Transat Café L’OrPrivatjet verursacht Kenterung eines Class 40 - wirklich?

Lars Bolle

 · 03.11.2025

Transat Café L’Or: Privatjet verursacht Kenterung eines Class 40 - wirklich?Foto: privat/youtube
Das verzweifelte Seglerpaar.
Ein Seglerpaar erlebte einen dramatischen Zwischenfall in der Biskaya, als ein tief fliegender Privatjet ihr Boot zum Kentern brachte. Der Luftdruck des dreimal dicht über sie hinwegfliegenden Flugzeugs habe zu Materialschäden und emotionalen Belastungen geführt. Die französische Marine widerspricht jedoch dieser Darstellung.

Dieser Artikel wurde nach Erstveröffentlichung aktualisiert

Die Belgier Jérôme Delire und Caroline Dieu, Teilnehmer der Transat Café L’Or, wurden in der Biskaya Opfer eines ungewöhnlichen Zwischenfalls. Ein Privatjet flog nach eigenen Angaben dreimal in extrem niedriger Höhe über ihre “Innovad.Group – XLG” hinweg. Der Luftdruck des Flugzeugs sei so stark gewesen, dass er ihre Class 40 sekundenschnell zum Kentern brachte. Bei dem Vorfall riss die Gennaker-Halsleine, wodurch das Segel ins Wasser fiel und sich in den Unterwasseranhängen des Bootes verfing. Das Paar befand sich zu diesem Zeitpunkt erstmals seit Rennbeginn in guten Segelbedingungen mit achterlichem Wind und hoher Geschwindigkeit, bevor der Zwischenfall ihre Fahrt abrupt unterbrach.

Bereits zuvor war es, sturmbedingt, zu mehreren Kenterungen gekommen.

Bewertung

Widersprüchliche Aussagen

Dieser Darstellung widerspricht die französische Marine. Demnach sei es kein Privatjet gewesen, von dem aus womöglich schöne Fotos des Bootes gemacht werden sollten, wie die Skipperin behauptet, sondern um eine Falcon 50 der französischen Marine, die sich auf einem Überwachungsflug befand. Es habe ein Radarecho ohne AIS-Signal empfangen. Bereits beim ersten Überflug, der in einem vorschriftsmäßigen Abstand von 200 Meter stattgefunden habe, sei das Boot in Schwierigkeiten gewesen, habe immer mehr angeluvt und sei von seinem Gennaker auf die Seite gezogen worden.

Meistgelesene Artikel

1

2

3

Danach sei ein zweiter Überflug erfolgt, ebenfalls im vorgeschriebenen Abstand, bei dem klar wurde, dass die Crew keine Hilfe benötige. Einen dritten Überflug, wie behauptet, habe es nicht gegeben.

Komplizierte Bergungsaktion

Die genau Ursache der Kenterung bleibt nebulös. In jedem Fall stellte sie die Segler vor mehrere Herausforderungen. Zunächst mussten sie vermeiden, über Bord zu gehen, dann das Boot stabilisieren und schließlich das ins Wasser gefallene Segel bergen. „Wir wollten nicht mehr als 150 Quadratmeter Segel im Wasser verlieren!", erklärten die Segler zur Dringlichkeit der Situation. Die Bergungsaktion gestaltete sich kompliziert und dauerte insgesamt 40 Minuten. Das Paar ließ das bereits zur Hälfte im Wasser befindliche Segel zunächst los, hielt es nur noch an der Schot fest und befreite es dann nach und nach von den Unterwasseranhängen. Das Segel wurde dabei stark beschädigt und „schnell in Fetzen gerissen", wie die Betroffenen berichteten. Nach der Bergung setzten sie einen Ersatz-Spinnaker und entschieden sich, das Rennen fortzusetzen.

Der Vorfall löste bei dem Paar starke emotionale Reaktionen aus. In einem veröffentlichten Video waren beide weinend zu sehen – ein Ausdruck ihrer Frustration über die Aneinanderreihung von Widrigkeiten während des Rennens. „Es gibt einfach einen Moment, in dem die Nerven nachgeben", erklärten sie zu diesem emotionalen Ausbruch.

Das Video auf Youtube

Schwieriger Rennverlauf

Der Zwischenfall mit dem Flugzeug war nicht die erste Herausforderung für das Paar in diesem Rennen. Bereits seit dem Start hatten sie mit schwierigen Bedingungen und technischen Problemen zu kämpfen. Gleich zu Beginn erlitten sie einen Schaden an der Führungsschiene des Großsegels. Später riss ihre Sturmfock. Diese Probleme reihten sich in eine Serie von Schwierigkeiten ein, die viele Teilnehmer des Rennens betrafen. „Ich glaube nicht, dass irgendein Boot von kleineren oder größeren Schäden verschont geblieben ist", berichteten sie. Wie alle anderen Class 40-Teilnehmer liefen sie La Coruña an, um einem Sturm auszuweichen. Den Restart traten sie jedoch laut Race-Tracker erst deutlich hinter der Konkurrenz an.

Grobes Fehlverhalten des Piloten?

Der geschilderte dreimalige Überflug eines Flugzeugs würde ein grobes Fehlverhalten des Piloten darstellen. Jets erzeugen starke Wirbelschleppen, besonders an den Flügelspitzen. Diese können sehr heftige, rotierende Luftbewegungen verursachen. Auch der Triebwerksschub eines Jets erzeugt sehr starke Luftströmungen. Bei niedrigem Überflug kann dies Windgeschwindigkeiten von 100+ km/h erzeugen. Ein Jet müsste jedoch extrem niedrig fliegen (unter 50 bis 100 Meter), um ein Segelboot spürbar zu beeinflussen. Solch ein niedriger Überflug wäre illegal, weil gefährlich. Luftfahrtregeln verbieten solch niedrige Überflüge über Booten. Falls so etwas passiert wäre, wäre es ein schwerer Verstoß gegen Luftfahrtregeln.


Meistgelesen in der Rubrik Special