Ovni 370Resistente Hülle aus Alu mit hübschem Kern im Test

Michael Good

 · 19.03.2024

Klare Bekenntnisse: Die Konstruktion ist bedingungslos auf maximales Volumen gebürstet. Die Vogelperspektive verdeutlicht das korpulent anmutende Vorschiff
Foto: YACHT/O. Blanchet
Das kompromisslose Blauwasserkonzept funktioniert auch im verkleinerten Format. Die Ovni 370 ist gut für weite Reisen mit kleiner Crew

Turbulente Zeiten liegen hinter Alubat in Frankreich. Zum einen bauen die Aluminium-Spezialisten in Les Sables-d’Olonne ihren ersten Fahrtenkatamaran. Das Projekt Ovnicat 48 hat mangels Käufer längere Zeit auf Eis gelegen, jetzt wird es doch noch konkret umgesetzt. Gleichzeitig erweitert die Werft die gehobene Semi-Custom-Reihe Cigale. Ein besonders leistungsstarkes 16-Meter-Schiff wird derzeit gebaut, und eine neue Cigale 15 soll demnächst in Serie gehen.

Obendrein vermeldet Alubat auch noch einen erneuten Wechsel in der Geschäftsführung. Luc Jurien heißt der nun neue Mann an der Spitze des Unternehmens, einer mit reichlich Erfahrung als langjähriger Blauwassersegler. Insgesamt sechs Jahre war der Ingenieur mit Familie auf einer Aluminiumyacht von Alubat auf den Weltmeeren unterwegs.

Als Variante geplanter Deckssalon ist jetzt Standard bei der Ovni 370

Unabhängig davon arbeitet die Werft weiterhin und mit hohem Druck am Ausbau des eigentlichen Kerngeschäfts, des Fahrten- und Blauwasser-Programms. Mit der Ovni 400 (Test YACHT 3/2020) hat Alubat die über lange Zeit bewährten Kon­struktionsparameter der Marke erstmal über Bord geworfen und überraschend ein radikal anderes Boot vorgestellt. Das wegen seines enormen Volumens optisch auffällige und sehr polarisierende Design aus der Zusammenarbeit mit den Konstrukteuren von Mortain & Mavrikios wurde als Neuheit auf der boot in Düsseldorf 2020 vorgestellt und kommt jetzt als Ovni 430 in einer überarbeiteten Version auf den Markt.

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In ganz ähnlicher optischer Aufmachung folgte die Ovni 370. Ihr Rumpf ist zwar mit einer Länge von 11,95 Metern lediglich gut 30 Zentimeter kürzer als derjenige der größeren Schwester, dafür aber deutlich weniger breit. Die maximale Ausdehnung beträgt 3,99 Meter, was einem – bei Fahrtenyachten durchschnittlichen – Streckungs­faktor von 3,0 entspricht.

Trotz vieler optischer äußerlicher Übereinstimmungen gibt es insbesondere unter Deck größere Unterschiede zwischen den zwei jüngsten Ovni-Modellen. Die 370 kam als echte Deckssalonyacht auf den Markt, das heißt, mit mehrfach abgestuften Wohn­ebenen und einer erhöht eingebauten Sitzgruppe, wo man auch im Sitzen freie Sicht nach außen genießen kann. Auf der Ovni 400 hingegen bleibt das Layout herkömmlich, mit allen Funktionsbereichen auf einem Niveau. Dieses klassische Layout war zu Anfang der Projektierungsphase auch für die 370 als Ausbauvariante angedacht, wurde aber von der Werft als Option wieder verworfen. Denn von den ersten 20 Bestellungen, die für das kleinere Schiff eingegangen sind, hatten sich ausnahmslos alle Käufer für den Ausbau mit Deckssalon entschieden. Das klassische Layout war damit obsolet geworden.

Neue Konstruktionsmethode für geringeren Materialaufwand

Generell sind Aluminium-Konstruk­tionen vor allem den größeren Schiffsformaten vorbehalten. Bei nur mittelgroßen Yachten bis zwölf Meter Rumpflänge ist der Alubau dagegen eher selten, weil die Machart im Verhältnis zur Schiffsgröße aufwändig ist und damit letztlich auch die Preise im Vergleich zu den Wettbewerbern aus GFK hoch sind.

