Kristina Müller
· 03.01.2024
Nike Steiger: Ich habe mehr und mehr Plastik an den Stränden liegen sehen, das hat mich sehr erschreckt. Ich habe angefangen, es aufzusammeln. Wenn man auf einem Boot lebt, denkt man mehr übers Verbrauchen nach – von Strom, Wasser und auch Plastik. Schließlich habe ich mit einer Freundin die Initiative „InMocean“ gegründet, mit der wir uns im Kampf gegen Plastikmüll engagieren.
Anfangs haben wir Beach-Clean-ups veranstaltet. Dann haben wir nach einer Open-Source-Vorlage Maschinen gebaut, mit denen man selbst gesäuberten Plastikmüll schreddern und zu neuen Produkten formen kann – auch an Bord!
Nein, unser Ziel ist es, in abgelegenen Küstenregionen Infrastruktur aufzubauen, mit der Einheimische Plastikmüll sammeln und zu Haushaltsprodukten wie Schalen, Möbeln oder Lampen weiterverarbeiten und verkaufen können. So wollen wir das Bewusstsein für altes Plastik als Ressource schaffen und dessen Wiederverwendung fördern.
Ja, gerade wird der dritte Workspace in Mexiko aufgebaut. Die gespendeten Recycling-Maschinen sind schon angekommen. Noch ist alles spendenfinanziert. Wir arbeiten mit lokalen Organisationen zusammen, die vor Ort verankert und motiviert sind.
Es gibt zwei Quellen: zum einen am Strand gesammeltes Plastik. Aber auch Haushaltskunststoffe, die in den mittelamerikanischen Gebieten, in denen wir unterwegs sind, gar nicht recycelt werden. Sie werden verbrannt oder weggeworfen. Wir arbeiten mit Polypropylen und Polyethylen. Das wird geschreddert, erhitzt und neu verformt.
Die Flotte besteht aus insgesamt sieben Yachten von segelnden Vloggern, mich eingeschlossen, die in unterschiedlichen Teilen der Erde reisen, für Einheimische Workshops mit den Recycling-Maschinen durchführen und über ihre Youtube-Kanäle Reichweite für das Thema schaffen. Auf diese Weise wollen wir zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen.
Wir wollen das Bewusstsein für altes Plastik als Ressource schaffen und dessen Wiederverwendung fördern”
Im ersten Jahr wurden 55 Workshops in acht Ländern veranstaltet. Die Leute erleben dabei, wie aus Müll ein neues Produkt entsteht. Man merkt, dass dabei in den Köpfen ein krasser Aha-Effekt einsetzt. Gerade Kinder stehen Schlange. Cool ist, zu beobachten, wie sich das neu hinzugewonnene Wissen bei ihnen verankert. Beim nächsten Strandbesuch rufen sie dann: „Nike, hieraus kann man auch etwas machen!“ Das ist toll. Bei den Erwachsenen ist es eher der finanzielle Anreiz, die Produkte verkaufen zu können. Zum Beispiel in Form von Schmuck an Touristen.
Ich lebe nicht plastikfrei, das ist schwierig. Aber ich kaufe beispielsweise keine neuen Klamotten. Und ich versuche, auch Elektronikgeräte zu reparieren, anstatt neue zu kaufen. Glücklicherweise hat man als Segler die Möglichkeit, mit einem relativ kleinen CO2-Fußabdruck unterwegs zu sein. Durch das Recycling-Projekt hat sich aber auch meine Wahrnehmung ein wenig verändert.
Wenn man so eine Maschine an Bord hat, bekommt man einen neuen Blick für den Strandmüll. Ich sehe ein Teil und denke, das ist aber ein hübsches Türkis – was man daraus alles machen könnte! (lacht)