Contest 31 HTSegeln wie vor einem halben Jahrhundert im Gebrauchtboot-Test

Alexander Worms

 · 01.11.2024

Das Wetter zum Schiff: Um die 20 Knoten böiger Wind, ein leichter Schrick in den Schoten und Sonne. Auch wenn die der 31 HT egal ist, der Rest ist genau ihr Ding: Sie quittiert es mit knapp sieben Knoten Fahrt
Foto: YACHT/Bertel Kolthof
Sie stammt von Halbtonnern aus der IOR-Zeit ab, ist aber ein gutmütiger Tourer. Das Schiff vermittelt eine Menge Spaß und Sicherheit. Und ist ein Kauftipp für Bastelwillige

Menschen werden im Schnitt pro Jahrzehnt zweieinhalb Zentimeter größer. Und so gesehen ist eine Koje, die 188 Zentimeter lang ist aus dem Jahr 1974 genau im Rahmen dessen, was heute üblich ist: Zwei Meter müssen Betten schon lang sein, damit sie den allgemeinen Anforderungen entsprechen. Die Contest 31 HT wurde vor über 50 Jahren entworfen, die Maßstäbe in der Ergonomie waren seinerzeit andere. Entsprechend sind Kojen und Stehhöhen geringer. So viel vorab.

Was damals auch anders war, ist der Anspruch an die Bauweise. Das zeigt sich, wenn man in den Salon hinabsteigt. Dort geht es hinein in eine Zeitkapsel. 50 Jahre Bootsbau zwischen heutigen modernen, hellen Interieurs und dem, was Contest damals hervorgebracht hat. Der auf den Schappdeckeln durchlaufende Holznerv, die konsequente Nutzung jeder kleinsten Ecke als Stauraum, die soliden Beschläge, die auch heute noch funktionieren, Griffmöglichkeiten allerorten.

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Aber eben auch eine gewisse Enge und Dunkelheit, die das Holz ausstrahlt. Der Blick wandert herum. Alles wirkt wie am ersten Tag. Das Boot könnte, was die Qualität der Oberflächen angeht, auch gestern ausgeliefert worden sein. Aber es finden sich ständig Elemente, die wie aus einem Technikmuseum anmuten: Das alte UKW-Funkgerät, so ein Echolot, bei dem sich eine rote Leuchtdiode dreht und noch irgendwelche Navigationsgizmos, deren Funktion sich Spätgeborenen längst nicht mehr erschließt.

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Viele ältere Contests haben mit Osmose zu kämpfen

Eigner Martin van der Toorn findet gerade das toll: „Ich habe die Funke sogar reparieren lassen, die funktioniert. Man darf sie halt nicht mehr nutzen, weil sie kein DSC hat.“ Auch den originalen Eno-Kocher hat er warten lassen und dann neu emailliert. „Der passt hier einfach rein.“ Ebenso wie das Schaltpanel mit den Ziehknöpfen. Wohlgemerkt: All das ist ein halbes Jahrhundert alt. Mutmaßlich könnte es schwierig sein, heute ein elektronisches Gerät zu kaufen, das dermaßen lange seinen Dienst versieht. Ob das auch für die Boote an sich gilt? Abwarten.

Nicht warten muss man bei der Contest. Die funktioniert auch nach fünf Jahrzehnten klaglos. Natürlich waren im Laufe der Zeit Reparaturen erforderlich. „Am Skeg war beim Kauf ein Riss. Da musste ich etwas laminieren. Und der alte Motor hat genau kurz bevor wir auf die Nordsee wollten, den Geist aufgegeben. Dann haben wir einen neuen installieren lassen.“ Das ist das Gute an einem ursoliden Schiff: Auch nach vielen Jahren lohnen größere Investitionen, weil die Sub-stanz langlebig genug ist, um danach noch lange Zeit davon zu profitieren.

So haben viele ältere Contests mit Osmose zu kämpfen. Eine Reparatur der Blasenkrankheit ist gar nicht so kompliziert. Wer ein wenig handwerkliches Geschick mitbringt, der kann sogar gezielt auf die Suche nach einem Schiff mit Osmosebefall gehen, es entsprechend günstig erwerben und die Sanierung in Eigenregie durchführen.

Ältere Contests gelten als sehr solide Schiffe, bei denen die Laminatdicken besonders groß sind. Das gilt gleichsam auch für die 31 HT. Anders als andere Contests ist bei der 31 HT jedoch der Kiel nicht als ein Teil mit dem Rumpf laminiert und von oben mit Ballast versehen worden, sondern mittels Kielbolzen unter den Rumpf geschraubt. Der Übergang von Kiel zu Rumpf ist wie bei jedem anderen Schiff dieser Machart auch ein neuralgischer Punkt. Hierauf gilt es beim Kauf genau zu achten, besonders bei der Version mit dem tiefen Kiel.