Mit einer für die Werft komplett neuen Konstruktionsmethode kann Alubat diesem Umstand für die Fertigung der 370 ein Stück weit entgegenwirken. Dabei wird das Boot über einem Hilfsgerüst verschweißt, und die Spanten und Stringer werden erst nachträglich installiert. Für die Rümpfe früherer Modelle hat Alubat insgesamt sieben Platten über die ganze Rumpflänge verschweißt. Bei den Typen Ovni 430 und 370 besteht der Rumpf nun nur noch aus fünf Alu-Paneelen mit jeweils zwei, dafür aber deutlich ausgeprägten Knicken im Rumpf auf jeder Seite. Entsprechend kantig ist die Optik, welche beim neueren und kleineren Schiff nochmals sichtlich radikaler ausfällt als auf der größeren Schwester. Charakteristisch sind die hohen, flächigen Freiborde, die vom Bug bis zum Heck fast lotrecht abfallen und im Übergang zwischen den Aluplatten eine harte Kimmkante bewirken, speziell im hinteren Teil des Rumpfs.

Schwenkbares Integralschwert nun aus Aluminium

Den ausgeprägten Knick im Achterschiff kann die Ovni 370 für zusätzlichen Auftrieb bei Krängung und damit mehr Formstabilität am Wind gut gebrauchen. Denn: Alubat baut die Schiffe der Ovni-Reihe aus Tradi­tion mit einem schwenkbaren Integralschwert, welches sich zum Trockenfallen oder Abstellen an Land komplett in den Rumpf aufholen lässt. Bei den älteren Ovni-Modellen bestehen die variablen Flossen aus Gusseisen und stellen einen erheblichen Ballastanteil dar. Beim den Schiffen der neuen Generation baut die Werft dagegen ein leichteres Schwert aus Aluminium ein, welches sich einfacher und schneller nur mit Schotzug aufholen lässt, dafür aber auch kaum aufrichtendes Moment bietet. Diesen Verlust muss die Werft mit einem deutlichen Plus an Innenballast ausgleichen. Tief in der Bilge liegen eingekapselte Bleiklötze mit einem Gesamtgewicht von nicht weniger als 3,2 Tonnen.

Dennoch muss die Werft den Gewichtsschwerpunkt der Ovni 370 so tief wie nur möglich halten, damit die Konstruktion die Einstufung in die CE- Entwurfskategorie A (Hochsee) erfüllen kann. Deshalb bietet man für die ausgewiesene Blauwasseryacht erstaunlicherweise keinen fest eingebauten Generator an, sondern setzt für lange Seereisen auf alternative Methoden zur Energiegewinnung über Solarpaneele oder Hydrogeneratoren.

Ovni 370 steht für Sicherheit auf langen Passagen

Ebenfalls wegen des knapp kalkulierten Schwerpunkts bietet Alubat für die Neue keinen Rollmast als Option an; es bleibt beim konventionellen, vergleichsweise kurzen Aluminiumrigg mit zwei Salingen. Zur Standard-Garderobe mit herkömmlichem Großsegel und kurz überlappender Genua aus Dacron gibt es auf Wunsch die Leistungssteigerung aus formstabilem Laminat wie beim Testschiff, mit einem durchgelatteten Großsegel und sportlicher Topp-Ausstellung. Eine Selbstwendefock ist als Op­tion nicht möglich.

Ein Schiff vom Schlag der Ovni 370 ist weniger dafür gemacht, möglichst schnell und rassig von A nach B zu segeln, sondern vielmehr, um längere Passagen auf dem Meer zu meistern und dafür die nötige Sicherheit zu gewähren. Die sehr hohen und breiten Süllränder bieten im Cockpit guten Schutz und der massive Cockpittisch beste Festhaltemöglichkeiten. Die große Sprayhood schirmt die vorn am Kajütschott sitzende Crew sehr gut gegen Wind und überkommendes Wasser ab. Die Spritzkappe ist zwar nur als Option erhältlich, gehört aber zwingend zu einer Blauwasseryacht.

Der Rudergänger sitzt isoliert und mit wenig Bewegungsfreiheit hinter den weit achtern angebauten Steuersäulen. Weil aber die Schoten für Großsegel und Genua vorn über die Winschen am Niedergang bedient werden, hat der Steuermann keinen direkten Zugriff auf sie. Zum Einhand­segeln ist das nachteilig. Für lange Schläge, bei denen der Autopilot die meiste Zeit steuert, ist die kompakte Bedienung aller Schoten und Fallen am Niedergang vorteilhaft, weil die Mannschaft zum Einstellen der Segel den Schutz der großen Sprayhood nicht verlassen muss.

Ovni 370 mit Vor- und Nachteilen

Im YACHT-Test mit der Ovni 370 bei mäßig starkem Wind ohne nennenswerten Wellengang bestätigt sich, was sich schon im Test mit der größeren Schwester gezeigt hat: Aufkreuzen ist nicht die Paradedisziplin der neuen Entwürfe von Mortain & Ma­vrikios für Alubat. Bei perfekten Segelbedingungen um 15 Knoten Wind und trotz Segel-Upgrade schafft die 370 im Mittel nur 5,7 Knoten Speed bei einem relativ weiten Wendewinkel von 95 Grad.

