Jochen Rieker
· 19.07.2021
Die Kollision eines Schwimmkrans mit den Hochspannungsleitungen bei Rabelsund ging zum Glück glimpflich ab. Wie es dazu kam
Für Dutzende Crews hätte es ein bitteres Wochenende werden können. Am Freitag riss ein Schwimmkran, der von Schleimünde kommend Richtung Kappeln geschleppt wurde, mehr als die Hälfte der Freileitungen über dem viel befahrenen Ostseefjord ab. Daraufhin wurde die Schlei umgehend in beiden Richtungen gesperrt. Hier geht es zu unserem Bericht!
Weil zunächst unklar war, ob die anderen Drähte auch beschädigt wurden, galt die Sperrung zunächst auf unbestimmte Zeit. Schon Freitagabend kam dann Entwarnung: Keine weitere Gefahr mehr für passierende Schiffe; der Verkehr wurde rechtzeitig zum Wochenende wieder freigegeben. Ein großer Rückstau vor und hinter der Unfallstelle blieb aus. Nach Angaben von YACHT-Fotograf Nico Krauss, der selbst vor Rabelsund festhing, waren auf der Ostseite nur einige Dutzende Crews betroffen.
Bittere Ironie: Der Schwimmkran sollte eigentlich für Entlastung sorgen, nicht für eine Behinderung. Er war auf dem Weg nach Lindaunis, um die Sanierung der dortigen Brücke über die Schlei voranzubringen.
Dass er eine reale Gefahr für die Freileitungen bei Rabelsund darstellt, war auch der Besatzung des Schleppers bekannt, der ihn an Ort und Stelle bringen sollte. Nach YACHT-Informationen sollte der Kranausleger kurz vor der Passage abgesenkt werden.
Ein Mitglied der Crew sagt kurz zuvor noch scherzhaft: "Das ist der Gegner. Mal gucken..." Das belegt ein Video von Bord, das der Redaktion vorliegt. Kurz danach, schon dringlicher: "Der müsste jetzt mal langsam runter". Während der Schlepper mit unverminderter Geschwindigkeit weiterfährt, fragt jemand: "Passt das?" Daraufhin sagt jemand laut und eindringlich: "Der Kran muss runter!"...
Dann geht alles ganz schnell: "Hey, stopp!", ruft eine Stimme. Während fast zeitgleich die Maschine gedrosselt wird, hört man im Hintergrund ein Krachen, daraufhin ein wütendes Brüllen: "Maaaannn! Idioten! Was ist das für 'ne Scheiße?!! Ey, das kann nicht wahr sein!" Erst danach bricht die Aufnahme ab.
Offenbar mangelte es an Abstimmung zwischen Schlepper und Schwimmkran, oder die Kran-Besatzung schätzte die Höhe des Auslegers falsch ein. Jedenfalls riss der Kran sechs Leitungen von den Strommasten. Auf einem von der Regionalzeitung shz veröffentlichten Bild eines Augenzeugen, der den Vorfall fotografierte, sieht man ein regelrechtes Funkenfeuer dort, wo die Leitungen das gelbe Stahlrohrgeflecht des Auslegers berühren.
Trotz des glimpflichen Ausgangs laufen jetzt Ermittlungen wegen einer schweren Gefährdung des Schiffsverkehrs. Die Kosten für die Reparatur der Leitungen werden fraglos in die Zehntausende gehen – und erneut eine Sperrung der Schlei nach sich ziehen. Dann allerdings nicht ad hoc an einem Freitagmorgen mitten in der Hauptsaison, sondern zumindest mit rechtzeitiger Vorankündigung.