Die tragische Geschichte des britischen Seglers Donald Crowhurst, der 1968 am ersten Golden Globe Race teilnahm, ist jetzt kostenlos in der ARD-Mediathek zu sehen. Der Film "Vor uns das Meer" mit Colin Firth in der Hauptrolle erzählt von Crowhursts verhängnisvoller Entscheidung, bei der Einhand-Weltumsegelung zu betrügen und falsche Positionsangaben zu melden. Die Verfilmung aus dem Jahr 2018 zeigt eindrucksvoll, wie der Amateursegler an den Erwartungen und seinem eigenen Ehrgeiz zerbricht.
Der Film erschien zum 50. Jubiläum des originalen Golden Globe Race und der Neuauflage des Retro-Rennens im Jahr 2018. Hier geht es zum Film in der ARD-Mediathek.
Die Golden Globe Regatta wurde 1968 von der britischen Zeitung "Sunday Times" ausgeschrieben. Sie sollte auf der Klipper-Route ohne Zwischenstopp einmal um die Welt führen. Ein Jahr zuvor hatte Francis Chichester die Route mit einem Stopp in Sydney zurückgelegt, was in Großbritannien für Begeisterung sorgte. Auch Donald Crowhurst, der in Südengland eine schlecht laufende Firma für Navigationselektronik betrieb, war von der Idee eines solchen Abenteuers fasziniert.
Crowhurst entwarf für die Regatta einen futuristischen Trimaran namens "Teignmouth Electron". Das Boot sollte mit reglergesteuerten Bilgenpumpensystemen, selbstauslösenden Auftriebskörpern und einer komplexen Bordcomputeranlage ausgestattet werden. Auf dem Papier entstand ein scheinbar unschlagbares Renngerät. Die Umsetzung scheiterte jedoch an Geld- und Zeitmangel. Seinem Hauptsponsor sicherte Crowhurst vertraglich zu, den Trimaran im Falle eines Misserfolgs zurückzukaufen - was sein wirtschaftliches Ende bedeutet hätte.
Am Morgen des Aufbruchs verließ Crowhurst nervös seine Familie und setzte die Segel. Schon wenige Tage nach dem Start offenbarten sich erhebliche Mängel am Boot. Crowhurst stand vor einem Dilemma: Er konnte weder die geplante Route segeln noch abbrechen, ohne seine Familie zu ruinieren. So fasste er den folgenschweren Entschluss, seine Position zu fälschen und eine verwegene Aufholjagd vorzutäuschen.
Während man Crowhurst zu Hause bereits als möglichen Sieger feierte, hielt er sich nach einem Reparaturstopp in Südamerika im Atlantik auf. Er wartete auf die Gegner und zerbrach innerlich an der selbst verantworteten Situation. Zu Gewissensbissen und Heimweh kam das Dilemma, dass er der Schnellste sein musste, um das Preisgeld zu erhalten - aber der Letzte, um nicht aufzufliegen. Crowhurst schrieb in sein Logbuch: "Niemand wird sich die Logbücher des Letzten ansehen wollen."
Nachdem Robin Knox-Johnston als einziger Teilnehmer heil wieder Großbritannien erreicht hatte, hätte Crowhurst nur noch nach Hause segeln müssen, um seinen Betrug zu vollenden. Doch er tat es nicht. Nach wochenlanger atlantischer Irrfahrt hatten die Gewissensbisse so sehr an ihm genagt, dass sein Seelenzustand ernsthaft Schaden genommen hatte. Der Trimaran wurde später unbemannt aufgefunden. An Bord fand man Logbücher sowie Ton- und Filmaufnahmen, die Crowhurst im Delirium an Deck tanzend zeigten.
Die Macher des Films "The Mercy" nehmen sich die Freiheit, das Bild der Geschichte weiter auszumalen, als es bis dato geschah. Sie rücken konsequent die Familie des verlorenen Seglers in den Blickpunkt. Dieser Betrachtungswinkel ist die entscheidende, aber auch die einzige Interpretation der Dramaturgen. Die aufwändig inszenierte Zeitreise ins Jahr 1968 überzeugt mit detailgetreuer Ausstattung, von zeitgenössischen Fahrzeugen bis hin zu den Yachten auf einer nachgestellten Bootsausstellung.
Glanzstück der Verfilmung ist die "Teignmouth Electron" selbst, ein Original-Nachbau anhand der vorhandenen Pläne. Bis ins Detail wie Beschlagsanordnung, Farbgebung und Polster unter Deck vermittelt das Boot den Eindruck, als sei hier im Jahr 1968 an Bord gedreht worden. Die zu Herzen gehende Geschichte wird damit auf beeindruckende Weise zum Leben erweckt.
Sir Robin Knox-Johnston zeigte sich bei Erscheinen sich beeindruckt vom Kinofilm. "Gut! Vor allem, weil die Geschichte nicht überdramatisiert wurde. Man hat keinen Hollywood-Blockbuster daraus gemacht und sich sehr dicht an die Fakten gehalten", lobte der britische Segler gegenüber der YACHT die realistische Darstellung. Knox-Johnston war "sehr davon beeindruckt, wie realistisch die Handlung dargestellt wurde."
Knox-Johnston selbst erfuhr erst an Land von Crowhursts gefälschten Positionsmeldungen. "Ich hörte, dass er unterwegs sei, als ich Neuseeland passierte. Aber sein Name sagte mir nichts", erinnert sich der Brite. Nach dem Rennen spendete Knox-Johnston das Preisgeld an Crowhursts Witwe: "Das war eine ganz einfache Überlegung: Das Geld stand laut Ausschreibung dem Schnellsten zu. Ich war, ehrlich gesagt, die ganze Zeit nur an der Erstleistung interessiert. Ich habe während des Rennens nicht über das Preisgeld nachgedacht."
Für Segelbegeisterte gibt es neben "Vor uns das Meer" noch zahlreiche andere empfehlenswerte Filme. Klassiker wie "Wind", "Der Seewolf" oder "Styx" gehören ebenso dazu wie neuere Produktionen, etwa die Dokumentation "Maiden" über die erste reine Frauencrew beim Whitbread Round the World Race 1989/1990 sowie "True Spirit" über die junge Weltumseglerin Jessica Watson.
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