Deutlich mehr Dynamik zeigt die Französin, wenn man die Schoten schrickt und die Yacht laufen lassen kann. Die Reaktionen der fülligen und vergleichsweise schweren Aluminium-Konstruktion sind überraschend gut. Die Manöver lassen sich einfach und kontrolliert durchsegeln, und ein wohl­dosierter Ruderdruck macht es dem Steuermann leicht, das Boot optimal an der Windkante zu lenken.

Das Konzept der 370 als Yacht mit Deckssalon, langer Pantryzeile seitlich und erhöhter Navigation lässt keine wesentliche Varianz für den Innenausbau zu. Im Vorschiff und achtern auf der Backbordseite gibt es jeweils eine Doppelkabine. Vorn ist die Koje wegen des enormen Rumpfvolumens zwar rekordverdächtig breit (mehr als 2,20 Meter auf Schulterhöhe), aber beim Testschiff auch nur bescheidene 1,85 Meter lang. Die Werft will hier noch verbessern.

Der Toilettenbereich ist zweigeteilt. Eine vergleichsweise kleine Nasszelle mit Wasch­­becken und WC befindet sich hinten im Schiff. Vor dem Hauptschott, seitlich im Durchgang zur Vorschiffskabine, ist zusätzlich ein abgetrennter Duschbereich eingebaut. Dieses Abteil kann auf Wunsch auch für andere Zwecke zur Verfügung stehen, etwa als begehbarer Kleiderschrank oder für den Einbau einer Waschmaschine. Das Achterschiff auf der Steuerbordseite bleibt der Nutzung als große und von innen begehbare Backskiste vorbehalten. Wer will, kann sich diesen Raum als Werkstatt einrichten oder von der Werft zwei zusätz­liche Pullmann-Kojen einbauen lassen.

Innere Werte der Ovni 370

Die Möbel für den Innenausbau werden in der werfteigenen Tischlerei von Alubat hergestellt und machen einen sehr soliden und ordentlichen Eindruck. Ohne die Abhängigkeit von fertigen Einbaumodulen externer Zulieferer kann Alubat flexibler arbeiten und in einem gewissen Rahmen bei der Gestaltung auf individuelle Kundenwünsche eingehen.

Wegen der vielen Kältebrücken ist bei Schiffen aus Aluminium auch die Dämmung ein wichtiges Thema. Für die Ovni 370 verarbeitet Alubat erstmals aufgespritzten Kork als Isolation und als Wegerung an den sichtbaren Rumpf-Innenseiten. Optik und Haptik der Ober­flächen erinnern an den Rauputz auf den Wänden im Hausbau – eine durchaus spannende Parallele. Allerdings neigt das Material offenbar auch zum Einreißen. Beim neuen Testschiff ist die Dämmung schon gleich an mehreren Stellen deutlich aufgeplatzt.

470.050 Euro kostet die Ovni 370 in der Basisausstattung einschließlich 19 Prozent Mehrwertsteuer, und die Segel sind in diesem Preis auch schon mit dabei. Mangels direkter Konkurrenz ist die Preiseinordnung aber schwierig.

Wer eine längere Reise auf See plant, dafür auf Nummer sicher gehen will und ein Schiff im handlichen, übersicht­lichen und dazu besser bezahlbaren Format sucht, muss auch die Ovni 370 in der engeren Auswahl haben. Segler mit ausgeprägtem Fernweh können mit ihr glücklich werden – auch wenn die langen Schläge vielleicht etwas länger dauern.


Neues Verfahren, weniger Aufwand

Die Aluplatten für den Rumpf werden über einem Mallengerüst verschweißt. Die Spanten werden nachträglich eingebrachtFoto: YACHT/Olivier BlanchetDie Aluplatten für den Rumpf werden über einem Mallengerüst verschweißt. Die Spanten werden nachträglich eingebracht

Mit dem neuen Modell hat Alubat die Konstruktionsmethode radikal geändert. Bei allen älteren Typen sowie auch der größeren Schwester Ovni 400 wird vorab ein Skelett aus Spanten und Stringern erstellt und danach die vorgeformten Rumpfplatten darüber gegen­seitig sowie mit den vorhandenen Strukturen verschweißt. Beim neuen Schiff dagegen wird zunächst die Hülle über einem formgebenden Mallengerüst zusammengefügt; erst danach werden die Spanten in den Rumpf eingeschweißt. Für diese Technik sind die Platten der Schale zwar etwas dicker und schwerer, dafür werden aber deutlich weniger Spanten und Stringer benötigt als beim herkömmlichen Bauverfahren. Und die Werft kann Zeit sparen, etwa die Hälfte der bisherigen Fertigungsdauer für den Rumpf.


