Genau 200 Kilometer pro Stunde – das gibt VW als Höchstgeschwindigkeit des Topmodells ihres Multivans an, einer Großraumlimousine. 217 gar sind es bei der Konkurrenz von Mercedes namens Viano. Nicht eben langsam für solch große Kfz mit komfortabler, weil hoher Sitzposition. Dabei haben die Gefährte auf Wunsch bis zu sieben Sitze, gern auch in Leder, Multimedia-Soundsysteme, Kühlboxen und natürlich Klimaanlagen sowie Standheizungen. Kurzum: alles, was schnelles und weites Reisen angenehm macht. Wer eher ankommt, findet den besseren Parkplatz und hat mehr vom Tag.
Wenn also Autohersteller in ein komfortables Reisemobil große Motoren schrauben, damit es dort ordentlich zur Sache geht, warum nicht in einen komfortablen Tourer ein veritables Rigg stecken? Auch die elf Tonnen, die in tankgefüllter, voll ausgerüsteter Wahrheit wohl eher 13 sind, einer Contest 42 müssten schnell sein, wenn denn die Konstruktion aus der Feder des erfahrenen Georg Nissen stammt und der Antrieb – hier ist nicht der Diesel gemeint – mitspielt.
Also: auf Wunsch einen Carbonmast drauf, am besten durchgesteckt, einen bei Contest ohnehin standardmäßig verbauten Bleikiel schön tief ins Wasser hängen und eben den Segelmacher bei North die Laminiermaschine anschmeißen lassen. Dazu ist dann ein verwindungssteifer, vakuuminjizierter Rumpf mit Balsakern hilfreich. Et voilà: Ab geht die Post. Auch mit sechs Kojen, Teakdeck, zwei echten Nasszellen, dicken Akkus und einem Generator. So weit zumindest die Theorie.
Die Baunummer 1 wurde ganz bewusst von der Werft mit allem bestückt, was schnell macht, um zu beweisen, dass es geht. Und um damit Regatten zu segeln. „Wir wollen zeigen, dass schnelles Reisen – oder sogar mal eine Regatta – auch mit komfortablen Tourern machbar ist. Dabei ist die Performance-Version ja nur eine von diversen Möglichkeiten, das Schiff auf die eigenen Bedürfnisse abzustimmen“, gibt Marcel Offereins, Vertriebschef von Contest, Einblick in die Überlegungen während der Designphase.
45 Varianten sind es allein für die Einteilung unter Deck. Hinzu kommen weitere fünf bei der Auslegung des Cockpits. Dann noch die Wahl des passenden Riggs. Kurzum: ein Konzept, das viele Möglichkeiten bietet. Das ist neu für die Werft, zumindest in jüngerer Vergangenheit.
Denn bei den größeren Modellen wird voll auf Semi-Custom-Bau gesetzt. Solange es in den Rumpf passt, bekommt der Kunde, was er will. Die 42 muss aber größere Stückzahlen bringen, eine kleine Serie sogar. Da wird die Anpassung an den Kundenwunsch über die enorme Vielfalt der Layouts erreicht.
„Sie wird genauso gebaut wie zum Beispiel eine 72. Nur geschieht die Customisierung eben etwas mehr über die Ausbauvarianten. Es bleibt aber eine echte Contest“, so Offereins. Damit ist die Holländerin eine erfreuliche Ausnahme am Markt. Eine XC-42 bietet zwei Versionen, Hallberg-Rassys 412 derer vier. Beide genannten Boote haben ihr Cockpit achtern. So auch die 42 CS.
Ein weiteres Novum für die Werft: „Ja, es ist die erste Contest seit langem mit einem Achtercockpit. Aber die Plicht in der Mitte geht wegen der Raumeinteilung unter Deck erst ab etwa 45 Fuß, finden wir“, so Offereins. Die Entscheidung tut der Neuen gut: gestreckte Linien, ein nahezu ebenes Vordeck und ein erhöht liegendes Salondach als Hingucker. Fast schon wallyesk wirkt das – obwohl es sich „nur“ um 42 Fuß handelt.
