Michael Good
· 17.05.2024
Auf die Frage, wie weit das Thema Volumen-Maximierung bei Fahrtenyachten der modernen Generation noch vorangetrieben werden kann, verzieht Nicolas Bérenger ungewiss das Gesicht. „Ich denke, dass wir mit dieser Konstruktion und diesem Konzept nun doch ziemlich dicht an die Grenzen von Vernunft und Machbarkeit gelangt sind“, sagt der umtriebige Yachtentwickler der Marke Dufour. Mit ihren opulenten Rumpfformen hat die neue 44er schon zu ihrer Weltpremiere auf der Messe boot in Düsseldorf für Aufregung gesorgt und Diskussionen über Sinnhaftigkeit und Ästhetik losgetreten.
Dufours Streben, mit den Modellen der jüngsten Generation die Entwicklung von Volumen und Wohnangebot noch mehr zu maximieren, kommt nicht von ungefähr. Im Herbst letzten Jahres konnten die Yachtbauer in Périgny bei La Rochelle einen exklusiven Liefervertrag mit den Charter-Riesen Sunsail und Moorings abschließen. Bis dahin hatten die Marktführer Beneteau und Jeanneau die neuen Monohulls für das Angebot des weltweit größten Charterunternehmens geliefert. Zwischen 30 und 40 Prozent aller neuen Schiffe aus dem mittleren Modellangebot von Dufour werden zukünftig erst mal in die Charter gehen, wo Volumen für viele Kammern und Kojen zu den Primärtugenden gehört.
Die neue Dufour 44 besetzt mit einer Rumpflänge von 13,10 Metern allerdings ein Format, das von der Konkurrenz erstaunlicherweise nur stiefmütterlich behandelt wird. Bavaria, Hanse und Beneteau stufen ihr Programm auf Rumpflängen um zwölf Meter (40 Fuß) und 14 Meter (46 Fuß) ab und lassen dazwischen ein Loch. Jeanneau bleibt mit der Sun Odyssey 440 rund einen halben Meter kürzer als die neue Dufour, ebenfalls Elan mit der Impression 43. Der direkte Vergleich innerhalb des Wettbewerbs über die konkreten technischen Daten gestaltet sich also schwieriger als in anderen Längenklassen.
Warum sich Dufour für die ungewöhnliche Dimension entscheidet und das Längendiktat der Konkurrenz nicht mitgehen mag, erklärt Daniel Kohl, Markt-Experte in den Diensten von Dufour: „Dank der üppigen Formensprache und einem durchdachten Raumkonzept können wir unter Deck dasselbe Wohnangebot schaffen wie die Konkurrenz mit den größeren Booten. Gleichzeitig können wir mit der geringeren Rumpflänge Kosten und Zeit in der Produktion einsparen.“ Vorteile haben auch die Eigner, die womöglich weniger Liegeplatzgebühren und Steuern bezahlen und trotzdem in Sachen Platz an Bord keine Abstriche machen müssen.
Nachdem die Dufour-Werft das Ausstellungsschiff von Düsseldorf gleich mehrere Wochen einem intensiven Testprogramm in Westfrankreich unterzogen hat, wird uns die Baunummer eins für den exklusiven YACHT-Test in Port-la-Forêt in der Bretagne zur Verfügung gestellt. Wir haben Glück: Zwischen zwei aktiven Sturmfronten sind die Bedingungen für einen ausgedehnten Probeschlag während einiger Stunden ideal. Es gibt zwischen zwölf und 15 Knoten Wind (4 Beaufort) und dazu einen recht hohen Schwell von mindestens anderthalb Meter Wellenhöhe.
Wer glaubt, aufgrund der drallen Rumpfformen auf einem schwerfälligen, trägen und vielleicht sogar langweilig segelnden Schiff zu sitzen, der muss sich eines Besseren belehren lassen. Vielmehr leicht und lebhaft lässt sich die Konstruktion aus dem Büro von Umberto Felci am Wind steuern, gefällt mit guten und schnellen Reaktionen und hat auch mit den Wellen keine Probleme. Die Yacht setzt trotz der fülligen Front sanft ein und stampft selbst gegenan kaum. Hart am Wind schafft das Boot 6,8 Knoten Fahrt und läuft dabei auch eine gute Höhe. Die Wendewinkel betragen rund 85 Grad, was für ein großes Fahrtenschiff ohne speziell sportlichen Anspruch schon sehr gut ist. Natürlich trägt das Upgrade mit der besseren Segelqualität und der optional überlappenden Genua von Elvstrøm Sails auf dem Testboot zusätzlich zur guten Leistung am Wind bei.
