Tina Kielwein
· 06.10.2019
Die westlichen Azoreninseln sind vom Hurrikan "Lorenzo" schwerer getroffen worden, als zunächst angenommen. Vor Ort spricht man von Schäden in Millionenhöhe
Der inzwischen abgezogene Hurrikan "Lorenzo", der vergangene Woche in der Nacht von Dienstag auf Mittwoch über den Azoreninseln gewütet hat, richtete insbesondere auf den beiden äußeren der neun portugiesischen Atlantikinseln doch schwerere Schäden an, als zunächst vermutet. Während die Hauptinsel São Miguel von dem Sturm nur gestreift worden war, hat die Kraft des Sturms die westlichen Inseln in voller Härte getroffen.
Insbesondere die Insel Corvo, deren Siedlung Vila do Corvo mit knapp 450 Einwohnern als eine der kleinsten Städte Europas gilt, sowie die knapp 15 Kilometer entfernte Insel Flores sind von dem Hurrikan verwüstet worden. Auch einige Tage nach dem Sturm war die Insel Corvo noch immer komplett von der Außenwelt abgeschnitten. Auf Flores, mit knapp 3.800 Einwohnern die größere der beiden Westinseln, waren Strom sowie Telefon ausgefallen. Vor allem der dortige Hafen, der auch die Insel Corvo mit versorgt, blieb nicht verschont. Wie deutsche Segler vor Ort berichten, wurde dieser komplett zerstört, die Schiffe, die während des Hurrikans im Hafen lagen, seien gesunken. "Es sind Millionenschäden, die Jahre des Aufbaus benötigen", so Volker Christmann, passionierter Segler und Azoren-Kenner, gegenüber YACHT online.
Auch im Hafen von Horta auf der Insel Faial war "Lorenzo" deutlich zu spüren. Ein deutscher Segler, der seine Yacht während des Hurrikans in der hintersten Ecke des als sehr sicher geltenden Hafens festgemacht hatte, war in der Sturmnacht ordentlich durchgerüttelt worden. Allerdings blieb sein Boot, abgesehen von einer abgerissenen Scheuerleiste, von Schäden verschont.
Ein paar hundert Meter entfernt hatten die Menschen nicht so viel Glück: Dort war eine Straße von Wellen bis zu 15 Meter Höhe vollständig weggespült. Mehrere Häuser wurden erheblich beschädigt, und die Bewohner mussten in der Nacht evakuiert werden.
Die Hauptinsel São Miguel kam vergleichsweise mit einem blauen Auge davon; dort war "Lorenzo" lediglich vorbeigezogen. Hier war von einem "normalen Wintersturm" bis Windstärke sieben die Rede, von Verletzten wurde nichts berichtet.
Der Hurrikan, der von Meteorologen inzwischen nicht mehr als solcher klassifiziert wird, zog indes weiter Richtung britische und irische Küste. Es ist der schwerste Hurrikan, der so weit östlich und so weit nördlich im Atlantik verzeichnet wurde. Damit gilt er als der erste Hurrikan der höchsten Kategorie, der in solch unmittelbarer Entfernung zu Europa vorbeigezogen ist.