Doch genug der Theorie: Jetzt muss sie zeigen, was sie kann. Die Neugierde auf die Segeleigenschaften ist bei allen zum Test Anwesenden groß. Das gilt auch für den Werftvertreter, er ist ebenfalls gespannt auf die Leistung: „Es war wie immer bei der Nummer 1 – sie war erst kurz vor der Messe in Amsterdam fertig. Zu kurz: Wir hatten keine Zeit zu testen. Da hieß es nur: Motor an und so schnell wie möglich ab zum ersten Messeauftritt in der Hauptstadt.“
Das zeugt übrigens von einem gesunden Selbstbewusstsein der Werft: den ersten Segelschlag gleich mit der YACHT an Bord. Da muss man sich seiner Sache sicher sein. Zur Verstärkung mit dabei ist Frans Hinfelaar. Er ist Admiral’s-Cup-Veteran und mittlerweile Chef von North Sails in den Niederlanden, von seinen Leuten kommen die 3Di-Segel. Kaum auf dem Markermeer angelangt, gehen die auch schon hoch. Doch da hilft alles nichts: Ohne Wind tun es selbst die besten Tücher nicht. Rundherum hängen zwar Gewitterböen am Himmel, „dunkle Luft“ nennen sie das in Holland. Aber an Bord regt sich nichts. Also: Warten. Zum Glück nicht zu lange.
Die ersten Böen kommen, der Wind springt an, die neue Contest mit ihm. Bei 16 Knoten Wind bringt sie es auf knappe 8 Knoten bei rund 40 Grad am Wind. Hinfelaar pumpt in Böen am hydraulischen Achterstag: „Das brauchst du für den optimalen Trimm im Groß.“ Ebenso hilfreich ist der Traveller. Der läuft entweder über den Cockpitboden in der Performance-Version oder auf dem Kajütdach bei der Performance-Cruising-Ausstattung. Dritte Alternative ohne Schiene: die Short-Handed-Ausführung. Dann benötigt man den hydraulischen Niederholer, der zusammen mit dem Achterstag an Bord kommt.
Es donnert schon, dennoch treibt die Crew die Neugier, was die Neue kann. Also: Gennaker hoch! Die 94 Quadratmeter ziehen, schnell zeigt die Logge zweistellig, und das auf dem flachen Markermeer. In der tieferen Fahrrinne klettert die Anzeige noch ein wenig. Am Rad dabei volle Kontrolle. Wie wäre das jetzt wohl auf der Nordsee, bei tiefem Wasser, Platz und Wellen? Wie auch immer. Auch hier macht die Contest Spaß, sie läuft stur geradeaus, gehorcht jedem Steuerbefehl. Autopilotfreundlich.
Als die Windanzeige auf dem Carbonmast plötzlich ausfällt, wird die Crew wieder ans nahende Gewitter erinnert. Also die Blase runter, noch eben rechtzeitig, dann geht der Schauer los. Ein echter Test war das nicht, zu kurz die Netto-Segelzeit, eher ein Vorgeschmack. Aber: Sie kann es, das Segeln, die Contest 42.
Glücklicherweise hatte die YACHT im Rahmen der Wahl zu Europas Yacht des Jahres 2014 vor Southampton auch die Möglichkeit, die Baunummer 2 zu segeln, mit normalem Rigg und ohne Traveller, also in besagter Short-Handed-Version. Obwohl unter Verhältnissen durchgeführt, die nicht wirklich herausfordernd waren, bescheinigt Kollege Michael Good dem Boot „erfreulich gute Segeleigenschaften, auch bei wenig Wind“.
Zurück auf dem Markermeer, bleibt Zeit für einen Rundgang unter Deck. Hell ist es da. Das liegt zum einen an dem großen Fensterband im Aufbau, zum anderen an den Rumpffenstern im Salon sowie an den verwendeten Materialien. Eiche mit White Wash, einer Art Kalkung, dominiert beim Ausbau. Das war Kundenwunsch; Standard ist Teak. Die Oberschränke der Pantry sind schlicht weiß. Nicht jedermanns Geschmack, aber sicher praktisch, da gut zu pflegen sowie eben hell. Und auf Wunsch ja, wie so vieles, änderbar.
