Untergang nach RuderverlustEigner berichten, wie sie die Havarie ihrer Arcona 460 erlebten

Dramatisches Ende eines Lebenstraums: Die leckgeschlagene Arcona 460 „IdaLina“ sinkt in kurzer Zeit vor den Augen der fassungslosen  Eigner im Pazifischen Ozean
Foto: Monica Candler
Ingmar & Katarina Bååth Ravudd
Katarina und Ingmar Bååth Ravudd erlitten im April Schiffbruch mit ihrer Arcona 460. Die unter schwedischer Flagge fahrende “IdaLina” war auf dem Pazifik unterwegs, als ihr Ruderschaft brach. Ein großes Loch im Rumpf führte dazu, dass das Schiff letztlich aufgegeben werden musste und in die Tiefen der See verschwand. Im YACHT-Interview erzählen von dem erfolglosen Kampf um ihr Schiff und von ihren Plänen für die Zukunft

Wie geht es euch heute? Konntet ihr euch gut erholen von dem dramatischen Verlust eures Schiffes?

Katarina Bååth Ravudd: Ja, uns geht es wieder gut. Natürlich sind viele Erinnerungen und persönlich wertvolle Gegenstände mit dem Schiff untergegangen. Auf unserer Reise hatten wir Bilder, Kleidung und andere Utensilien gekauft, mit denen wir uns immer an die schöne Zeit erinnern wollten. Wir sammeln nicht die typischen Souvenirs, sondern Dinge, die wir auch im Alltag nutzen können. Es ist schon traurig, dass das alles weg ist.

Wann und wo seid ihr zu eurer Langfahrt aufgebrochen?

Ingmar Bååth Ravudd: Wir sind im August 2021 in Gustavsberg bei Stockholm losgesegelt. An dem Ort, wo auch die Arcona-Werft beheimatet ist.

Wart ihr auf der klassischen Barfußroute unterwegs?

Ingmar: Anfangs ja, aber nach Französisch-Polynesien haben wir es uns anders überlegt und wollten stattdessen über Hawaii nach Alaska segeln, um anschließend Richtung Süden die Westküste von Nordamerika zu erkunden. Nach der erneuten Passage des Panama­kanals wollten wir uns dem nördlichen Teil der Karibik widmen, bevor es wieder zurück in die Heimat nach Schweden gehen sollte.

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Wo genau kam es zur Havarie?

Katarina: Etwa 290 Seemeilen östlich der Marquesas-Inseln auf der Position 8°22’07’’S und 135°51’04’’W. Wir sind froh, das Ruder nicht mutterseelenallein zwischen Hawaii und Alaska verloren zu haben, sondern in der vergleichbar komfortablen Situation, in der wir uns befanden: Freunde waren mit ihrem Boot so nah bei uns, dass wir sie anfunken konnten.

Seid ihr unter Maschine gelaufen, als der Ruderschaft gebrochen ist? Auf den Bildern des sinkenden Schiffs sieht man die eingerollte Genua und das geborgene Groß.

Ingmar: Nein, wir segelten bei etwa 140° vor dem Wind, der eine Stärke von 15 bis 20 Knoten aufwies. Als Erstes nahmen wir die Segel runter, um das Ruder zu stabilisieren, da wir viel Geschwindigkeit und entsprechenden Ruderdruck hatten. Dafür mussten wir den Autopiloten vom Schaft lösen, um in den Wind gehen zu können. Bis dahin lief das Boot noch auf Kurs, trotz des Bruchs.

Habt ihr eine Idee, wie es zu dem Bruch kommen konnte?

Ingmar: Nein, wir haben nichts um uns herum im Wasser treiben sehen und auch kein Rammgeräusch gehört. Es gab plötzlich nur einen scharfen Ton, worauf das Steuerrad keinen Effekt mehr auf das Ruder hatte. Zuerst dachten wir, dass die Steuerseile gebrochen sein mussten. Der gebrochene Ruderschaft war eine große Überraschung.

Was habt ihr dann gemacht?

Katarina: Ingmar hat ein Seil durch den unteren Quadranten gezogen und dann anschließend mit einer Winsch festgeholt. So wollten wir das Ruder nach oben stabilisieren. Um das Hin-und-her-Schlagen des Schafts zu minimieren, haben wir die Bodenplatte mit dem Führungsloch wieder eingesetzt. Als die Platte runterfiel, schlug das untere Ruderlager ein 15 Zentimeter großes Loch in den Rumpf. Unsere Ver­suche, das Loch mit Bordmitteln zu stopfen, misslangen alle, und auch die Bilgen konnten das einströmende Wasser nicht schnell genug wieder herauspumpen.

