In der Serie „Segler beichten“ gestehen wir unsere dümmsten Fehler beim Segeln. Aber wir sind auch auf Ihre Beichte gespannt. Schicken Sie uns ihren Text, wenn möglich mit Bildern, an mail@yacht.de, Stichwort „Seglerbeichte“. Falls gewünscht, erfolgt die Veröffentlichung anonymisiert.
Der Wunsch, einmal beim Silverrudder dabei zu sein, schlummerte in mir schon länger. 2024 informierte ich mich über die Teilnahmebedingungen und fasste den Entschluss: Dieses Jahr mache ich da mit.
Um 18.30 Uhr wusste ich, dass ich einen der begehrten Startplätze bei der 13. Silverrudder ergattert hatte. Die Regatta mit 450 Startplätzen war in einer halben Stunde ausverkauft. Wahnsinn! Und ich dabei!
Am Freitag, 20. September 2024, ging es los. Start war für mich um 10.30 Uhr. Der Kurs ging gegen den Uhrzeigersinn und etwa 135 Seemeilen lagen vor mir. Das Ziel Svendborg sollte bis Sonntag um 12.00 Uhr erreicht werden. So der Plan.
Die Zeit verging wie im Flug. Ich stand kurz vor Fredericia. Es war jetzt 5.30 Uhr und ich wollte ein letztes Mal halsen, um die Einfahrt zum kleinen Belt nicht zu verpassen. Also Pinnenpilot einklinken, rauf aufs Vorschiff und ran an den Spibaum. Den Baum los vom Mast, Luvschot los, Leeschot einklicken und dann den Spibaum wieder in den Ring einklicken. Ich stand mit dem Rücken zur Fahrtrichtung.
Plötzlich gab es hinter mir einen fürchterlichen Schlag, der das ganze Boot erschütterte. Ich sah noch an Steuerbord eine riesige gelbe Tonne vorbeiziehen. So ein Mist. Da ich verkehrt herum stand, hatte ich die nicht gesehen und auch vorher auf dem Plotter übersehen.
Den Spi habe ich runtergeholt und musste mich von dem Schreck erstmal erholen. Es ging weiter in den kleinen Belt. Mittlerweile war es hell, der Wind wurde etwas weniger und so konnte ich die Brücke der Fünen Autobahn problemlos passieren. Jetzt war die Eisenbahnbrücke bei Middelfahrt dran, die mich noch eine Weile beschäftigen sollte. Ich war schon durch, aber der Strom hat mich bei drei Knoten Fahrt durchs Wasser wieder zurück unter die Brücke gezogen. So habe ich mich mehr Richtung Ufer begeben, dort war weniger Strom und nach Setzen des Spinnakers passierte ich nun endlich die Brücke. Jetzt ging es den kleinen Belt Richtung Süd. Die Zeit verging. Der Wind ließ immer mehr nach, aber seit Tagen endlich mal wieder herrlichster Sonnenschein. Mittlerweile war ich auf Höhe Assens und dümpelte bei fast keinem Wind auf der Stelle. Ich beschloss, das Rennen abzubrechen. Übrigens, wie viele andere auch, die wegen Flaute abbrachen.
Okay, jetzt Motor an, langsame Fahrt voraus und Boot klar machen. Als das erledigt war, wollte ich drinnen klar Schiff machen. Ich hob meinen Norwegerpullover auf. Er war triefend nass! Wo kkam das Wasser her? Ich hob eins der Bodenbretter hoch. Es war alles voll mit Wasser, wie auch der vordere Kleiderschrank.
Ich drückte sofort die DSC-Taste und setzte danach ein Mayday per Funk ab. Was für ein riesiger Schreck! Es meldete sich Bremen Rescue und leitete mich weiter an Lyngby Radio. Ein weiterer Regattasegler stoppte neben mir, zwei Motorbootfahrer und die Fähre nach Assens. Alle boten ihre Hilfe an. Echte Seemannschaft. Ich habe dann erstmal zu Hause angerufen und die Notsituation geschildert. Meine liebe Familie hat alles stehen und liegen gelassen und kam nach viereinhalb Stunden in Assens an. Welch eine tolle Hilfe.
In der Zwischenzeit hat der Rettungskreuzer aus Assens mein Boot leer gepumpt, soweit es ging und mich nach Assens gebracht. Der Hafenmeister wurde verständigt und als das Boot am Liegeplatz lag, ging es auch schon mit dem Kranen los. Jetzt konnte ich erstmals den Schaden erkennen. Der Rumpf war am Bug aufgeplatzt. Ich hätte heulen können, aber der Hafenmeister hat gleich den Bootsbauer Benny Larsson angerufen und für Montag früh einen Termin vereinbart.
Antje und Clara trafen gegen 22.00 Uhr in Assens ein. Während der Fahrt buchten sie erstmal ein Hotel. Auf dem feuchten Boot konnten wir nicht schlafen.
Sonntag war herrlichster Sonnenschein und meine beiden Mädels machten sich ans Trocknen des Bootes. Sie baten mich dringend, mich vom Boot zu entfernen da ich, noch immer geschockt, keine Hilfe gewesen wäre. Sie holten 500 Liter Wasser aus dem Boot. Dank des sonnigen Wetters trocknete alles gut ab. Herzlichen Dank nochmals für diese Arbeit.
Montag pünktlich um 9.00 Uhr begann Benny Larsson mit seiner Reparatur. Er sprach sehr gut deutsch und wir waren uns gleich sympathisch. Ich hatte sein ganzes Mitgefühl. Die Reparatur ging flott voran und um 14.00 Uhr ging „Horatio“ wieder ins Wasser. Weiter warten wollte ich nicht und um 15.00 Uhr, nachdem alles bezahlt war, brach ich auf mit Ziel Stralsund.
Meine erste Reaktion war: nie wieder Silverrudder, aber jetzt, mit einem gewissen Abstand, würde ich es nochmal probieren. Da ist noch eine Rechnung offen.