Im Standard wird die Dufour 44 lediglich mit zwei Winschen am Niedergang ausgestattet. Das reicht für den anspruchslosen Umgang mit der Selbstwendefock und der einfachen Großschotführung, zum Beispiel im Chartereinsatz. Für Eigner, die gern aktiver und sportlicher segeln, bietet die Werft das Ausstattungspaket Ocean Version an, mit verstellbaren Holepunkten für eine Genua, einem Traveller auf dem Cockpitboden für die beidseitig geführte Großschot (German Cupper), Decksbeschlägen für den Einsatz von Code Zero und Gennaker und darüber hinaus mit insgesamt vier zusätzlichen 50er-Winschen für die Schoten auf dem Süll.
Das Bündel für mehr Sportlichkeit an Bord ist für einen vergleichsweise überschaubaren Aufpreis von 9.500 Euro brutto (ohne die zusätzlichen Segel) zu bekommen. Damit scheint Dufour Yachts auf das allgemein immer beliebter werdende Thema Regattacharter zu reagieren. Auch auf dem Testboot ist das Paket Ocean Version installiert, allerdings ohne den Traveller für die Großschot, was natürlich ebenfalls möglich ist. Das Handling ist gut und einfach, weil für die Schoten beidseitig eigene Winschen zur Verfügung stehen.
Dufour hat für die neue 44er zwischen der Steuerung und den Sitzduchten mehr Platz sowie eine Stufe eingeplant, um einfacher und ohne Kletterpartie aus dem Cockpit auf das Laufdeck zu gelangen. Damit ist der Süllrand kürzer geworden und die Lücke bis zum Ruderstand größer. Der Steuermann kann aus seiner Position am Rad deshalb die hinteren der beiden Winschen nicht erreichen. Das nimmt dem Boot die Einhandtauglichkeit. Außerdem sitzt der Steuermann seitlich am Rad ungewöhnlich tief, was auf die Dauer anstrengend ist. Der Niveauunterschied zwischen dem Cockpitboden und dem hinteren Laufdeck beträgt nur 33 Zentimeter. Das ist zu wenig für eine entspannte Sitzposition.
Sehr gut gelungen ist den Gestaltern von Dufour dagegen das Heck mit der großen Badeplattform. Die 2,90 Meter breite Klappe ist 80 Zentimeter tief und liegt geöffnet etwa einen halben Meter über der Wasseroberfläche. Mit der sehr stabilen und auch tiefen Badeleiter zum Einhängen ist die Höhe zum Wasser aber problemlos zu überwinden. Die Badeplattform gehört zur Grundausstattung und kann über eine einfache Schottalje abgefiert werden. Elektrische Antriebe wären wohl möglich, aber unnötig, weil die Plattform recht leicht und zudem mit etwas Vorbalance montiert ist. Das Aufholen braucht nur wenig Kraft. In den Spiegel integriert ist ein komplett geschlossenes Staufach für die Rettungsinsel. Im Notfall kann diese allerdings nur über die geöffnete Badeklappe erreicht werden. Bei hohem Wellengang kann das problematisch sein.
Das Upgrade der Motorisierung von 50 auf 60 PS scheint sinnvoll. Das mit der stärkeren Maschine ausgestattete Testschiff kommt so auf knapp neun Knoten Fahrt bei Volllast und 7,5 Knoten bei Marschfahrt (80 Prozent der Höchstleistung). Im Hafen reagiert das Boot mit seinem Einzelruder gut auf den Vorwärtsschub. Rückwärts allerdings braucht die Dufour mehr Zeit und Geschwindigkeit, um einzulenken. Ein Bugstrahlruder leistet in dem Fall willkommene Schützenhilfe.