Schrauben oftmals von innen überlaminiert

Zeigen sich Haarrisse an der Unterlegplatte der achteren Bolzen? Gibt es Zeichen von Undichtigkeit? Das ist nicht immer einfach zu sehen, denn Contest hat innen immer alles überlaminiert. Das sorgt zwar für dichte Schiffe, versteckt aber auch etwaige Probleme. So ist es auch bei den Relingfüßen. Sie sind mit Holzschrauben in von unten unters Deck laminierte Holzplatten geschraubt. Da braucht es nicht viel Fantasie, sich vorzustellen, wie das Holz nach all den Jahren aussieht. Das Problem: Man kommt so schlecht dran. Die Holzplatten müssen von innen freigelegt werden, danach ist die Reparatur einfach: Eine Alu- oder Edelstahlplatte von unten, ein paar Schrauben und etwas MS-Polymer. Fertig.

Ähnliches gilt für die Genuaschienen. Die sind mit Schrauben durchgebolzt. Das Ganze wurde dann von innen ebenfalls überlaminiert. Solange die Mutter im Laminat hält, ist alles gut. Dann lässt sich die Schraube außen herausdrehen und die Schiene neu in ein Dichtbett einsetzen. Wehe aber, eine der Muttern dreht frei im Laminat. Dann heißt von unten schleifen, um an die Mutter zu gelangen.

Schließlich wurde auch am Mastfuß überlaminiert. Diesmal allerdings von außen. Im Mastfuß befindet sich eine dicke Holzplatte. In die sind die Schrauben des Mastfußes gedreht. Bekommt der beim Stellen des Mastes seitliche Kräfte ab, können sich die Schrauben leicht lösen. Dann kann Wasser in den Mastfuß gelangen, das Holz aufweichen. All diese Dinge sind jedoch eher lästig als kritisch, wenn man mit Flex, Harz und Härter umzugehen weiß. Dass die damals gefundenen Lösungen sich so gut bewähren würden, dass man da 50 Jahre später noch darüber berichtet, das hätte sich wohl niemand gedacht seinerzeit.

Beim Test auf dem Grevelinger Meer vor Herkingen lässt sich die Durabilität einer Contest prüfen. Frische und böige 20 Knoten Wind bieten optimale Bedingungen. Dabei zeigt sich gleich ein Dilemma der IOR-Entwürfe. Großsegelfläche wurde von der Formel bestraft. Entsprechend ist das hintere Segel meist eher klein, die Fläche steckt in der Genua. Eigner Martin: „Ich habe ein kleineres Vorsegel geordert. Der riesige Lappen war nicht praktisch und die Arbeit an den Winschen war echt schwer. Jetzt haben wir bei ganz wenig Wind etwas zu wenig Power, sobald es aber etwas weht, sind wir gut unterwegs.“ Für den Test heißt das: Vollzeug. Zwischen den Böen geht das auch prima, zumindest, wenn man nicht ganz hoch an den Wind geht. Legt der Wind aber noch mal zu, muss das Großsegel offen gefahren werden. Dabei bleibt das Schiff am Ruder immer sehr souverän, keine Sonnenschussallüren, nur die Krängung nimmt kräftig zu.

Gutmütige Segeleigenschaften

Die Segeleigenschaften an sich sind unfassbar gutmütig, es steht zwar HT für Halbtonner drauf, die zickige Unberechenbarkeit von IOR-Rennziegen hat die Contest aber an Land gelassen. Hier wirken 50 Prozent Ballastanteil und sorgen für Gelassenheit. Und falls die Böe doch mal kräftiger daherkommt als erwartet, sind beide Schoten nicht weit weg. Allerdings muss der Steuermann um sein Arbeitsgerät herumgreifen, um der Großschot habhaft zu werden. Leichter geht das sicher in der Version mit Pinne, denn auch die gab es von der 31 HT. Es geht zurück. Die Wellen schieben das schmale Heck ziemlich hin und her. Die Contest neigt etwas zum Geigen. Das bedeutet aufmerksames Steuern, was jedoch sehr leicht und direkt von der Hand geht.

Was ist die Contest 31 HT nun für ein Boot? Schwer und solide und gleichzeitig mit ordentlich Tuch drauf mit sportlicher Allüre. Gut gebaut aber mit vielen kleinen Punkten, an denen Eigner nachbessern müssen. Wer sich für eine Contest interessiert, der sollte unbedingt auch die handwerkliche Seite einer Eignerschaft schätzen und die Zeit, die das auch im Winter fordert, erübrigen können. „Bei uns hat es ein paar Jahre gedauert, bis alles dicht war. Aber so lernt man sein Boot kennen, die Verbindung wird inniger. Die Arbeiten am Boot machen mir allerdings auch Spaß. Die sind ein guter Ausgleich zu meinem Job als Programmierer“, berichtet Eigner Martin.