Nicht variabel sind die Kojenmaße achtern. Wer zwei Achterkammern wählt, hat diese durch einen breiten Tunnel in der Verlängerung des Motorraums akustisch gut voneinander getrennt. In dem Tunnel ist Raum für den Einbau des Generators und weiterer Technik. Da sich die 42 kein allzu ausladendes Heck leistet, bleiben in den Kojen allerdings nur noch 1,40 Meter Breite an den Schultern übrig.
Das ist gerade das Mindestmaß dessen, was eine Doppelkoje aufweisen sollte. Länge und Höhe über den Betten gehen völlig in Ordnung. Im Vorschiff ist die Koje in der getesteten Version üppig. Hier haben Eigner und Partner gar 1,76 Meter auf Schulterhöhe – also Platz genug. Ebenfalls angenehm sind die Dimensionen in den Nasszellen. Sie funktionieren, auch mit Ölzeug, und die Duschen sind ausreichend groß. Fein.
Im Vorschiff ist der Nassbereich geteilt. An Steuerbord wurden die Dusche und das Waschbecken untergebracht, backbords das WC. Das geht in Ordnung. Was fehlt, sind jedoch ausreichende, trockene Staumöglichkeiten. Hier will die Werft noch nachlegen. Ebenso fehlte eine Lüftungsmöglichkeit im WC-Raum. Das Decksluk ist bei diesem Layout neben dem Raum installiert, und im Rumpf dürfen bekanntlich keine zu öffnenden Luken verbaut werden. Eine elektrische Absaugung ist die Lösung, die fortan eingesetzt wird.
Thema Lüftung: Es gibt viele Luken im Deck, allerdings keine an den Seiten. Das ist konzeptbedingt: Da das umlaufende Lichtband nicht unterbrochen werden sollte, sind keine aufklappbaren Fenster installiert – querlüften ist so nicht möglich. Wer jedoch Reisen in heiße Gebiete plant, wird wohl ohnehin ein Kreuzchen bei der Klimaanlage machen. Ein Kompromiss.
Was bei Contest immer wieder auffällt, sind die vielen Details: Die Türen klappern nicht, wegen spezieller Schließer, Bodenbretter knarzen nicht, die Filter für Kühlwasser und Diesel sind an einer zentralen Stelle gut erreichbar angebracht. Letzterer enthält einen Sensor für Wasser im Kraftstoff, ein Alarm warnt automatisch davor.
Die Bilgenpumpen sind ebenfalls mit dem Alarmsystem verbunden. Alle Seeventile werden per Kabel an eine zentrale Erdungsplatte geklemmt, Korrosion ist so nahezu ausgeschlossen. Die Leinen des französischen Herstellers Lancelin folgen einem sinnvollen Farbkonzept, um Verwechslungen bei der Bedienung zu vermeiden. Der Faltpropeller ist Serie, die verbauten Komponenten sind hochwertig, und im ganzen Innenausbau ist keine einzige Schraube sichtbar. Auf diesem Niveau bauen nicht mehr viele Yachtwerften.
Wer sich an solchen Details erfreuen kann, wird auch verstehen, warum solch ein Schiff gut eine halbe Million Euro kostet, dann allerdings voll ausgestattet mit Elektronik und allem, was das Reisen angenehm macht.
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Die Contest liegt damit gut im Rahmen ihrer Konkurrentinnen und bietet dennoch viele Alleinstellungsmerkmale: das Design, die Vielfalt der Wahlmöglichkeiten bei Ausbau, Farben, Holzsorten und Cockpitdesign sowie die Bauweise in Vakuuminjektion mit Balsakern. So ist sie gerüstet, für schnelles und bequemes Reisen.
Durchweg hochwertige Bauweise
Große Variantenvielfalt
Keine Möglichkeit zur Querlüftung
Direktes, agiles Steuergefühl
Je nach Ausstattung gut trimmbar
Tadelloses Finish
Kojen achtern knapp
Belüftung WC-Raum Vorschiff
Viele sehr gute Details
Nur hochwertige Komponenten
Holepunktverstellung gegen Aufpreis
E-Glas und Vinylester in Vakuuminfusion mit Balsakern, belastete Bereiche massiv. Schotten voll anlaminiert.
Contestyachts, Overleek 5, 1671 GD Medemblik, Niederlande; www.contestyachts.com
Der Test erschien zum ersten Mal 2014 und wurde für diese Onlineversion überarbeitet.