Golden Globe RaceDramatischer Seenotfall – Skipper gerettet

Andreas Fritsch

 · 11.04.2023

Golden Globe Race: Dramatischer Seenotfall – Skipper gerettet
In Seenot: Ian Herbert-Jones auf seiner “Puffin” | Photo: I. Herbert-Jones / GGR2022

UPDATE: Der Brite Ian Herbert-Jones ist nach einer Durchkenterung und Mastbruch von seiner schwer beschädigten Yacht durch einen taiwanischen Fischtrawler gerettet worden

Wie das Race Management des Golden Globe Race mitteilt, hatte sich das taiwanische MRCC in die Suche eingeschaltet, nachdem sich zeigte, dass eine Flotte von drei Fischtrawlern am nächsten zu Ian Herbert-Jones “Puffin” war. Das Boot war gestern in einem Sturm mit 80-Knoten-Böen durchgekentert und hatte das Rigg verloren. Der Skipper hatte sich zudem am Rücken verletzt und eine Kopfwunde davongetragen. Gestern Abend gelang es nun dem Fischtrawler “Zi Da Wang”, den Unglücksort zu erreichen. Er legte sich bei etwa 25 Knoten Wind und noch vier Meter Seegang in Luv des Havaristen, der sein Boot in den Windschatten manövrieren konnte. Dann gelang die Abbergung. Herbert-Jones sei “verletzt, habe Schnitte, Kratzer, Hämatome und noch immer Schmerzen von seiner Rückenverletzung, aber nun zumindest in Sicherheit”. Das Fischerboot hat jetzt Kurs auf Südafrika genommen, wo es den Briten absetzen will.

Herbert-Jones segelte nach der Rundung Kap Hoorns nordöstlich der Falklands auf Platz drei der Chichester-Wertung und geriet dort in einen schweren Sturm. Der brachte im Mittel 45 Knoten Wind und Böen bis zu 80 Knoten, dazu eine gewaltige, knapp acht Meter hohe See aus Südwest, die zusätzlich von einer knapp zwei Meter hohen alten See aus Westen überlagert wurde. Der Skipper versuchte den Sturm unter Rigg ohne Segel vor dem Wind selbst steuernd im Cockpit abzuwettern, wie er dem Veranstalter zuvor noch bei einem Gespräch gesagt hatte. Doch schon da trafen ihn Böen von bis zu 70 Knoten Wind, und seine Tradewind 35 wurde mehrfach flach aufs Wasser gedrückt.

Gestern Abend konnte die Rennleitung den Briten auf seiner Tradewind 35 “Puffin” dann beim Round-Call um 17:25 nicht mehr erreichen, und wenig später löste der Skipper die Epirb der Yacht aus, weil es ihm wiederholt nicht gelang, die Rennleitung zu kontaktieren. Wenig später meldete sich Ian Herbert zum Glück per Satelliten-Nachricht: “Durchgekentert, Mast verloren, Rücken verletzt, Kopfwunde, zwei Fuß Wasser im Boot.” Zweimal wurde er von den Brechern aus seinem Cockpit gewaschen, war aber zum Glück angeleint.

Die aktuelle Position des Havaristen | Bild: Ocean Frontiers OGR/ GGR/CG580/Pic suppliers
Die aktuelle Position des Havaristen | Bild: Ocean Frontiers OGR/ GGR/CG580/Pic suppliers

Die Rennleitung konnte ihn dann wenig später telefonisch erreichen. Der 52-Jährige berichtete, dass er starke Schmerzen im Rücken habe und sich immer schlechter bewegen kann, er zudem eine Kopfwunde habe. Trotzdem kämpft er gegen den Wassereinbruch an Bord, den er aber wohl unter Kontrolle bekommen hat. Er vermutet, das meiste Wasser dringt über den Niedergang ein. Doch das gebrochene Rigg hängt noch immer über die Seite im Wasser und schlägt gegen den Rumpf, es besteht also das Risiko, dass es ein Loch in die Bordwand schlägt. Er versucht derzeit, es loszuschneiden, doch die Wetterbedingungen machen das fast unmöglich. Denn noch immer tobt der Sturm, wohl mindestens noch fünf Stunden lang. Trotzdem wirkt der dreifache Familienvater gefasst, wie ein Funk-Mitschnitt vom Rennveranstalter von heute gut belegt. Der in Wales lebende Segler ist ein sehr erfahrener Skipper und bereits das Clipper Round the World Race komplett als Wachführer gesegelt. Mittlerweile hat er wohl auch einen Treibanker ausgebracht, damit das Boot in den Wellen nicht erneut durchgerollt wird.

Ian Herbert-Jones mit seiner Tradewind 35 “Puffin” beim Foto-Tor vor Lanzarote | Photo: Nora Havel
Ian Herbert-Jones mit seiner Tradewind 35 “Puffin” beim Foto-Tor vor Lanzarote | Photo: Nora Havel

Das nächste Schiff für eine mögliche Rettung ist derzeit ein Tanker, der rund 120 Seemeilen von Herbert unterwegs ist und gegen den Sturm an zu ihm dampfen muss. Die Rennleitung des Golden Globe Races glaubt nicht, dass dieser vor 10 bis 12 Stunden vor Ort sein kann.