Umso größer dann die Freude, wenn beim Familientörn im Sommer alles funktioniert. Diese Freude besteht auch fort, wenn einen das schlechte Wetter doch mal erwischt, dann hat die Contest Antworten: gut geschütztes, tiefes Cockpit, gutmütige Segeleigenschaften und angenehmes Verhalten in Wellen. Nur das riesige Vorsegel will dann gebändigt werden. Der Schritt von Eigner Martin auf ein kleineres Tuch vorne ist sicher sinnvoll. Nach Rücksprache mit dem Segelmacher wären auch ein längerer Baum und etwas mehr Fläche im Groß eine Option. So ließe sich durch Reffen im Groß sinnvoller Segelfläche reduzieren.

Natürlich finden sich auch 31er am Markt, die voll saniert sind. Da wird dann weniger Arbeit anfallen, allerdings sind die Boote teurer. Letztlich ist es eine Frage des eigenen Geschmacks und Geldbeutels, ob es eine Bastelbude oder ein fertiges Schiff sein soll. Die Contest aber bietet immer genügend Substanz, um sich auch ausführlicher mit ihr zu beschäftigen, etwa bei einem Refit. Alternativ tummeln sich am Markt noch die Victoire 933 oder die Friendship 33. Die allerdings ist neuer. Auch die legendäre Contessa 32 ist eine Alternative zur Contest.

Modellhistorie und Bauweise

Die Contest 31 wurde in Massivlaminat gebaut. Sandwich? Fehlanzeige. Die Bauweise ist schwer und isoliert wenig, aber es kommt auch nicht zu weichen Stellen. Dafür zu Osmose. Das ist kein Drama, die Rümpfe sind ausreichend dick und können gut auch in Eigenregie saniert werden. Es gibt zwei Tiefgangsvarianten, Saildrive oder Welle sowie eine Version, die AK, mit zwei einzelnen Kojen achtern.

Marktsituation

Da recht viele davon gebaut wurden und die 31 HT ein typisches Zwischenschiff in der Eignerkarriere ist, sind immer welche zu bekommen, meistens in den Niederlanden. Wichtig ist die Frage: Osmose, ja oder nein und neuer Motor, ja oder nein. Je nachdem steigt oder sinkt der Preis. Was hat ein Verkäufer schon angefasst, was steht noch an? Ein Gutachten kann daher durchaus sinnvoll sein.

Darauf achten

Die Scheuerleiste ist nach vielen Jahren neu einzudichten
Foto: YACHT/Bertel Kolthof

Der Skeg bekommt am Übergang zum Rumpf im Laufe der Zeit Risse, dann muss dort laminiert werden. Die originalen Luken sind meist undicht. Man kann sie reparieren oder ersetzen, je nach Geschmack. Die Fenster werden ebenfalls undicht.

Die Messwerte zum Test der Contest 31 HT

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Die Contest 31 HT im Detail

Platz für vier, besser für zwei: Die Aufteilung der AK-Version bietet Schlafplätze für vier Erwachsene. Zu zweit lebt es sich schon komfortabelFoto: YACHT/N. CampePlatz für vier, besser für zwei: Die Aufteilung der AK-Version bietet Schlafplätze für vier Erwachsene. Zu zweit lebt es sich schon komfortabel

Technische Daten der Contest 31 HT

  • Konstrukteur: Dick Zaal
  • Rumpflänge: 9,40 m
  • Gesamtlänge: 9,50 m
  • Wasserlinienlänge: 7,72 m
  • Breite: 3,15 m
  • Tiefgang/alternativ: 1,45/1,75 m
  • Masthöhe über WL: 13,50 m
  • Theor. Rumpfgeschw.: 6,75 Kn
  • Gewicht: 5,0 t
  • Ballast/-anteil: 2,5 t/50 %
  • Großsegel: 18,2 m2
  • Rollgenua (106 %): 37,5 m2
  • Maschine (Volvo P.): 23 kW/30 PS
  • Kraftstofftank: 100 l
  • Frischwassertank: 230 l
  • Fäkalientank: nicht vorhanden

Preis und Werft

  • Grundpreis 1972: 20.000 €
  • Gebrauchtpreis: 18.000–35.000 €

Werft

Contestyachts, contestyachts.com

YACHT-Bewertung der Contest 31 HT

Das Schiff vermittelt eine Menge Spaß und Sicherheit. Unter Deck viel Stauraum, aber knappe Kojenmaße

Konstruktion und Konzept

  • + Hoher Ballastanteil
  • - Kleine Cockpitlenzer

Segelleistung und Trimm

  • + Erstaunlich direkte Steuerung
  • + Breiter Traveller

Wohnen und Ausbauqualität

  • + Sehr solide Bauqualität
  • - Kojenmaße sehr knapp

Ausrüstung und Technik

  • + Großzügige Beschläge
  • + Große Tanks

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