Die Messwerte zum Test der Ovni 370

Bild 1

Die Ovni 370 im Detail

 | Zeichnung: YACHT/N. Campe | Zeichnung: YACHT/N. Campe

Technische Daten der Ovni 370

  • Konstrukteur: Mortain & Mavrikios
  • CE-Entwurfskategorie: A
  • Rumpflänge: 11,95 m
  • Gesamtlänge: 12,25 m
  • Wasserlinienlänge: 11,40 m
  • Breite: 3,99 m
  • Tiefgang: 0,92–3,08 m
  • Masthöhe über WL: 16,74 m
  • Theor. Rumpfgeschwindigk.: 8,2 kn
  • Gewicht: 9,4 t
  • Ballast/-anteil: 3,2 t/35 %
  • Großsegel: 36,0 m2
  • Rollgenua (106 %): 33,0 m2
  • Maschine (Nanni): 27 kW/38 PS
  • Kraftstofftank (Kunststoff): 300 l
  • Frischwassertank (Kunststoff): 300 l
  • Fäkalientank (Kunststoff): 50 l
  • Batterien: 3 x 90 AH/AGM

Rumpf- und Decks­bauweise

Rumpf und Deck bestehen komplett aus Aluminium (AW 5083 H111). Für den Rumpf werden fünf vorgeformte Platten (8/10 mm) im Knickspant über einer Helling verschweißt

Ausstattung, Preis und Werft

  • Grundpreis ab Werft: 470.050 € brutto inkl. 19 % MwSt.
  • Standardausrüstung inklusive: Segel, Motor, Schoten, Reling, Positions­laternen, Batterie, Kom­pass, Polster, Pantry/Kocher, Lenzpumpe, WC, Segelkleid, Feuerlöscher, E-Kühlfach, Fäkalientank mit Absaugung. Gegen Aufpreis: Anker mit Kette, Fender/Festmacher, segelklare Übergabe (inkl. Anti­fouling-Anstrich)
  • Generelle Garantie: 2 Jahre
  • im Preis enthalten: Wasserdichtes Niedergangsschott, Badeplattform mit integrierter Badeleiter, Kork-Innenisolierung, Bug­spriet mit Ankerhalterung, Antirutsch-Decksbelag, Cockpittisch mit klappbaren Teakplatten

Stand 03/2024

Elektronik

Ausstattungs-Paket von B&G gegen Aufpreis: Triton 2 mit Wind, Logge, Lot, zwei Anzeigen, Autopilot, Kartenplotter, Radio, VHF mit AIS-Empfang

Winschen

2 x Schotwinschen Lewmar 46ST, 2 x Fallenwinschen Lewmar 46ST

Motor und Getriebe

Standard: Nanni N4-38 mit Wellenantrieb und Dreiblatt-Festpropeller. Keine Option für Leistungs-Upgrade

Rigg und Segel

Zweisalings-Aluminiumrigg (eloxiert) von Hersteller Z-Spars. Zum Standard-Lieferumfang gehören einfache Amwind-Segel (Groß und Genua) aus Dacron von Incidence

Werft

Alubat Chantier Naval, 85180 Les Sables-d’Olonne (Frankreich), www.alubat.com

Vertrieb

AluYacht GmbH, 20149 Hamburg, www.aluyacht.de

YACHT-Bewertung der Ovni 370

Strapazierfähiger und trockenfalltauglicher Aluminium-Knick­spanter aus Frankreich mit klarem Fokus auf die Ansprüche von Blauwasserseglern. Die Ovni 370 ist eines der kleineren Schiffe dieser Ausrichtung, und das Angebot ist preislich attraktiv

Konstruktion und Konzept

  • + Extrem robuste Bauausführung
  • + Moderne Konstruktion
  • + Einfaches Trockenfallen
  • - Hoher Gewichtsschwerpunkt

Segelleistung und Trimm

  • + Agil in den Manövern
  • + Gute Beschläge an Deck
  • - An der Kreuz eher träge
  • - Nicht einhandtauglich

Wohnen und Ausbauqualität

  • + Grandioser Blick aus dem Salon
  • + Große Küche, viele Stauräume
  • + Vorschiffskoje ungewohnt breit
  • - Nasszelle eher klein

Ausrüstung und Technik

  • + Gut abgestimmte Steuerung
  • + Große Sprayhood, guter Schutz
  • - Isolation nicht dauerhaft
  • - Kein Rollmast als Option

Die Ovni 370 im Video

Der Artikel erschien erstmals in YACHT 06/2022 und wurde für die Online-Version aktualisiert.


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