Die Option auf ein geteiltes Vorschiff mit zwei Doppelkabinen und jeweils eigener Nasszelle war bis vor Kurzem für Boote ab 50 Fuß Länge denkbar. Mittlerweile und mit dem Trend zu immer breiteren Konstruktionen mit noch mehr Volumen vorn hat sich auch die Machbarkeit angepasst. Hanse und Bavaria haben mit ihren aktuellen 46-Fußern bereits Charterversionen mit zwei Kammern vorn vorgestellt. Jetzt setzt Dufour mit der 44er dafür eine neue Untergrenze. Mehr noch: Mit einer Breite von 1,45 Metern bei den Schultern sind die beiden Doppelkojen noch immer relativ komfortabel. Das Längsschott zwischen den Kabinen lässt sich übrigens auch leicht entfernen, zum Beispiel wenn das Schiff nach dem Einsatz in der Yachtcharter wieder an einen privaten Besitzer verkauft werden sollte.
Als Standard-Ausbau ist vorn jedoch die Eignerversion mit dem weitgehend frei stehenden Inselbett und guten Zugängen über die Seite vorgesehen. Das ist im Hafen und in der Ankerbucht angenehm, für die langen Schläge aber wenig seegerecht. Leesegel fehlen als Option und müssten nachgerüstet werden. Achtern schläft man ebenfalls bequem und ruhig, weil die beiden Kabinen dort durch einen recht breiten Kanal mit Stauräumen und Platz für Bordtechnik getrennt sind. Trotzdem sind die Liegeflächen bei den Schultern immer noch 1,55 Meter breit, was auch im Vergleich mit der Konkurrenz viel ist.
Die Pantry gibt es in zwei Varianten. Die geteilte Anordnung vorn am Hauptschott lässt zwar Platz für ein zweites Sofa auf der Steuerbordseite, ist aber funktional reduziert. Die Ablageflächen sind klein, und wirklich gut nutzbare Stauräume gibt es nur wenige. Wer auf dem Schiff öfter kocht, kann sich für eine Pantry als lange Zeile seitlich im Salon entscheiden. In dem Fall sind die Arbeitsflächen größer, die Stauräume reichhaltiger und die Funktionalität besser. Ansonsten ist die Stauraumsituation recht üppig geworden und vor allem die Zugänglichkeit vorbildlich. Dafür baut Dufour wo möglich mit mehr Aufwand in der Produktion Schubladen ein anstelle der Staufächer, die schlechter erreichbar sind.
In beiden Ausbauversionen ist allerdings keine Navigation vorgesehen. Diese Maßnahme unterstreicht den Trend zur Navigation mit Laptop und Tablet. Ein Kartentisch wird dennoch vermisst, und sei es nur als Ablage und Büroplatz. Auch fehlen Festhaltemöglichkeiten im Salon für den sicheren Gang nach vorn.
Mit einem Grundpreis von 353.400 Euro ist die Dufour 44 etwas günstiger als die Konkurrenzboote von Bavaria, Beneteau und Hanse, die aber auch mindestens einen halben Meter größer sind (siehe unten). So gesehen stimmt die preisliche Einordnung auch gut mit der Längendifferenz überein.
Am Ende werden die Kunden, die sich in dieser Klasse umsehen, nicht jeden Euro umdrehen wollen. Vielmehr entscheiden ein gelungenes Paket aus Komfort und guten Segeleigenschaften sowie die individuellen Möglichkeiten. Und da hat Dufour mit der neuen 44er eine ganze Menge zu bieten.
Rumpf: GFK-Sandwich (Vakuum-Infusion) mit Schaumkern. Deck: Sandwich mit Harz-Injektion RTM
Im Grundpreis enthalten: Selbstwende-Einrichtung für Fock, Badeplattform mit Leiter
Standard Vierzylinder-Dieselmotor D2-50 (51 PS) von Volvo Penta mit Saildrive und Zweiblatt-Festpropeller. Optionales Upgrade zum D2-60 (58 PS). Alternativ: Elektro-Hybridantrieb „Smart Electric“, Aufpreis 77.350 Euro
Stand 04/2024, wie die ausgewiesenen Preise definiert sind, finden Sie hier!
Grundausstattung ab Werft mit Selbstwendefock und einfachem Großsegel aus Dacron. Eine Genua mit 106 % Überlappung und Holepunkten an Deck ist als Alternative dazu im Ausstattungspaket Ocean enthalten. Besseres Tuch gibt es ebenfalls als Option
Dufour Yachts, 17180 Périgny (FRA), www.dufour-yachts.com
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Extrem voluminöses Fahrtenschiff aus der neuen Fahrtenreihe von Dufour Yachts. Die füllige Felci-Konstruktion polarisiert optisch, überrascht aber mit starken Segeleigenschaften und einer guten Portion Sportlichkeit. Und auch die Preise stimmen