Wie lange habt ihr um die „IdaLina“ gekämpft?

Ingmar: Um 13.11 Uhr setzten wir den Funkspruch an unsere Freunde auf der „Pacific Wind“ mit der Bitte um Hilfe ab. Nach anderthalb Stunden harter Arbeit mussten wir uns eingestehen, dass das Boot nicht zu retten war. Das laut auszusprechen war der schlimmste Moment. Dann haben wir die Rettungsinsel ausgelöst, gepackt und das Schiff verlassen. Unsere Freunde von der „Pacific Wind“ waren so schnell da, dass wir 25 Minuten später schon gerettet waren. Um 15.48 Uhr verschwand „IdaLina“ unter der Wasser­oberfläche.

Das gebrochene Ruder und der Untergang der Arcona 460 im Video

Was habt ihr retten können?

Katarina: Wir waren ziemlich gut vorbereitet auf eine Evakurierung. Dank Stau- und Notfallplänen wussten wir, wo alles an Deck und im Interieur verstaut war und was wir im Notfall mitnehmen mussten. Neben dem Grab Bag für die Notfallausrüstung hatten wir weitere, um Computer, iPhones, GoPro-Kamera, Eheringe, Pässe, einlaminierte Dokumente, ein paar Klamotten und Lebensmittel zu sichern. Insgesamt hatten wir neun wasserdichte Taschen in die Rettungsinsel genommen. Auch wenn das andere Boot so nah war, haben wir extra Lebensmittel und Wasser mitgenommen für den Fall, dass sie uns nicht so schnell finden würden. Neben frischem Gemüse wanderte sogar ein Gefrierbeutel mit Käse in eine Tasche. So konnten wir wenigstens einen Käse-Moment mit unseren Rettern genießen. (Lacht)

Hat die Rückreise nach Schweden reibungslos funktioniert?

Katarina: Leider folgte nach unserem Schiffbruch gleich das nächste Drama. Meine Schwester rief mich eines Morgens an und teilte mir mit, dass unsere Mutter eine Gehirnblutung erlitten hatte. Daher sind wir so schnell wie möglich heimgeflogen und haben es gerade noch geschafft, sie zu sehen, bevor sie verstarb. Insgesamt war es ein bisschen viel Drama in den letzten Wochen, aber auch hier hatten wir Glück.

Wie alt war euer Boot, und wart ihr die Ersteigner?

Katarina: Nein, wir waren bereits die zweiten Besitzer von „IdaLina“. Unsere Arcona 460 wurde 2008 gebaut, und wir haben sie dann neun Jahre später erworben, um sie aufwändig auf Blauwasser zu trimmen.

Wie habt ihr das Boot für eure Bedürfnisse modifiziert?

Ingmar: Als Erstes haben wir von der Arcona-Werft das Cockpit umbauen lassen, um einen zweiten Steuerstand installieren zu können. Neben den üblichen Langfahrts-Ausrüstungsutensilien wie Solarpaneelen, einem Wind- und einem Hydrogenerator haben wir auch in schöne Carbon-Segeltücher investiert.

Warum die teuren Hochleistungssegel?

Katarina: Mein Mann ist immer im Regattamodus, auch wenn wir allein auf dem Ozean unterwegs sind. Ingmar arbeitet pausenlos mit den Segeln. Er kann nicht anders.

Ingmar: Ich bin früher leidenschaftlich Regatta gesegelt. Ein guter Trimm ist aber auch besser für die Lebensdauer der Segel und die Stabilität des Bootes. (Schmunzelt)

Plant ihr, euch wieder ein neues Boot zu kaufen?

Ingmar: Auf jeden Fall! Wir segeln beide seit der Kindheit, und es ist Teil unserer Identität. Diesen Sommer werden wir uns erst einmal ordentlich erholen und uns um Familienangelegenheiten kümmern. Danach geht es auf die Suche nach einem kleineren, sportlichen Boot. Ich könnte mir sehr gut eine First 24 von Beneteau vorstellen. Die ist nicht nur touren- und regattatauglich, sondern nebenbei auch unsinkbar. Ein neues Schiff wieder für die Langfahrt vorzubereiten ist uns zu umständlich und langwierig. Die „IdaLina“ kannten wir in- und auswändig und haben sie genau für unsere Bedürfnisse und Sicherheitsbefinden umgerüstet. Noch einmal können wir das nicht machen. Stattdessen werden wir uns interessante Orte aussuchen und dort ein Schiff leihen. Vielleicht chartern wir in Vancouver, um British Columbia zu erkunden, so wie wir es ursprünglich auch geplant hatten. In Schweden reicht uns dann das kleine Boot, um die Schären und Seen zu besegeln.


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