Ursula Meer
· 12.05.2025
Für den Portugiesen Pinto Morais ließen sich Realität und Wunder in den letzten Wochen wohl nicht immer klar voneinander unterscheiden. In der Nacht zum 2. April 2025 strandete sein 10 Meter langes Segelboot „Sasuka“ am Strand von Quinéville in der Normandie. Das Schiff, das er gerade erst in den Niederlanden gekauft hatte, wollte er gemeinsam mit zwei Mitseglern nach Hause überführen. Doch technische Probleme und ungünstige Wetterbedingungen durchkreuzten diesen Plan und führten zu gleich zwei dramatischen Rettungsaktionen.
Am Abend des 1. April gegen 19 Uhr gerieten die drei portugiesischen Segler an Bord der „Sasuka“ in Seenot und mussten einen Notruf absetzen. Sie waren am Morgen aus Le Havre ausgelaufen, mit Kurs West auf den Gezeitenhafen von Quinéville auf der gegenüberliegenden Seite der Bucht am nordwestlichen Ärmelkanal. Doch etwa eine halbe Meile vor der Küste fand die Etappe ein jähes Ende: das in Duisburg registrierte Boot lief auf eine Sandbank auf. Bei einer Legerwallsituation mit Windstärken von über 6 Beaufort aus Ost und Wellenhöhen von mehr als 3 Metern war an ein Freikommen aus eigener Kraft nicht zu denken.
Die Seenotretter der etwa vier Meilen entfernten Sauveteurs en Mer (SNSM)-Station Saint-Vaast-la-Hougue eilten mit einem RIB zu Hilfe, während gleichzeitig in Maupertus ein Marinehubschrauber startete. Fabrice Leblond, der Leiter der SNSM-Station, beschreibt im Magazin „Ouest France“ den dramatischen Einsatz: „Während der Taucher des Hubschraubers ins Wasser sprang, um die Segler in Sicherheit zu bringen, schwammen drei unserer Taucher zu dem Segelboot." Die drei Segler, alle im Alter von über 60 Jahren, konnten schließlich zu Fuß an den Strand gebracht werden. Dort wurden sie von der Feuerwehr nahezu unversehrt in Empfang genommen, nur einer zeigte Anzeichen einer leichten Unterkühlung.
Der Anker des Segelboots wurde gesteckt, hielt aber dem im Laufe der Nacht immer weiter auffrischenden Wind nicht stand. „Sasuka“ lief an der Küste zu einer denkbar ungünstigen Zeit auf Grund. Der Gezeitenkoeffizient und damit der Wasserstand bei Hochwasser nahm ab, ebenso der Wind, der kräftig aus Osten wehend den Wasserstand zum Zeitpunkt der Havarie zusätzlich erhöht hatte. Eine Bergung von See aus galt auf längere Sicht für ausgeschlossen. Nach Einschätzung der SNSM sollte das Boot frühestens mit der nächsten großen Flut Ende April wieder ausreichend Wasser unter dem Kiel haben.
Wie nun die regionale Tageszeitung La Presse de la Manche berichtet, traf am Morgen nach der Havarie ein Spaziergänger auf den Eigner des auf der Seite liegenden Bootes - und beschloss spontan zu helfen. Er trommelte einen Trupp von Freunden zusammen und holte die Genehmigungen für umfangreiche Baggerarbeiten ein. Ein Bagger wurde von einer eigentlich auf Materialrückgewinnung spezialisierten Firma im nahegelegenen Ort Valognes zur Verfügung gestellt. Deren Chef kennt sich nicht nur mit schwerem Gerät aus, auch als erfahrener Segler verfügte er über die notwendige Expertise zur Bergung.
Um fünf Uhr früh am 26. April begannen die Männer bei Niedrigwasser, zunächst den Havaristen freizubuddeln und meerwärts zu drehen. Der Tidenhub reichte jedoch nicht aus, um das Boot bei Hochwasser aufschwimmen zu lassen. So hoben sie schließlich bei der folgenden Ebbe einen 40 Meter langen Graben aus. Der Einsatz zeigte Erfolg: Bei der Abendflut schwamm die Sasuka schließlich auf. Noch am selben Abend konnte sie in sicher im Hafen von Saint-Vaast-la-Hougue festmachen.
Der Eigner der „Sasuka“ hat nach seiner eigenen Rettung ein zweites Mal großes Glück. Sein Boot kam nahezu unbeschadet Boot davon, lediglich der Kiel hat unter dem Sandabrieb gelitten und muss neu gestrichen werden. Mitte Juni will er das Boot in der Normandie abholen und in seinen künftigen Heimathafen Porto überführen. Mit der Bretagne und der Biskaya liegt Potenzial für weitere Abenteuer auf seiner Route. Seine Retter hat er schon jetzt zu einem Besuch in Portugal eingeladen.