistung und Trimm

  • + Feinfühlige Steuerung
  • + Einhandtaugliches Handling
  • - Hohe Lasten auf der Großschot

Wohnen und Ausbauqualität

  • + Komfortabler Innenausbau für Eigner
  • + Enormes Stauraumangebot
  • - Vorschiffskoje schmal auf Schulterhöhe

Ausrüstung und Technik

  • + Hochwertige Grundausstattung
  • + Dimmbare Aufbaufenster
  • + Tadellos installierte Bordtechnik

Der Test erschien erstmalig in YACHT-Ausgabe 13/2018 und wurde für die Onlineversion überarbeitet.

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