Jochen Rieker
· 22.05.2023
Am Freitag nahmen in Brodersby Familie, Freunde und Wegbegleiter Abschied von Deutschlands Ausnahmesegler. Ein stiller, ein schöner, ein bewegender Moment
Draußen, hinter der aus Feldsteinen gemauerten St.-Andreas-Kirche, ziehen die Boote nach Norden, aufs offene Wasser. Es ist ein Tag wie gemalt: Sonne und Ostwind räumen nach und nach die morgendliche Bewölkung vom Himmel, dessen Blau die sonst schon mal grau-grüne Schlei strahlen lässt.
Unmöglich, darin kein Zeichen zu sehen.
Kaiserwetter für einen, der auf seinen Fahrten so vielen Stürmen trotzte. Der auch zuletzt, als die Ärzte vorigen Sommer Magenkrebs diagnostizierten, noch eine schwere Prüfung auf sich nehmen musste.
Am 8. Mai, 55 Jahre und einen Tag nach der Rückkehr von seiner ersten Solo-Weltumsegelung, konnte oder mochte Wilfried Erdmann nicht länger gegenangehen. Er starb mit 83 Jahren. Am Freitagnachmittag fand er auf dem Friedhof in Brodersby seine letzte Ruhestätte.
Wenn es überhaupt so etwas wie Trost gibt nach einem solchen Verlust, der bis heute die Menschen bewegt, dann konnte man ihn hier finden, auf der Anhöhe über der Schlei und in der schlichten, aber wundervollen Kirche, die sich füllte wie sonst nur an Feiertagen.
An die hundert Trauernde waren gekommen, um Abschied zu nehmen, darunter Familienangehörige, Freunde, Nachbarn, Kollegen und frühere Weggefährten wie Burkhard Pieske oder Achill Moser.
Der Sarg aus Kiefernholz hätte Wilfried wohl ebenso gefallen wie das Wetter. Sein Sohn Kym hatte ihn zusammen mit einem Tischler liebevoll modifiziert. Die Griffe ersetzte der Grafikdesigner durch geflochtene Schoten, drei an jeder Seite: an Steuerbord grün – rot – grün, an Backbord rot – grün – rot. Oben, über dem Deckel, verlief ein naturfarbenes Ende.
Wilfrieds Grab liegt nach Osten ausgerichtet, zur Schlei, am Rand des idyllischen Friedhofs. Von hier sind es nur ein paar Hundert Meter zum Wasser, das man durch die Äste und Zweige der Hainbuchen hindurch sehen kann. Und bei Ostwind hört man mitunter das Knattern der Segel, wenn ein Boot im engen Fahrwasser aufkreuzt.
Wilfried Erdmann habe diese Gegend auch deshalb stets so geliebt, sagte Pastorin Tanja Lammert in ihrer Trauerpredigt, „weil man von hier ablegen und bis Kap Hoorn segeln kann“.
Es gab schon immer viele gute Gründe, Kurs auf die Schlei abzusetzen. Auf 54 Grad 53 Minuten Nord und 9 Grad 7 Minuten Ost gibt es seit Freitag noch einen mehr.