Mittelmeer11-jähriges Mädchen nach Schiffbruch von Seglern gerettet

Lars Bolle

 · 13.12.2024

Das gerettete Mädchen wurde an Bord notversorgt
Foto: Compass Collective
Ein elfjähriges Mädchen wurde von der deutschen Hilfsorganisation Compass Collective aus dem Mittelmeer gerettet. Der Vorfall ereignete sich in der Nacht zum Mittwoch, den 11. Dezember 2024, etwa zehn Meilen vor der italienischen Insel Lampedusa.

Gegen 3:20 Uhr morgens hörte die Besatzung der „Trotamar III“, eines 13 Meter langen Segelbootes der NGO Compass Collective, trotz Motorenlärms und starken Windes Hilferufe. Die Helfer befanden sich auf dem Weg zu der letzten gemeldeten Position eines Flüchtlingsbootes. Skipper Matthias Wiedenlübbert alarmierte nach Angaben der NGO sofort die restliche Crew und steuerte das Schiff in Richtung der Rufe.

Lkw-Reifen als Rettungsringe

Als sie den Ort erreichten, bot sich ihnen ein unglaublicher Anblick: Ein Mädchen trieb allein im Wasser, ausgestattet mit einer Rettungsweste und an zwei große Schläuche von Lkw-Reifen geklammert. Skipper Matthias Wiedenlübbert:„Es war ein unglaublicher Zufall, dass wir trotz laufendem Motors die Stimme des Kindes gehört haben.“ Das Mädchen sei zwar unterkühlt gewesen, mit etwa 35 Grad Körpertemperatur, aber ansprechbar. Nach seiner Bergung wurde es umsorge und um 6 Uhr an den Rettungsdienst auf Lampedusa übergeben.

Die dramatische Havarie

Das gerettete Kind stellte sich als Yasmine vor, 11 Jahre alt und aus Sierra Leone stammend. Sie berichtete, dass sie drei Tage zuvor mit 44 anderen Menschen, darunter ihr älterer Bruder und ein Cousin, auf einem kleinen Eisenboot von Sfax, Tunesien, aus in See gestochen war. Nach einigen Tagen auf See zog ein starkes Unwetter auf. Yasmine erzählte: "Das Meer wurde viel zu groß für uns. Wasser ist in das Boot geflossen und hat es zum Kentern gebracht."

Zunächst klammerten sich noch zwei weitere Menschen mit ihr an die Luftkammern. Sie beteten gemeinsam, doch irgendwann verlor Yasmine die anderen aus den Augen und war ganz allein. Sie gab an, drei Tage lang im Wasser getrieben zu sein.

Die Überlebenschancen

Der Arzt, der Yasmine nach ihrer Rettung betreute, schätzt jedoch, dass sie maximal zwölf Stunden im Wasser verbracht hatte. Eine längere Zeit hätte sie vermutlich im winterlichen Mittelmeer nicht überlebt. Aber der Schock, die Kälte und die Einsamkeit könnten in den Augen einer Elfjährigen die Zeit in die Länge gezogen haben. Zudem verliere man bei einer Unterkühlung das Zeitgefühl.

Die NGO Compass Collective

Die „Trotamar III“ ist ein Segelboot der deutschen NGO Compass Collective, das im Mittelmeer Menschen in Not hilft. Die Organisation unterstützt die zivile Seenotrettung im zentralen Mittelmeer. Das 13 Meter lange Boot mit wechselnden Crews habe seit dem Einsatzbeginn im August 2023 insgesamt 1653 Menschen in Seenot unterstützt und ihre Rettung durch Alarmierung der Rettungsleitstelle in Rom veranlasst. 231 Menschen wurden direkt auf die „Trotamar III“ gerettet. CompassCollective stammt aus dem Wendland.

Die Flüchtlings-Situation im Mittelmeer

Der Vorfall wirft ein Schlaglicht auf die anhaltende Migrationskrise im Mittelmeer. Immer wieder versuchen Menschen, mit Booten über das Meer nach Europa zu gelangen, wobei es häufig zu Unglücken mit Toten und Vermissten kommt. Das italienische Innenministerium zählte in diesem Jahr etwa 64.000 Menschen, die auf Booten Italien erreichten. Im Vergleich zum Vorjahr, als es etwa 153.100 waren, ist dies ein deutlicher Rückgang.


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