Tatjana Pokorny
· 23.08.2022
Kevin Escoffier und sein Team Holcim – PRB sind der jüngste bestätigte Neuzugang für das 14. The Ocean Race. Aus dem schon länger kursierenden Gerücht ist offizielle Realität geworden. Der französische Solosegler Ecoffier war in der Vendée Globe 2020/2021 zur dramatischen Berühmtheit geworden, als seine Imoca “PRB” 840 Seemeilen südwestlich von Kapstadt ohne Vorwarnung zerbrach und sank. Escoffier entkam mit der Rettungsinsel. Die Segelwelt bangte mit ihm, bis Landsmann Jean Le Cam ihn rettete. Jetzt greift Escoffier mit neuer Imoca und Mannschaft ab 15. Januar im The Ocean Race an, bevor er sein zweites Vendée Globe 2024/2025 in Angriff nimmt. In beiden Rennen wird er wieder zu den Gegnern von Boris Herrmann und seinem Team Malizia zählen.
Für die The-Ocean-Race-Organisatoren bedeutet Escoffiers offizielle Bestätigung der in Seglerkreisen schon länger bekannten Startabsicht sehr gute Nachrichten. Nun werden mindestens fünf Imocas an der Startlinie der bekanntesten Mannschaftsweltumseglung aufkreuzen. “Malizia – Seaexplorer”-Skipper Boris Herrmann, der Escoffiers Team aktiv unterstützt hatte, freut sich über die inzwischen veritable Flotte: “Das sind alles super Schiffe. Fast alles Boote der neuesten Generation. Alle können auf Augenhöhe miteinander konkurrieren. Es hat sich gut entwickelt und ich denke, wir können ein tolles und spannendes Rennen erwarten. Und wer weiß, was noch kommt. Man ist ja nie vor Überraschungen gefeit…”
Neben Herrmanns Team Malizia und Kevin Escoffiers Team Holcim – PRB kämpfen in der Imoca-Klasse im The Ocean Race Paul Meilhats Team Biotherm, Charlie Enrights Team 11th Hour Racing und das französisch-deutsche Guyot Environment – Team Europe um Sieg und Top-Platzierungen bei der 14. Edition des Klassikers. Letzteres prägen der französisch-deutsche Kooperation Skipper Benjamin Dutroux, der Berliner Co-Skipper Robert Stanjek sowie Phillip Kasüske und Annie Lush vom Offshore Team Germany. The Ocean Race wird bei bei seiner 14. Edition seit der Premiere 1973/1974 in zwei Klassen ausgetragen. Neben den Imocas sind auch die bekannten VO65-Yachten am Start.
Der 42-jährige Senkrechtstarter Kevin Escoffier, der sein erstes Imoca-Solo erst 2020 bestritten hatte, wünscht sich nach seiner brutalen Vendée-Globe-Havarie nichts weniger als ein erfolgreiches The Ocean Race ohne Bruch. Unvergessen bleibt die erste von nur drei Nachrichten, die Escoffier damals zwischen dem Bruch und dem Verlassen der Yacht noch absetzen konnte: “Ich sinke. Das ist kein Witz. Mayday!” Der Film zur Rettung – in französischer Sprache – ist hier zu sehen.
Das Ocean Race selbst hat Escoffier schon zweimal an der Seite von Charles Caudrelier bestritten und beim zweiten Mal auch mitgewonnen. “Ich liebe dieses Rennen. Gerade, weil es von Mannschaften bestritten wird.” Das neue Boot hatten die Franzosen schon im Frühjahr fertig gebaut. In der bretonischen Seglerwiege La Base in Lorient wurde es jetzt noch einmal in seinem neuen, für das The Ocean Race kreierten Farbkleid feierlich zu Wasser gebracht. Genau dort, wo am 19. Juli auch Boris Herrmanns Team die neue “Malizia – Seaexplorer” vorgestellt hatte. Escoffiers Team vermeldete jetzt: “Was für ein Tag! Team Holcim – PRB hat heute Nachmittag das Boot in seinen neuen Farben zu Wasser gebracht. Es ist der Beginn eines neuen Abenteuers für Kevin und das ganze Team.” Dass einige abergläubische Segler die Farbe Grün im Segelsport mit drohendem Unglück verbinden, hat Escoffiers Team offensichtlich nicht beeindruckt. Die Imoca trägt ein auffälliges grasgrün-himmelblaues Kleid und wirbt mit dem Slogan “Go Circular” für die Kreislaufwirtschaft. “Ein schönes Biest”, kommentierte ein Fan die Optik in den sozialen Netzwerken.
In der seesegellastigen Geschichte von Sponsor PRB ist Escoffiers Neue bereits die sechste Imoca. Escoffier sagt: “Es ist mir eine Ehre, für PRB segeln zu dürfen.” Die Zusage dafür hatte Escoffier von PRB-Präsident Jean-Jacques Laurent schon bekommen, als er kurz nach der dramatischen Havarie noch überglücklich an Bord bei seinem Retter Jean Le Cam war. Für die Linien der neuen Imoca zeichnet Guillaume Verdier verantwortlich. Für Escoffier waren bei der Entstehung Vielseitigkeit und Zuverlässigkeit entscheidend. Zu diesem Zweck wurde der Plan von Verdier merklich verändert. Escoffier wollte “kein typisches Vendée-Globe-Boot”, weil es aus seiner Sicht eben keine berechenbaren, immer wiederkehrenden Bedingungen gibt. Sein Boot soll auszeichnen, dass er die Imoca unabhängig von den herrschenden Bedingungen optimal bewegen kann. Eine Philosophie, die der von Boris Herrmann durchaus nahe kommt.